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Personenverzeichnis - wie geht ihr damit um, als Leser und Autor?

Begonnen von Christian M., 06. Juli 2020, 22:45:58

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Christian M.

Mir wurde bei einem meiner Manuskripte nahegelegt, vielleicht ein Personenverzeichnis zu erstellen.
Da dachte ich, ich bringe das Thema hier mal allgemein ein.

Wie geht ihr selbst als Leser mit einem Personenverzeichnis um, nutzt ihr es aktiv beim Lesen? Habt ihr es lieber am Anfang oder am Ende? Wie ausführlich und vollständig sollte ein Personenverzeichnis sein?
Und als Autoren, wie stellt ihr sicher, dass ihr Spoiler vermeidet? Wie legt ihr bei euren Manuskripten fest, welches ein Personenverzeichnis bekommt und welches nicht?

Ich selbst habe beim Lesen ehrlich gesagt noch nie ein Personenverzeichnis verwendet. Wenn es vorn ist, blättere ich drüber, damit ich nicht gespoilert werde. Wenn es hinten ist, sehe ich es erst wenn ich mit dem Buch fertig bin.  :D

Fianna

Ich erwarte das als Leser vorne, überblätter es aber oft.
Da würde ich jedoch keine Spoiler erwarten (außer: Julius Caesar tritt auf), die Personenbeschreibung sollte spoilerfrei sein und nicht "Xyz, ein Schmied mit einem großen Geheimnis" oder ähnliches.

Wahtaria

Ich hatte jetzt erst wieder bei einem Roman ein Personenverzeichnis. Diese befand sich innen auf dem Umschlag, dass fand ich sehr gut gelöst. So konnte ich immer schnell nachschauen, ohne viel zu blättern.
Ansonsten nutze ich es auch wenig, finde es aber vorne besser. Da ich beim Lesen ja nicht erst hinten ins Buch schaue.

Araluen

Als Leser habe ich das Personenverzeichnus oder auch einen Glossar lieber hinten im Buch. Ich brauche ihn als Leser nur, wenn es viele Figuren gibt und diese Namen haben, die entweder wenig vertraut sind (asiatisches Setting oder exotische Namensregeln zum Beispiel), sehr ähnlich klingen (Silmarillion zum Beispiel - ich bin nie durchgestiegen  wer da Elb oder Mensch ist und es waren so viele...) oder wir bildhafte Namen haben (Beispiel Warrior Cats, wo die Katzen Namen wie Feuerstern und Brombeerkralle haben und je nach sozialer Entwicklungsstufe ihren Namen entsprechend bestimmter Regeln auch noch ändern). Gerade bei bildhaften Namen versagt mein Namensgedächtnis komplett.
Das Figurenverzeichnis darf auf keinen Fall Spoilern (das hat mir an vielen Stellen das Silmarillon ordentluch verleidet) also entweder enthält es nur eine Zuordnung der Figur oder, was ich manchmal ganz nett finde, Zusatzinfos, die man nur zwischen den Zeilen entdecken kann.
Damit ich persönlich beim Lesen ein Personenverzeichnis berechtigt finde, muss die Geschichte für mich auch eingewisses episches Ausmaß haben, sonst kommt es mir übertrieben vor.
Beim Schreiben habe ich noch keines verwendet.

Yamuri

Bei meiner Märchenadaption habe ich ein Personenverzeichnis, allerdings mit Spoilern. Das ist deshalb so, weil ich darin auf den realen Mythos eingehe im Vergleich zu meiner Geschichte, in der die Legende um Sargon von Akkad abgeändert wird. Ich habe noch keine Lösung, wie ich ohne Spoiler auskommen kann. Meine Schwester meint, ich schreibe zu wenig, gehe zu wenig ins Detail im Personenverzeichnis. Aber damit bringe ich automatisch mehr Spoiler rein. Grundsätzlich braucht aber niemand ins Glossar zu schaun, weil es nicht so viele Charaktere sind und das Personenverzeichnis tatsächlich nur einer Erläuterung für jene dient, die eben die Legende kennen oder sich dafür interessieren. Ggf. könnte ich vielleicht die Beschreibung von Bezeichnungen in ein eigenes Glossar packen. Muss ich noch schaun. Oder ich arbeite doch mit einem Nachwort.

Bei meinen Epen, die wirklich viele Charakter beinhalten werde ich ein Personenverzeichnis anlegen, einfach weil eines meiner Projekte zu viele Namen hat und das andere hauptsächlich chinesische Namen. In diesen Fällen halte ich es auch für sinnvoll und Spoiler gibt in diesen Fällen auch nicht. Denn ich muss hier nur den Namen der Person, die Zugehörigkeit zur Fraktion zu Beginn des Romans und ggf. bekannte Familienkonstellationen einfügen. Da gehe ich aber vom Bekannten aus. Wenn es z.B. einen Twist gibt und sich herausstellt, ein Charakter ist nicht Blutsverwandt mit einem anderen, dann ist das im Personenverzeichnis nicht vermerkt. Dort steht nur, was am Anfang bekannt ist. Abgesehen vom Märchen eben, da habe ich das Problem, dass es auf historischen Ereignissen und Legenden beruht und ich die Unterschiede kenntlich machen möchte, da ich nicht will, dass man mir schlechte Recherche nachsagt. Die Änderungen sind nämlich bewusst gesetzt bzw. beruhen auf meiner Interpretation der Legenden. Mir ist bewusst, dass die Wissenschaft manches ggf. anders sehen würde und da es ohnedies ein Märchen ist, mit einem magischen Artefakt, habe ich mir künstlerische Freiheit erlaubt. Vielleicht würde aber auch ein kleiner Vermerk im Vorwort genügen.

"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

caity

Für mich sind Personenverzeichnisse und Glossar tatsächlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Ein Personenverzeichnis gehört für mich tendenziell vorne ins Buch (darf aber natürlich auch nach hinten, dann sollte es nur ein Inhaltsverzeichnis geben, in dem es aufgeführt wird) und ein Glossar nach hinten.

Zum Thema Personenverzeichnis: das kenne ich tatsächlich hauptsächlich von Historischen Romanen. Gerade, wenn viele historische Persönlichkeiten auftreten, deren politische Zuordnung ich nicht immer auf dem Schirm habe, finde ich es sehr hilfreich. An Fantasyromane, die damit arbeiten, erinnere ich mich aktiv gerade nicht, sehe das aber grundsätzlich wie @Araluen: Die Geschichte muss schon ein gewisses episches Ausmaß haben, damit ein Personenverzeichnis gerechtfertigt ist.

Mir hat eine Testleserin das übrigens erst kürzlich auch vorgeschlagen, aber für mich ist das überhaupt keine Option, weil genau die Aspekte, die man aufführen könnte, massive Spoiler beinhalten würden. Sobald eine Geschichte eben unter anderem davon lebt, dass Leser*innen rätseln müssen, wie genau die einzelnen Figuren jetzt zueinander stehen, kann ein Personenverzeichnis in meinen Augen fast nur Schaden anrichten.
Edit: Es sei vielleicht noch dazu erwähnt, dass die Anfrage von einer von 15 Personen kam und auf Prolog und Kapitel 1 beruhte, also nicht auf der Lektüre des gesamten Romans.

Wie viele Personen umfasst dein Manuskript denn?
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Angela

In englischen Fantasy Büchern sehe ich durchaus mal ein Personenverzeichnis, wenn mehrere Familiengruppen/Ethnien aufeinander treffen und sich gegenseitig umbringen/lieben/hassen, eigentlich immer hinten und oft als einzelne Gruppen, also nicht nur stumpf nach ABC. Ich selbst nutze sie als Leserin seltener. Ich lese sie aber schon mal hinterher, um noch mal zu begreifen, wie es eigentlich zusammenhing, bei etwas wie Dark wäre das schon sehr sinnvoll. GOT ohne ist auch schwer zu durchblicken.

Arcor

Ein Personenverzeichnis nach Gruppierungen etc. geordnet finde ich sehr sinnvoll, wenn sehr viele Figuren auftreten (gerade auch bei verschiedenen Perspektiven mit verschiedenen Orten, an denen die Handlung stattfindet), um den Überblick zu behalten. Ich bin da generell dankbar für, auch wenn ich es nicht immer unbedingt brauche. Ob vorne oder hinten ist mir dabei recht egal, aber wenn es ein Personenverzeichnis und ein Glossar gibt, dann Personen vorne und Glossar hinten.

Das Personenverzeichnis von ASOIAF war dagegen so umfangreich, dass es mich irgendwann nicht mehr interessiert hat und ich über unbekannte Namen einfach drübergelesen habe. Der 150.te Ser war mir dann auch schnuppe.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

KaPunkt

Glossar oder Begriffsverzeichnis sind bei komplexen Welten oder Figurenverhältnissen sinnvoll. Sie sollten nicht spoilern. Ob ich sie benutze oder nicht, ist dann ja immernoch meine Entscheidung.
Bei "Die Stadt am Kreuz" hatten sich nach Veröffentlichung viele Leser eins gewünscht. Das habe ich dann auf meinem Blog ergänzt. Bei "Der letzte Winter der ersten Stadt" habe ich es gleich mit erstellt. Es ist hinten im Buch, wo ich es zum nachschlagen während des Lesens irgendwie schöner finde als vorne.
Rein kommt alles, was zum Verständnis der Geschichte wichtig ist. (In meinem Fall nicht nur Figuren, sondern auch Organisationen, Länder / Staaten, Kalenderbegriffe, bestimmte kulturelle Kernsätze, so fern wichtig.)

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

pyon

Also ich bin jemand, der sowohl Personenverzeichnis als auch Glossar grundsätzlich niemals liest.  :versteck:

Ich weiß nicht, aber mein Anspruch als Leser ist irgendwie, mir die Figuren im Buch so vertraut zu machen, dass ich schon damit klar komme und nicht jedes Mal, wenn eine Figur auftritt, nach hinten oder vorn im Buch blättern muss, um nachzusehen, wer das überhaupt ist und ob das überhaupt eine relevante Person ist.
Kurz und knapp: Ich bin kein Freund von so etwas.

Aber:
Wenn ein Personenregister, dann bin ich eher dafür, dass es hinten im Buch steht. Klar, versucht man Spoiler zu vermeiden, aber wenn ich ein Buch lese und damit beginnen will, will ich mich nicht zuerst durch unzählige Personenbeschreibungen blättern und schon sehen wie viele Völker oder Stämme es gibt. Ich will ins Buch eintauchen und mich überraschen lassen, ich will vom ersten Satz in die Geschichte gestoßen werden und nicht schon Namen entgegen geschleudert bekommen - und seien wir uns ehrlich, auch wenn man diese Seiten überblättert, liest man doch den ein oder anderen Namen oder die ein oder andere Beschreibung darin.

Als Autor:
Ich benutzte kein Personenverzeichnis. Aber das liegt wahrscheinlich vor allem auch daran, dass ich keine Romane mit allzu vielen Personen schreibe und auch noch keinen Roman veröffentlicht habe.  ;)


KaPunkt

Klar soll eine Geschichte für jeden Leser verständlich sein. Ich war auch ein wenig beschämt, als die Fragen kamen.
Es ist nun aber so, dass nicht alle Leser mit dem gleichen Level an Komplexität klarkommen. Was manche überfordert, ist anderen zu platt. Wem meine Geschichten zu platt sind, dem kann ich nicht helfen, wem meine Geschichten zu kompliziert sind, dem hilft vielleicht das Personenverzeichnis.
Also, niemandem geschadet, einigen geholfen - passt für mich.

Ich persönlich lese die Dinger gern, auch, wenn ich sie gar nicht brauche, weil mir hier der Autor nochmal in anderer Form entgegentritt. Hier spricht er selbst noch mal ein, zwei Worte über seine Figuren und seine Welt, außerhalb der Geschichte und ohne die Erzählstimme. Aber ich mag auch Nachwörter. ;)

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
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are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Merlinda

Personenverzeichnisse sind für mich sinnvoll, wenn es viele Charaktere in einem Buch vorkommen und diese für die Handlung der Geschichte relevant sind. Vor allem in exotischen Settings, mit nicht ganz alltäglichen Namen und Figuren sind sie oft hilfreich, den Überblick zu behalten.

In Settings, in denen irgendwelche weltenspezifischen Wörter, Rituale, etc.pp. ist ein angehängter Glossar auch nicht schlecht.

Sowohl der Glossar, als auch ein Personenverzeichnis können für den einen Leser eine enorme Hilfe sein, während andere Leser darüber nur müde lächeln. Für mich gilt: Versuche das Buch so zu gestalten, dass auch der schwächste Leser der Zielgruppe damit was anfangen kann und nicht heillos überfordert ist. Somit gilt für bestimmte Geschichten nunmal das hinzufügen eines Glossars oder eines Personenverzeichnisses. Die Leser, die damit nichts anfangen können, können es ja überblättern oder - wenn es am Ende des Buches ist - einfach weglassen.  :)

Trippelschritt

Ich füge ein Personenverzeichnis hinzu, das eine Liste der Namen und einen kurzen beschreibenden Satz enthält, damit der Leser einen Namen zuordnen kann. Alles so knapp wie möglich.

Liebe Grüße
Trippelschritt

pyon

Zitat von: KaPunkt am 07. Juli 2020, 09:40:21
Es ist nun aber so, dass nicht alle Leser mit dem gleichen Level an Komplexität klarkommen. Was manche überfordert, ist anderen zu platt. Wem meine Geschichten zu platt sind, dem kann ich nicht helfen, wem meine Geschichten zu kompliziert sind, dem hilft vielleicht das Personenverzeichnis.

Da bin ich ganz bei dir, also dass nicht alle Leser mit dem gleichen Level klarkommen. Aber würde das nicht auch eher für ein Register hinten im Buch sprechen? Dann können die Leser, die das nicht brauchen oder wollen einfach ignorieren und alle, die es brauchen, immer wieder nach hinten blättern.  :hmmm:

Bei mir ist es halt so, wenn ich schon am Beginn mit einem Namenregister erschlagen werde, lege ich das Buch eher wieder zur Seite, anstatt es zu kaufen, da es bei mir suggeriert, dass ich da ein Buch bekomme, das so viele Personen hat, dass ich mich während dem Lesen nicht auskennen werde und immer wieder blättern muss.

Mindi

Ich überlege gerade, wo ich ein Personenverzeichnis hatte und es auch richtig hilfreich fand. Da müsste ich zu Hause noch einmal schauen, aber ich denke es war in den ersten Teilen von Trudi Canavans Gilde der Schwarzen Magier. Da waren aber auch viele Begriffe beschrieben, wie Getränke oder Pflanzen, die in der Welt eine Rolle gespielt haben. Ich glaube, dass da auch Personen dabei waren. Es war damals eines der ersten Fantasy-Bücher, die ich gelesen hatte, da war ein Glossar nützlich. In späteren Teilen der Reihe hatte ich es nicht mehr gebraucht, aber für den Einstieg war es nett.

Im Dämonenzyklus von Peter v. Brett gab es ein "Lexikon krasianischer Namen und Begriffe", da wurden Begriffe kursiv geschrieben und Namen normal. Dort war es auch nützlich, da es viele fremde Begriffe waren, die auch ähnlich klangen. Das fand ich eigentlich ganz gut gemacht, da es wirklich wie ein Lexikon aufgebaut war. Es war auch am Ende des Buches und eher ein Nachschlagewerk, dass jedoch auch Informationen aus der Geschichte enthielt.

Wenn ich Bücher mit einem Personenregister hatte, dann befand sich das aber eher am Ende des Buches. Ich sehe es ähnlich wie @pyon, dass ich nicht schon beim Aufschlagen des Buches mit Namen, Begriffen und Fraktionen überhäuft werden will. Die Idee das Personenverzeichnis auf den Umschlag zu drucken ist ganz nett, aber nicht jedes Buch wird einen Umschlag bekommen und spätestens im Taschenbuch oder eBook funktioniert das auch nicht mehr.
"When we are asleep in this world, we are awake in another." - Salvador Dalí