Das klingt so toll wie organisiert du bist! Ich bin neidisch! Bei mir ist das Problem, dass meine Figuren beim Schreiben anfangen mir ihre Geheimnisse zu erzählen oder einen starken eigenen Willen entwickeln und sich anders verhalten, als ich es geplant hatte. Und ich habe auch die Schwierigkeit, das ich zu viele Ideen habe und dann die richtige Route für den Plot finden muss. Ich bin da wie Rotkäppchen. Ideen tanzen am Rand des Weges umher und ich folgen ihnen direkt in den Wald. So ist meine Geschichte mehr wie ein Orientteppich. Leicht verworren, viele Muster und hoffentlich interessant zu lesen. Nur muss ich beim überarbeiten aufpassen, dass der rote Faden bleibt und ich mich nicht in Nebensächlichkeiten vertüdel! Und das fällt mir beim Exposé schreiben natürlich extrem auf. Da darf nichts ungenau oder überflüssig sein.
Genauso arbeite ich auch und ich kann nur empfehlen, dir das weitgehend zu erhalten, wenn das deine Art ist.

Mir zumindest geht es so, dass die Geschichten, die ich die Figuren selbst erzählen lasse und einfach nur mitschreibe, die besten und lebendigsten werden.
Aber! Seit ich für Verlage schreibe und meinen Lebensunterhalt damit verdiene, möchte/muss ich meine Geschichten bestenfalls verkaufen, bevor ich sie schreibe, oder wenn zumindest noch nicht mehr als 30-50 Seiten Leseprobe existieren. Und dafür wollen die Verlage eben Exposés sehen. Erst dachte ich, das geht niemals gut, eben weil meine Geschichten und Figuren sich beim Schreiben noch so stark entwickeln. Die Erfahrung zeigt aber, und das ist die gute Nachricht: Macht nichts! Wenn ein Roman in sich überzeugt, ist es gar nicht mehr so wichtig, was genau im Exposé stand. Was entscheidend ist, ist im Exposé die Atmosphäre rüberzubringen, die auch der Roman haben soll. Meist läuft es ja so: Die Verlagslektoren schauen ins Exposé. Wenn der Pitch überzeugt, lesen sie auch noch den Rest. Und wenn sie dann das Gefühl haben, wow, das klingt nach einer tollen Geschichte, lesen sie in die Leseprobe rein und schauen, ob die dazu passt. Ist die Antwort auch darauf ja, kaufen sie das Manuskript entweder direkt ein (eher bei schon veröffentlichten Autor*innen) oder fordern das Gesamtmanuskript an (meist bei Debüts der Fall). Wenn sie das dann gelesen haben, und es sie überzeugt, ist es eigentlich auch schon egal, was da im Exposé stand.

Da setzt sich keiner hin und gleicht ab, ob das auch alles genau passt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe mir angewöhnt, das Exposé vorab wie eine Art eigenständige Kurzgeschichte zu schreiben, die möglichst gut das Gefühl wiedergibt, das ich habe, wenn ich an die Idee denke - und lege es dann beiseite. Beim Schreiben selbst plane ich nur sehr wenige Szenen im Voraus (und selbst die schmeißen mir die Figuren oft wieder über den Haufen

). Ins Exposé schaue ich dabei aber nur noch höchst selten - meist erst wenn das Buch fertig ist, und dann lache ich darüber, wie wenig davon noch übrig ist.
