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Triggerwarnungen - wichtig oder überflüssig?

Begonnen von FeeamPC, 15. September 2019, 21:40:08

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Anj

@Amanita als eine Betroffene antworte ich mal auf deinen Spoiler ;-)

Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Mondfräulein

Ich habe sehr extreme Arachnophobie.
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.
Das Wort selbst stört mich aber nicht und wenn sie in einem Buch vorkommen lässt mich das vollkommen kalt. Die Szene aus Herr der Ringe und Arac Attack kann ich auch schauen, weil sie da wieder unrealistisch groß sind. Dafür kann ich es nicht haben, wenn sich Leute die Zähne putzen. Was ich sagen will: das ist sehr, sehr individuell und eine betroffene Person zu fragen reicht nicht aus. Obwohl ich Arachnophobie habe, würde ich das nur von mir ausgehend niemals als CN erwähnen.

Barra

#122
Info:
Schwere Krankheiten und Depression sind bereits in der Liste
Unterscheidung: Erwähnung & Expliziter Inhalt ist bereits mit aufgenommen
(Hatte auch den Vorschlag mit dem "E" aus der Musikbranche gemacht.)

Listen:
Sind Ratgeber und Orientierungshilfe und stellen natürlich in keiner Weise eine Regel dar, die befolgt werden muss!
Das meiste ist harmlos (mag harmlos erscheinen), es lohnt sich IMMER mehrere Meinungen einzuholen.

Ich denke in dieser gesamten Diskussion geht es vor allem um die Frage: Kann ich sie benutzen, wenn ja, welche, und worauf kann ich achten als Autor*in.
So Aussagen wie: Als Autor*in in der Verantwortung sein (egal ob mit einem Vorwort oder im Klappentext oder als Codenummern oder eben als CN/ TW - wie auch immer man es macht), finde ich hier wirklich wichtig als Kern. Denn ich als Autorin habe nur einen Trigger, der mich wirklich betrifft, aber wenn ich doch schon weiß, dass ich einen habe, tut's mir ja nicht weh den Rest mal irgendwo (vorne, hinten, Homepage, Email) mit hinzuschreiben.

Aber niemand will hier jemanden verpflichten und wir sollten es uns auch nicht zu kompliziert machen.
Ich verstehe das wie einen Fan-Service, wenn ich zB ein Glossar anfüge (oder auf der Homepage einsehbar mache) oder ein Namens- und Orteverzeichnis (Bei Serien zB). Manche Leute lieben so was, andere brauchen es nicht. (Ich brauche zum Beispiel auch keine Karten.) Aber die Homepage hat Platz genug, wenn man nicht alles mitdrucken will.
Und Leser, die wirklich gern in die CNs schauen, werden auch einen Link in Kauf nehmen. (Im Buchladen vielleicht eher weniger, aber da könnte man ja auch mal die Mitarbeiter fragen, so viel trau ich Lesern, die das nachschlagen wollen, schon zu.)

Alles grün.  ;)
Barra

Nachtrag: Danke für eure Spoiler! Ich fand das jetzt mal sehr interessant und informativ. Wir haben doch diese "Menschengeschichten"-Ecke, gibt es da schon so Erfahrungsberichte über Arachnophobien?

Koboldkind

Zitat von: Anjana am 15. März 2021, 12:04:15
@Koboldkind
Zitat
In den meisten Fällen wie z.B. Spinnen würde ich sie aber weg lassen.
Verstehe ich das richtig, dass du hier die CN weglassen würdest? Das find ich jetzt irgendwie krass, denn die entsprechende Phobie ist doch sehr verbreitet. Da fänd ich jetzt Duschszenen eher etwas, was ich nicht unbedingt in eine CN gepackt hätte.
Mir zum Beispiel bereitet gerade bereits dieses Wort hier probleme. Arachnophobie könnte ich sehr viel einfacher lesen (Ohne sofortige innere Bilder) und ich wüsste, das Buch will ich sehr wahrscheinlich nicht oder nur gewappnet lesen.
Und daher kam eben meine subjektive Beurteilung von dem Verwenden des Tiers in meiner Geschichte: Mir würde erst bei einer Szene wie in Harry Potter mit ... wie auch immer Hagrids alter, haariger Freund im zweiten Band hieß der Gedanke kommen "Das ist jetzt vielleicht ein bisschen sehr gruselig". Gruselig höchstens, nicht noch triggernd. Könnte jetzt sagen, dass die Ängste, wie sie oben aufgeführt wurden (Clowns etc.) fast zu individuell sind und ich wüsste spontan außer Clowns und Spinnen keine weitere Phobie.
Also würde ich meinen Roman erstmal einfach schreiben. Dass dann Szenen wie bei @Dirk rauskommen, die triggern könnten und evtl. unnötig für den Plot sind, nun, das ist eine Sache fürs Editing. Und was die CNs betrifft, wäre ich da auch auf meine Betas und Listen angewiesen, um überhaupt meinen Roman zu scannen, was denn unangenehm sein könnte.
Was ich damit sagen möchte: Der Thread hier ist grade sehr gut, darüber einmal zu reden, aber ich darf mir nicht selbst die Pistole auf die Brust setzen, dass ich beim Schreiben gleich die Leserschaft im Hinterkopf habe und mir denke "Ich finds toll, aber markere das mal als CN und streiche es im schlimmsten Fall später". Also, weil ich beim lesen dieses Threads gerade der Selbstzensor auftut und mir einige Fälle in meinen ROmanen einfallen, die ich markieren, vielleicht auch auf den Klappentext schreiben müsste (Sowas wie Suizidversuch - Aber das ist jetzt schon das nächste Thema ->)

ZitatIch merke allerdings auch gerade, dass ich mich vielleicht doch auch von guten Büchern abschrecken lassen könnte. Vielleicht wäre noch hilfreich zu ergänzen, ob es irgendwie sehr spannend/eindrücklich/schockieren oder eher "Nur" erwähnt oder nicht explizit dargestellt ist. In einer Fantasyreihe kommt die Figur "Arachne" vor. Da mein Triggerwort nicht auftauchte, konnte ich das zum Beispiel gut mit einem inneren Bilderzensor lesen (zumal sie sehr symphatisch dargestellt wird^^).
Und dagegen wieder das Beispiel vom zweiten Band Harry Potter mit den Insekten: Es ist ein relativ wichtiger Teil im Plot, man verpasst Infos und Action, so dass dieses m.E.n. markiert werden sollte. Ein Hauptcharakter mit diesen Insekten als Haustiere, weil es ein interessantes Hobby ist ... nicht?
Eine Unterscheidung in Explizit und Indirekt würde mir bei einigen Sachen hier gut helfen. Beispiel Game of Thrones, wo mir die unzähligen expliziten und indirekten Vergewaltigungen (Buch und Film) auf die Stimmung geschlagen haben. Wenn die Leute vom "Berg" sich darüber ergötzen und detailreich von ihrer letzten "Eroberung" erzählen, das war für mich wieder zu explizit, finde ich heute noch disgusting. Gehören solche Erfahrungen zum Background eines Charakters, ist das nicht weniger schlimm, aber hier fängt es für mich schon wieder an, schwammig zu werden: Als Sidenote für die Erklärung, warum der Charakter sich so und so verhält, okay. Bin ich zu nah an dem Charakter, dass ich gefahr gerate, die Situation nachzufühlen, ist es wieder explizit für mich.
... und hier muss ich an die deutsche FSK denken, die anscheinend den Punkt "Einfühlen" bei ihrem Rating nicht beurteilt, aber ich schweife ab.

ZitatWas Spoiler und Genre betrifft:
Natürlich ergibt sich viel aus dem Klappentext. Wenn ich ein Buch über Splatter-Zombiekiller lese(n will), weiß ich, dass vielleicht mal irgendwo ein Gehirn rumfliegt. Es geht auch gar nicht um die augenscheinlichen Dinge, die einen kalt erwischen. Sondern um das, womit man eben nicht rechnet. Ich bin auf alles vorbereitet und dann kommt eben bei einer Nebenfigur doch etwas, was auf meiner persönlichen Liste steht. Für mich als Autor ist es eine 'Kleinigkeit', der ich gar keine Bedeutung zumesse. Für den ein oder anderen Leser ist es aber eben dann der Grund das Buch abzubrechen und im schlimmsten Fall eine 1-Sterne Bewertung rauszuhauen.
Also sehe ich das genau gegenteilig, es spoilert nicht nur nicht, es hilft dabei, dass Leser gar nicht erst angewiedert/ überrumpelt sind. Falls man mich versteht.
Die Sache mit dem "Erwartete Inhalte" finde ich wichtig. Okay, dafür muss ich mich auch besser mit dem Genre auskennen und davon ausgehen, dass die Leserschaft das auch tut. Bei einem Krimi wird die Art des Triggers wahrscheinlich im Klappentext stehen. Bei Fantasy ... meh, das Genre ist mir schon wieder zu umfangreich, als dass ich davon ausgehen kann, dass meine Leser wissen, in diesem politischen Setting wird es zu Folter kommen oder so. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass GoT so stark auf Diskriminierung, Gewalt und Vergewaltigung setzt. Okay, nach den ersten Szenen ist einem recht schnell klar, auf welchem Level des "Hard Boiled" diese Story sich bewegt, hier wäre ich von anderen Inhalten weniger überrascht gewesen. Aber ich weiß es eben erst, wenn ich ein paar Seiten gelesen habe. Fantasy als Genre ist so verdammt breit aufgestellt, dass hier CNs wirklich hilfreich sein können, vielleicht mehr noch als in anderen Genres.

Zitat von: Manouche am 15. März 2021, 15:37:48
Nach dem Durchlesen der verschiedenen Beiträge, bin ich der Meinung, CN haben mit Verantwortung zu tun. Ich bin der Meinung, als Autor*innen müssen die Verantwortung übernehmen, für das was wir schreiben. Wenn ich solche Themen, nicht aus der Geschichte weglassen kann oder will, kann ich trotzdem die Verantwortung übernehmen und das Empfinden anderen respektieren. Und andererseits, kann ich den Leser*innen auch Verantwortung übergeben, dass sie selber einschätzen, was ihnen gut tut, denn wir können nicht für alle wissen, wo ihre Grenzen sind (auf Fluche und Duschen wäre ich zum Beispiel nie gekommen und habe mich jetzt belehren lassen). Insofern sehe ich CNs auch als eine Art Entlastung. Nicht zu verwechseln mit einem "Freibrief"!
Das finde ich eine schöne Ergänzung dazu, warum das Thema besprochen werden muss :)
Wer jetzt nicht wahnsinnig wird, muss verrückt sein.

Evanesca Feuerblut

Ich trenne inzwischen bei neueren Listen in:
- erwähnt (das Wort kommt vor, aber es spielt keine Rolle)
- flapsig als Witz erwähnt (z.B. beim CN "Mord", weil ich von realen Leuten weiß, die da getriggert werden können, wenn Leute im Witz Dinge wie "Man wird mich dafür killen" sagen)
- angedeutet (es wird in die Richtung was angesprochen, sodass Betroffene daran denken könnten, aber weder explizit erwähnt noch ausgeführt)
- unmarkiert (für "Es kommt tatsächlich vor und ist Element")

Anj

#125
Die Aufteilung finde ich echt gut, @Evanesca Feuerblut, dein Beispiel für flapsig kenne ich bei mir auch. Das war damals ein Grund Pulp Fiction sofort abzubrechen. Damals hätte ich das nicht als CN erwartet, aber wenn ich es gewusst hätte, hätte ich es mir vermutlich gleich gespart.
Zitat
ich wüsste spontan außer Clowns und Spinnen keine weitere Phobie.
Naja Schlangen, Mäuse/Ratten oder Agoraphobie, sowie Angst vorm Ertrinken sind auch recht weit verbreitet. Eine Bekannte von mir hat extreme Angst vor fliegenden Vögeln in direkter Nähe. Vielleicht ist das nicht alles eine Phobie zuzuordnen, aber durchaus dem Bereich traumatische Erfahrungen.

Sind Autounfälle und Flugzeugabstürze schon in der Liste drin?

Und ich will auch noch mal auf @Mondfräuleins Satz hinweisen: Es reicht wirklich nicht, eine*n Betroffen*en zu fragen. Bei allem was auf subjektiven Erfahrungen basiert, sind auch die Empfindungen und die "roten Knöpfe" unterschiedlich. Da wäre ich lieber einmal zu vorsichtig, als jetzt davon auszugehen, dass es bei allen so ist, wie bei mir oder anderen Einzelpersonen.

Auf der anderen Seite bin ich aber auch nicht der Meinung, dass immer alles gestrichen werden muss.
Sind es echt nur Schocker? - Dann raus!
Sind es völlig irrelevante Zwischenszenen? - Vielleicht raus!
Spielt mein Roman plötzlich in einer völlig unrealistischen weichgespülten Einhornwelt? - Dann bitte wieder was rein.

Es geht ja wirklich eher darum, durch mehr Informationen passgenauere Leseentscheidungen zu ermöglichen.

Ich finde die Varianten mit der Homepage übrigens auch nicht schlecht, aber ich denke auch, dass ein großer Teil von Lesern (zumindest bestimmter Genre) immer noch eher im Buchhandel kauft (oder in Bibliotheken ausleiht). Gerade in der Generation meiner Eltern würden derartige CNs nie ankommen. Daher würde ich immer auch eine Liste im Buch bevorzugen. Gerne aber zu einer auf der HP, die für andere Lesergenerationen vielleicht sogar schneller zu finden sind (Link zu CNs auf der Hompage in der Beschreibung im Shop oder so).

Ich persönlich als Leserin würde vermutlich nur die expliziten Darstellungen als ständiges prüfen bevorzugen. Alles was nur erwähnt wird oder auch als Witz benannt wird, würde ich je nach Verfassung anschauen.

Mich würde aber auch mal interessieren, wieviele Bücher ihr dank CNs aussortiert hättet, bei denen ihr dennoch froh seid, dass ihr sie gelesen habt, weil sie unterhaltsam waren und euch nicht getriggert haben?

Mir fallen spontan tatsächlich 2 (mit Harry Potter vielleicht 3) ein. Das wäre ja ggf. auch mal interessant das auch einmal in den Blick zu nehmen. Ich glaube, es sind verschwindend geringe Zahlen, aber mich würde interessieren, wie das bei euch so aussieht.
Zitat
Nachtrag: Danke für eure Spoiler! Ich fand das jetzt mal sehr interessant und informativ. Wir haben doch diese "Menschengeschichten"-Ecke, gibt es da schon so Erfahrungsberichte über Arachnophobien?
Das weiß ich gar nicht.^^
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Turiken

Ich finde das ein ganz spannendes Thema, vor allem weil ich selbst relativ hart im Nehmen bin und mir bewusst keine Trigger einfallen würden, die bei mir anschlagen. Klar, es gibt Dinge, die lesen sich sehr unangenehm, schmerzhaft oder reißen einen emotional ganz tief runter, aber ich kann das nach der Lektüre abhaken. Was ich damit sagen will: Für mich ist es ganz toll zu lesen, wie offen viele Leute damit umgehen, dass es bestimmte Trigger gibt, die so krass auf sie einwirken. Und es ist total wichtig, das offen zu diskutieren, damit vor allem Menschen wie ich lernen, das Thema besser einzuschätzen.

Mein allererster Gedanke zum Topic war nämlich eher: Hä? Och nö, soll jetzt jede Kleinigkeit, die irgendeinem nicht gefällt, quasi gespoilert werden? (Und ja, ich weiß, wie oberflächlich sich das anhört, aber ich wollte ganz ehrlich sein.)

Mein zweiter Gedanke war dann: Moment, nur weil du selbst relativ robust bei den unterschiedlichsten Themen bist, heißt das ja nicht, dass jeder so ist. Witzigerweise hätte ich Triggerwarnungen sehr gern bei Horrorfilmen - bei Horrorbüchern aber überhaupt nicht.

Und mein dritter Gedanke ist jetzt: Eigentlich ist es total wichtig und sinnvoll, Triggerwarnungen auszusprechen, wenn sie angebracht sind und ich Lesern damit helfen kann, sich in meiner Romanwelt wohlzufühlen (oder eben lieber einen Bogen um das Buch zu machen - und ich habe noch nicht mal was veröffentlicht :D ).

Jetzt komme ich zu einem Aber: Denn die Liste, die Barra erstellt hat, finde ich schon sehr hilfreich. Aber wie kann ich feststellen, was triggern kann und was nicht? Und ich meine jetzt nicht die offensichtlichen Dinge wie ein brutal beschriebener Mord in einem Liebesroman, sondern die kleineren, beiläufigeren Elemente. Ich habe nicht ewig viele, dafür aber feste Betaleser, die sind ähnlich wie ich gestrickt und könnten mir bei Sichtung der Texte auch nicht weiterhelfen. Da stoße ich dann schnell an meine Grenzen, weil es so viele mögliche Trigger geben kann, die sich nie alle abdecken lassen. Geht es also eher um "so viel Schaden wie möglich vermeiden" und darum, zumindest die wichtigsten und offensichtlichsten Trigger anzusprechen?

Übrigens finde ich die Idee, CN ins Impressum zu setzen, ziemlich gut, und noch besser den Vorschlag, vorne einen Hinweis auf CN am Ende des Buches zu setzen - so kann man im Zweifel sehr umfangreich Triggerwarnungen setzen, ohne jemand anderem den Lesespaß zu nehmen. Eine sinnvolle Win-win-Situation, würde ich sagen.

Ich habe einen größeren Teil des Topics, aber nicht alles gelesen. Entschuldigt also bitte, wenn irgendwo meine interessierte Frage schon teilweise beantwortet wurde: Sind denn schon eure Agenten oder Verlage mit dieser Thematik auf euch zugekommen? Oder ein Lektorat?

Mondfräulein

Ich persönlich würde wahrscheinlich eher CNs für die offensichtlichen Themen setzen und darüber hinaus vielleicht die Möglichkeit bieten, bei mir nachzufragen, ob ein Buch bestimmte Trigger enthält. Uns muss klar sein, dass die CNs nicht verhindern können, dass unser Buch jemanden triggert. In mir hat ein Buch zum Beispiel mal sehr unangenehme Gefühle ausgelöst, sodass ich es nicht beenden konnte, weil mich eine Figur sehr an eine andere Figur erinnert hat, die mal einer Freundin von mir gehört hat. Die Freundschaft ist sehr übel auseinandergegangen und die Person hat mich auf sehr üble Art verletzt und verraten. Das Buch hat dadurch unschöne Erinnerungen in mir geweckt. Dafür kann es keine CN oder Triggerwarnung geben. Der Autor kann aber auch nichts dafür.

Wir als Autor*innen können also nur versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen Themen aufzuführen, von denen wir erwarten, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sensible Themen sind, die Menschen triggern könnten. Wenn die Themen, die auf der Liste stehen, in irgendeiner Weise vorkommen, würde ich das aufführen, das System von @Evanesca Feuerblut finde ich da echt super, weil die Leser*innen damit selbst entscheiden können, ob das für sie okay ist oder nicht.

Lothen

#128
Zitat von: Mondfräulein am 16. März 2021, 19:45:52Wir als Autor*innen können also nur versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen Themen aufzuführen, von denen wir erwarten, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sensible Themen sind, die Menschen triggern könnten.
Genau das. Manche Trigger sind so hoch spezifisch, dass man sie unmöglich ankündigen kann, und manchmal sind es auch Interaktionen zwischen Tagesform, bestimmten Themen, Art der Darstellung etc. Ich sehe CNs auch weniger als "Schutzmechanismus", sondern eher als Entscheidungshilfe. Schützen können wir als Autor*innen Betroffene nie vollständig, aber wir können sie dabei unterstützen, eine informierte Entscheidung zu treffen.

Worüber ich mir gerade Gedanken mache, ist der Umfang. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich sinnvoll ist, mehrere Seiten CNs im Buch abzudrucken und z.B. auch einzelne Erwähnungen von Begriffen aufzunehmen. @Evanesca Feuerblut hat natürlich recht, dass auch solche Erwähnungen schon Triggerpotenzial haben können, umgekehrt macht es diese detaillierte Aufschlüsselung aber schwierig, die Bedeutung einzelner Elemente hervorzuheben. Ich differenziere auch zwischen "erwähnt" und "explizit dargestellt". Aber wenn eine CN schon dann als "erwähnt" gilt, wenn sie einmal angesprochen wird, wird es schwierig, danach weiter zu differenzieren. Zum Beispiel wenn in mehreren Gesprächen darüber gesprochen wird. Ich möchte Betroffenen auch eigentlich nicht zumuten, seitenweise CN-Listen zu lesen. Wenn man sehr spezifisch wird, müsste man halt eigentlich auch direkt angeben, wo diese Erwähnung kommt, denn sonst bringt es den Betroffenen auch nicht viel. Und das wird dann wiederum sehr kleinteilig.

Von daher handhabe ich es mittlerweile so, dass ich versuche, zwei große Blöcke zu machen: Themen, die im ganzen Buch immer wieder vorkommen und nicht umgangen werden können, und Themen, die vereinzelt vorkommen und dann auch überblättert/übersprungen werden könnten.

Barra

#129
Ich sagte ja schon mal: Ich bin keine Freundin von unnötiger Verkomplizierung. Selbst wenn ich mal einen Roman schreiben würde in dem alles was in der Liste, die wir hier haben, auftaucht, ist das immer noch eine Seite. Und wenn ich eben einfach oben drüber schreibe: CN/ TW, die erwähnt werden und dann eine Liste setze, brauche ich doch keine Sätze? Betroffene wissen doch, was Arachnophobie ist und suchen gezielt das Wort und nicht eine umständliche Umschreibung von mir, oder? Und wenn wie in den Beispielen hier dieses Tier explizit vorkommt, etwas tut und wirklich triggert, dann kommt ein: explizit/ E oder so dazu. ich brauche keine Kürzel und keine Seitenlangen Erklärungen. Ich denke eine Stichwortliste erfüllt den Zweck ganz gut.

Tatsächlich passt das bei mir sogar momentan in eine Zeile, wenn ich alle Schlagworte hineinander schreibe. Beispiel:
Gewalt (Fightclub), Blut, Erbrechen
Nuditiy kommt bei mir gar nicht vor, weil die Badeszene ohnehin rausfliegt und über die Länge der Röckchen der Prota und ihrer Freundinnen können wir streiten. 'Mobbing' geht aus dem Klappentext hervor, ebenso wie Gewalt (Kampfhandlungen) und Tod (es werden gegnerische Kämpfer ausgelöscht) in einem "Krieg" - da es das ist was ein Magical Girl nun einmal tut, sie bekämpft 'Das Böse'. Phobien bediene ich keine, jedenfalls habe ich noch keine einschlägigen gefunden.

Was die Frage: Wie finde ich denn diese Sachen in meinem Projekt? betrifft:
Mein Vorschlag, als erste Idee: Für Füll- und Blähworte gibt es die Suchfunktion. Und die Worte die ich häufig benutze, zum Beispiel 'knurren' bei mir immer total viele Leute. Genauso kann ich nach den Begriffen suchen, die zu der Liste gehören. Was weiß ich: Blut ist einfach zu finden. Anderes sicher schwerer, aber ich denke daran kann man sich gewöhnen. Eigenes Beispiel: Ich wüsste bei mir selbst, ich müsste nach: 'übergab sich' und nicht nach 'erbrach sich' oder 'kotzte' suchen.

Und natürlich kann man auch alles durchchecken wie eine Checkliste vor Abflug und trotzdem etwas übersehen. Wir sind Menschen und uns überhaupt die halbe Stunde zu nehmen und unseren Text mit der Suchfunktion abzuklappern wäre schon viel.


Edit: Wollte hierauf noch eingehen:
Zitat von: Evanesca Feuerblut am 16. März 2021, 11:27:32
Ich trenne inzwischen bei neueren Listen in:
- erwähnt (das Wort kommt vor, aber es spielt keine Rolle)
- flapsig als Witz erwähnt (z.B. beim CN "Mord", weil ich von realen Leuten weiß, die da getriggert werden können, wenn Leute im Witz Dinge wie "Man wird mich dafür killen" sagen)
- angedeutet (es wird in die Richtung was angesprochen, sodass Betroffene daran denken könnten, aber weder explizit erwähnt noch ausgeführt)
- unmarkiert (für "Es kommt tatsächlich vor und ist Element")
"unmarkiert" ist jetzt die heftigste Variante? un-markiert klingt für mich nicht nach explizitem Erscheinen. :hmmm:
Und wenn etwas "erwähnt" wird, beinhaltet es doch 'die Andeutung', der 'Witz' ist interessant, würde für mich aber auch als: "es passiert kein echter Mord, er wird (in einem Witz) erwähnt" fallen.
Weiß nicht, ob ich das so stark unterteilen würde, oder eben hinter das Wort einfach in Klammern: CN: Mord (Witz & Explizite Darstellung) ?
Ich mach's mir halt gern einfach und als Leser würde ich es auch schnell zugänglich sehen wollen, oder?

Evanesca Feuerblut

Zitat"unmarkiert" ist jetzt die heftigste Variante? un-markiert klingt für mich nicht nach explizitem Erscheinen. :hmmm:
Und wenn etwas "erwähnt" wird, beinhaltet es doch 'die Andeutung', der 'Witz' ist interessant, würde für mich aber auch als: "es passiert kein echter Mord, er wird (in einem Witz) erwähnt" fallen.
Weiß nicht, ob ich das so stark unterteilen würde, oder eben hinter das Wort einfach in Klammern: CN: Mord (Witz & Explizite Darstellung) ?
Ich mach's mir halt gern einfach und als Leser würde ich es auch schnell zugänglich sehen wollen, oder?
Okay, das ist etwas, worüber ich nachdenken möchte, also dass "Komplett unmarkiert" nicht zwingend für Betroffene aussagt "Es kommt vor und ist größerer Plotpunkt", da finde ich dein System mit "E" tatsächlich besser und möchte jetzt überlegen, wie ich das in Zukunft handhabe, die nächsten Veröffentlichungen stehen ja bald an.

Und da fällt mir ein, dass ich eigentlich auch zwischen "genannt" und "erwähnt" unterscheide. Genannt = das Wort fällt.
Erwähnt: Es wird darüber gesprochen, eventuell auch in Form von "Es ist wem anders passiert", aber nicht on-screen gezeigt. Aber da ist auf alle Fälle noch Präzisierungsbedarf auch bei so hypergenau auszeichnenden Leutchen wie bei mir.

Lothen

ZitatTatsächlich passt das bei mir sogar momentan in eine Zeile, wenn ich alle Schlagworte hineinander schreibe
In den meisten Fällen sicherlich, aber dann gibt es zum Beispiel solche Projekte wie mein "Mutterschoß". Da hab ich sehr dezidiert alle CNs rausgesucht und komme auf 33, die erwähnt werden, 21 mit expliziter Darstellung und 16, die durchgehend immer wieder thematisiert und dargestellt werden. Und wahrscheinlich hab ich noch welche vergessen.

Da sind viele dabei, die man für Dark Fantasy/Thriller/Horror als "erwartbar" betrachten könnte (z.B. Blut, Hinrichtung, Mord ...), aber auch sehr spezifische, die nicht so klassisch sind (z.B. Schwangerschaftsabbruch).

Ich bin da noch unschlüssig, wie man vorgeht. Die erwartbaren weglassen oder in eine Sammelzeile packen ("Gewalt, Gore und alles was dazugehört")? Trotzdem die komplette Liste anbieten, auch wenn die sehr lang wird?

Mondfräulein

Du kannst ja immer noch darauf verweisen, dass es auf deiner Website die ausführliche Liste gibt. Das ist ja erstmal nur ein Angebot. Wer sie nicht lesen will, der muss sie nicht lesen. Für das Buch reicht vielleicht eine kürzere Liste.

Anj

Mit etwas überlegen komm ich auf folgende Ideen:

1. Alles, was zum Genre oder Subgenre gehört wird nicht extra erwähnt, außer es ist besonders explizit und maximal triggernd/schockierend eingesetzt. Klappentext und Genre reichen da als Warnung meines Erachtens aus.

2. unerwartete explizite oder bekannte Inhalte kommen in CNs ggf. mit Spezifizierung wie erwähnt, explizit und fortlaufendes Element

3. Eine Bitte für spezifische Trigger oder allgemeine Themen auf der Liste auf der HP (die dann auch gern ausführlich sein darf und die Bücher den Triggern zu ordnet, dann kann ich die entsprechenden Bücher gleich auf die rote oder grüne Liste setzen) nachzuschauen und Kontakt aufzunehmen, wenn keine entsprechende CN zu finden ist.

Damit können auch ältere Bücher leicht mit abgedeckt werden, ich kann recht schnell meine Trigger finden und ich stelle mir das in Tabellenform nicht so unübersichtlich vor.
Damit gibt es im Buch keine ellenlangen Listen und ich hab eine Liste auf der HP für alle Bücher und muss bei neuen CNs auch nur diese eine Liste pflegen.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Barra

#134
Das ist eine sehr schöne Zusammenfassung mit guen Kompromissen, wie ich finde, @Anjana. Würde ich jetzt für mich auch so anwendbar finden. Danke.

Da war noch eine Frage, von @Turiken  weiß grad nicht von wem. Bezüglich der Verlage/ Agenturen.
Ich hatte das Thema bewusst hochgeholt, weil in einer Kurzgeschichtenausschreibung eben CN bitte mit angegeben werden sollen.
ZitatWir arbeiten mit CN (Content Notes), bitte schickt diese mit eurer Geschichte mit.
(Und dort dann die Frage aufkam, was das überhaupt ist.) Also ja, es gibt ein paar Verlage die es schon machen und auch darauf hinweisen. (Agenturen kann ich nichts zu sagen).

Ich hab die CN/ TW jetzt einfach standartmäßig mit in mein Exposé aufgenommen, solange eine Zeile reicht.
@Lothen was dein Projekt betrifft: das ist ordentlich. Ich stehe auch noch am Anfang und konnte mir jetzt gar nicht vorstellen, dass jemand da wirklich "alles" wirklich mitnimmt. (Alles im Sinne von: also wirklich mal über eine Seite brauchen könnte.) Vielleicht fängst du auch erst mal nur mit dem schlimmsten und geläufigsten an und verweist wirklich auf eine HP oder Email?
Ich kann mir vorstellen, wenn zu viele CNs gesetzt sind, dass dann auch wieder was untergeht. (Hab ich ja hier an der Liste gesehen, dass Dinge die drinstanden in der bloßen Aufzählung auch leicht übersehen werden können, wenn man so viel auf einmal sieht.)

@Evanesca Feuerblut, ich find es toll wie genau du das nimmst. Ich wollte aber nicht, dass du jetzt jedes Wort auf die Waage legst und dir noch mehr Arbeit machen. :knuddel: Du hast schon enorm differenziert und ich glaube mit 'genannt' und 'erwähnt' befinden wir uns in minimalen Abweichungen der Bedeutungsebenen.