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Science Fiction Autoren - Wo seid ihr?

Begonnen von Tom Arroway, 17. Juli 2019, 17:04:55

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Yamuri

Mir stellt sich sehr häufig die Frage, wo beginnt Science Fiction, wo hört Fantasy auf. Ich lebe nach dem Motto: alles ist prinzipiell möglich, solange nicht das Gegenteil bewiesen werden konnte. Damit habe ich einen sehr großen Spielraum an Möglichkeiten. Mit dem Label Fantasy fühl ich mich bei meinen Projekten nicht wirklich wohl, obwohl eine Einordnung in Portal Fantasy zum Teil möglich wäre. Eindeutige Sci Fi sind sie aber auch nicht. Ein Projekt an dem ich gerade arbeite geht aber in Richtung Noir Sci Fi oder Noir Fantasy je nachdem ob man das Konzept eher als Fantasy oder Sci Fi bewerten will. Ich gehe zum Teil in philosophische und spirituelel Konzepte hinein, aber auch in was wäre wenn Fragen und die Kreation von Welten, die ich mir vorstellen kann, deren Entstehung sich die Menschheit auf dem derzeitigen Kenntnisstand aber nur schwer erschließen kann. Für mich fühlt es sich aber nicht wie Fantasy an, weil ich den Anspruch habe dem ganzen Wissenschaft zu Grunde zu legen, es mit "was wäre, wenn es eine Substanz gäbe, die diese oder jene biologische Entwicklung möglich macht" untermauer. Was in der Fantasy Magie ist sind bei mir übernatürliche Fähigkeiten, die entstehen, weil der Mensch genetisch verändert ist und daher eine andere Wahrnehmung besitzt und auf etwas zugreifen kann, was uns bisher verwehrt bleibt. Darüber hinaus sind mir auch soziale Entwicklungen oder ethische Fragen wichtig, wie beispielsweise: Was kann das Wesen eines Menschen ändern? Darf der Zweck die Mittel heiligen? Wie würden die Menschen miteinander umgehen, wenn körperlich der Alterungsprozess gestoppt wäre und einem Mensch das Alter nicht mehr anzusehen ist, quasi alle aussehen wie sagen wir 15-17 obwohl sie in Wahrheit bereits 40-50 sind. Experimente an Menschen finde ich als Thema auch immer interessant, weshalb ich auch die Bücher von John Saul sehr spannend finde (die sind zwar Horror, befassen sich aber eben auch mit schief gelaufenen Experimenten).
"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Trippelschritt

@ Tom

Ja, die große Maschine gibt es nur gedruckt und versteckt sich in einer dieser zahllosen Anthologien.  Leider verkaufen sich Kurzgeschichten nicht sehr gut, und da es meine einzige Kurzgeschichte ist, die eindeutig SF ist, habe ich auch nicht die Möglichkeit, sie selbst une neu an einem Ort zu publizieren, wo man sie wiederfindet.

Macht nichts. Man muss nicht überall präsent sein.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Sturmbluth

Zitat von: Yamuri am 19. Juli 2019, 09:42:54
Mir stellt sich sehr häufig die Frage, wo beginnt Science Fiction, wo hört Fantasy auf.
Das ist für mich recht klar. Bei SciFi muss es für außergewöhnliche Ereignisse eine technische Begründung geben. Diese muss aber nicht unbedingt realistisch sein.

Bei Fantasy gibt es entweder überhaupt keine Begründung (z.B. Zwerge, Vampire und Orks gibt es einfach) oder sie heißt "Magie" (z.B. das Portal in die fremde Welt funktioniert auf magische Art und Weise)

Man könnte also einen Science-Fiction-Roman mit Zwergen und Drachen schreiben, wenn man erklärt, dass sie einem genetischen Experiment entsprangen. Andererseits ist Saurons Macht in Herr der Ringe "einfach da", es ist Magie, deren Funktionsweise nicht erklärt wird.

In der Populärkultur wird allerdings alles mit Raumschiffen und Aliens als SciFi bezeichnet (Star Wars, Independence Day), also ist meine Erklärung nicht allgemeingültig. Es ist für mich eher eine Art interne Richtlinie, an die ich mich halte, wenn ich etwas schreibe.

Shedzyala

Zitat von: Tom Arroway am 19. Juli 2019, 09:26:14
ZitatDie ersten beiden Romane einer Reihe sind fertig und erschienen, ebenso 2 SF-Kurzgeschichten

@Shedzyala Was du schreibst, klingt interessant für mich. Vor allem, dass du Wert darauf legst, dass es biologisch irgendwo Sinn macht. Humor in SciFi finde ich auch gut. Kommt man irgendwo an die Kurzgeschichten ran?
"Alypos" ist in der Anthologie "Like a (bad) dream" erschienen, "Ein Bruchstück Himmel" in der Anthologie "Die andere Seite des Regenbogens". Meine KGs sind aber ein ganzes stück düsterer als die Romane. Es ist gibt auch noch eine 3. KG, das war meine allererste SF-Kurzgeschichte und sie ist dementsprechend alt. Die gibt's auf meinem Blog :)
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Yamuri

@HSB: Danke dir. :) Demnach dürfte ich meine Werke auch als Sci Fi einordnen. Mich verunsichert nur immer wieder die Meinung der Populärkultur, aber das fällt vermutlich unter "Hard Sci Fi", wobei es bei mir auch "außerirdische" Organismen/ Spezies geben kann. Nicht in allen Projekten aber manchen. Aber das Gesellschaftliche oder Philosophisch/Spirituelle Element steht eher im Vordergrund, wobei ich Traumwelten beispielsweise als "andere Dimensionen" beschreibe und auch das Jenseits in diesem Sinn eine andere Dimension bzw. Seinsebene darstellt, und die Seele eine feinstoffliche Substanz ist, die sozusagen den Körper kontrolliert und wieder verlassen kann, wenn dieser stirbt.
"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Churke

Zitat von: Tom Arroway am 19. Juli 2019, 09:26:14
@Churke Das ist schön auf den Punkt gebracht! Kassandra Goldstein? Ist das dein Pseudonym?

Hihi, nein, Kassandra Goldstein lautet der Arbeitstitel und Name der Hauptfigur. Die Geschichte befasst sich mit einem dystopischen Weltstaat. Kassandra fordert das System in freien Wahlen heraus und wird dadurch zur meistgehassten Person des Planeten.
Der Name ist eine Anspielung auf Emmanuel Goldstein in 1984.

Kommunikation und Propaganda gehören zu meinen Lieblingsthemen. In "Paläovalation" habe ich sogar die Lektorin getäuscht. Sie übernahm ungeprüft die Lügen der Protagonisten und hielt sie für die "Wahrheit". Fand ich krass.

Trippelschritt

#21
Bei der Frage der Abgrenzung stimme ich nicht unbedingt mit euch überein. Die in den siebziger Jahren prämierten SF Romane von Ursula Leguin nutzten als Science nicht mehr die Technik, das waren Clarke oder Asimov, sondern Soziologie oder Ethnologie, also sie sogenannten weichen Wissenschaften, und das ist bereits fast fünfzig Jahre her. Da empfehle ich die beiden absoluten Highlights:
The Dispossessed und The left hand of darkness.

Für LuGuin war der Unterschied zwischen SF und Fantasy die Sprache, aber damit hat sie sich nicht gegen den Markt durchsetzen können, obwohl ich meine, dass sie damals recht gehabt hat.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Edit:überschnitten

Tom Arroway

@Yamuri Das klingt interessant, finde ich. Erinnert mich ein bisschen an Black Mirror nur eben auf biologischer statt technologischer Ebene...

ZitatIn der Populärkultur wird allerdings alles mit Raumschiffen und Aliens als SciFi bezeichnet (Star Wars, Independence Day)

@HSB Ja, die Nummer mit den Raumschiffen... :) Das meine ich damit, dass SciFi meist physikalisch ausgerichtet ist. Da sind dann immer Überlichtgeschwindigkeiten, Zeitreisen oder Wurmlöcher...
Andererseits: Ist "Der Schwarm" von Schätzing ein Science Fiction?

Für mich ist Science Fiction letztlich das, was in einer utopischen Zukunft spielt, in der gestützt durch technologische/wissenschaftliche/gesellschaftliche Entwicklung Zusammenhänge neu ausgelotet werden.

ZitatDie Geschichte befasst sich mit einem dystopischen Weltstaat. Kassandra fordert das System in freien Wahlen heraus und wird dadurch zur meistgehassten Person des Planeten.

@Churke Klingt super gut!
"Was man heute als Science Fiction beginnt, wird man morgen vielleicht als Reportage zu Ende schreiben müssen." (Norman Mailer)

Maubel

#23
ZitatAndererseits: Ist "Der Schwarm" von Schätzing ein Science Fiction?

Für mich ist Science Fiction letztlich das, was in einer utopischen Zukunft spielt, in der gestützt durch technologische/wissenschaftliche/gesellschaftliche Entwicklung Zusammenhänge neu ausgelotet werden.

Ja, ist es.

Übrigens zählen auch Dystopien als Sub-Genre zur SciFi. Ich finde übrigens nicht, dass Fantasy unerklärbar (ist halt Magie) ist im Vergleich. Es gibt genügend Werke, die Magie sehr genau erklären und sich nicht in ein "Ist halt so" flüchten. Ganz grob gesagt, ist SciFi eben die Zukunft und Fantasy eher an die Gegenwart, Vergangenheit ausgerichtet. Die Grenzen können natürlich fließend sein - siehe Star Wars, das oft als Space Fantasy bezeichnet wird, deshalb fällt es alles zusammen mit Horror in den specular fiction/Phantastik-Bereich, aber im Groben ist für mich SciFi etwas, was in der Zukunft spielt und mindestens eine neue Technologie/gesellschaftliche Entwicklung zeigt. Ob das nun irgendwelche Hard Sci Fi mit physikalischen Hintergründen ist oder eine Social Sci Fi, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels beschäftigt, ist da relativ egal.

Gibt übrigens auch noch die Science Fantasy als Übergangsmedium: Wenn es eigentlich klar den Ton einer Fantasywelt/-geschichte trifft, aber zum Beispiel die Magie sehr wissenschaftlich erklärt ist oder Fantasy bei der die Magie auf einem wissenschaftlichen Konzept beruht, z.B. chemische Elemente und das auch ein zentraler Plotpunkt ist.

@Yamuri so wie du über deine Geschichte schreibst, klingt das klar nach SciFi.

Übrigens tue ich mich bei meiner eigenen Geschichte recht schwer mit dem Begriff SciFi, obwohl es eigentlich klar stimmt. Schließlich ist das zentrale Thema das Spenden und die Transplantation von Erinnerungen, eindeutig ein SciFi-Konzept, aber es fühlt sich eben eher an, wie die Vorstufe einer Dystopie (wiederum keine echte, da es kein System gibt und die Memospende per se nicht schlecht ist) und mehr Sozialstudie, da es nicht um die wundervollen Sachen geht, die man damit machen könnte, sondern sich auf die psychologischen Folgen konzentriert. Also eine sehr softe SciFi ;)

Meine Kurzgeschichte in der "Fiction x Science" Anthologie (übrigens eine Sammlung an positiver Zukunftsvisionen) ist da schon viel härter, da ich mit meinem Geologiewissen rumspielen durfte. Und so gibt es Energiegewinnung aus Plattentektonik und Lithorider, eine Art Motorrad+Bohrer, mit dem meine Heldin ins Erdinnere fährt und versucht, ein Erdbeben aufzuhalten. Ganz klar, Zukunftsmusik und na ja, das Ganze ist eher ein Katastrophenfilm auf zehn Seiten (nur mit wissenschaftlicher Grundlage, wenn auch gnadenlos extrapoliert).

Churke

Zitat von: Tom Arroway am 19. Juli 2019, 15:37:24
@HSB Ja, die Nummer mit den Raumschiffen... :) Das meine ich damit, dass SciFi meist physikalisch ausgerichtet ist. Da sind dann immer Überlichtgeschwindigkeiten, Zeitreisen oder Wurmlöcher...
Andererseits: Ist "Der Schwarm" von Schätzing ein Science Fiction?

Mir geht es doch gar nicht um die Raumschiffe.

Kaum habe ich (als Satire!) ein neoliberales Sternenreich erfunden, das das Universum privatisiert, gründet Trump ein "Space Command", das genau das macht und dazu die gleichen Argumente bringt.
Und nachdem meine Military-SF-Helden vom Jobcenter verpflichtet wurden, lese ich, dass die Bundeswehr in den "richtigen" Jobcentern aktiv ist.

FeeamPC

Tja, manchmal holt uns die Realität schneller ein, als einem lieb ist.

Ryadne

Zitat von: Tom Arroway am 19. Juli 2019, 09:26:14

@Ryadne Kann man von dir irgendwo eine Kurzgeschichte lesen?

Kann man tatsächlich - entweder in den Anthologien (z. B. in "Roboterliebe", "Intergalaktisches Seemannsgarn") oder auf TOR Online:  8)
https://www.tor-online.de/fiction/2019/01/neophyt-auf-eden-alessandra-ress/herzlichen/

FeeamPC

Es gibt übrigens SF-Drachen: Die Drachenreiter von Pern. Da sind die Tiere genetisch gezüchtet worden, um mit ihrer Hilfe eine Bedrohung abzuwehren, die von einem Mond des Planeten ausgeht, der eine etwas exzentrische Umlaufbahn hat und nur einmal pro Generation nahe genug kommt, um besagte Bedrohung (eine primitive fremde Lebensform) auf den Planeten loszulassen.

Trippelschritt

Und Anne McCaffrey. Sie fing an als klassische SF-Autorin (Die Raumpiloten) und wurde erst richtig erfolgreich mit ihren Drachengeschichten, die alle auf derselben Welt spielten. Heute würden sie wohl unter Fantasy laufen, aber damals war sie ganz klar SF.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Churke

Zitat von: FeeamPC am 02. August 2019, 10:33:28
Es gibt übrigens SF-Drachen:

Da erwarte ich dann aber naturwissenschaftliche Hieb- und Stichfestigkeit. "Hat seit Fukushima Superkräfte" oder "flugfähig nach Krpytonitinahaltion" ist keine Science.