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Grammatikalische Kleinigkeiten

Begonnen von Ratzefatz, 21. November 2007, 06:23:44

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Schneerabe

Also für mein Bauchgefühl hört sich:
ZitatEr beherrschte sich, ihren Angriff nicht zu blocken.
vollkommen richtig an, kann dir aber nicht genau sagen warum... Instinktiv würde ich beherrschen vielleicht vom Sinn her als das 'Festhalten an einem Entschluss' sehen... man würde ja auch sagen:
ZitatEr entschloss sich, ihren Angriff nicht zu blocken.
denn wenn man sagt:
ZitatEr entschloss sich, ihren Angriff zu blocken.
--> dann blockt er ja.

Dein Charakter hat ja offenbar schon den Entschluss gefasst, nicht zu blocken und jetzt führt er diese negative Handlung durch, indem er nichts tut... Vielleicht hilft dir das weiter, ich bin nicht so die Leuchte im Erklären.  ;D

"To hell or to Connacht."

Shedzyala

Danke für deine Einschätzung, Schneerabe, auch wenn ich leider immer noch nicht überzeugt bin :(

Man kann beherrschen imo nicht mit entschließen ersetzen, denn wenn ich mich entschließe, etwas zu tun, tue ich etwas aktiv. Aber wenn ich mich beherrsche, etwas zu tun, dann tue ich etwas nicht. Zumindest nach meinem Bauchgefühl, steckt in beherrschen eben das nicht drin, in entschließen aber nicht.

Ach man, warum muss es im Deutschen bei einer doppelten Verneinung nur zum Gegenteil kommen? In anderen Sprache ist das dann eine Betonung, da wäre der Fall jetzt wesentlich einfacher ;D
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Sukie

Beherrschen kann man doch dann aber mit zurückhalten ersetzen, oder?

Er hielt sich (davon) zurück, ihren Angriff zu blockieren.

Er hielt sich (davon) zurück, ihren Angriff nicht zu blockieren.


:hmhm?:

:seufz:


Verdammt. Ich habe, glaube ich, gerade meine Aussage gestern aus dem Chat selbst widerlegt. Toll. Jetzt hört sich Aussage 1 doch richtiger an.  :d'oh:
"Impossibility is a kiss away from reality." (Sense8)

Shedzyala

Exakt Sukie, danke für das Beispiel! Variante 1 klingt richtig für mich, genau das ist das Problem.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Zit

Und wenn er sie einfach "gewähren lässt"? Das legt den Fokus mehr darauf, was er tut und nicht, was er sich selbst verknauft.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Shedzyala

Gewähren lassen würde leider nicht passen, da er ein ausgebildeter Kämpfer ist und den Reflex unterdrücken muss, sofort zu reagieren. Die Formulierung passt an sich am besten zur Situation, es ist eben nur die Frage der Grammatik, was nun richtig ist :(
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Prometheus

Da er vielleicht im Normalfall reagiert hätte, wie wäre es damit:

Er unterdrückte seinen Reflex, ihren Angriff zu blockieren.

Elona

In meinen Augen ist auch
ZitatEr beherrschte sich, ihren Angriff nicht zu blocken.
korrekt, wenn du aussagen möchtest, dass er den Angriff (wie auch immer der aussehen mag) über sich ergehen lässt.
Es ist seinerseits Beherrschung notwendig, dass er nicht (aktiv) den Angriff blockt.

ZitatEr beherrschte sich, ihren Angriff zu blocken.
Dieser Satz hingegen, ist in meinen Augen nicht eindeutig, weil kein direkter Bezug (das Wort ist vielleicht ein wenig unglücklich, mir fällt aber gerade kein besseres ein  :hmhm?: ) von "beherrschen" zu "Angriff blocken" besteht.

Ein Beispiel, wie sich die Bedeutung des Satzes noch mal verändert, wenn man ein kleines Wort einfügt:
ZitatEr beherrschte sich, ihren Angriff nur zu blocken.
Hier blockt er eben nur und geht seinerseits nicht in den Gegenangriff über.
Ich hoffe, es ist nachvollziehbar, auf was ich hinaus will.  :)

Oder halt der Vorschlag von Prometheus.

Inea

Ich habe das ganze mal beim Duden eingegeben. Dort steht als Beispielssatz bei "beherrschen":
Zitatich musste mich beherrschen, um nicht zu lachen

Demnach wäre folgender Satz ebenfalls richtig, oder?
"Er musste sich beherrschen, um ihren Angriff nicht zu blocken."

Vielleicht hilft dir diese kleine Umstellung des Satzes weiter?

chaosqueen

Ich zäume mal von hinten auf:

Ihr "Angriff" besteht darin, dass sie ihre Hand auf seine legt, ihn also lediglich physisch berührt, ja?
Und sein Reflex wäre, ihre Hand wegzuschlagen oder zumindest seinen Arm wegzuziehen, auch richtig?
Und seine Beherrschung besteht darin, dass er beides nicht tut, sondern ihre Hand erträgt, oder?

Dann sehe ich tatsächlich ein Problem mit dem Verb "blocken", weil, wie Churke schon schrieb, ein Block eben darin besteht, dass ich meine Waffe (oder meinen Schild oder eine herumliegende Mistgabel) dazu nutze, den Angriff abzuwehren, ohne jedoch selber aktiv anzugreifen.
Klar blockt er hier nichts ab, sondern lässt eben die Berührung zu, nur finde ich den Satz so tatsächlich schwer verständlich, weil der Leser eben aus dem Kontext begreifen muss, dass ihre Berührung für ihn bereits ein Angriff ist. Und "Blocken" wäre hier ja zum Beispiel, dass er einen Schritt zur Seite geht, bevor sie ihn berührt, seine Hand mit der Handfläche nach vorne gegen ihre richtet, um sie abzuwehren oder ähnliches.

Grammatikalisch bin ich da ganz bei denen, die die erste Variante für richtig halten. "Ich beherrschte mich, laut loszulachen" ist möglich, aber eher ungewöhnlich. Meist würde man eben "ich beherrschte mich, um nicht laut loszulachen" sagen.

Analog könntest Du also entweder "er beherrschte sich, um ihre Berührung nicht abzuwehren" schreiben, oder einfach "mit großem Widerwillen ertrug er ihre Berührung". Ich würde nicht Angriff schreiben, außer, es ist von ihr als solcher gedacht und sie kann ggf. sogar durch reine Berührung Schaden anrichten, aber mich als Leser hat der Satz total verwirrt, weil eine Hand auf meinem Arm zwar meinen Tanzkreis durchbricht und daher unangenehm sein kann, ich das aber dennoch in den seltensten Fällen als Angriff werten würde.

Shedzyala

Danke für eure Einschätzungen, mein Bauchgefühl habt ihr zwar nicht überzeugt, aber doch zumindest meinen Kopf. Da es wohl mehr mit einem "nicht" als richtig lesen, kommt das Wort da dann eben hin, damit dort niemand stolpert. Dafür ist der Satz dann noch nicht wichtig genug :)

@chaosqueen Danke für deine Gedanken, aber die Wortwahl ist tatsächlich schon richtig so, wie sie dasteht. Bei dem "er" handelt es sich um ein Alien aus einer sehr aggressiven Kultur, die ungefragte Berührungen nicht kennen bzw. diese in der Tat nur für körperliche Auseinandersetzungen nutzen. Deshalb hat er eben den Reflex, sich bei einer nicht erwarteten Berührung erst einmal zu wehren oder doch zumindest diesen Angriff zu blocken, was ja auch waffenlos möglich ist. Und da es nicht das erste Mal ist, dass er über Berührungen reflektiert, wird der Leser den Kontext vermutlich schon richtig einordnen können. Auch geht es in dem Kontext nicht darum, dass ihm diese Nähe an sich unangenehm wäre, sondern dass er sie ganz einfach nicht gewohnt ist. Er sieht ihre Berührung aufgrund seiner kulturellen Prägung als Angriff, entscheidet sich bewusst aber dafür, ihn nicht als solchen zu werten und zuzulassen.

Wenn du es so willst: Es ist der Versuch, eine fremde Kultur darzustellen, ohne in allzu viel Infodump zu verfallen :)
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Cailyn

Liebe Foris

Ich brauche die Grammatik-Cracks unter euch  ;D. Ich bin gerade an der finalen Überarbeitung und es hat sich so eine kleine Liste an Fragen ergeben, die ich mir bislang nicht beantworten konnte.

1. Präteritum oder Präsens bei dauerhaft gültiger Aussage
Kurz vor dem Graben zog er nach Links. Pferde wählen/wählten immer den Weg um das Hindernis, wenn sie nicht gezwungen werden/wurden.
Oder auch bei:
Es war viel eher der Versuch, der Langeweile zu entkommen als eine freudige Angelegenheit, bei der man die Zeit vergisst/vergass.

2. Präteritum oder Konditional
Satz 1: Wir erreichten eine Wagenstraße, die mit viel Glück ans Meer führen würde/führte.
Satz 2: Und wenn das Wetter umschlug/umschlagen würde, würde ich sie aus diesem Schmutzzwinger fortbringen.

3. Richtung / in Richtung
Er ging über die Felder Richtung/in Richtung Stadt.


Vielen Dank für eure Hilfe.  :knuddel:

Sascha

Alles Folgende natürlich IMHO und Bauchgefühl. ;)

Zitat von: Cailyn am 11. Mai 2017, 11:17:54
1. Präteritum oder Präsens bei dauerhaft gültiger Aussage
Kurz vor dem Graben zog er nach Links. Pferde wählen/wählten immer den Weg um das Hindernis, wenn sie nicht gezwungen werden/wurden.
Oder auch bei:
Es war viel eher der Versuch, der Langeweile zu entkommen als eine freudige Angelegenheit, bei der man die Zeit vergisst/vergass.
Das find ich auch immer schwer. Beim Pferd kommt es mMn drauf an, ob diese Aussage jemand in der Handlung denkt oder es von außen erzählt wird. Rein sachlich richtig wird wahrscheinlich das Präsens sein, könnte sich aber für den Leser seltsam anfühlen.
Die Angelegenheit findet ja direkt in der Vergangenheit statt, deshalb würde ich hier auch das Präteritum nehmen.

Zitat von: Cailyn am 11. Mai 2017, 11:17:54
2. Präteritum oder Konditional
Satz 1: Wir erreichten eine Wagenstraße, die mit viel Glück ans Meer führen würde/führte.
Satz 2: Und wenn das Wetter umschlug/umschlagen würde, würde ich sie aus diesem Schmutzzwinger fortbringen.
1: führte (aber durchaus konditional gemeint)
2: umschlüge
Irgendwo hab ich mal den Satz gelesen "Deutsch ist eine würde-lose Sprache." Und tatsächlich klingen für mich Formulierungen mit "würde" in den meisten Fällen schlecht. Es entbehrt nicht der Ironie, daß ich dieses Wörtchen im vorigen Abschnitt selbst benutzt habe ... ;D

Zitat von: Cailyn am 11. Mai 2017, 11:17:54
3. Richtung / in Richtung
Er ging über die Felder Richtung/in Richtung Stadt.
Ist für mich gleichwertig.

Miezekatzemaus

Zum zweiten Punkt: Da unterstütze ich Sascha, denn "führte" ist der Konjunktiv II von führen. Du dürftest da auch "führen würde" schreiben, aber eigentlich weicht man bei gängigen Konjunktiv-Formen vor allem im schriftsprachlichen Bereich nicht auf würde aus.

chaosqueen

Bei dem Satz mit dem Pferden Präsens, weil es allgemeingültig ist. Das macht eben nicht nur dieses spezielle Pferd und auch nicht nur die Pferde in seiner Zeit, sondern jedes Pferd zu jeder Zeit.

Beim Rest schließe ich mich unkommentiert meinen beiden Vorschreibern an. :)