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Vorfall auf der Buchmesse Mutmaßlich Rechter schlägt linken Verleger ins Gesicht

Begonnen von Silvia, 13. Oktober 2017, 21:39:36

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Aphelion

Zitat von: Churke am 15. Oktober 2017, 18:45:49Da laufen Krawallmacher auf und brüllen "Nazi! Nazi!", um gegen "Stimmungmache" zu protestieren.
"Aber die anderen!" war noch nie ein gutes Argument, um Gewalt zu rechtfertigen. Wir reden hier nicht von Notwehr, wie bereits ein anderes Forumsmitglied festgestellt hat.

Im Übrigen vermischst du hier einiges; dein Finalsatz hat nichts mit dem zu tun, was ich geschrieben habe. Das ist ein Zusammenhang, den du jetzt konstruiert hast und den ich nicht so geschrieben habe und auch nicht so sehe.

Es mag dir nicht schmecken, aber körperliche Gewalt (oder ihre Androhung) ist tatsächlich keine angemessene Reaktion auf solche Äußerungen.

ZitatIch habe das auch nicht gerechtfertigt,
Du hast das ganze mindestens relativiert, was schlimm genug ist - zumal du auch in diesem Beitrag weiter relativierst.

Zitataber es gibt nicht umsonst die Redewendung "ein dicke Lippe riskieren". Wenn's dann knallt, sehe ich keinen Grund, gleich die Systemfrage zu stellen.
Es gibt viele Redewendungen, aber Redewendungen spiegeln letztlich nur die Gesellschaft wider. Natürlich gibt es genügend Menschen, die zu Gewalt greifen. Das legitimiert die ausgeübte Gewalt jedoch nicht.

Nur weil etwas erklärbar ist, ist es noch nicht gerechtfertigt. Natürlich kann man die Gewalt erklären (von mir aus auch mit Redewendungen), aber dadurch wird die Gewalt an sich nicht besser.

Plus: Siehe auch "Aber die anderen!".

Kati

@Denamio: Ich hatte dir eine lange Antwort geschrieben, die der Tizi aber leider gegessen hat. Ich lerne einfach nicht, meine Posts zu kopieren, bevor ich "Schreiben" klicke und dann natürlich ausgeloggt werde.  ::) Also nochmal in kurz: Ich glaube, du hast mich falsch verstanden und kann auch verstehen, warum. Aber ich wollte gern klarstellen, dass ich natürlich nicht glaube, dass Rechte sich nicht ändern können. Es gibt ja einige schöne Beispiele, in denen ehemals Rechte sich aus der Szene rausgezogen haben und jedem, der das vorhat, gönne ich vom Herzen, dass es ihm gelingt. Ich glaube aber leider, dass die meisten sich nicht ändern wollen. Wenn die meisten Rechten bereit wären, zu diskutieren, zuzuhören und einen Dialog einzugehen, dann hätten wir kein Naziproblem im Moment.

Es wird glaube ich wirklich unterschätzt, wie viele Rechte tatsächlich hinter ihren Idealen stehen und das sind leider - aus eigener Erfahrung - oft Menschen, die nicht den Dialog suchen, sondern höchstens Kollision. Ich bin immer bereit, einen Dialog mit jemandem zu führen, der bereit ist, mir genauso zuzuhören, wie ich ihm zuhöre. Viele Rechte sind das aber eben nicht. Klar ist der Dialog mit Einzelpersonen möglich. Klar hat jeder die Möglichkeit sich zu ändern. Aber mit der Gruppe "rechts" ist meiner Meinung nach kein vernünftiger Dialog möglich und das haben wir in den letzten Monaten auch zur Genüge gesehen. Man hat den Leuten Plattformen gegeben, man hat sie sprechen lassen... auch die rechten Verlagsstände auf der FBM waren der Versuch eines Dialogs und er ist schief gegangen. Ich halte nichts (mehr) davon, rechten Stimmen solche Plattformen zu geben, denn das ist eben kein Dialog. Man erlaubt ihnen, einen Monolog zu führen und genau die Leute, denen man so unbedingt eine Stimme geben will, sind im Gegenzug nie bereit, auch anderen ihre Stimme zu lassen.

Was den Strohmann angeht... Naja. Ich habe heute auf Twitter und auch in anderen Onlineberichten immer wieder gesehen, wie rechte Gewalt mit linkem Krawall, den ich ebenfalls nicht gutheiße, wie gesagt, gleichgesetzt wurde. Also, ich beobachte das schon sehr deutlich, auch nicht nur bei diesem Vorfall. Nicht unbedingt hier im Forum, sondern ganz allgemein. Und das finde ich einfach beängstigend.

Churke

Zitat von: Sascha am 15. Oktober 2017, 20:09:49
Okay, ihr wollt Meinungsfreiheit? Bitteschön. Von mir aus stellt Euch hin und gebt eure gequirlte Sch... von Euch.
"Schwarze sind von Natur aus minderwertig, die Juden wollen in einem fort die Weltherrschaft, Deutschland den Deutschen" usw. usf.
Ist recht. Dann wissen wir auch genau, woran wir sind.
Aber dann laßt mir auch die Meinungsfreiheit, euch als hirnlose Arschlöcher zu bezeichnen. Ohne mir aufs Maul zu geben, mach ich ja umgekehrt auch nicht.

Wenn es so einfach wäre. Der Antaios-Verlag ist durch den Bestseller "Finis Germania" des nicht gänzlich unbedeutenden Historikers Rolf Peter Sieferle ins Rampenlicht geraten. Ich habe das Buch nicht gelesen, aber Sieferle befasst sich in einer Reihe wohl recht bösartiger Aufsätze mit der deutschen Gesellschaft.
Das Buch wurde von der veröffentlichten Meinung in die braune Kiste gesteckt. Außer den üblichen Schlagworten und einer offensichtlich unverstandenen Textstelle habe ich dazu keine Begründung gefunden. Keine Auseinandersetzung mit Stieferles Thesen, nichts. Und wenn ich dann höre, dass ein Thorsten Schulte ein Nazi ist, seitdem er sich erlaubt hat, in einem Buch mit der Politik der Kanzlerin abzurechnen und aus offiziellen Quellen ein paar Zahlen zusammenzutragen.... Die Meinungskorridore sind eng geworden in diesem Land.

Sascha

Zitat von: Churke am 15. Oktober 2017, 23:58:55
Die Meinungskorridore sind eng geworden in diesem Land.
Als Wagenknecht die selbstverständliche Tatsache erwähnte, daß wir natürlich nicht die ganze Welt aufnehmen können (was ja auch keiner je behauptet hat, ist nur so ein Schreckgespenst der Rechten), hat man ihr ja auch gleich vorgeworfen, den Nazis nachzuplappern.
Umgekehrt ist aber auch jeder, der gegen diesen National-Blödsinn ist, sofort 'ne linke Zecke.
Aber man kann die Meinungsfreiheit halt schon extrem strapazieren. Und dann nur für sich fordern, die anderen kriegen in die Fresse. Mit diesem Verhalten sind die Rechten nun mal weit in der Überzahl. Es gab auch schon Linke (ob echt oder vermeintlich), die Rechte überfallen haben, aber umgekehrt – und vor allem gegen ganz friedliche Leute – kommt es nun mal wesentlich häufiger vor.

Blackhat

Für mich war die Protestaktion in gleichem Maße verständlich wie unglücklich. Die Anti-Rechts-Demonstranten und die durch den Tumult angelockte Presse sind wieder einmal über das Stöckchen gesprungen, das ihnen die Braunen hingehalten haben. Die Rechten waren stärker in der Presse vertreten, als die genialen französischen Autoren und zudem konnten sie sich schön in ihre Opferrolle zurückziehen. Perfekter hätte es für die nicht laufen können. Ein Ignorieren wäre im Nachhinein wohl hilfreicher gewesen.
Und was den Einwand betrifft, man hätte diese Verlage schon im Vorfeld ausschließen sollen, sehe ich das kritisch. Mag sein, dass sich unter den Büchern volksverhetzende Schriften befanden, aber es ist nicht die Aufgabe des Börsenvereins oder irgendeines Organisationskomitees das zu beurteilen. Dafür haben wir die Staatsanwaltschaft. Anstatt die Bücher mit Zahnpasta zu beschmieren, hätten die so genannten Aktivisten lieber die Bücher lesen und Anzeige erstatten sollen. Eine satte Geldstrafe oder Schlimmeres hätte diesen Verlagen sicherlich mehr wehgetan, als ein paar verklebte Bücher. Protest ja, aber bitte nicht auf Kindergarten-Niveau.

FeeamPC

Eine Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass jeder, wirklich jeder, eine eigene Meinung haben darf und sie äußern kann. Egal, wie verquer sie ist. Was sie nicht beinhaltet, ist, dass ich jemandem meine Meinung aufzwingen darf, schon gar nicht mit Gewalt. Und zwar egal, ob von rechts, links oder aus der Mitte.

@Tintenteufel:
Das stimmt so nicht ganz.
ZitatEs gibt darüber hinaus einen nicht zu verachtenden Unterschied zwischen körperlicher Gewalt und materieller - Maschinensturm und Klassenkampf haben uns den Sozialstaat gebracht, nicht liebes Bitte, Bitte beim Onkel Bismarck.
Es gab die Ansätze zu einem Sozialstaat schon etliche Jahre, bevor Bismarck Minister wurde, und zwar stammen die aus dem alten Zunftwesen der Handwerker. Da hat niemand Bitte, Bitte gemacht, da wurde lediglich Gebrauchsrecht in staatliches Recht übernommen und für weitere Bevölkerungskreise geöffnet.

Amber

Zitat von: FeeamPC am 16. Oktober 2017, 16:32:15
Eine Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass jeder, wirklich jeder, eine eigene Meinung haben darf und sie äußern kann. Egal, wie verquer sie ist. Was sie nicht beinhaltet, ist, dass ich jemandem meine Meinung aufzwingen darf, schon gar nicht mit Gewalt. Und zwar egal, ob von rechts, links oder aus der Mitte.

Es gibt aber schon noch den Straftatbestand Volksverhetzung.

FeeamPC

Der dann greift, wenn ich diese meine Meinung jemandem sehr nachhaltig eintrichtern will. Sie zu haben und (nur, friedlich) zu äußern, dürfte diesen Straftatbestand noch nicht erfüllen, oder?

Sascha

Pirinci hat auch "nur friedlich" seine Meinung geäußert. Die ist aber dermaßen dämlich, daß er deshalb wg. Volksverhetzung verurteilt wurde.
Es gibt "Meinungsäußerungen", die stacheln gezielt zu Gewalt an. Ich denke, darum geht es bei dem Straftatbestand.
https://www.morgenpost.de/politik/article212040919/Pegida-Redner-Pirincci-wegen-Volksverhetzung-vor-Gericht.html
oder ausführlicher
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/dresden-akif-pirincci-wegen-volksverhetzung-zu-geldstrafe-verurteilt-a-1169719.html

FeeamPC

Ich gehe mal davon aus, dass da auch mit hereinspielt, dass er bekannter ist und seine Meinungsäußerungen daher schwerer wiegen. Oder dass Sachverhalte falsch dargestellt wurden. Oder beides.
Aber zurück zur Buchmesse:
Ich hoffe nur, dass sich daraus in den nächsten Jahren keine Krawall-Dauerfehde ergibt.

Angela

Zitat von: FeeamPC am 16. Oktober 2017, 17:21:52

Aber zurück zur Buchmesse:
Ich hoffe nur, dass sich daraus in den nächsten Jahren keine Krawall-Dauerfehde ergibt.
Ich war da nicht, aber wieso achtet man bei der Standvergabe nicht darauf, wer sich mit wem so gar nicht verträgt?
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/29840
Da beschwert sich der Leiter der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, dass sie in der Nähe des Antaios Verlags plaziert worden sind. Ich frage mich bei solchen Sachen immer: Ist das Absicht?

Malinche

Soweit ich weiß, war die Platzierung zumindest in weiten Teilen Absicht. Vor der Messe hatte ich z.B. gelesen, dass die Amadeu-Antonio-Stiftung, die ihren Stand wohl gegenüber von Antaios hatten, wohl gezielt von der Buchmesse eingeladen wurde (müsste aber suchen, in welchem Artikel das stand). Da ist die Platzierung mit deren Einverständnis erfolgt. Es war wohl auch nicht das erste Mal, dass man das so gemacht hat, wenn ich mich richtig erinnere.

Ist eine schwierige Sache. Ich fand es vor der Buchmesse tatsächlich gar keine so schlechte Idee, dass man die rechten Verlage - wenn sie denn schon zugelassen werden - dort platziert, wo sie auf jeden Fall klaren Gegenwind bekommen. Wenn ich mir jetzt die Berichte zu den Vorfällen durchlese, merke ich: Ich habe dabei gedanklich völlig außer Acht gelassen, dass diese Verlage aber eben auch ein entsprechendes Publikum anziehen - und dessen Gewaltbereitschaft unterschätzt. Kommt mir im Nachhinein selbst naiv vor.  :seufz:
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Amber

Zitat von: FeeamPC am 16. Oktober 2017, 17:05:28
Der dann greift, wenn ich diese meine Meinung jemandem sehr nachhaltig eintrichtern will. Sie zu haben und (nur, friedlich) zu äußern, dürfte diesen Straftatbestand noch nicht erfüllen, oder?

Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ab wann dieser Straftatbestand genau greift. Werde ich aber mal recherchieren.

Tintenteufel

Zitat von: FeeamPC am 16. Oktober 2017, 16:32:15
Eine Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass jeder, wirklich jeder, eine eigene Meinung haben darf und sie äußern kann. Egal, wie verquer sie ist. Was sie nicht beinhaltet, ist, dass ich jemandem meine Meinung aufzwingen darf, schon gar nicht mit Gewalt. Und zwar egal, ob von rechts, links oder aus der Mitte.

Das ist, mit Verlaub, etwas verkürzend gedacht. Ich habe neulich einen interessanten Austausch darüber gehabt. Das Thema lässt sich - grob - runter brechen auf die Verwechslung von Freiheit zu Meinungen mit Freiheit von Konsequenzen.
Niemand hat ein Recht auf irgendeine Meinung. Er hat ein Recht auf eine informierte Meinung, die einem gesellschaftlichen, offenen Diskurs stand hält. Das tut linksextremer Anarchismus eben so wenig wie islamistischer Fundamentalismus oder faschistischer Nationalsozialismus.
Jeder darf natürlich eine Meinung besitzen. Aber für die gesellschaftliche Verbreitung von gewissen Meinungen, die einem solchen Diskurs nicht standhalten, gibt es Konsequenzen. Z.B. für eine öffentliche (und öffentlichkeitswirksame) Äußerung, die "die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,"
Auch bekannt als Volksverhetzung, wie schon angesprochen. Äußerungen von Meinungen sind Handlungen, nicht selbst Meinungen. Es gibt Äußerungen, die ein Delikt darstellen, einen Straftatbestand. Auch bekannt als Äußerungsdelikte, was z.B. Verbreitung von Kinderpornographie, Verleumdung, Rufmord, Volksverhetzung, Propaganda für verfassungswidrige Vereine und Organisationen, Aufruf zum Sturz der Regierung umfasst. Sprich: Äußerungen, die Handlungen darstellen.
Pirinci ist nicht (nur?) wegen seiner Bekanntheit angezeigt worden, sondern weil er diese Gülle in ein Mikrofon vor einer großen Menge Menschen abgelassen hat. Genau so wie die Titanic unter anderem wegen Äußerungsdelikten angegangen und verklagt wird (derzeit Aufruf zum Mord an Sebastian Kurz, unter Umständen nächster Kanzler der Republik Österreich).
Soll heißen: Doch, die öffentliche, friedliche Äußerung von bestimmten Meinungen ist und bleibt strafbar. Dennis aus Dummdorf kann den Holocaust so friedlich vor dem Kölner Dom leugnen, wie er will. Eingesackt wird er trotzdem.

@Tangente Bismarck:
Zünfte und Gilden hatten Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pension? Das wird August Bebel und Wilhelm Liebknecht aber freuen. Da reißen die sich jahgelang völlig umsonst den Arsch auf, dabei war die Arbeiterklasse schon lange befreit! Na Mensch, wieso sagt denen das denn niemand? [/sarkasmus]

Fianna

Hier berichtet eine Bloggerin, dass sie mit ihrer Freundin einem Freund von 5 Securities festgehalten wurde, weil sie mit "Kein Ort für Nazis"-Stickern über die Messe gelaufen ist.