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Anako... was? Oder: Wie ungebildet darf eine Figur sein?

Begonnen von Feuertraum, 11. Oktober 2017, 19:04:04

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Feuertraum

Einen wunderschönen Guten Abend,

bei meiner Frage geht es weniger um ein konkretes Problem als vielmehr um eine Frage der Neugier.
Vor Kurzem lernte ich ein neues Wort - Anakoluth - was als "Bruch des Satzbaus bzw. Abbruch bei einem begonnenen Satz" definiert wird, allerdings auch als rhetorisches Stilmittel.
Es werden drei Arten eines Anakoluth unterschieden:
1) Der Abbruch mitten in einem Satz (z.B. "Eigentlich dachte ich ..."; Ihre Stimme versagte.
2) Die Verbesserung: "Ich bin ... war lange Jahre mit ihm befreundet".
3) Der grammatikalische Stilbruch: "Es ist zwar teurer. Und klein."

Der dritte Punkt wurde sehr gerne von Ernst Bloch eingesetzt, der diese Stilfigur deswegen schätzte, weil sie "der Realität nahekommt", was die Sprache des einfachen Mannes eingeht.
Und die Realität, dass ist nun ein Punkt, der mir einige Fragen liefert:
Wie viel Wörter darf man einer Figur einflößen? Wie viel Wissen darf er haben? Wie dumm/klug darf oder sogar muss er sein? Wie würden Sie den 3. Punkt bei diesem Stilmittel einsetzen?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich es eher verurteile, wenn man als Faustregel nimmt: Hauptschule = geringes Wissen und Wortschatz, Gymnasium = viel Wissen, sehr großer Wortschatz. Auch das soziale Umfeld ist nicht unbedingt der Maßstab für mich.
Dennoch drängt sich mir da die nächste Frage auf, ob es dem Leser sauer aufstößt, wenn der "Unterschichtler" statt "Proletendeutsch" sich mit anderen auf höherem Niveau unterhalten kann, vielleicht auch recht belesen ist, einfach deshalb, weil es nicht die Erwartungen erfüllt, die man vielleicht in seinem Kopf in die Schublade gesteckt hat (ich selbst hatte schon mal das Vergnügen, dass ich von einem Menschen "angeschnauzt" wurde, weil ich schon ein bisschen mehr weiß, dieses seiner Meinung aber nicht wissen dürfte, weil ich ja nur "ein einfacher Verkäufer sei").

Wie händeln Sie das ganze?
Neugierige Grüße
Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Trippelschritt

Jede Figur darf alles. Es ist ja meine Geschichte.

Liebe Grüße
Trippelschritt

canis lupus niger

#2
Dass die Sprache eines Charakters seinem Bildungsniveau, bzw. sozialen Umfeld angepasst wird, ist eine Notwendigkeit, wenn man diesen Charakter realistisch zeichnen will.

Dass ein Hauptschüler (um den Schulbesuch mal als Synonym für ein bestimmtes soziales Umfeld zu verwenden) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen anderen Wortschatz hat als ein Gymnasiast, ist ebenfalls - zumindest nach meiner Erfahrung -  ganz einfach realistisch. Das hat für mich nichts mit einer menschlichen Wertigkeit der Charaktere zu tun, sondern einfach damit, mit wem sie üblicherweise kommunizieren, und wie. Das bedeutet nicht, dass alle Menschen mit einem höheren Schulabschluss sich gewählt und rhetorisch gekonnt ausdrücken. Das bedeutet einfach, dass sie gelernt haben sich auf eine bestimmte Weise ausdrücken zu können. Ein Gymnasiast kann trotzdem seine Freizeit mit Menschen verbringen, die sich ungeschickter, ungebildeter ausdrücken, beispielsweise "Kanak-Sprak" sprechen, bzw. die einen geringeren Wortschatz besitzen - aus welchen Gründen auch immer. Dieser "gebildete" Gymnasiast würde sich seinen Leuten sprachlich anpassen, weil die ihn sonst ziemlch schnell ausgrenzen würden. Er würde also einen geringeren Wortschatz verwenden, um verstanden zu werden, nicht weil er diesen nicht besitzt. Genauso kann ein "Hauptschüler" lernen, in ganzen Sätzen zu sprechen, eventuell seinen Wortschatz zu erweitern, weniger Fäkalausdrücke und Schimpfworte zu verwenden und korrektes Deutsch zu sprechen, wenn er sich in einer entsprechenden Umgebung etablieren will.

Sprache ist ein Können, das nicht nur gelernt, sondern auch angewendet werden will, um beherrscht zu werden. Die Schule ist nur ein Weg, um dieses Können und Wollen zu erwerben.

Und dass jemand ein geringes Bildungsniveau inclusive einem geringeren Wortschatz besitzt, macht ihn nicht zu einem geringerwertigen Menschen. Und umgekehrt ist ein gebildeter Mensch mit großem Wortschatz keineswegs ein besserer Mensch. Mein jüngerer Bruder hat "nur" einen Hauptschulabschluss erreicht und bei Gesprächen mit ihm muss ich manchmal wirklich zwei Stufen herunterschalten. Trotzdem hat er ein Herz aus Gold und ist ein liebevoller Ehemann und Vater für eine gemeinsame und zwei Stieftöchter. Ich kenne aber auch hochgebildete und hochintelligente Menschen, die einfach nur Ar***löcher sind.

Eine Figur darf und muss so ungebildet sein, wie ihre Rolle in der Geschichte es erfordert und verträgt.
 

Zit

Über die Frage wie gebildet oder ungebildet Figuren sein sollten, müsste ich für mich nochmal nachdenken. Allerdings hätte ich eine Frage: Wo ist da der Zusammenhang zum zuvor beschriebenen Anakoluth? Ist der Eröffnungspost selbst ein Anakoluth? Man sieht, ich bin verwirrt. :versteck:
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Churke

Brecht war Kommunist, also zweifellos dünkelfrei, und der bedeutendste deutsche Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Wahrscheinlich das beste Vorbild, an dem man sich orientieren kann.

Zitat von: Feuertraum am 11. Oktober 2017, 19:04:04
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich es eher verurteile, wenn man als Faustregel nimmt: Hauptschule = geringes Wissen und Wortschatz, Gymnasium = viel Wissen, sehr großer Wortschatz. Auch das soziale Umfeld ist nicht unbedingt der Maßstab für mich.
Der grammatische Stilbruch hat nicht unbedingt mit dem Bildungsniveau zu tun. Anakoluthe wie Fall 3 sind fester Bestandteil der gesprochenen Sprache. Wenn Sie darauf achten, werden Sie auch Professoren dabei erwischen, dass sie Sätze anders beenden als sie sie begonnen haben. Zu einem Gutteil mag das auch daran liegen, dass der Denkprozess während des Sprechens noch nicht abgeschlossen ist. Im Alltag merkt man das meist nicht, weil es unser Gehirn auslöscht. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass derlei Fehler bei gebildeten Sprechern häufiger auftreten, weil diese sich in komplexeren Sätzen ausdrücken.
Aus genannten Gründen ist es aber unsinnig, das 1:1 in die geschriebene Sprache übernehmen wollen, weil es sich lächerlicher liest als es klingt. Denken Sie mal an die berühmten Versprecher von Edmund Stoiber zurück. Gedruckt wirkt das wie ein dämliches Gestotter. Als Redner nannte man ihn das blonde Fallbeil. Wenn Sie ihm als Autor gerecht werden wollen, müssen Sie ihn als das Fallbeil rüber bringen. 

HauntingWitch

Ich denke, wie gebildet oder ungebildet eine Figur sein sollte oder "darf", hängt von der Geschichte ab. Wenn deine Geschichte es erfordert, warum nicht? Für mich ist das keine Frage von "dürfen", sondern die Frage, welche Geschichte ich erzählen will.

ZitatUnd dass jemand ein geringes Bildungsniveau inclusive einem geringeren Wortschatz besitzt, macht ihn nicht zu einem geringerwertigen Menschen. Und umgekehrt ist ein gebildeter Mensch mit großem Wortschatz keineswegs ein besserer Mensch. Mein jüngerer Bruder hat "nur" einen Hauptschulabschluss erreicht und bei Gesprächen mit ihm muss ich manchmal wirklich zwei Stufen herunterschalten. Trotzdem hat er ein Herz aus Gold und ist ein liebevoller Ehemann und Vater für eine gemeinsame und zwei Stieftöchter. Ich kenne aber auch hochgebildete und hochintelligente Menschen, die einfach nur Ar***löcher sind.

Genau. Und deshalb @Feuertraum, denke ich nicht, dass das den Lesern zwangsläufig aufstösst. Es kann ja auch sehr interessant sein, mit diesen Dingen kann man spielen. Ich lese gerne Sachen, wo mit solchen gesellschaftlichen Vorstellungen gespielt wird. Als Autor ist man frei, man kann machen, was man will, solange es glaubwürdig dargestellt ist. Leute, die daran Anstoss nehmen, sind dann eben nicht ihre Zielgruppe.  ;)

Miezekatzemaus

Meine Figuren dürfen so viel wissen, wie ich es selbst gern lese. Ich habe selbst große Schwierigkeiten damit, beispielsweise einen Dialekt auf Dauer zu lesen, nicht, weil ich ihn nicht verstehe, sondern, weil ich es unglaublich ermüdend finde, wenn alles permanent falsch aussieht, und für mich sehen viele Dialekte schriftsprachlich falsch aus. (Das hatte ich ganz extrem bei House of Nights, eine Figur hat da einen starken Dialekt oder Akzent, ich bin nicht ganz sicher, jedenfalls kam der auch in der Übersetzung mit und da die Figur ziemlich wichtig war, habe ich die Bücher irgendwann weggelegt, weil ich das so wenig mochte.)
Generell mag ich es nicht, wenn Figuren falsch sprechen. Wenn ich schreibe, achte ich darauf, die Grammatik korrekt anzuwenden, völlig egal, um was für eine Figur es sich handelt - einfach, weil es mich selbst beim Lesen unheimlich stört, wenn Figuren gewollt falsch sprechen.
Was die von Ihnen genannten Beispiele angeht: Den ersten Punkt nutze ich sehr gern, er dient mir als Stilmittel, wenn eine Figur zum Beispiel den Tränen nah ist. Auch die Verbesserung finde ich noch in Ordnung. (Sowas kommt bei mir allerdings in der Form am ehesten vor, wenn über Verstorbene gesprochen wird, zum Beispiel in Krimis, also in Richtung von "Er ist ... er war ein guter Mann." Wenn der Figur ihr Fehler aber selbst auffällt und sie ihn verbessert, finde ich das in Ordnung, solange das nicht bei jedem zweiten Satz passiert.
Die dritte Form benutze ich nicht, glaube ich, weil ich, wie oben schon erläutert, Wert darauf lege, dass mich die Sprache der Figuren beim Lesen nicht stört.

Churke

Zitat von: Feuertraum am 11. Oktober 2017, 19:04:04
Dennoch drängt sich mir da die nächste Frage auf, ob es dem Leser sauer aufstößt, wenn der "Unterschichtler" statt "Proletendeutsch" sich mit anderen auf höherem Niveau unterhalten kann, vielleicht auch recht belesen ist, einfach deshalb, weil es nicht die Erwartungen erfüllt, die man vielleicht in seinem Kopf in die Schublade gesteckt hat

Da stellt sich mir die Frage, was Sie damit bezwecken. Figuren sollen regelmäßig ein konkretes Milieu oder soziales Umfeld repräsentieren.
Bezogen auf die Fantasy sind das Kategorien wie Bauer/Adeliger/Kleriker/Magier und so weiter.
Wenn Sie den Adeligen wie einen Bauern reden lassen, den Bauern wie einen Adeligen und den Barbaren wie einen Philosophen, dann fallen Ihre Figuren aus dem Milieu. Sie sind nicht mehr repräsentativ.
Das kann gewollt sein, aber wenn es nicht gewollt ist, dann wird Ihre Geschichte davon wahrscheinlich nicht profitieren.

Feuertraum

Hallo,

erst einmal vielen lieben Dank für Ihre Antworten und gleichzeitig eine dicke Entschuldigung dafür, dass ich m ich erst heute wieder melde. Leider kam ich aus Zeitgründen erst heute wieder in den Tintenzirkel.

Zitat von: ChurkeWenn Sie den Adeligen wie einen Bauern reden lassen, den Bauern wie einen Adeligen und den Barbaren wie einen Philosophen, dann fallen Ihre Figuren aus dem Milieu. Sie sind nicht mehr repräsentativ.

Schwierig zu sagen. Ich weiß nicht, in wie weit ich Film und Buch trauen kann, aber die Sprache der Adeligen war auch nicht immer nur vornehm. Sie konnte auch ganz schön derb sein.
Ich weiß aber, was Sie meinen.


Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Dämmerungshexe

Ich muss auch gestehen, dass ich nicht ganz verstehe wie das Stilmittel des Anakoluth mit dem Bildungsgrad der Figur konkret zu tun hat. Auch hochgebildete und hochintelligente Personen wissen ab und zu nicht, was sie sagen wollen oder sind einfach sprachlos. Immer eine Frage der Situation.

Den Vorrednern muss ich mich natürlich anschließen: wie eine Figur spricht hängt sehr stark von ihrem sozialen Umfeld und ihrer Prägung ab. Das muss sich in der Ausdruckweise genauso widerspiegeln wie in Kleidung, Gestik, Handlung, ... damit die Figur möglichst echt erscheint.

Außerdem sind Bildung und Intelligenz auch nicht dasselbe. Ich hatte in meiner Abiturklasse ein paar Mitschüler, die die besten Noten hatten und allen war ein Rätsel, wie sie das geschafft haben. Bildung bedeutet in vielen Fällen einen großen Wortschatz zu haben. Aber ob man ihn anwenden kann, ist eine Frage der Gewöhnung und Intelligenz. Mangelnde Bildung schließt Intelligenz nicht aus. Und von Intelligenz gibt es verschiedene Formen und Ausprägungen.

Es ist und bleibt also kompliziert.  ;)

Was mir bei der Diskussion  über Adel und derbe Sprache noch eingefallen ist: In meinen Königskinder entstammen viele der Protagonisten einer adligen Familie und zumeist sind sie hochgebildet (für die Verhältnisse ihrer Welt und Gesellschaft). Dabei gibt es aber auch Unterschiede zwischen denen, die ihre Pflicht zu lernen ernst nehmen und denen, die sich lieber mit trivialeren Vergnügen beschäftigen. Die Menschen des Westens sind strenggläubig und fluchen höchstens verhalten. In Amrash flucht jeder, auch die Prinzen. Die drücken sich in Gegenwart ihres Vaters aber auch anders aus - gewählter - als untereinander.
Und dann gibt es da noch das Straßenmädchen, das wirklich so gut wie keine Bildung genossen hat - im nächsten Überarbeitungsschritt werde ich ihre Sprache noch daran anpassen, mehr Wortverkürzungen und unsaubere Grammatik, "Ähm"s und dergleichen. Das heißt aber nicht, dass sie dumm ist - ohne die Gute wären die Prinzen und mit ihnen die ganze Welt ziemlich aufgeschmissen.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Churke

Derb bedeutet nicht unbedingt simpel.

Bildung war die allermeiste Zeit in der Geschichte ein Privileg, und Privilegien sind per definitionem nicht für die breite Masse bestimmt. Die Demokratisierung der Bildung ist eine Errungenschaft des modernen Sozialstaats, indem die Kosten der Bildung von der Allgemeinheit getragen werden. Wie lange das so bleiben wird, ist offen. Was ich damit sagen will: In jedem Setting muss man sich die Frage stellen, wo eine Figur ihre Bildung genossen hat.

Feuertraum

Zitat von: Dämmerungshexe am 19. Oktober 2017, 10:13:29

Den Vorrednern muss ich mich natürlich anschließen: wie eine Figur spricht hängt sehr stark von ihrem sozialen Umfeld und ihrer Prägung ab. Das muss sich in der Ausdruckweise genauso widerspiegeln wie in Kleidung, Gestik, Handlung, ... damit die Figur möglichst echt erscheint.

Und genau da ist ja die Frage, ob dem wirklich so ist, ob also jemand, der in einem sozialen Umfeld a la Ghetto aufwächst, tatsächlich eine einfache Sprache spricht, ob das eben nicht reines Schubladendenken ist.

ZitatAußerdem sind Bildung und Intelligenz auch nicht dasselbe. Ich hatte in meiner Abiturklasse ein paar Mitschüler, die die besten Noten hatten und allen war ein Rätsel, wie sie das geschafft haben. Bildung bedeutet in vielen Fällen einen großen Wortschatz zu haben. Aber ob man ihn anwenden kann, ist eine Frage der Gewöhnung und Intelligenz. Mangelnde Bildung schließt Intelligenz nicht aus. Und von Intelligenz gibt es verschiedene Formen und Ausprägungen.

Da bin ich mit Ihnen D'Accord.  :)


Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Dämmerungshexe

Zitat von: Feuertraum am 19. Oktober 2017, 11:32:18
Und genau da ist ja die Frage, ob dem wirklich so ist, ob also jemand, der in einem sozialen Umfeld a la Ghetto aufwächst, tatsächlich eine einfache Sprache spricht, ob das eben nicht reines Schubladendenken ist.

Meiner Erfahrung nach trifft es im Großen und Ganzen zu, das habe ich neulich bei meinem Workshop in der Mittelschule (zwischen Haupt- und Realschule) wieder einmal gemerkt. Es gibt aber auch da gewisse Abstufungen und echte "Ausreißer", sowohl ins Positive wie auch ins Negative. Da spielt dann die Persönlichkeit sehr stark mit rein. Also konkret gesagt gab es bei den Schülern im Workshop sehr viele aus sozial schwachem Umfeld und mit Migrationshintergrund. Die meisten saßen da und haben mich angestarrt wie als würde ich Chinesisch sprechen. Einige (auch mit besagtem Migrationshintergrund) haben dann aber in Einzelgesprächen doch gezeigt, dass da wesentlich mehr in ihnen steckt. Zwei Mädchen hatten sogar schon selbst Fanfiction geschrieben, trauten sich aber nicht, davon zu erzählen, da sie, wie sie es selbst sagten, für dieses Hobby schon öfters gehänselt worden sind (oder in Neudeutsch: gemobbt).
Im Gegenzug hatte ich in meinem Studiengang damals auch einen Kommilitonen, der rein vom Äußeren her in die Richtung Ghetto/Rap ging und dessen Sprachstil auch dieser Tendenz folgte. Aber nie in ausfälliger Weise. Er war wirklich gebildet und auch intelligent, dazu fachlich kompetent und einfach jemand, mit dem man sich gerne unterhielt. Nur sein persönliches Umfeld und sein Musikgeschmack hatten ihn einfach in eine gewisse Richtung geprägt. (Ich fand ihn als Teampartner sehr bereichernd, da er doch nicht der Norm des Studiengangs entsprach und interessante, ungewohnte Impulse geliefert hat.)

Um darauf zurückzukommen, was von Lesern akzeptiert wird:
Ich denke ich würde bei einer Figur, deren Sprache nicht ihrem Umfeld angepasst ist, erst einmal zu verstehen versuchen, woher diese Diskrepanz kommt. Wird sie erklärt und fügt sich ins Gesamtbild ein, ist alles in Ordnung. Dann sind mangelnde Bildung oder gar Intelligenz (wobei mir zweiteres eher aufstoßen würde) kein Problem. Gibt es aber keine Erklärung oder nur eine unzureichende, würde mich diese Abweichung wahrscheinlich stören und ich würde es womöglich auf Faulheit oder Unvermögen oder auch missverstandener Ehrheiz (zeigen wie gut man schreiben kann, auch wenn es an genau der Stelle nicht passt) des Autors schieben. (Wäre ich reiner Leser ohne Hintergrundwissen zum literarischen Schaffen, würde ich wohl einfach sagen, das Buch sei schlecht geschrieben oder einfach nur "doof".)
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques