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Alles zur Perspektive

Begonnen von Lastalda, 01. Januar 1970, 01:00:00

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pink_paulchen

Ok, diesen Einwand kann ich nachvollziehen. Tatsächlich scheint er der Grund zu sein, warum ich gezögert habe Präsens und diese Anreden zusammen zu verwenden. Beides einzeln gefällt mir, aber es wirkt zusammen "falsch". Ich glaube die Entscheidung wird dann für den Präsens, gegen die Anrede des Lesers fallen. Mein Beispiel kann als innerer Monolog trotzdem überleben. (Bevor ich das erste mal jemand mit einem Computer umgebracht habe, dachte ich, das wäre einfach. Ist es nicht. Meine Entertaste ist kein bisschen leichter zu drücken, als der Abzug am Revolver von Maximilian Kramm.)

Cailyn

#211
Ich bin schlaflos und irgendwie zermürbt.
Es ist mir nämlich erst jetzt, wo ich bereits am Feinschliff des Buches bin, klar geworden, dass ich eine auktoriale Erzählform hätte wählen sollen. Ach... ich überlege ernsthaft, den ganzen Mist neu zu schreiben. sorry, wenn ich grad etwas melodramatisch rüberkomme. Liegt wohl am Schlafentzug.

Lavendel

Liebe Cailyn,

es liegt vermutlich auch am Schlafentzug, dass die die Shifttaste nicht mehr gefunden hast, weder im Threadtitel noch im Eingangspost - viel entscheidender ist allerdings, dass die bei so einem Thread keiner helfen kann. Du schreibst nichts über dein Projekt und nichts über die aktuelle Erzählform. Im Grunde genommens stellst du nicht einmal eine Frage an die anderen, was wiederum bei mir die Frage aufwirft, warum du diesen Thread überhaupt erstellt hast.
So einen Kommentar kannst du natürlich gern in der Schreibbar posten, da darfst du dich auch gern einfach mal bemitleiden lassen, aber einen eigenen Thread ist das in dieser Form zumindest nicht wert.

Cailyn

#213
Entschuldige, du hast natürlich Recht, Lavendel.

Also meine Überlegung ist folgende:
Eine Fantasy-Welt zu transportieren, erfodert es, dem Leser genügend Infos über dieses Fremde zu geben. Momentan habe ich eine personale Erzählperspektive gewählt, ausgehend von 3 Figuren. Die Welt lasse ich quasi aus deren Sicht zeigen. Dies erfordert allerdings sehr viel mehr Worte.

Gestern habe ich einige meiner Lieblings-Fantasywerke zur Hand genommen und festgestellt, dass allesamt autkorial geschrieben wurden, und dass dies dafür sorgt, viel Wichtiges von der neuen Welt zeigen zu können. Ezählt man nur aus der Perspektive einer Figur, wie z.B. seine Heimatstadt aussieht und ist, dann muss man a) einen Grund haben, dass die Figur überhaupt darüber nachdenkt und muss b) beim erzählen viele Infos weglassen, weil diese Figur ja meist nicht alles weiss. Also wird die Stelle, wo die Stadt vorgestellt wird bestimmt schon mal doppelt so lang.

Daher bin ich zum Schluss gekommen, dass generell bei Fantasy-Geschichten ein zumindest "leicht" auktoriales Erzählen einfacher ist.

Was haltet ihr von den Erzählperspektiven und ihren Vorzügen?

Cairiel

Also ... Ich bin absolut kein Fan von einer auktorialen Erzählperspektive. Mir ist ein persönlicher Erzähler um Welten lieber, weil ich so direkt mit ihm mitfiebern kann und den Eindruck habe, tiefer in die Geschichte einzutauchen. Deutlich tiefer.

Zitat von: Cailyn am 08. September 2013, 10:05:56
Gestern habe ich einige meiner Lieblings-Fantasywerke zur Hand genommen und festgestellt, dass allesamt autkorial geschrieben wurden, und dass dies dafür sorgt, viel Wichtiges von der neuen Welt zeigen zu können.
Das wundert mich sehr - ganz spontan könnte ich dir kein einziges von mir gelesenes Fantasy-Werk nennen, das auktorial geschrieben wurde. "Der Hobbit" vielleicht noch, wobei mir der eher größtenteils eher objektiv in Erinnerung ist. Welche meinst du denn? Werke, die mich wirklich begeistert haben, wie "Der Name des Windes", die Bücher von Trudi Canavan, von Bernhard Hennen, von Markus Heitz ... Alle werden mit einem persönlichen Erzähler erzählt, wenn ich mich recht erinnere. Ich bin schon so sehr daran gewöhnt, dass es mir regelrecht seltsam vorkommt, wenn ich doch mal eines mit einem auktorialen Erzähler erwische - gerade geschehen bei einem historischen Roman, kein Fantasy, wohlgemerkt. Und da passt es, weil ich mich sonst als Europäer nicht so sehr in der mittelalterlichen japanischen Kultur zurechtgefunden hätte.

Rakso

Ich persönlich finde mich mit in auktorialen Erzählform nicht zurecht, auch wenn sie besonders im Bereich Fantasy und Sci-Fi oft genutzt wird, da es so einfacher ist dem Leser die fiktionale Welt näher zu bringen. Dies Form des Erzählens ist zwar praktisch, aber ich finde sie auch ziemlich unelegant. Dem Leser werden so Informationen regelrecht eingehämmert (kommt auf den Autor an)

Ich verwende lieber einen personalen Erzähler. Besonders wenn man mehrere Perspektivträger hat, kann man so die Informationen schön streuen. Bei der Beschreibung einer Stadt/eines Landes kann A die ersten Informationen liefern und B baut darauf auf, oder revidiert sie. Ich finde, so kann man ein bisschen spielen und auch die Charaktäre besser umreißen.

Zitat von: Cailyn am 08. September 2013, 10:05:56
Daher bin ich zum Schluss gekommen, dass generell bei Fantasy-Geschichten ein zumindest "leicht" auktoriales Erzählen einfacher ist.

Es gibt ja noch die Harry-Potter-Methode. Der Protagonist wird über von anderen Figuren über die Welt aufgeklärt, sie teilen ihm ihre Informationen mit, und somit auch dem Leser. In der Regel sind solche Erzählweisen eher personal. Wobei diese Art des Erzählens auch überaus nervig sein kann.


Christopher

Zitat von: Cairiel am 08. September 2013, 11:07:57
... wenn ich doch mal eines mit einem auktorialen Erzähler erwische - gerade geschehen bei einem historischen Roman, kein Fantasy, wohlgemerkt. Und da passt es, weil ich mich sonst als Europäer nicht so sehr in der mittelalterlichen japanischen Kultur zurechtgefunden hätte.

Na, aber das ist doch gerade ihr Punkt. Jede Art High-Fantasy (oder zumindest mit großangelegtem Weltenbau) ist für den Leser wie die mittelalterliche japanische Kultur für dich.

Trotzdem stimme ich der Aussage, dass auktorial nicht zwingend erforderlich ist grundsätzlich zu.

Sofern du nicht die hardcore Ich-Perspektive gewählt hast (wo wirklich NICHTS ausser den fünf Sinnen der Figur erzählt wird) hast du doch immer den Freiraum etwas abzuschweifen, den Körper der Figur zu verlassen und die Umgebung ein wenig zu beschreiben.

Wer sagt überhaupt, dass man während einer Erzählung die Erzählperspektive nicht wechseln darf? Wieder so eine sogenannte Regel, die einem so einiges kaputtmachen kann. Dass das stilistisch nicht immer sinnvoll ist und man dazu neigen kann, zu oft zu springen und de Leser zu verwirren/nerven ist natürlich richtig - aber als vollkommenes no-go würde ich das nicht sehen.

Solange es dem Leser nicht unangenehm aufstößt, gibt es da gar kein Problem für mich. Ich "zoome" während meines Erzählens gerne ein wenig rein und raus, will heissen: nähere mich in meinem erzählen dem Charakter um den Leser besser mit diesem mitfühlen zu lassen, danach nehme ich aber wieder etwas abstand wenn ich die Umgebung und seine Bewegung darin beschreibe... Bis jetzt hat sich kein Betaleser darüber beschwert.
Massive, unangekündigte Sprünge von Hardcore-Ich auf auktorial mögen etwas anstrengend sein, aber da hat man ja jede Menge Möglichkeiten, diese Wechsel anzukündigen oder in die Erzählung einzubinden, sodass sie nicht so abruppt wirken....

Ich hör hier glaub ich erstmal auf, ich schweife zu sehr ab ;D
Be brave, dont tryhard.

Cailyn

#217
Cairiel,
Also um hier mal meine drei "auktorialen" Lieblinge zu nennen: Lord Of The Rings, Die Saga um Osten Ard (Drachenbeinthron) von Tad Williams, Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin
Natürlich ist nur Tolkien ein extrem auktorialer Erzähler. Bei den anderen wirkt es personal, ist es aber nicht. Es wird nur mit Auktorialem sehr dezent umgegangen.

Szaiko,
Unelegant...das finde ich jetzt spannend, denn ich hab eigentlich das Gefühl, ich könnte meine Infos viel eleganter zu Papier bringen, wenn sie auktorial erzählt werden. Ich hab's auch schon mal mit dem Anfang eines Kapitels ausprobiert. Sprachlich war das Auktoriale besser, und ich brauchte nur eine halbe Seite anstelle von zwei für die Einleitung des Kapitels.
Die Harry-Potter-Methode ist mir soweit noch gar nicht aufgefallen. Aber das funktioniert natürlich nur sehr wohl dosiert, weil es eben sonst nerven kann.  ;)

Christopher,
Die Idee, es zu mischen, ist mir auch gekommen. Daran studiere ich jetzt herum. Mir schwebt vor, bei den einzelnen Szenen, wo die Protas auftreten, die personale Perspektive beizubehalten, aber z.B. am Anfang oder als Einschub mal auktorial über was aufgeklärt wird. Ob ich das dann mache, muss ich noch überlegen. Bin eben noch ein bisschen hin- und her gerissen, ob das bei den Lesern ankommt.

Malinche

 :wache!: Hallo Cailyn,

ich war so frei, dich mal in den Workshop zu verschieben, da ich den Eindruck habe, hier geht es nicht direkt um ein spezielles Plotproblem.

Die Diskussion um Erzählperspektiven ist immer wieder spannend, ich möchte hier trotzdem kurz dazwischengrätschen und dir einen Vorschlag machen:
Wir haben hier einen Thread namens "Alles zur Perspektive", in dem auch schon einige solcher Fragen diskutiert worden sind - magst du da kurz raufgucken, ob dein Anliegen mit hineinpasst, und mir Bescheid geben? Dann könnte dein Thread dort angeklebt werden.

Danke!
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Mondfräulein

Zitat von: Cailyn am 08. September 2013, 11:57:52
Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin

Als ich eben kurz nochmal reingelesen habe, kam mir das aber wirklich eher personal vor als auktorial. Vielleicht ist der Stil dann eine Lösung für dich, weil er zumindest personal wirkt? Auktoriale Erzählformen halte ich persönlich für Romane ungeeignet. Es ist mir lieber, nicht alle Informationen auf dem Silbertablett zu bekommen als auf Emotionen verzichten zu müssen. Außerdem solltest du aufpassen, dass du nicht in die Infodump-Falle gerätst, das kann leicht passieren, fürchte ich. Vielleicht lässt du mal einen Betaleser drüber schauen, der von deiner Welt wenig Ahnung hat und fragst ihn, welche Informationen er für notwendig hält und welche nicht?

RockSheep

Also ich denke, die bevorzugte Erzählform hängt sehr davon ab, wie du den Leser mit Information füttern willst. Das hängt natürlicha auch davon ab, wie du die Information überhaupt einbringst. Die grosse Frage dabei ist ja irgendwie, muss der Leser mehr wissen als die Charakteren? Wenn dem so ist, dann fällt dir das mit der auktorialen Weise bestimmt leichter.

Bei deinem Beispiel mit der Stadt kannst du natürlich eine sachliche Beschreibung des Ortes einbringen, wenn du findest, dass der Leser als diese Information braucht. Gleichzeitig kannst du vieles auch gut über die Erfahrungen deiner Charakteren reinbringen. Dies wird dann bestimmt nicht gleich ausführlich und, wie du schon sagst, wirst du eine Menge mehr Worte dazu brauchen, aber ich als Leser finde solche Beschreibungen eigentlich spannender zum Lesen als, blöd gesagt, der Wikipedia-Artikel einer Stadt.

Aber wie gesagt, das ist natürlich extrem abhängig von der Art der Information und dem Wissens-Verhältnis des Lesers zum Protagonisten.

Aber ich denke auch, dass du vielleicht einen Betalesen anheuerst, der die ersten Kapitel liest und dir dann Feedback gibt. Dabei muss aber auch gesagt werden, dass es Leute gibt, die gerne ganz genaue Angaben zu einer Welt haben und andere, die sich die vielen Details lieber selber reinmalen.

Cailyn

Zitat von: Malinche am 08. September 2013, 13:59:45
:wache!: Hallo Cailyn,

ich war so frei, dich mal in den Workshop zu verschieben, da ich den Eindruck habe, hier geht es nicht direkt um ein spezielles Plotproblem.

Die Diskussion um Erzählperspektiven ist immer wieder spannend, ich möchte hier trotzdem kurz dazwischengrätschen und dir einen Vorschlag machen:
Wir haben hier einen Thread namens "Alles zur Perspektive", in dem auch schon einige solcher Fragen diskutiert worden sind - magst du da kurz raufgucken, ob dein Anliegen mit hineinpasst, und mir Bescheid geben? Dann könnte dein Thread dort angeklebt werden.

Danke!
Malinche,
Das wäre für mich überhaupt kein Problem. Genau diesen Thread zum Thema habe ich per Suchfunktion übersehen. Würde aber sicher Sinn machen, den dort anzusiedeln. Nur zu!  ;D

Cailyn

Mondfräulein und RockSheep

Betalesen würde sich hierfür sicher anerbieten. Ist mir noch gar nicht in den Sinn gekommen  :pfanne:  ;)

Das mit dem Silbertablett oder dem Wikipedia-Feeling geschieht natürlich dann, wenn die Infos trocken und blöde transportiert werden, was ich sicher zu vermeiden versuche. atürlich halte ich auch nicht viel von der Art, die Infos wie ein Lexikon-Eintrag zu bringen.

Es kommt doch dann drauf an, wer der auktoriale Erzähler überhaupt ist. Man kann in solche Beschreibungen unheimlich viel Wertung oder Humor oder Dramatik reinbringen. Das hat jetzt perse nichts mit meinem Buch zu tun, aber man stelle sich z.B. mal vor, der auktoriale Erzähler wäre der unsichtbare Agonist oder ein Teufel, der die Welt zerstören will. Das gäbe dem Ganzen ja eine spezielle Würze, ohne langweilig zu werden, oder nicht?


Christopher

Es ist die Frage, wie weit du diesen auktorialen Erzähler ausmalen kannst, ohne dass er dem eigentlichen Protagonisten die Show stiehlt. Oder ob du ihn gar als weiteren Charakter deines Buches annehmen willst. Problem ist dann nur, dass er dementsprechend sympathisch oder interessant sein sollte. Anderenfalls sind die Leser das ganze Buch lang damit geschlagen, alles von diesem Typen den sie nicht leiden können erzählt zu bekommen.
Be brave, dont tryhard.

Malinche

Zitat von: Cailyn am 09. September 2013, 09:35:23
Malinche,
Das wäre für mich überhaupt kein Problem. Genau diesen Thread zum Thema habe ich per Suchfunktion übersehen. Würde aber sicher Sinn machen, den dort anzusiedeln. Nur zu!  ;D

Prima, ich habe jetzt umgetopft. Frohes Weiterdiskutieren! :)
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)