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Fünf Eckpunkte in einem Text

Begonnen von Judith, 03. August 2007, 21:53:13

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Lomax

Zitat von: Lavendel am 08. August 2007, 08:46:38Regeln sind doof. Brecht sie!
Ein Fehler ist eine Abweichung von der Regel. Ein Stilmittel ist auch eine Abweichung von der Regel, allerdings eine überlegte und zielgerichtete. Ich musste leider schon zu viele Fehler aus Texten herauskorrigieren, die ihre Verfasser als "Stilmittel" zu verkaufen versuchten, um jetzt noch ganz unbefangen empfehlen zu können, die Regeln zu brechen.
Regeln haben ihren Sinn und ihre Reichweite. Wenn es keinen guten - sehr guten! - Grund gibt, sich darüber hinwegzusetzen, sollte man sie einhalten. Allein schon deshalb, weil in einem Text, der keinen Regeln folgt, sämtliche Versuche eines sinnvollen Regelbruchs untergehen und wirkungslos verpuffen. Aber die Reichweite einer Regel gibt auch an, wann man sich sinnvoll über sie hinwegsetzen kann.

Um eine Regel sinnvoll brechen zu können, muss man sie nicht unbedingt kennen (auch wenn das in vielen Schreibwerkstätten so behauptet wird). Vieles kann man auch ganz instinktiv richtig machen. Aber ich bleibe dabei: Ein instinktives, also unbewusstes Richtigmachen ist etwas anderes als zufälliges Richtigmachen. Es erfordert zumindest ein entsprechendes "Sprachgefühl".
  Und wenn das Sprachgefühl versagt, kann die bewusste Kenntnis von "Regeln" oder Mechanismen in einem Text zumindest hilfreich sein. Insofern finde ich, dass es im Prinzip durchaus nützlich ist, das von Caity vorgestellte Schema zu kennen, und es ist sinnvoll, dass es hier vorgestellt wurde. Man muss nicht nach so einem Schema (oder nach irgendwelchen anderen Regeln) schreiben - aber wenn man beim Schreiben irgendwo hängt und feststellt, dass der Text nicht funktioniert, kann man sich an diese "Regeln" erinnern und schauen, ob sie weiterhelfen.
  Irgendwo zwischen übertriebener Begeisterung und prinzipieller Ablehnung gibt es einen gesunden Mittelweg. Und allein das Wissen und die Kenntnis um etwas schadet ja nie, würde ich sagen ;)

Lavendel

Ha!
Ich wusste, dass das kommt, du alter Lektor du :ätsch:.
Aber Recht hast du da schon. Ich hätte schreiben sollen: Brecht die Regeln sinnvoll und gut, hm? ;D

Und ich lehne nicht Regeln generell ab. Ich lehne es ab festgefahrenen Strukturen bedingungslos zu folgen. Und ich bin kritisch, sobald ich etwas von nonplusultra höre. In Regeln steht was schlecht ist. Aber nicht zwangsläufig, was gut ist. Zumindest, wenn es um Literatur geht.

Hr. Kürbis

@Lomax
Okay, ich dachte, du hättest es noch etwas Formelhafter, so als trockenen Lehrbuchsatz. Hab mir jetzt noch mal dein erstes Posting zu diesem Thema durchgelesen und "herausgelesen", was du meinst... Got it! Tschuldigung fürs wiederholte von der Seite anquatschen, aber bei mittlerweile 6 Seiten wird es unübersichtlich, und ja, deine Postings sind wirklich lang! ;D

@Lavendel
*Den "Break the rules-Orden" rausholt und anheftet* :rofl:

Lomax

Zitat von: Lavendel am 08. August 2007, 11:06:33In Regeln steht was schlecht ist. Aber nicht zwangsläufig, was gut ist.
Das ist doch eine Aussage, der ich mich gleich anschließen könnte. Obwohl sie beim konkret vorliegenden Beispiel den kosmetischen Mangel aufweist, dass es ausnahmsweise tatsächlich mal um ein Schema geht, das erklären will, wie man etwas "gut" strukturiert. Anscheinend gilt auch für "allgemeine Regeln über Regeln", dass man sie für den Einzelfall immer flexibel beugen muss :D

Lomax

Zitat von: Hr. Kürbis am 08. August 2007, 12:57:08... und ja, deine Postings sind wirklich lang! ;D
Ich brauche wohl einen Posting-Lektor, der meine Beiträge sinnvoll zusammenkürzt :-X

Grey

Zitat von: Hr. Kürbis am 08. August 2007, 12:57:08
@Lavendel
*Den "Break the rules-Orden" rausholt und anheftet* :rofl:

Breaking the law, breaking the law ... breaking the law, breaking the law ... *moschmosch*

Das wäre dann wohl die passende Hymne dazu, was?  ;D ;D ;D

Lavendel

Zitat von: Lomax am 08. August 2007, 14:16:25
Obwohl sie beim konkret vorliegenden Beispiel den kosmetischen Mangel aufweist, dass es ausnahmsweise tatsächlich mal um ein Schema geht, das erklären will, wie man etwas "gut" strukturiert. Anscheinend gilt auch für "allgemeine Regeln über Regeln", dass man sie für den Einzelfall immer flexibel beugen muss :D
Hmm, dann packen wir doch einfach ein 'zumeist' vorne vor^^.

Hr. Kürbis: *stolz dir Brust schwell* sowas wollte ich schon immer mal haben ;D

caity

Hallo Lomax,

Und weiter geht's *gg*
Wollen doch mal sehen, ob wir nicht doch noch "zueinander" finden. ^.-

Zitat1. Ich glaube deshalb, dass du in "deiner" eigenen Theorie nicht sattelfest bist, weil du sie in deinen Beispielen nicht sinnvoll und stringent anwenden konntest.

Ich habe bisher *zwei* Beispiele gebracht.
ZitatAnfang: Klar, Frodo glücklich/zufrieden im Auenland mit Bilbo, keine Gefahr in Sicht blabla 1. Wendepunkt: Frodo reist von Bockland nach Bruchtal (die Entscheidung ist zwar schon früher gefallen, Vorbereitungen ebenfalls, hier wird es letztendlich aber durchgezogen)
Höhepunkt: Frodo kommt in Bruchtal an, wo auch Gandalf ist, will dort ja Ring abgeben --> vorzeitiges Ende für ihn in Sicht
2. Wendepunkt: Eingeschlossen in Moria, nur Flucht nach vorne möglich; später auch noch Verlust von Gandalf, es sieht dort ja allgemein sehr schlecht für die Helden aus
Schluss: Frodo muss alleine/mit Sam weiter reisen um sein Ziel zu erreichen
Und
ZitatDer erste Wendepunkt bezeichnet immer einen grassen Wechsel in der vorherigen Geschichte des Protagonisten, der durch eine Entscheidung seinerseits eingeleitet wird (HP: Harry erfährt, dass er ein Zauberer ist und "entschließt sich" Hogwarts zu besuchen)
Der Höhepunkt ist der Moment, in dem sich die Spannung vorerst "anscheinend" entladen hat. Einige wichtige Probleme sind gelöst und das Ziel scheint zum greifen Nahe (HP: Harry wird Sucher bei den Gryffindors, hat seine Freunde, alles scheint toll zu laufen)
Der 2. Wendepunkt ist im Gegensatz zum 1.Wendepunkt nicht ein Moment, in dem sich etwas ändert und der Held eine Entscheidung hat, sondern in der er total in einer Sackgasse steht (HP: Gut, das ist nicht wirklich vorhanden, fehlt mir persönlich aber in den gesamten HP-Büchern, ein Moment in dem Harry vollkommen allein in einer Sackgasse steht .../ Übrigens gehe ich bei HP 1 mittlerweile davon aus, dass der 2. Wendepunkt die Tatsache sein soll, dass sie beim Drachen wegbringen erwischt werden, da klemmt's nämlich wirklich und es sieht ja fast so aus, als würden sie von der Schule fliegen. Das sind nur ein paar Seiten und danach dreht sich ja alles weiter, aber es wäre der rote Faden, dem der erste Teil folgt: Harry Ankunft und Einleben in Hogwarts, das beinahe komplett zerstört zu werden scheint.)
Und jetzt erklär mir anhand von denen bitte genau, was du daran als nicht ,,stringent angewendet" empfindest. Dass das Herr-der-Ringe-Beispiel in deinen Augen nicht sinnvoll war, habe ich mittlerweile verstanden. Trotzdem folgen die beiden Beispiele der gleichen Regel und der gleichen Folge. Ich wiederhole es auch gerne noch einmal:
Anfang: Einfach die bloße Ausgangssituation des Protagonisten
1. Wendepunkt: Eine Änderung im Leben des Protagonist, beeinfluss durch eine Entscheidung und deren Durchführung
Höhepunkt: Verschnaufpause für den Protagonisten
2. Wendepunkt: Protagonist steht an der Wand
Schluss: Endsituation des Protagonisten.
Und das stimmt imho in beiden Beispielen überein. Vielleicht bin ich auch einfach zu blöd um den Haken daran zu erkennen, aber dann sag ihn mir doch bitte!
Zudem: Ich für meinen Teil finde, dass der Plot des Protagonisten – um den es bei diesen Punkten meiner Theorie nach geht – in großen Teilen mit dem Handlungsplot übereinstimmen sollte. Zumindest bei Anfängern. Man tut sich damit einfach leichter. Das er das in anderen Büchern *nicht* immer tut, weiß ich und ich will ganz sicher nicht das Gegenteil behaupten.

Zitat2. Das wiederum glaube ich wegen der Fehler, die ich in deiner Argumentation auszumachen glaube.

Gleiches Thema: Ich kann Fehler korrigieren oder in deinen Augen falsche Aussagen erklären, wenn ich sie kenne.

Zitat3. Auf diese Fehler habe ich aufmerksam gemacht, und sie hängen wiederum damit zusammen, dass du meines Erachtens nach nicht zwischen "unbewusst" und "zufällig" unterscheidest, und zur Stützung deiner These Dinge in Texte reininterpretierst, die dort nicht zu finden sind.
4. Da du diese Unterscheidung zwischen "unbewusst" und "zufällig" bzw. zwischen "interpretieren" und "reininterpretieren", wie ich sie treffe, entweder tatsächlich nicht verstehst oder einfach so nicht treffen willst - gibt es nichts, was ich dir zu den Punkten 1 bis 3 noch sagen kann, weil der gemeinsame Ausgangspunkt für die Kommunikation fehlt.

Okay. Das habe ich verstanden. Vielleicht sollten wir wirklich erst einmal über das Verständnis dieser vier Worte diskutieren, um ein gemeinsames Vokabular zu finden.
Erst einmal ,,zufällig" und ,,unbewusst" (Du weißt, dass Word die beiden auch als Synonym füreinander vorgeschlagen werden?):
Ich hab einfach mal www.synonyme.woxikon.de zur Rate gezogen:
zufällig
auf einem Zufall beruhend, schicksalhaft, unabsichtlich, unbeabsichtigt, unerwartet, ungewollt, unvorhergesehen, unvermutet, belanglos, beiläufig, beliebig, bedeutungslos, gleichgültig, unbewusst, unwillkürlich, wahllos, willkürlich, von selbst, von ungefähr, durch Zufall, ohne Absicht
unbewusst°
intuitiv, instinktiv, automatisch, gedankenlos, unterbewußt, unwillkürlich, ahnungslos, blind, emotional, emotionell, gefühlsmäßig, gewohnheitsmäßig, mechanisch, naiv, traumhaft, triebhaft

Ich für meinen Teil sehe beim ,,Zufall" etwas, das einfach geschieht, ohne, dass du weißt warum, woher es kommt und im ersten Moment vielleicht auch: was es dir bringen mag. Trotzdem glaube ich für meinen Teil *nicht* an den absoluten Zufall. Zumindest existiert er hier auf der Erde nicht. Vielleicht bin ich dazu auch zu religiös, aber ich finde den Gedanken, wir alle wären nur ein Produkt des Zufalls, das einfach so entschieden ist, ohne, dass irgendein Plan dahinter steckte oder das es zumindest weiter reichende Bedeutungen hat, doch zu erschreckend. Aber ich weiche ab, sorry >///<
Trotzdem mag vielleicht gerade das auch daran liegen, das ich unbewusst in einer gewissen Weise mit zufällig gleich setze, eben bedingt dadurch, dass auch der Zufall irgendeinen Grund haben muss.
Eine unbewusste Handlung ist etwas, das man sich selbst nicht erklären kann. Man handelt, ohne zu wissen warum, woher der gewisse Drang kommt, es zu tun und im ersten Moment vielleicht auch nicht wissend, was es einem bringen mag.
Vielleicht ist aber gerade auch das der springende Punkt, der ,,zufällig" und ,,unbewusst" unterscheidet:
,,Zufällig" wird meist eher genutzt, um eine Einwirkung von außen zu beschreiben, ,,unbewusst", um eine eigene Handlung zu ,erklären'.
Womöglich liegt auch da der Hund begraben.
Ich sage eben, wenn ich unbewusst eine Struktur in die Geschichte eingebaut habe, ist es in gewisser Weise ein Zufall, dass sie dort drin ist, denn ich hätte mich unbewusst genauso gut für jede andere Struktur entscheiden können.
Es behagt dir aber nicht, die Entscheidung mit dem Ergebnis gleichzusetzen, oder? Habe ich das richtig verstanden?

Zum nächsten. Es sind nicht die Worte ,,interpretieren" und ,,reininterpretieren", denn ich habe das Wort ,,interpretieren" nie benutzt. Es geht hier um den Unterschied zwischen ,,reininterpretieren" und ,,zu finden sein".
Das fällt mir allerdings deutlich schwerer, hier eine allgemeine Diskussion drüber zu führen. Außerdem hängt es sehr, sehr stark mit dem ersten zusammen. Also erst einmal vielleicht wieder das Synonym-Zeugs:
interpretieren
auslegen, auffassen, aufzeigen, deuten, erklären, erleuchten, erläutern, explizieren, herauslesen, klarmachen, auseinander setzen°, begreiflich machen, verdeutschen, verständlich machen
reininterpretieren (muss ich jetzt für mich aus dem oberen ableiten [zu nichts anderem ist das da!!!], da ich das leider nicht finden könnten]
auslegen = hineinlegen; auffassen, wo es nicht beabsichtigt war; deuten, wo es nichts zu deuten gab; herauslesen; in falsche Richtung verständlich machen
Das wären in etwa meine ,Synonyme'. Wie du bemerkst, habe ich allein das Wort ,,herauslesen" normal gelassen, denn ich finde das bleibt es trotz allem: Ein herauslesen. Was mich zum nächsten bringt:
finden
entdecken, antreffen, auffinden, auffischen, aufgabeln, auflesen, aufspüren, aufstöbern, auftreiben, auskundschaften, ausmachen, erblicken, erkennen, ermitteln, herausbekommen

Eine Reininterpretation ist auch eine Form von Interpretation, allerdings eine solche, bei der man etwas entdeckt, was nicht so entdeckt werden sollte, was der Autor so nicht beabsichtigt hat (und trotzdem unbewusst getan hat/trotzdem zufällig hineingeraten ist?). Trotzdem *hat* man es entdeckt, man *hat* es gefunden, folglich ist es zu finden gewesen. Auch wenn es nicht gefunden werden sollte, es wurde gefunden. Das war alles, was ich behauptet habe und daran halte ich nun einmal fest...

Und jetzt bin ich sehr gespannt, wie genau du die vier Worte auffasst ;)

Und zum anderen: Ich zitiere mal und hebe die für mich wichtigen/verletzenden Dinge hervor:
ZitatBisher fällt mir nur auf, dass ich aus dieser Richtung hier im Thread noch kein Beispiel ohne fundamentalen formalen Mangel gesehen habe. Und daraus folgt jetzt meine ketzerische Anmerkung: Wenn diejenigen, die hier diese Struktur als allgemeine Regel empfehlen wollen, selbst nicht in der Lage sind, sie dramenttheoretisch sattelfest anzuwenden - sind sie selbst dann tatsächlich wegen dessen formaler Aussagekraft von dem Schema so begeistert ... oder nicht nur, weil es ihnen persönlich eine Hilfe bietet, ihre Gedanken zu ordnen. Wofür man kein formal ausgereiftes Schema braucht, sondern auch vage Vorstellungen schon ausreichen würden - die man dann aber nur mit Vorsicht an dritte verkaufen sollte.

Und, wie gesagt - ich stelle hier nicht die Struktur an sich in Frage. Die habe ich im Studium kennengelernt, und auch bei meiner Beschäftigung mit Drehbuchschreiben. Man kann sie tatsächlich in vielen Geschichten finden, und sie ist auch ein sehr wirksames Strukturierungsinstrument.
  Ich habe nur den Eindruck, dass, was hier im Thread verfochten werden soll, ist nicht die korrekte Theorie, sondern eine verallgemeinerte und absolutierte Faustregel aus dem Fundus für Eigenbedarf. Was dann genau der Kardinalmangel wäre, den ich für Schreibwerkstätten im Internet oft konstatiert habe.

Besonders dein ständiges Gerede von ,,Mangel" fand ich sehr abwertend. Es hat mich ziemlich geärgert und ich fühlte mich als dumm abgestempelt, was ich mir nicht gerne gefallen lasse. Aber, wie gesagt, es ist gut möglich, dass ich das einfach schlecht aufgefasst habe und du es nicht so gemeint hast. Ich will mich mit dir darüber auch nicht streiten, also lassen wir das, okay ;)

Bye
caity

PS:
ZitatSeufz. Ich fürchte, meine Postings sind zu lang. Denn genau das Zitat mit der Verallgemeinerung, an der sich später die Diskussion entzündete, habe ich ja gerade erst zitiert:
Zitat von: caity am 03.August.2007, 22:28:58
Es ist ein "formales Gerüst" Und nicht nur im Drama zu finden, sondern auch so gut wie bei jedem Bestseller, egal ob Fantasy, Historisch oder sonst irgendetwas, ob jetzt beabsichtigt oder nicht sei mal dahin gestellt.

Noch einmal: Setz statt ,,es ist zu finden" ,,hineininterpretieren" hinein und dann sag mir bitte, was an der Aussage falsch ist, so verallgemeinert sie auch sein mag. Nebenbei bemerkt bezweifle ich, dass sie auch in jedem Drama zu finden ist und sagte nicht, sie sei in jedem Bestseller zu finden, sondern einfach, dass – um es jetzt noch einmal so zu sagen – sie in viele Bestseller ,,hineinzuinterpretieren" sei. In Ordnung so?
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Coppelia

*mitles*

An dem Schema leuchtet mir ja das meiste ein. Ich bin sogar eine Freundin davon, sich an "Regeln" zu halten. Aber egal ... eins geht mir aber nicht so recht in den Kopf, nämlich das hier:

ZitatHöhepunkt: Verschnaufpause für den Protagonisten
Ein Höhepunkt wäre dann also nach deiner Definition eine Stelle in einer Geschichte, wo was passiert? Nichts? Innere Handlung  ??? Eine Stelle, nachdem gerade etwas passiert ist?

Lavendel

Zufall: Wenn in China ein Sack Reis umfällt.
Unterbewusst: Du kaufst eine bestimmt Colamarke, weil du am Abend vorher die Werbung dafür gesehen hast, obwohl du dich nicht bewusst daran erinnerst, die Werbung gesehen zu haben.
(Oder: Tolkien bestritt kategorisch, dass der Herr der Ringe allegorisch zu den Weltkriegen zu sehen sei. Es ist trotzdem kaum zu übersehen, dass er einige seiner Erfahrungen hat einfließen lassen. Entweder hat er also geleugnet, obwohl er das alles bewusst getan hat oder er hat es unterbewusst so gestaltet, weil seine Erinnerungen an den Krieg noch so präsent waren.)

Zum reininterpretieren: Man kann fast alles in einen Text reininterpretieren. Man muss es nur an bestimmten Textstellen ordentlich genug belegen und am besten die Stellen auslassen, die gegen die eigene Theorie sprechen, schon hat man eine schlüssige Argumentation. Es gibt durchaus wissenschaftliche Bücher, die das ganz rigoros durchziehen!
Zum Beispiel gibt es ein Buch Racism, Misogyny, and the "Othello" Myth. Inter-Racial Couples from Shakespeare to Spike Lee: Inter-racial Couples from Shakespeare to Spike Lee von einer Dame namens Celia R. Daileader. Die Gute Frau behauptet darin, man hätte Hexen verbrannt, um sie so schwarz zu machen wie den Teufel, dem sie huldigen, bzw mit dem sie sexuellen Kontakt hatten. Das ist absoluter Quatsch! Die wurden verbrannt, um sie zu reinigen, oder nicht? Aber weil es in einer schlüssigen Argumentation steht, ist dieses Buch trotzdem total erfolgreich (was vielleicht am Thema liegt, das ja schon recht reißerisch ist...)
Reininterpretiren bedeutete also: sich die Fakten so zurechtlegen, wie man sie grade braucht.
In gewisser Weise, das muss man zugeben, gilt das für jede Interpretation. Aber dafür ist die Literaturwissenschaft ja eben keine Naturwissenschaft. Man kann höchstens versuchen, sich mit gewissen Formalien und Umsichtigkeit der 'Wahrheit' zu nähern.

Hr. Kürbis

#85
@Coppelia
Ich denke mal, das ist eine Phase, in der der Protag sich sicher ist, allen Widrigkeiten zum Trotz am Ziel zu sein, denn den ersten Wendepunkt (und seine Folgen) hat er hinter sich gebracht... Nur weiß er nicht, das hinter der nächsten Ecke schon Wendepunkt Nr. 2 auf ihn wartet.

Mit "Höhepunkt" ist also nicht die spannendste Stelle gemeint, das sind dann doch eher die Wendepunkte, sondern sozusagen die "Mitte" der Handlung...

So hab ich es verstanden und deswegen in meinem 4.Punkte-Schema weggelassen!  ;D

*guckt sich nach Lomax mit der Argumentations- :pfanne: um*

felis

*einmisch*
Hi Caity, Deine Bemühungen um Wortdefinitionen in allen Ehren, aber m.E. hat unbewusst spätestens seit Freud eine Konnotation, die in Deinen Definitionen  im Gegensatz zu denen von Lomax nicht auftaucht:
Die Psychoanalyse kennt Handlungs- und Denkschemata, die für die betreffende Person vollkommen unbewusst ablaufen aber trotzdem einer zwingenden inneren Logik der Persönlichkeit folgen.
Und das ist leider etwas völlig anderes als eine zufällig auffindbare Struktur, die vom Autor weder bewusst noch unbewusst intendiert war.
Wieder etwas anderes ist eine reininterpretierte Struktur. Dann die ist. m. E. weder zufällig, noch beabsichtigt (ob nun bewusst oder unbewusst) vorhanden, sondern gar nicht. "Reininterpretieren" ist für mich das Überstülpen einer Struktur, die de Facto gar nicht vorhanden ist  und daher von jedem Betrachter, seinen persönlichen Neigungen folgend anders ausgelegt werden kann.
Gegen solche Formen der Überinterpretation bin ich noch aus meinem Deutschunterricht her allergisch, da ich häufig andere Auslegungen gefunden habe als die Standardauslegungen meinr Deutschlehrer :P.
Ich vermute, es wird ganz oft viel zu viel in Texte reininterpretiert, was der Autor niemals beabsichtigt hat. Von meiner eigenen Schreiberei her und auch von diversen Statements anderer Autoren aus Foren z. B. gewinne ich den Eindruck, schreiben ist ein viel weniger geplanter Prozess, als viele Deutschlehrer zu glauben scheinen.   ;)
LG
felis


Lomax

Hallo Caity,
Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Wollen doch mal sehen, ob wir nicht doch noch "zueinander" finden. ^.-
Ich habe oben ja nicht ausgeschlossen, dass wir begrifflich zueinander finden. Ich habe nur keine Lust, das im Rahmen des Forums "auszutippen". Gerade zu dem Thema "Textverständnis" beispielsweise habe ich mal eine Unterrichtseinheit konzipiert und gehalten, in der es eben um die Grundlagen von Interpretation ging. Sie war auf 12 Schulstunden angesetzt und hat dann noch ein Stück länger gedauert - und das wäre der Aufwand, den ich sehe, wenn man die Begriffe hier von Grund auf klären muss.

Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Ich habe bisher *zwei* Beispiele gebracht.UndUnd jetzt erklär mir anhand von denen bitte genau, was du daran als nicht ,,stringent angewendet" empfindest.
Nun, beim HdR meintest du ja, dass du inzwischen verstanden hast, was ich sagen wollte. Und das "Harry Potter"-Beispiel habe ich zunächst mal als Illustration für dein Schema verstanden, nicht als Beispiel dafür, dass das Schema überall zu finden ist. Deshalb habe ich es als nicht so wichtig erachtet, dass du auch da das Schema nicht stringent anwenden konntest - wie du schon selbst in der zitierten Passage eingestanden hast:
Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46HP: Gut, das ist nicht wirklich vorhanden, fehlt mir persönlich aber in den gesamten HP-Büchern, ein Moment in dem Harry vollkommen allein in einer Sackgasse steht ...
Wenn dir hier selbst schon auffällt, dass du ins Schwimmen gerätst und lavieren musst, um es mehr schlecht als recht noch als Beispiel für dein Schema heranzuziehen - musst du dann wirklich mich noch fragen, wo ich die "Überzeugungslücke" in deinem Beispiel sehe?

Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Ich wiederhole es auch gerne noch einmal:
Anfang: Einfach die bloße Ausgangssituation des Protagonisten
1. Wendepunkt: Eine Änderung im Leben des Protagonist, beeinfluss durch eine Entscheidung und deren Durchführung
Höhepunkt: Verschnaufpause für den Protagonisten
2. Wendepunkt: Protagonist steht an der Wand
Schluss: Endsituation des Protagonisten.
Dann skizziere ich noch mal die Struktur, so wie ich sie kennen gelernt habe. Die Unterschiede zu deinem Schema hielt ich nicht für so bedeutend, dass ich sie hätte herausstreichen müssen. Aber vielleicht kommen die Probleme in der Präzision ja doch durch die geringfügigen Abweichungen zustande:
1. Auslösendes Moment - nicht einfach die "Ausgangsituation", sondern genau das (womöglich sogar belanglose) Ereignis, durch das die Handlung "ins Rollen" gerät.
2. 1. Wendepunkt (1. Plotpoint): Der Protagonist wird endgültig aus seiner bisherigen Lebensführung gerissen und steht vor einer Entscheidung, die sein Leben/die Handlung in eine ganz neue Richtung lenkt.
3. Höhepunkt (Midpoint): Der Protagonist muss sich einem neuen Ziel zuwenden (Das kann bedeuten, dass eine "Verschnaufpause" vorliegt, wenn nämlich das alte Ziel scheinbar erreicht wurde. Es kann aber auch abrupt und ohne Verschnaufpause umschlagen, wenn der Protagonist nämlich schon vor erreichen des alten Ziels bemerkt, dass er sich bisher getäuscht hat).
4. 2. (3.) Wendepunkt (2. bzw. 3. Plotpoint): Wieder ändert sich die Lage und die weitere Handlung des Protagonisten entscheidend - in aller Regel bedeutet das, dass der Protagonist (scheinbar) gescheitert und am Ende ist, oder tatsächlich mit dem Rücken zur Wand steht und sich neu aufrappeln muss, um doch noch weiterzukommen.
5. Schluss: Die Probleme des Protagonisten werden gelöst.

Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Vielleicht sollten wir wirklich erst einmal über das Verständnis dieser vier Worte diskutieren, um ein gemeinsames Vokabular zu finden.
Ich wollt ja eigentlich nicht mehr über Begriffe diskutieren - versuch es einfach aber trotzdem noch mal, zugespitzt zu definieren:

zufällig - nicht vorhersehbar, wahllos und völlig beliebig
unbewusst - unabsichtlich und womöglich intuitiv
Ein Zufall kommt von außen und wird dort womöglich von irgendwelchen Ursachen gesteuert. Das Unbewusste kommt von innen und wird von der menschlichen Psyche gesteuert ... Ja, vermutlich liegt genau da der Hund begraben.

interpretieren - einem "Objekt" auf Basis des eigenen Weltverständnisses eine bestimmte Bedeutung zuordnen
hineininterpretieren - Auf Basis des eigenen Weltverständnisses bedeungsvolle Objekte sehen, die gar nicht da sind.

Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Noch einmal: Setz statt ,,es ist zu finden" ,,hineininterpretieren" hinein und dann sag mir bitte, was an der Aussage falsch ist, so verallgemeinert sie auch sein mag. ... und sagte nicht, sie sei in jedem Bestseller zu finden, sondern einfach, dass – um es jetzt noch einmal so zu sagen – sie in viele Bestseller ,,hineinzuinterpretieren" sei. In Ordnung so?
Streng formal-logisch betrachtet ist deine Aussage dann korrekt. Denn das "Hineininterpretieren" zeichnet sich ja eben dadurch aus, dass es nichts über das Objekt aussagt, sondern nur über das interpretierende Subjekt. Mithin kann man also alles in jedes "hineininterpretieren", wenn man nur will.

Indem du deine Aussage auf diese Weise formal korrekt machst, entwertest du sie jedoch zugleich für die Praxis - denn jede nicht falsifizierbare Aussage ist für den Erkenntnisgewinn unbrauchbar. Und da "hineininterpretieren" nichts über das "Objekt" aussagt, und das "Objekt" in dem Fall die Texte sind, ist die Aussage so für Textarbeit nutzlos. Sprich: Wenn man ohnehin in jeden Text dein Schema "hineininterpretieren" kann - warum sollte man sich dann überhaupt noch beim Schreiben darum kümmern, es hineinzulegen?

caity

Hallo,

@Coppelia:
ZitatEin Höhepunkt wäre dann also nach deiner Definition eine Stelle in einer Geschichte, wo was passiert? Nichts? Innere Handlung   Eine Stelle, nachdem gerade etwas passiert ist?

Genau, eine Stelle, an der der Protagonist sein Ziel erreicht zu haben scheint/kurz davor steht. Das ist die Definition, die ich dazu im Kopf habe.

@Lavendel:
Zufällig – unbewusst: Ich glaube den Hauptunterschied dazu habe ich mittlerweile verstanden. Trotzdem glaube ich, dass es in bestimmten Situation einfach zum gleichen Ergebnis führt. Nehmen wir deine Cola-Flasche:
Du kaufst zufällig eine bestimmte Cola-Flasche. In dem Moment weißt du ja nicht, dass es unbewusst von der Werbung kommt, also ist es für dich irgendwo auch ein Zufall. Allein schon deshalb, dass du die Werbung gesehen hast *und* an einem solchen Automat/an der Cola-Flasche vorbei gelaufen bist. Unbewusste Handlungen ergeben sich aus einer Reihe von Zufällen.
Reininterpretieren: Genau die gleiche Definition sehe ich auch. Deshalb meine ich, dass, wenn man etwas reininterpretiert, es dort auch zu finden sein muss. Die Hexen werden schwarz, es ist zu finden gewesen, dass das ein Sinn ist, um sie dem Teufel ähnlich zu machen (oder vielleicht sogar ihrer schwarzen Seele? ;)), auch, wenn es absoluter Schachsinn ist, es gab Hinweise darauf, folglich war es zu finden.

@felis:
ZitatDie Psychoanalyse kennt Handlungs- und Denkschemata, die für die betreffende Person vollkommen unbewusst ablaufen aber trotzdem einer zwingenden inneren Logik der Persönlichkeit folgen.

Okay, das sie immer einer inneren Logik folgen, war mir nicht bewusst. Für mich haben unbewusste Handlungen keine so große innere Logik. Sie haben Anstöße, klar, aber das hat ein Zufall genauso – Sack Reis → womöglich der Wind?
Verstehst du? Vielleicht sollte ich mich mal mit Freud's Theorie auseinander setzen, aber so auf den ersten Blick sehe ich bei unbewussten Handlungen nicht immer eine zwingende Logik.

Trotzdem glaube ich das Problem jetzt verstanden zu haben:
@Lomax:
Was unbewusst und zufällig angeht, gebe ich dir Recht. Ich habe da einiges um die beiden Worte herum nicht beachtet und nur ihre Ähnlichkeit gesehen, das war mein Fehler. Entschuldige.

ZitatNun, beim HdR meintest du ja, dass du inzwischen verstanden hast, was ich sagen wollte.

Ähm ... nein, eigentlich nicht. Ich verstehe, warum du es für nicht sinnvoll hältst, aber ich verstehe nicht, warum du es nicht für stringent angewandt hältst.

ZitatWenn dir hier selbst schon auffällt, dass du ins Schwimmen gerätst und lavieren musst, um es mehr schlecht als recht noch als Beispiel für dein Schema heranzuziehen - musst du dann wirklich mich noch fragen, wo ich die "Überzeugungslücke" in deinem Beispiel sehe?

Bitte nicht vergessen: Ich habe das nachgereicht. Ich hatte schnell ein Beispiel gesucht, um das Schema zu erklären und bin dabei relativ hastig drüber gegangen. Mir ist das ganze erst beim Näheren hinsehen aufgefallen und dadurch kaum auch der *Klick* was letztendlich der rote Faden ist. Eine Interpretation (und sei es nur eine ,,Reininterpretation") braucht Zeit und die habe ich mir beim ersten Beispiel nicht gelassen. Trotzdem behaupte ich, es letzten Endes stringent angewandt zu haben.

Zum Schema:
Stimmt, das ist kein großer Unterschied, abgesehen von der Ausgangssituation und dem Höhepunkt vielleicht ein bisschen. Das kann ich aber für mich ohne Probleme in ,,mein" Schema eingliedern. Gut, daran kann es wohl nicht liegen. Danke, dass du das jetzt endlich genannt hast ;)

Zitatinterpretieren - einem "Objekt" auf Basis des eigenen Weltverständnisses eine bestimmte Bedeutung zuordnen
hineininterpretieren - Auf Basis des eigenen Weltverständnisses bedeungsvolle Objekte sehen, die gar nicht da sind.

Argh, jetzt werde ich aber langsam wütend! Ich *weiß* was der Unterschied von interpretieren und hineininterpretieren ist. Mir geht es nicht um ,,interpretieren" es geht um ,,zu finden sein"!!!! Was ist an der Aussage: Alles, was man in einen Text hineininterpretiert, muss darin auch in irgendeiner Weise zu finden sein, falsch??? Was ist deine Definition von ,,zu finden sein" wenn sie sich nicht in dieser Weise mit ,,hineininterpretieren" deckt?

ZitatMithin kann man also alles in jedes "hineininterpretieren", wenn man nur will.

Jupp.

ZitatUnd da "hineininterpretieren" nichts über das "Objekt" aussagt, und das "Objekt" in dem Fall die Texte sind, ist die Aussage so für Textarbeit nutzlos.

Mmh. In gewisser Weise sagt es aber auch etwas über das Objekt aus. Nämlich das, was das Subjekt in ihm sieht. Keine zwei Menschen sind gleich. Folglich sind auch keine zwei Wahrnehmungen gleich. Daraus wiederum: Eine Reininterpretation sagt, wie ein Subjekt einen Text wahrnimmt. Dann hat es eine Bedeutung für das Objekt. Ich für meinen Teil behaupte ja, dass ich durch die Arbeit mit den Eckpunkten, den roten Faden besser erkenne und die Geschichte somit in wenigen Sätzen erzählen kann. Könnte ich nicht, wenn ich die Eckpunkte nicht kennen würde. Dann würde ich mich nämlich verzetteln. Das hat mir im Deutschunterricht schon so manches Mal den Kragen gerettet *gg*

ZitatWenn man ohnehin in jeden Text dein Schema "hineininterpretieren" kann - warum sollte man sich dann überhaupt noch beim Schreiben darum kümmern, es hineinzulegen?

;) – Ich habe nie behauptet, dass man sich großartig darum kümmern muss, es hineinzulegen. Ich habe gesagt, es kann einem selbst helfen, wenn man darauf achtet ^.-

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Lavendel

Zitat von: caity am 09. August 2007, 12:27:49

Argh, jetzt werde ich aber langsam wütend! Ich *weiß* was der Unterschied von interpretieren und hineininterpretieren ist. Mir geht es nicht um ,,interpretieren" es geht um ,,zu finden sein"!!!! Was ist an der Aussage: Alles, was man in einen Text hineininterpretiert, muss darin auch in irgendeiner Weise zu finden sein, falsch??? Was ist deine Definition von ,,zu finden sein" wenn sie sich nicht in dieser Weise mit ,,hineininterpretieren" deckt?

Mmh. In gewisser Weise sagt es aber auch etwas über das Objekt aus. Nämlich das, was das Subjekt in ihm sieht. Keine zwei Menschen sind gleich. Folglich sind auch keine zwei Wahrnehmungen gleich. Daraus wiederum: Eine Reininterpretation sagt, wie ein Subjekt einen Text wahrnimmt. Dann hat es eine Bedeutung für das Objekt. Ich für meinen Teil behaupte ja, dass ich durch die Arbeit mit den Eckpunkten, den roten Faden besser erkenne und die Geschichte somit in wenigen Sätzen erzählen kann. Könnte ich nicht, wenn ich die Eckpunkte nicht kennen würde. Dann würde ich mich nämlich verzetteln. Das hat mir im Deutschunterricht schon so manches Mal den Kragen gerettet *gg*

Oha! Das kann aber ganz schön in die Hose gehen!
Bis zu einem gewissen Punkt hast du sicherlich Recht mit deiner Aussage über individuelle Wahrnehmung. There are as many texts as there are readers.
Aber! Lies folgenden Artikel aufmerksam, und wirst vielleicht verstehen, warum es ziemlich gefährlich ist zu behaupten, dass alles, was ein Individuum in einem Text findet auch wirklich da ist!
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Satanic_Verses_controversy