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Angst und Leiden

Begonnen von Trippelschritt, 10. Februar 2016, 08:52:16

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Trippelschritt

Mir ist hier im Forum aufgefallen, dass Schreiben nicht nur mit Freude verbunden sein kann, sondern auch jemanden in eine länger andauernde Verzweiflung führen kann, was mir vorher in dieser Deutlichkeit gar nicht so bewusst war. Das ist ein sehr komplexes Thema und deshalb möchte ich auch nur einen einzigen Aspekt herausgreifen. Die Angst, die am Anfang steht. Eine bessere umschreibung habe ich noch nicht. Was ich meine ist Folgendes. Da gibt es Menschen, die ganz bestimmte Dinge gerne machen. Schauspieler treten gerne auf. Lehrern (Trainern) macht es Spaß zu unterreichten etc. Obwohl sie es gern machen, haben die meisten(?) Schauspieler Lampenfieber und ich kenne mehr als einen Professor und mehr als einen martial arts Trainer, der vor der Hörsaaltür erst einmal räuspern muss, sich an der Nase kratzt, bevor er den Dojo betritt oder auf ähnliche Rituale ausweicht, um vor etwas, das ihm eigentlich Freude bereitet, noch ein paar Sekunden zu gewinnen.

Was hat das mit dem Schreiben zu tun?

Da ist es auch nicht anders. Es gibt mehr als nur ein paar Ausnahmen, die vorher lange Rituale praktizieren, bevor sie sich vor ein Blatt Papier setzen und den Stift aufnehmen (oder auf dem PC ein Schreibprogramm aufrufen). Bei anderen führt das sogar dazu, dass es gar nicht erst zum Schreiben kommt, weil keine Zeit mehr vorhanden ist und man erleichtert feststellt, man ist wieder drum herum gekommen.

Es ist nicht das Schreiben. Es ist etwas in uns selbst. Ich kenne das Phänomen aus eigener Erfahrung recht gut, wenn auch nicht so sehr vom Schreiben. Das ist in mein Leben integriert. Aber ich erinnere mich, dass das auch nicht immer so war.
Wie ist es bei euch? Kennt ihr das?
Und wenn, wie geht ihr damit um?

Das würde mich interessieren und vielleicht können wir uns untereinander auch ein wenig helfen, denn Schreiben sollte ja Freude bereiten und keinen Stress produzieren, geschweige denn Menschen leiden lassen.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Saphirenkind

Guten morgen Trippelschritt!

Also ich kann aus Erfahrung sagen: Die ersten Seiten eines Buches, Briefes, Kurzgeschichte oder was auch immer man schreiben will, sind generell am schwersten. Bei mir geht das sogar so weit, dass ich bei meinen letzten Projekten jeweils nach 40- 80 Seiten den kompletten Anfang gestrichen und von vorn begonnen habe, was den Druck (bzw. die Angst) noch erhöht. Ich liebe das Schreiben und meine Arbeit als Schriftstellerin und natürlich schwingt die Angst, Zeit zu vergeuden und nur Mist zu produzieren bei jedem Satz mit.

Bei mir ist das auch so eine Sache, wie ich gerade drauf bin. Wenn mich (wenn auch nur unterbewusst) etwas zu stark beschäftigt, kriege ich keinen vernünftigen Satz auf die Reihe, weil ich völlig blockiert bin. Früher war ich dann völlig frustriert und demotiviert, mittlerweile spüre ich ganz gut, wann Zeit zum Schreiben ist und wann eher nicht. Das ist bei mir einfach Gefühlssache. Schließlich ist das Schreiben eine Herzensangelegenheit und das kann man einfach nicht erzwingen. Das zeigt sich besonders bei schwierigen Szenen, oder solche, auf die ich zwischenzeitlich gar keinen Bock habe. Da schwingt dann sofort auch die Sorge mit, ewig an der Szene herumfeilen zu müssen, weil man es einfach nicht auf die Reihe kriegt.

Grundsätzlich blockiert Angst. Um das zu verhindern kann man sich ein paar einfache Fragen stellen:
1. Für wen schreibe ich?
2. Traue ich mir zu, einen qualitativ guten Beitrag über das gewählte Thema zu verfassen?
3. Glaube ich an mich und meine schriftstellerischen Fähigkeiten?
4. Habe ich Freunde & Familie, die mich bei meinem Vorhaben unterstützen?
5. Habe ich einen festen Abgabetermin, den ich einhalten muss?
6. Worüber will ich schreiben?

Mit Frage 1 hatte ich lange Zeit Probleme. Natürlich wollte ich als Schriftstellerin bekannt werden und so war ich schnell sehr enttäuscht, als ich gemerkt habe, dass man für einen gewissen Bekanntheitsgrad sehr viel Zeit und unendlich viel Kraft und Geduld aufbringen muss. Das ganze gipfelte in einer halbjährlichen Schreibblockade, während der es mir echt schlecht ging. Erst als mir bewusst wurde, dass ich ja eigentlich in erster Linie für mich schreibe, weil es mir Spaß macht und ich darin meine Erfüllung finde, flossen mir die Sätze wieder ganz von selbst aus der Hand.

Frage 2 & 3 kann man eigentlich zusammenfassen. Sie sind Kernelemente gegen die Angst. Wenn ich mir selbst nichts zutraue, hat Angst ein leichtes Spiel. Klar ist Lampenfieber vor einer Lesung erlaubt. Das soll ja auch so sein, damit man zu Hochleistungen fähig ist und Nervenkitzel hat noch niemandem geschadet. Schlimm wirds nur, wenn man dann kein Wort mehr rauskriegt. Aber auch hier gilt: Der erste Satz ist immer der schwierigste. Wenn man dann erstmal drin ist, läufts von allein. So wars bei mir bisher zumindest immer so. Denn wenn ich schon ein Buch verfasst habe (oder auch nur den Anfang gemacht habe), dann habe ich allein dadurch ja schon bewiesen, dass ich mir das zutraue.

Familie und Freunde sind wichtigte Faktoren, die Ängste nehmen können. Aufmunterungen und Ermutigungen fördern die Kreativität und unterstützen bei schwierigen Anfängen. Deshalb sind wir ja auch hier zusammen im Tintenzirkel  :vibes:

Feste Abgabetermine stressen mich immer und führen bei mir zu Angst. Insbesondere, wenn der zündende Gedanke fehlt. Ich habe daher beschlossen, mein Leben lang ohne feste Abgabetermine zu arbeiten. Da setzt mich nix unter Druck und ich kann mich besser auf mein Projekt konzentrieren, weil ich nicht von der Angst blockiert werde. Damit fahre ich seit Jahren ganz gut. Aber in dieser Hinsicht ist jeder anders gestrickt.

Die letzte Frage ist meist die schwierigste. Deshalb kann ich immer nur raten: Einfach drauf los schreiben! Das besiegt die Angst und macht den Kopf frei. Im Zweifelsfall wird es hinterher einfach wieder gestrichen oder umgeschrieben.

Schlussendlich ist es eine Frage der Einstellung. Mache ich mich im Vorfeld so stark verrückt, dass ich gar nicht mehr zum eigentlichen Schreiben komme? Dann sollte man einfach üben, den Kopf auszuschalten, nicht nach dem Sinn oder "ist- das- wirklich- gut- genug" fragen. Das erzeugt Angst erst nur. Aber das muss man üben. Ich musste das auch erst und wenn die Angst heute mal vorbeikommt schau ich sie (im besten Falle) an und sag: "Ach, was willst du denn schon wieder hier? Tut mir Leid, für dich habe ich keine Zeit." Und im schlimmsten Fall, wenn nichts mehr geht, helfen mir Entspannungsübungen. Dann fange ich eben ein anderes Mal an.

Ich hoffe, ich konnte dir damit ein wenig helfen Trippelschritt!

Tageule

Hallo Trippelschritt!

Das Phänomen, das du beschreibst, kenne ich so meist vor Tätigkeiten, die mir unangenehm sind. Wenn ich zum Beispiel für eine Klausur lernen musste, fielen mir immer tausend Beschäftigungen ein, die ich in dem Moment lieber erledigen wollte. Schnell nochmal die Wohnung putzen und wenn ich keine Lust auf Putzen hatte, schnell noch was kochen ("Aber nach dem Essen fängst du an mit Putzen und danach lernst du ganz bestimmt..." ;)).

Das Schreiben ist mir grundsätzlich nicht unangenehm, sondern natürlich etwas Schönes. Einzelne Aspekte daran können hingegen manchmal für Frust sorgen. Wenn ich ewig an der immergleichen Textstelle festhänge oder mir einfach kein befriedigendes Ende einfällt. Hier habe ich das Ritual entwickelt, meinen Schreibtisch aufzuräumen und mir noch schnell einen Kaffee oder Tee zu machen. Dann setze ich mich maximal 15 Minuten mit dem aktuellen Problem auseinander. Wenn ich aber realisiere, dass ich nicht weiterkomme, schreibe ich an anderer Stelle weiter.

Um einen Bogen zu deinem Beitrag zu spannen, vielleicht ist das in uns drin, was uns manchmal andere Beschäftigungen und Rituale vorschieben lässt,
die verzwickte Textstelle, die sich einfach nicht von selbst schreiben will oder der leise Zweifel an der Qualität der eigenen Arbeit. Es geht nicht um
das Schreiben an sich, sondern einzelne Aspekte daran, die uns ab und zu unbewusst davon abhalten zu schreiben, was uns wiederum stresst und leiden lässt. Weil wir eigentlich doch nur schreiben wollen.

Liebe Grüße

Antonia Assmann

Angst wäre in meinem Fall, ein wohl zu stark gewähltes Wort. Allerdings bin ich jetzt, nachdem ich die Beiträge gelesen habe, in mich gegangen und stellte mir die Frage, ob es nicht vielleicht doch eine Art der Angst ist, die mich hin und wieder innehalten lässt.
Sagen wir mal so: Die Leichtigkeit, mit der ich mich früher an meine Texte setzte, ist verloren gegangen. Begann ich noch vor einem Jahr mit dem ersten Satz und schrieb unbefangen vor mich hin, nur auf eine Idee hin, die mir gefiel - so ist das heute anders.
Heute überlege ich mir, ob das meiner bereits existierenden Leserschaft gefallen könnte, ob ich damit neue Leser hinzugewinnen könnte, die mir bisher nicht in die "Fänge" geraten sind. Ich drehe und wende die Idee, verwerfe sie, strukturiere um - ich tue jedenfalls alles, nur nicht beginnen. Die Idee wird immer mehr ausgebaut, von allen Seiten beleuchtet und am Ende ist von ihr überhaupt nichts mehr übrig, außer ganz vielen neuen Ideen, die mir aber auch nicht helfen, weil sie alle nicht zusammenpassen. Ich beobachte so etwas jetzt schon länger bei mir. Ist mir nicht gleich nach der ersten Veröffentlichung so ergangen, aber jetzt, nachdem ich zu 4 VÖ auch noch eine Agentur habe. Irgendwie scheint es mir, als fühlte ich mich jetzt mehr beobachtet und das fordert anscheinend ein Gefühl bei mir heraus, das einer Art Angst gleich zu setzten ist. Ich habe jetzt schon ein paar Mittel probiert: Von Abschalten und gar nichts mehr schreiben, bis alle Ideen aufschreiben und strukturieren, bis Schreibratgeber studieren und auf eine neue Art der Herangehensweise ausprobieren.
Es nutzt nichts. Ich muss über den Anfang herauskommen und der kristallisiert sich bei mir im Moment nicht heraus und das kann zu einem Problem werden. Zur Erklärung muss ich dazu sagen, dass ich bei dem aktuellen Projekt schon vier verschiedenen Anfänge habe und mir ein "einfach Losschreiben" nicht mehr hilft. Meine Definition zur Angst: Ein Hamsterrad ohne Ausgang :)

Vic

Ich glaube, dass Schreiben nicht nur reiner Spaß ist sondern eben auch Arbeit und emotionale Tiefpunkte bedeutet, wissen alle, die mehr als Gelegenheitsschreiber sind.
Für Laien sieht das ja immer so einfach aus - so "man hat ne Idee, setzt sich hin und schreibt sie auf und dann ist man fertig und alles ist toll". Hahahaha.  ::)
Angefangen damit dass man für ein Buch nicht "eine" Idee braucht, sondern gefühlte hundert und dass es eben gar nicht so einfach ist seine ganzen tollen Ideen auch in Worte zu fassen...

Also ich weiß genau was du meinst. Die Unbefangenheit geht irgendwann verloren. Ich bin zwar immer noch begeistert wenn ich eine zündende Idee hatte, aber heute plagen mich genau die gleichen Fragen wie dich. Lohnt es sich überhaupt so viel Arbeit in diese Idee zu stecken? Ist die nicht ausgelutscht? Gibt es dafür überhaupt ein Publikum? Ist dafür nicht so viel Recherche erforderlich, für die ich gar nicht die Zeit habe? Etc etc etc. Überall tun sich Wände und Mauern und Hindernisse auf.
Das lustige ist, dass ich das bis eben gar nicht so reflektiert hatte, aber ja ... so ist es bei mir auch.

Ich glaube deswegen mag ich Nano so gerne. Nano ermutigt einen ja praktisch zu schreien "GERONIMOOO!!" und einfach drauf loszuschreiben und zu sehen was passiert. Das mache ich viel zu wenig irgendwie.
Eigentlich schade...
Das Ding ist nämlich, dass man noch so viel plotten kann - man lernt seine Story nur wirklich kennen während man sie schreibt.

Araluen

Oh ja, ich kenne das zu gut. Hier noch was aufräumen, schnell die Mails checken und irgendwas fällt einem sicher noch ein, um bloß nicht anfangen zu müssen. Bei mir weiß ich, wo es herkommt. Ich zögere zu schreiben, weil ich nicht versagen will. Mein schärfster Kritiker bin ich selbst und nur wenig hat vor mir Bestand. Früher habe ich das Schreiben immer damit begonnen, dass ich die Passage davor noch einmal gelesen habe. Das war immer ein großer Fehler, denn meist endete das damit, dass vieles, wenn nicht alles gelöscht wurde. Masse interessiert mich da nicht. Wenn es sein musste habe ich seitenweise Text gelöscht. Zum einen fürchte ich also nichts passables zu Papier zu bringen und dann kommt noch etwas anderes hinzu. Ich komme in Schreiblaune, wenn ich über den Text nachdenke. Es fängt an zu fließen und ich habe super Formulierungen im Kopf. Dann setze ich mich hin und will alles aufschreiben. Zeitgleich merke ich, wie mir meine Gedanken entgleiten und ich der Formulierung hinterher hänge, die ich so nicht mehr finden werde. Wahrscheinlich verlaufe ich mich deshalb in Ritualen, weil ich die Hoffnung hege, dass sie wieder zu mir kommen ;)

Was ich dagegen mach? Seit dem letzten NaNo halte ich mich eisern an die Regel, dass erst geschrieben und dann editiert wird. Das tut mir gut, denn es legt meinen Kritiker an die kurze Leine. Außerdem habe ich festgestellt, dass ich besser mit dem lebe, was ich schreibe, wenn ich es handschriftlich tue. Ich bin um einiges produktiver, wenn ich mich mit meinem Block irgendwo hin setze. So ein Block hat ja auch kein Internet ;)

Ansonsten gehört zu meinen Schreibritualen tatsächlich hier ein wenig im Forum zu lesen, ein oder zwei Beiträge zu schreiben und dann quasi mit aufgewärmten Fingern los zu legen.
Rollenspiel in Textform fördert auch das spontane Schreiben. Es löst Blockaden und wärmt die Finger auf. Allerdings frisst es Zeit.

Tigermöhre

Ich habe immer Angst etwas Neues anzufangen. In der Kindererziehung nennt man das "Schwellenangst". Meine ist sehr ausgeprägt und das einzige, was mir wirklich gut hilft, sind Deadlines. Ich kann einfach nichts anfangen, solange ich nicht einen Zeitdruck verspüre. Daher bin ich echt froh, dieses Forum und jetzt, neben dem Nano, auch den T12 zu haben. :pompom:
Ich schreibe wirklich gerne, aber ohne Druck von außen (selbstgesetzte Deadlines funktionieren bei mir nicht) prokrastiniere ich den ganzen Tag und fühle mich dabei schlecht.

Rosentinte

Ich kenne diese Angst auch sehr gut, aber nicht in Verbindung mit dem Schreiben an sich, sondern mit dem Überarbeiten. Ich bin einfach sehr sensibel beim Thema Kritik. Schon meine eigenen Sachen zu lesen kostet mich unendlich viel Überwindung, weil ich ja erkennen könnte, wie furchtbar mein Schreiben wirklich ist. Selbst wenn ich einmal angefangen habe und der erste Absatz hinter mir liegt, ist jeder weitere Satz ein totaler Kampf mit mir selbst.
Noch schlimmer ist es dann, wenn ich Fremden etwas zum Korrekturlesen gebe und dann die Sachen zurückbekomme. Auch wenn wir ja eigentlich ein gemeinsames Ziel verfolgen, nämlich den Text insgesamt besser zu machen, habe ich große Angst davor, was in den Kommentaren steht.

Eine wirkliche Lösung habe ich für dieses Problem noch nicht gefunden, bisher versuche ich es einfach weiterhin mit Konfrontation.
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Guddy

Ich kenne die Angst vor der eigenen Courage nur zu gut. Man weiß zwar, dass man es kann, dass man ganz gut oder zumindest nicht ganz schrecklich in dem ist, was man tut, doch irgendwie... naja. Richtig gut erklären kann ich es nicht. Ich schätze, dass ich einfach Angst davor habe, dass es irgendwann ernst wird. Oder dass es irgendwann zwar fertig wird, es aber gerade in kein Verlagskonzept passt und auf ewig in der Schublade liegt. Oder dass ich letztlich doch einfach nur versage.
Darum sind meine Finger wie gelähmt, meine Gedanken zum Plot von Frost überzogen. Dabei sollte das Feuer, das in mir für mein Projekt brennt, das Eis eigentlich brechen! ;D (Und jetzt schreibe ich sogar schon von Eis und Feuer...)

Asterya

Angst vorm Anfangen hab ich überhaupt nicht. Ich stürz mich sofort in eine Geschichte rein, meist hab ich den Anfang auch immer sehr bildlich vor Augen und bin dann noch total überzeugt von der Idee. Erst nach einigen dutzend Seiten fällt mir auf, was alles schlecht ist, wo der Plot noch hakt und dann kommt auch irgendwie die Angst, weiterzumachen und die nächsten Seiten auch noch in den Sand zu setzen. Wobei Angst hier auch etwas zu drastisch ausgedrückt ist.

Ich krieg es aber immer mit der Angst (hier ist der Begriff bei mir schon angebrachter), wenn mich jemand fragt, was ich denn so schreibe, sobald ich also jemand anderem davon erzählen muss, besonders wenn es jemand ist, der Fantasy eigentlich nicht so mag. Dahinter steht die Angst davor, kritisiert zu werden. Dann sag ich mir aber immer wieder, dass ich ja nicht für diese Person schreibe, sondern für mich (und später hoffentlich für zahllose Fans *träum*).
Früher hatte ich mal ein Hobby, das mir sehr, sehr wichtig war, in etwa so, wie das Schreiben jetzt und das habe ich dann aufgegeben, weil ich von einer bestimmten Person immer wieder kritisiert worden bin. Ich hab dann aufgehört und vorgeschoben, es läge daran, dass ich neben dem Studium keine Zeit mehr hätte, aber der eigentliche Grund war, dass ich mich einfach zu schlecht empfunden habe. Dazu kam dann noch mein damaliger Perfektionismus. Ich habe also vergessen, dass ich dieses Hobby hauptsächlich für mich selbst betreibe und dann damit aufgehört, auch wenn ich mich später sehr darüber geärgert hab. Da hab ich dann aber eben auch draus gelernt und so weiß ich jetzt, dass ich es beim Schreiben anders angehe. Ich sage mir immer wieder, dass es ja niemand lesen muss, wenn ich nicht will (zugegeben, das ist ein Luxus, den man sich nur als Hobbyautor leisten kann). Das hilft mir enorm.
Den Perfektionismus hat mir das Studium irgendwie automatisch abgewöhnt, da kann ich also nicht so viele Tipps dazu geben, wie man den loswird, außer durch konstante Rückschläge.

Dann gibt es noch die Angst, dass mich bestimmt eh kein Verlag will, ich niemals etwas veröffentlichen werde und so weiter und so fort. Auch hier habe ich mich dann irgendwann gefragt: Was wäre denn dann? Würde ich deshalb aufhören zu schreiben? Meine Antwort war ein klares Nein. Ich schreibe in erster Linie für mich selbst, weil es mir Spaß macht. Das hilft mir.
You wake up every morning to fight the same demons that left you so tired the night before. And that, my love, is bravery.

zDatze

Diese Angst vor dem Schreiben kenne ich auch durchaus. Es ist bei mir reiner Selbstschutz, da ich doch eine sehr klare Vorstellung von den Geschichten und den Figuren habe und vor der Konfrontation mit dem tatsächlichen Schreibergenbis zurückschrecke. Und es ist doch ganz logisch: Wenn man eine Geschichte nicht schreibt, dann kann sie sich auch gar nicht schlecht lesen. Oder? :hmhm?:

Ich habe dazu auch einen sehr tollen Artikel gefunden - Ira Glass on Creativity - der mir einiges von der Angst genommen hat und immer wieder, wenn ich schreiben möchte und mit mir selbst hadere, dann komme ich zu dem Artikel zurück und schöpfe erneut Geduld und Motivation aus den Worten.

Vic

#11
Zitat von: Tigermöhre am 10. Februar 2016, 13:04:00
Ich habe immer Angst etwas Neues anzufangen. In der Kindererziehung nennt man das "Schwellenangst". Meine ist sehr ausgeprägt und das einzige, was mir wirklich gut hilft, sind Deadlines. Ich kann einfach nichts anfangen, solange ich nicht einen Zeitdruck verspüre. Daher bin ich echt froh, dieses Forum und jetzt, neben dem Nano, auch den T12 zu haben. :pompom:
Ich schreibe wirklich gerne, aber ohne Druck von außen (selbstgesetzte Deadlines funktionieren bei mir nicht) prokrastiniere ich den ganzen Tag und fühle mich dabei schlecht.

OMG ja - das ! Das kommt mir sooooooo bekannt vor. x_x Mit Deadlines schreibe ich so viel besser als ohne weil ich mich dann auch einfach mal hinsetze und was mache und nicht immer nur mit mir hadere und an mir zweifele und mich an Kleinigkeiten im Plot aufhänge oder in ewigen Recherchen verliere.

Zitat von: zDatze am 10. Februar 2016, 23:21:26
Ich habe dazu auch einen sehr tollen Artikel gefunden - Ira Glass on Creativity - der mir einiges von der Angst genommen hat und immer wieder, wenn ich schreiben möchte und mit mir selbst hadere, dann komme ich zu dem Artikel zurück und schöpfe erneut Geduld und Motivation aus den Worten.

Danke für den Link! Den muss ich gleich mal lesen....! :)

Waldhex

Der Anfang ist für mich meistens nicht schwierig (ich habe einige angefangene Stories im Schrank). Es ist auch nicht so, dass mir nichts einfallen würde. Allerdings habe ich viele meiner guten Ideen nachts oder unter der Dusche; ich hoffe dann immer dann ich mir genügend merken kann, bis ich das aufschreiben kann. Wenn ich mich dann an mein Netbook setze, funktioniert das dann auch meistens. Aber mir geht es schon wie meinen Vorrednern: da ist noch das zu machen und die Mails wollen unbedingt noch gecheckt werden und irgendwann ist es dann zu spät, weil dann bin ich zu müde.....
Bei mir ist es wohl auch ein Stück Versagensangst. Wenn ich nicht schreibe, kann's keiner lesen und kann auch keiner unzufrieden sein - ich selbst auch nur damit, dass ich nicht weiter bin, aber nicht mit dem Ergebnis. Ich habe noch keine richtige Taktik dagegen entwickelt. Manchmal gebe ich der Angst einfach nach und mach etwas anderes, manchmal setze ich mich dann bewusst an mein Netbook und denke "wenigstens zwei oder drei Sätze"; wenn ich dann drin bin, läuft's oftmals auch.
Mit Abgabetermine könnte ich gar nicht arbeiten, der Druck wäre mir zu hoch. Ich setze mir zwar irgendwann gegen Schluss selbst gewisse Ziele, aber da ist es ja dann nicht so schlimm, wenn ich die um ein paar Tage überschreite.

foxgirl

Bei mir sind es auch vor allem die Versagensängste. Am Anfang stürze ich mich hinein, alles läuft erst einmal gut und ich bin rundum zufrieden, aber ich denke die Meisten kennen wie ich auch die anderen Momente. Dann, wenn man sich verrannt hat, oder beim Korrektur lesen merkt, dass man gerade nur Mist geschrieben hat. Nach solchen Augenblicken fällt es mir dann kurzzeitig oft schwer wieder einzusteigen. Dasselbe gilt auch für Situationen, in denen ich trotz engmaschigem Plot gerade einfach nicht weiter komme. Mir fallen dann immer tausend Sachen ein, die jetzt potentiell ohnehin dringlicher wären als das Weiterschreiben.
Ich löse das immer, wie nach einem Sturz vom Pferd. Staub abklopfen, Glieder strecken, tief durchatmen und sofort wieder aufsteigen. Je länger ich mich drücke, desto nervöser macht es mich und wenn ich wieder losschreibe, entspanne ich mich dabei auch ziemlich schnell wieder.
Manchmal, wenn ich wirklich nervös bin, lege ich mich auch kurz hin, denke an die Stelle, an der ich festhänge und lass einfach mal die Gedanken schweifen um zu sehen, wo es hinführt. Das hilft mir eigentlich immer.
Der Vorteil ist bei mir natürlich wie bei @Waldhex auch, dass ich nicht unter dem Druck eines Abgabetermins arbeiten muss und in einer Situation, in der ich mich verrannt habe auch einfach entspannt ein paar Tage darüber sinnieren kann, bevor ich mich wieder selbstbewusster an das Schreiben zurück setze.

Cailyn

Für mich gibt es beim Schreiben zwei verschiedene Ängste. Die erste ist die Angst vor dem leeren Blatt. Die zweite, die Angst vor der negativen Kritik von aussen.

Bei der Angst vor dem leeren Blatt, wäre es ganz einfach: einfach schreiben, auch wenn man den grössten Müll schreibt. Aber auch das geht bei manchen dann nicht. Doch da sollte man sich einfach vor Augen halten, dass geschriebener Mist eine wirklich tolle Übung der Selbsterkenntnis ist. Wenn man dann den eigenen Text analysiert, kann man ja viel davon profitieren. Und das zweite ist die Planung. Vielleicht klingt das jetzt wenig künstlerisch und kreativ, aber je weniger man den Gesamtrahmen einer Geschichte plant, desto schwieriger wird es, einfach ins Blaue heraus zu schreiben. Wenn ich schon mal weiss, jetzt schreibe ich dieses Kapitel, das dort enden sollte, dann kann man viel unbefangener drauflos schreiben. Wichtig ist zunächst ja nur, dass man zum ersten Etappenziel kommt. Und ändern kann man alles 1000 Mal.

Die zweite Angst, die Angst vor Kritik, betrifft mich selber sehr. Es ist nicht einmal die Angst an sich, jemandem könnte nicht gefallen, was ich schreibe, sondern eher die Angst, man würde mich der Illusion berauben, ich könnte eine richtige Autorin sein. Das Schriftstellerdasein ist schon seit meiner Pubertät so etwas Heiliges in meinem Kopf, mit sehr vielen schönen Bildern behaftet, mit Gefühlen und Emotionen verbunden. Da gibt es dieses verklärte Ich, das sich ganz der Schreiberei widmen kann, viele Fans hat und in der Zeitung als neue Nachwuchsautorin gepriesen wird. Und wenn ich mein Geschriebenes wirklich und ernsthaft den Verlagen zuschicke, dann laufe ich Gefahr, dass mir dieser wunderschön ausgemalte Strohhalm einfach so zertrümmert wird, wenn die Verlage nicht interessiert sind.
Zumindest habe ich das lange Zeit geglaubt, bis ich es einmal getan habe. Das waren nur mal 12 Verlage, allerdings meine Lieblingsverlage. Niemand wollte das Manuskript haben. Und dann habe ich gemerkt, dass mir diese Zurückweisung gar nicht so zugesetzt hat.

Womöglich hat das auch damit zu tun, dass ich viele Jahre als Journalistin gearbeitet und mit Kritik umzugehen gelernt habe (zumindest bis zu einem gewissen Grad). In diesen Jahren wurde mir ernsthaft bewusst, dass alles enorm subjektiv ist. In der letzten Redaktion, in welcher ich tätig war, gab es zum Beispiel diesen einen Mitarbeiter (und Stv. des Chefs), der unheimlich nett, freundlich und kompetent war. Und gerade weil er so ein Gutmann war, habe ich seine Meinung anfänglich immer sehr hoch bewertet. Schnell stellte sich aber heraus, dass sein und mein Schreibstil sehr unterschiedlich waren. Die Chefredaktion eines Nebenhefts habe ich damals selbst gemacht, da konnte mir keiner dreinreden, aber wenn es um die Hauptzeitschrift ging und dieser Stellvertreter meine Text geprüft hat, gab es immer ganz viele rote Kommentare auf der Seite. Das hat mich etwa zwei Jahre lang so gestresst, dass ich ernsthaft an meinen journalistischen Fähigkeiten zu zweifeln begann. Bis einmal der Moment kam, wo mir ein Aussenstehender gesagt hat: "Also dieser XY (STv. des Chefs) schreibt einfach gar nicht nach meinen Vorstellungen." Es hat die Meinung eines Dritten gebraucht, um zu merken, dass nicht jeder, der hierarchisch über einem steht und mehr Berufserfahrung hat, immer automatisch besser ist. Seit diesem Zeitpunkt habe ich seine Anmerkungen meistens einfach ignoriert und höflich abgelehnt, und am Ende hat mein Chef gefunden, meine Qualität hätte sich verbessert.

Was ich damit sagen will: Auch Verlage sind Autoritäten, hinter welchen "nur" Menschen stecken, die alle einen verschiedenen Geschmack haben. Angst sollte man daher nicht vor diesen Leuten haben. Manche sind auf der gleichen Wellenlänge wie man selbst, andere nicht. Und manchmal haben sie vielleicht auch Recht, wenn schlechte Kritik kommt. Aber dies alles sollte einen zumindest nicht davon abhalten, bei jemand anderem anzuklopfen und seine Ware feil zu bieten. Dasselbe gilt für die Leserschaft. Es gibt fast so viele Meinungen wie Leser/-innen, und man kann und will es ja gar nicht allen recht machen. Natürlich kann man davon ausgehen, dass wenn die meisten etwas Scheisse fanden, es womöglich nicht so gut ist. Aber wenn nur einzelne eine vernichtende Kritik abgeben, sollte man sich dafür auch nicht selber geisseln oder Schreibängste entwickeln.

Im Moment versuche ich mich ja gerade im Historienbereich, und da geht meine Angst dahin, dass ich befürchte, niemals genügend recherchiert zu haben. Irgendwo, so denke ich paranoiderweise, wird da sicher jemand kommen und merken: Die hat's ja nicht geschnallt. Die hat ja keine Ahnung. Daher recherchiere ich jetzt einfach mal weiter und schreibe erstmal noch gar nichts. Aber ich denke, da bin ich viel zu ängstlich. Das müsste nicht sein.  ;)