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Realismus vs. Drama

Begonnen von HauntingWitch, 07. Juli 2015, 09:44:31

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HauntingWitch

Schön seit Längerem beschäftigt mich dieses Thema, doch da ich momentan gerade selbst damit konfrontiert bin, würden mich mal eure Meinungen dazu interessieren. Es geht darum, wie realistisch etwas sein kann/soll, damit es trotzdem spannend und temporeich bleibt. Wie viel Drama es braucht und wie weit dieses die realistischen Aspekte einschränken darf. Was ist wichtiger und wo macht ihr eure Abstriche? Wie entscheidet ihr, wann ihr die richtige Balance gefunden habt?

Die Realität ist ja oft zu langsam (um nicht zu sagen langweilig, denn das stimmt ja eigentlich nicht) für eine Romanhandlung und alles wirkt weniger spektakulär, trockener, wenn man so will. Aber gleichzeitig zeichnet Realitätsnähe einen Roman im Contemporary-Bereich ja auch aus (für High Fantasy gilt es natürlich auch, aber auf eine andere Art). Doch was ist, wenn die Realität einfach der Handlung im Wege steht? Wofür entscheidet man sich?

Ich nehme als Beispiel mal die Serie Nashville, weil ich mich dort bei der Thematik etwas auszukennen glaube. ;) Es geht in der Serie um verschiedene Country-Musiker in den verschiedensten Stadien ihrer Karrieren und deren Leben. Nach meinem bisherigen Wissen über das Musikbusiness, sind die Darstellungen durchaus realistisch. Aber sie sind halt teilweise auch stark vereinfacht oder überzeichnet, dies zugunsten der Dramatik. Welcher Zuschauer möchte schon sehen, wie die in einem Sitzungszimmer hocken und Vertragsverhandlungen führen? Was dann mal kurzerhand auf Sticheleien hinter der Bühne verlagert wird (was bestimmt auch vorkommt, aber wohl kaum so offen und in diesem Ausmass). Aber ihr wisst, was ich meine? Bestimmt gibt es solche Sachen auch noch bei anderen Werken.

Ich denke, die meisten diesbezüglichen Missachtungen seitens des Autors fallen den meisten Lesern gar nicht auf, wie viele von ihnen kennen sich schon so genau mit einem Thema aus... Andererseits hat man ja auch einen gewissen Anspruch an sich selbst.

Bevor ich jetzt noch lange vor mich hin sinniere, Diskussion kann starten.  :)

Moni

Das ist ein total interessantes Thema, ich muß gestehen, bisher habe ich darüber noch gar nicht nachgedacht. Vielleicht liegt das auch an meiner Art zu schreiben,ich habe da schon das ein oder andere Mal gehört, daß es sich sehr "filmisch" liest. (Kann man jetzt positiv oder negativ sehen, wie mir gerade auffällt.  :hmmm: )

Realismus bzw. Realitätsnähe bedeuten für mich nicht unbedingt, daß ich etwas haarklein schildere, sondern allem einen Rahmen gebe, in dem bestimmte Dinge in sich logisch passieren. Wir hatten schon mal einen Thread zum Thema Realismus in der Fantasy, da habe ich das auch so ähnlich schon formuliert.
Ich unterscheide auch zwischen Drama und Dramatik. Dramatik ist etwas, daß ich benutze, um Spannung zu erzeugen, Drama ist eine Überhöhung dieser Dramatik (benutze ich also im Sinne von Melodramatik). Dramatik und Realitätsnähe schließen einander für mich nicht aus, Drama schon eher.

Ich glaube, über das Thema muß ich mir wirklich mal genauer Gedanken machen.  ;D
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
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Kaeptn

Ich stimme Moni zu: Vereinfachungen sind kein Problem, hauptsache die Logik bleibt intakt. Ein klassisches Beispiel wo diesbezüglich massiv übers Ziel hinausgeschossen wird, ist die TV-Serie Sherlock. Manche Fälle sind einfach haarsträubend überdramatisiert (der Reichenbach-Fall beispielsweise war in meinen Augen einfach nur noch unlogischer Käse)  und nur noch deswegen akzeptabel, weil der Grundton der ganzen Serie ja sehr ironisch ist.

Generell denke ich aber, dass man als Autor da höhere Maßstäbe hat als die meisten Leser und der Unterhaltungswert letzlich immer im Vordergrund stehen sollte. Gerade im Krimi-/Thriller-Bereich wird z.B. meist total überdramatisiert und gleichzeitig die Polizeiarbeit extrem vereinfacht dargestellt, einfach weil keiner Lust hat, seitenlange Laborberichte oder Zeugenbefragungen zu lesen. Aufpassen muss man aber bei Themen, wo sich viele auskennen und empfindlich reagiert wird - einer der Gründe, warum ich mich als Autor nicht an SF oder Historisches heranwage.

Shedzyala

Tolles Thema, Witch! Diese Frage quält mich nämlich bei so ziemlich jedem neuen Plot.

Bei Drama-Serien (ich schätze, Nashville könnte man so bezeichnen?) wird die Realität zugunsten des Dramas ja meist so zugespitzt, dass die dramatischen Ereignisse immer nur wenige Charaktere betreffen, dafür aber immer wieder. Realistisch gesehen müssten sich die Schicksalsschläge auf einen größeren Personenkreis verteilen. Aber natürlich kann man jetzt keine 20 Protagonisten einführen, weil das realistisch ist. Zu denen würde der Leser/Zuschauer dann keine Nähe aufbauen. Mit dieser Hinwendung zum Drama habe ich persönlich als Zuschauer keine Probleme, auch wenn ich beim Schreiben immer wieder drüber grüble. Ich glaube, gut gemacht ist man bereit zu akzeptieren, dass ein Waisenkind erst von stinkreichen Eltern adoptiert und dann entführt wird, sich in seinen Entführer verliebt und herausfindet, dass alles vom Bruder geplant wurde, der hinter dem Mord an den Eltern die stinkreichen Eltern vermutet, die einer Geheimorganisation angehören, die in den Wahrheit den Entführer selbst auf das Waisenkind angesetzt haben, weil in seiner DNA der Schlüssel zur Heilung von Krebs verborgen ist. Aber realistisch betrachtet geht das wohl etwas zu viel hin und her.

Wo ich zu viel Drama nicht hinnehmen kann, ist bei Intrigen: Wenn es einfach zu unrealistisch wird, was das große Mastermind alles eingeplant haben soll und welche zufälligen Begebenheit angeblich dem großen Plan entstammen sollten. Natürlich sind Wendung dank Intrigen ganz tolles Drama, aber da wird mir einfach zu viel konstruiert. Viele scheint das jedoch trotzdem nicht zu stören, der Unterhaltungswert ist wohl größer als der Wunsch nach Authentizität.

edit: Hat sich mit Kaeptn überschnitten.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Dämmerungshexe

Schließlich und endlich schreiben wir Geschichten, Erzählungen - also tatsächlich Dramen, keine Zeitungsmeldungen oder Protokolle.
Ziel einer Geschichte ist es immerhin auch, beim Leser etwas auszulösen emotional, und das geht eher über Dramatik, als über vollständigen Realismus.
Realismus muss insoweit sein, dass es nicht unglaubhaft und unlogisch wird.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Zit

#5
ZitatAber natürlich kann man jetzt keine 20 Protagonisten einführen, weil das realistisch ist.

;D Ich habe mal nachgesehen: Nashville kommt insgesamt doch auf 14 Hauptrollen. Ansonsten fielen mir noch The Sopranos, GoT oder Otherland ein.
Und wenn wir bei TV-Serien schon sind, dürfen wir Dallas auch nicht vergessen. (24 Hauptdarsteller in den ersten 14 Staffeln ...)

Ich frage mich immer, was realistisch ist, weil man als Außenstehender selten das Drama anderer Leute mitbekommt. Viel wird unter den Teppich gekehrt oder nicht erwähnt -- entweder, um andere nicht zu belasten, es nicht für nötig erwähnt zu halten oder um den Schein zu wahren. Außerdem habe ich, bspw., auch keine Ahnung, was in unserer Welt manche Pflegekinder alles erleben, positiv wie vor allem aber auch negativ. Wenn es also in einem Krimi ein Kind gibt, das in verschiedenen Familien, unterschiedlich missbraucht wird, würde ich das nicht unbedingt als überdramatisiert abstempeln.

Was natürlich in gewisser Weise abstrus ist, wenn wie in One Upon A Time oder Digimon (oder besser: Sailor Moon) immer stärkere Gegner auftauchen, die sich auch noch die Klinke in die Hand geben. Aber andererseits: Auch in der echten Welt tauchen immer wieder Probleme auf. Und wenn es jetzt heißt, dass da überdramatisiert wird, dann ist es doch das Problem des Rezipienten, dass er "das Drama" des anderen herunter spielt. Als Autoren können wir also gar nicht überdramatisieren, wenn es für uns passt. ;D Der Leser wird es sich vll. denken -- aber das kann ich ja schlecht kontrollieren oder einplanen.

ZitatDie Realität ist ja oft zu langsam (um nicht zu sagen langweilig, denn das stimmt ja eigentlich nicht) für eine Romanhandlung und alles wirkt weniger spektakulär, trockener, wenn man so will.

Ist das wirklich so negativ zu sehen? Ich habe mich zwei Wochen mit einem Problem herum geschlagen, dann das Zepter in die Hand genommen und zwei Tage ängstlich auf einen Anruf gewartet, der vorhin kam. Das war mir eigentlich schon genug. ;D
In der Realität ist es ja letztlich so, dass wir viele kleine und größere Probleme haben, die sich nicht alle jetzt und sofort lösen lassen und die wir dann jonglieren müssen. Im Roman reduzieren sich diese Probleme meist sehr stark bzw. fokussieren sich einfach auf ein großes Problem. Ob das jetzt aber so viel "spektakulärer" ist, weiß ich nicht.

ZitatWie viel Drama es braucht und wie weit dieses die realistischen Aspekte einschränken darf. Was ist wichtiger und wo macht ihr eure Abstriche? Wie entscheidet ihr, wann ihr die richtige Balance gefunden habt?

Die Frage, wie bei fast allem: Wo soll das Ganze hinführen? Welchen speziellen Zweck hat jetzt der Autounfall, den kein anderes Ereignis erfüllen könnte? Wenn ich bspw. meinen Protagonisten ans Krankenhaus fesseln will, kann er da ja auch landen, weil der Blinddarm entfernt werden muss oder er so hart geschuftet hat im Garten, dass er mit Hitzschlag zusammen bricht oder er ist einfach ein Pfleger. Da muss es nicht unbedingt das Auto sein.
Wobei es mir persönlich auch nicht um Balance geht sondern um Schlüssigkeit, sowohl der Handlung als auch der Charaktere. (Dass meine Figuren oft ihren Knacks weg haben, ist aber nur eine Vorliebe von mir und nicht kühle Berechnung.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

PinkPuma

Zitat von: KaeptnGenerell denke ich aber, dass man als Autor da höhere Maßstäbe hat als die meisten Leser und der Unterhaltungswert letzlich immer im Vordergrund stehen sollte. Gerade im Krimi-/Thriller-Bereich wird z.B. meist total überdramatisiert und gleichzeitig die Polizeiarbeit extrem vereinfacht dargestellt, einfach weil keiner Lust hat, seitenlange Laborberichte oder Zeugenbefragungen zu lesen. Aufpassen muss man aber bei Themen, wo sich viele auskennen und empfindlich reagiert wird - einer der Gründe, warum ich mich als Autor nicht an SF oder Historisches heranwage.

Dass man als Autor oft höhere Ansprüche hat als der Leser, ist sicher richtig. Ebenso, dass viele Leser in erster Linie unterhalten werden wollen und es in diesem Zuge nicht so wichtig ist, ob etwas wirklich realistisch ist oder nicht. ABER ist es für uns als Autoren nicht auch irgendwo Pflicht, so realitätsnah wie möglich und trotzdem so spannend als möglich zu schreiben?

Gerade bei Krimis macht es mich wirklich wütend, wie unrealistisch Polizeiarbeit zum Teil dargestellt wird. Okay, ich bin bei diesem Thema auch überempfindlich, aber muss es nicht die Aufgabe eines Autors sein, Polizeiarbeit realitätsgetreu wiederzugeben und trotzdem eine spannende Geschichte zu schreiben? Dass viele Dinge, wie z.B. Zeugenverhöre, stinklangweilig sind, streite ich gar nicht ab. Aber trotzdem kann ich als Autor nicht so tun, als hätte es sie nie gegeben. Ich muss es ja nicht 1 zu 1 wiedergeben, aber doch zumindest erwähnen, oder nicht?

Bei meinem aktuellen Projekt habe ich selbst das Problem, dass ich viele behördliche Vorgänge schildern will/muss und diese den Text zäh und belehrend machen. Aber es kann ja nicht die Lösung sein, all diese Vorgänge einfach zu streichen. Stattdessen versuche ich, das trockene Blabla irgendwie spannender zu verpacken, sodass es nicht langweilig wird, aber gleichsam auch der realistische Hintergrund nicht verloren geht.

Zitat von: KaeptnAufpassen muss man aber bei Themen, wo sich viele auskennen und empfindlich reagiert wird - einer der Gründe, warum ich mich als Autor nicht an SF oder Historisches heranwage.
Genau hier liegt doch das Problem. Viele Leser kennen sich mit Dingen wie Polizeiarbeit eben nicht aus. Und warum? Weil sie in Romanen, TV-Serien und Filmen teilweise so atemberaubend weltfremd dargestellt wird.

Zit

#7
ZitatABER ist es für uns als Autoren nicht auch irgendwo Pflicht, so realitätsnah wie möglich und trotzdem so spannend als möglich zu schreiben?

Nein. Punkt.

Der Beruf des Autors ist nur durch die Tätigkeit als solche definiert: Verfasser und Urheber von Werken. Welche Maßstäbe er dafür anlegt, ist dann ihm selbst überlassen.
Ein weiteres Gegen-Beispiel zur Aussage: So viel Realitätsnähe wie möglich in einem Groschenroman wäre zum einen der vorgegebenen Länge wegen hinderlich, andererseits würde es den Produktionsprozess aufhalten (Recherche) und letztlich würde es auch völlig am Charakter des Groschenromans vorbei gehen: Er ist ein Werk voller Schmacht, eben um der Realität zu entfliehen.
Den letzten Punkt kann man, ganz wertfrei, auch für Genreliteratur übernehmen. Zumindest gehe ich davon aus, dass Menschen lesen, weil ihnen die Realität zu viel ist und sie Erholung im Roman suchen. Unsere Welt ist komplex und nur in sehr kleinem Rahmen für Otto Normalverbraucher gestaltbar, insofern eben auch schwer zu verstehen. Romane specken ab, um aufs Wesentliche zu fokussieren.

Warum Leute aber schreiben, und dann auch noch veröffentlichen? Muss jeder für sich selbst heraus finden. Wenn jemand realitätsnah schreiben will, okey. Als Fantasy-Autor will und kann ich mir das aber nicht zu 110% ans Bein binden.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Churke

Zitat von: Witch am 07. Juli 2015, 09:44:31
Die Realität ist ja oft zu langsam (um nicht zu sagen langweilig, denn das stimmt ja eigentlich nicht) für eine Romanhandlung und alles wirkt weniger spektakulär, trockener, wenn man so will.

Wenn das so ist, hat man sich möglicherweise das falsche Thema ausgesucht.  :hmmm:
Ich finde die Realität enorm spannend und immer wieder überraschend. Stichwort "bewiesene Verschwörungstheorien".

Ansonsten ist es halt wichtig, sich zu entscheiden, welche Geschichte man erzählt. Davon hängt dann ab, wie weit man sie verändern kann oder will.

Blackhat

ZitatViele Leser kennen sich mit Dingen wie Polizeiarbeit eben nicht aus. Und warum? Weil sie in Romanen, TV-Serien und Filmen teilweise so atemberaubend weltfremd dargestellt wird.

Das sehe ich anders. Ich glaube die meisten Leser/ Zuschauer sind sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass Polizeiarbeit zu einem Großteil aus drögem, administrativem Kram besteht (Beschaffungsanforderung für drei neue Bleistifte ausfüllen). Aber genau das interessiert den normalen Leser/ Zuschauer nicht, denn er will unterhalten werden. Ein Autor macht im Wesentlichen eines: er erzählt Geschichten. In was für einem Setting diese Geschichten spielen, sollte im günstigsten Fall sogar zweitrangig sein. Häufig reichen eine handvoll gut gestreuter Details, um dem Leser/ Zuschauer zu vermitteln: Ah, der Autor hat sich mit der Materie beschäftigt. Mehr nicht, Verwaltungskram interessiert keine Sau, außer in einer Satire vielleicht.  S. King hat mal gesagt: Ich muss nur so viel wissen, dass ich überzeugend lügen kann. das trifft es glaube ich ziemlich gut. Denn es sind die Geschichten, die die Figuren erleben und durchleben und mit ihnen der Leser, das Drumherum ist nur Verpackung. Daher leben Krimis auch entweder vom Thrill oder der Möglichkeit den Fall gemeinsam mit dem Helden zu lösen. Wenn man langweilige Verhöre zumindest erwähnen möchte, kann man das ja machen, aber dann sollte man sich auch fragen, ob sie für die Geschichte wirklich wichtig sind. Wenn sie langweilig sind wohl eher nicht, dann kann man sie auch weglassen.

HauntingWitch

Wow, so viele Antworten, danke euch allen. :) Mir kommen dazu einige Gedanken, mein Gehirn überschlägt sich gerade ein wenig. Aber ich kann im Moment nicht ausführlich schreiben, weil mir soeben ein ziemlich grosser Berg Arbeit überlassen wurde. Ich melde mich dann später wieder.

PinkPuma

Zitat von: ZitkalasaDer Beruf des Autors ist nur durch die Tätigkeit als solche definiert: Verfasser und Urheber von Werken. Welche Maßstäbe er dafür anlegt, ist dann ihm selbst überlassen.

Dass im Berufsbild des Autors der Anspruch des realitätsgetreuen Schreibens nicht definiert ist, ist mir klar. Die Frage ist doch aber, habe ICH als Autor diesen Anspruch? Bei Fantasy ist das eine Sache, bei einem Krimi, der im Jahr 2015 in Hamburg spielt, eine ganz andere – meiner Meinung nach.

Zitat von: BlackhatDas sehe ich anders. Ich glaube die meisten Leser/ Zuschauer sind sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass Polizeiarbeit zu einem Großteil aus drögem, administrativem Kram besteht (Beschaffungsanforderung für drei neue Bleistifte ausfüllen). Aber genau das interessiert den normalen Leser/ Zuschauer nicht, denn er will unterhalten werden.

Dass sich viele Leser über den administrativen Kram im Klaren sind, will ich gar nicht abstreiten. Ebenso bin ich auch der Meinung, dass man den gerne rauslassen oder nur am Rande erwähnen kann. Aber wirklich problematisch wird es in meinen Augen, wenn man Polizeiarbeit in eine Richtung überspitzt, nur um Spannung aufzubauen. Ein pflichtbewusster Polizist stürmt nicht mal eben so ein Haus, weil er vermutet, dass seine Freundin darin festgehalten wird. Eine Polizistin trägt nicht in ihrer Freizeit ihre Waffe in der Handtasche mit sich herum. Aber genau das ist es, was viele Leute denken (ja, habe ich selbst schon erlebt), weil es in Literatur, Film und Fernsehen ab und an so dargestellt wird.

Zitat von: BlackhatHäufig reichen eine handvoll gut gestreuter Details, um dem Leser/ Zuschauer zu vermitteln: Ah, der Autor hat sich mit der Materie beschäftigt.

Absolut, da stimme ich zu. Ich sage auch nicht, dass man alles haarklein ausformulieren muss, um zu beweisen, dass man sich mit der Realität auskennt. Bloß wenn ich anhand von ein, zwei Details erkenne ,,aha, der Autor hat keinen blassen Schimmer", dann lege ich als Leser das Buch beiseite.

Und schlussendlich würde ich mal die These in den Raum werfen, dass Thrill/Spannung/was auch immer und Realitätsnähe sich keinesfalls ausschließen müssen – wenn der Autor es denn schafft, die Realität spannend zu verpacken.  :jau:

Blackhat

#12
ZitatAber wirklich problematisch wird es in meinen Augen, wenn man Polizeiarbeit in eine Richtung überspitzt, nur um Spannung aufzubauen.

Da bin ich voll bei dir, allerdings bewegen wir uns hier auf einer sehr subjektiven Ebene. Den einen stört es (uns), den anderen nicht. Aber dafür gibt es ja gerade in der Krimi Sparte diverse Subgenres, die die verschiedensten Geschmäcker bedienen.

ZitatUnd schlussendlich würde ich mal die These in den Raum werfen, dass Thrill/Spannung/was auch immer und Realitätsnähe sich keinesfalls ausschließen müssen – wenn der Autor es denn schafft, die Realität spannend zu verpacken.  :jau:

D'accord  :)

Mich nervt in diesem Zusammenhang eigentlich am meisten, wenn Krimis, gerade im Fernsehen, als besonders realitätsnah verkauft werden, und dann mit besagter Realität so viel zu tun haben wie ein Apfel mit einem Raumschiff.

PinkPuma

Zitat von: BlackhatMich nervt in diesem Zusammenhang eigentlich am meisten, wenn Krimis, gerade im Fernsehen, als besonders realitätsnah verkauft werden, und dann mit besagter Realität so viel zu tun haben wie ein Apfel mit einem Raumschiff.
Mhh wie der Stuttgart-Tatort vor Kurzem, bei dem eine Karlsruher Bahn durch's Bild fuhr...  ::) Sorry, off topic.

Ja, letztlich geht es eben wieder um das Thema Erwartungen. Wenn ich realitätsnah auf mein Buch draufschreibe, muss auch realitätsnah drin sein. Steht das nicht drauf, bewegen wir uns wohl im Raum der künsterlischen Freiheit.

Churke

Ich muss sagen, dass ich hier nicht ganz mitkomme.
Ich habe es doch bereits als Autor in der Hand, auch einen realistischen Plot zu hinzudrehen, dass Langweiliges einfach nicht auftaucht.
Wo die Polizeiarbeit genannt wurde. Was zum Kuckuck zwingt mich dazu, in einen Krimiplot die Vernehmung von 10 Zeugen reinzuschreiben, wenn von denen nur einer was gesehen hat?