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Kurzgeschichten

Begonnen von Solatar, 18. Mai 2007, 16:14:08

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zDatze

Ich liebe es, einen/mehrer meiner Protas aus Projekten in Kurzgeschichten zusammen zu packen. Da kommen dann interessante Konstruktionen raus, die es in dem Projekt so gar nicht gegeben hat. Das ganze verarbeite ich als "Szene". Es ist also nur ein Ausschnitt.
Nebencharas eigenen sich gut dafür.  ;)

Inspiration kann von vielen Seiten kommen. Bei mir sind typische Auslöser ein Bild oder ein Wort.
Manchmal versuche ich auch nur ein bestimmtes Gefühl in einem Text aus zu drücken (als kleine Übung).
Oder aus der Sicht eines Gegenstandes schreiben. Ein Zauberschwert, das sich über sein Dasein beklagt ... *notizbuch rauskram* Das muss ich mal probieren. ;D

Muss bei dir eine Kurzgeschichte abgeschlossen sein? Das macht das ganze Schwieriger, finde ich ...

Judith

Es soll auf alle Fälle eine abgeschlossene Geschichte sein. Mit "zum Entspannen" war eher gemeint, dass ich momentan etwas Auszeit von langen Romanprojekten brauche (bzw. die alle erst plotten muss und inzwischen was für meinen T12-Wordcount brauche *hüstel*), aber ich möchte nicht einfach nur Fragmente schreiben.
Ich bin leider oft eine Niete im Plotten und tu mir irrsinnig schwer mit ordentlichen Enden. Eine Handlung (und sei es auch noch so eine kurze) zu einem angemessenen Ende zu führen - so etwas kann man gut mit Kurzgeschichten üben, denke ich. Aber gerade deshalb finde ich es auch so schwer, mir etwas einfallen zu lassen. Kurze Szenen oder Fragmente - kein Problem. Kurze Handlung mit Anfang und Ende - uff.  :seufz:

Jetzt mal ganz doof gefragt: Meint ihr, dass man das lernen kann? Oder ist das etwas, das man "hat" oder eben nicht? Die, die Kurzgeschichten schreiben: Sucht ihr bewusst nach einer Geschichte oder sind die Ideen dafür einfach da?

Wuo Long

Zu einem gewissen Grad kann man eigentlich alles lernen. Aber diese Antwort hilft dir wahrscheinlich nicht weiter. Hmmm...

Als ich angefangen habe, Kurzgeschichten zu schreiben, blickte ich schon auf fünf Jahre Schreiben von Romanen zurück. Das Problem mit dem Ausufern hatte ich deswegen auch und daher sind die meisten Kurzgeschichten von mir auch in der realen Welt angesiedelt. Fantasy-Kurzgeschichten habe ich um ehrlich zu sein erst letztes Jahr angefangen zu schreiben und bisher sind gerade mal zwei davon fertig.

Mein Tipp wäre es daher auch, zuerst mit Geschichten aus dem Alltag (oder einem anderen Genre, das dir besonders gut liegt) anzufangen und sich erst dann auf Kurzgeschichten in der Fantasy zu konzentrieren, wenn du etwas mehr Übung hast. Ich kann für mich persönlich sagen, dass das Verfassen von Kurzgeschichten dazu beigetragen hat, dass ich mich auch in meinen Romane um einen knapperen, konzentrierten Stil bemühe.

Was Inspirationen betrifft, würde ich einfach sagen, Augen offen halten - und das ist einfacher gesagt als getan. Inspirationen von Kurzgeschichten gewinne ich aus Szenen von Filmen oder Serien, aus Gesprächen und Begegnungen mit Menschen (die meistens seltsamer Natur sind). Es kann ein Satz oder die Überschrift eines Zeitungsartikels sein, der erste Besuch in einem Casino für Arme oder ein Essaywettbewerb, bei dem ich die Deadline verpasse, weil ich im letzten Augenblick beschließe aus dem Essay eine Kurzgeschichte zu machen.  ;D

Zwei meiner Fantasy-Kurzgeschichten beleuchten die Vergangenheit von wichtigen Nebenfiguren in meinem Roman und ich halte mich bei der Konstruktion dieser Geschichten (und auch jeder anderen Kurzgeschichte) gerne nach der englischen Definition des  "slice of life". Eine Kurzgeschichte soll nur ein Querschnitt sein. Nicht mehr. Charakterentwicklung ist für Romane. In Kurzgeschichten breche ich es lieber auf ein ganz besonderes Ereignis hinunter, der der Zünder für eine starke Veränderung des Charakters ist. Dadurch bekomme ich dann auch das Ende hin, denn bei mir ist das Ende meiner Kurzgeschichten oft der Anfang einer Veränderung. (oder sollte es im Idealfall sein)

Drachenfeder

Ich schreibe zwischendurch immer mal wieder eine Kurzgeschichte. Hierbei verlasse ich auch mal die Pfade der Fantasy, aber auch eher selten. Kurzgeschichten schreibe ich meistens in der Ich-Perspektive.
Ach ja und ich plotte nicht. Bei den Short Storys schreibe ich einfach blind drauf los. Funktioniert  :vibes:



Judith

Ich hab jetzt erstmal begonnen, eine Episode meiner Riava aus den Göttersteinen zu schreiben, die im Roman nur rückblickend erwähnt wird. Eine wirkliche Kurzgeschichte ist das noch nicht, aber es gibt zumindest eine abgeschlossene Handlung. Und vielleicht schreib ich mich damit ein bisschen von meiner Blockade frei - ich muss mich erst wieder dran gewöhnen, auch mal wieder etwas anderes zu schreiben als einen ganzen Roman.

gbwolf

Zitat von: Judith am 31. März 2010, 10:50:52
Kennt ihr das Problem? Woher holt ihr euch Inspiration für kürzere Geschichten? Fliegen euch die Ideen dafür einfach zu oder lasst ihr es gleich ganz bleiben und schreibt nur Romane?
Die meisten Lösungen beim Schreiben beginnen für mich beim Lesen. Wenn ich ein neues Genre schreiben möchte, dann lese ich sehr viel. Bevor ich an einem Jugendbuch schreibe, lese ich mindestens zwei, um emotional in Stil und Sprache zu sein und mich auf die Zielgruppe einzustellen.
Da ich nach meinen ersten Romanversuchen sehr lange Kurzgeschichten gelesen habe, ist es bei mir natürlich so, dass ich viele Ideen gar nicht für Romane oder Novellen geeignet empfinde. Oder ich kürze das Drumherum oder mache einen geschlossenen Abschnitt. Zum Beispiel habe ich mich immer aufgeregt, dass Elben übermächtig beschrieben werden, ihre Sinne aber im Hinterhalt ganz plötzlich versagen, weil der Plot sonst nicht mehr passt.
In einer Kurzgeschichte habe ich experimentiert, wie ein Hinterhalt funktionieren kann, wenn der Reingelegte eigentlich ein Übermensch ist. Die schwelenden Konflikte, die zu dieser Situation geführt haben, die Hintergründe von Protagonisten, Sidekicks und Co., habe ich so angedeutet, dass der Leser sich zurechtfindet, aber für die Handlung keine Frage offen bleibt.

Vielleicht ist das ja etwas für dich? Mal etwas ausprobieren, dass du in einem Roman machen wolltest, eine Eigenschaft, eine Gesellschaft, aber du bist unsicher, ob das funktioniert? Oder - wie bereits vorgeschlagen - einen Charakter testen oder in eine Extremsituation werfen.
Setz doch eine zickige Stadtfrau mal mit einem Koffer auf einer einsamen Insel aus  :)

caity

@ Judith:

ZitatDabei habe ich als leidenschaftliche Weltenbastlerin eigentlich eine Welt, die randvoll ist mit Geschichten.

Also, da hast du deinen Fundus, auch an Kurzgeschichten: wichtig ist, dass ein Charakter etwas erlebt, das sie/ihn in irgendeiner Weise verändert.
Ich mag es gerne, Kurzgeschichten in der Welt anzusiedeln, die ich bereits kenne, denn das Wissen, das ich habe, muss nicht zwangsläufig direkt in der Geschichte erwähnt wirden, aber es schwingt mit. Manchmal kommen mir auch Ideen, wenn ich Charaktere näher begutachte. Oft es lediglich eine Szene, doch auch sie hat Anfang und Ende.
Dabei gilt für eine Kurzgeschichte: sie soll unvermittelt anfangen und unvermittelt aufhören.
Was ich beim Kurzgeschichten-Schreiben auch wichtig fand: man lernt unglaublich mit den Worten zu spielen, der Stil entwickelt sich und man kann Experimente wagen, die einem beim Roman-Schreiben später unglaublich hilft. ^^"

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Moa-Bella

Ideen für Kurzgeschichten zu finden fällt mir meist viel schwerer als für Romane. Diese sind eher mit einem Film vergleichbar, haben eine Handlung, da kann man viel machen. Bei einer Kurzgeschichte muss man eher wie bei einem Foto einen Moment einfangen und eine Idee zu haben, bei der dieser für sich alleine wirkt, ist schwer. Ich habe ehrlich gesagt noch nie eine Fantasy-Kurzgeschichte geschrieben, ein paar könnte man so einsortieren, dennoch würde ich gerne mehr Kurzgeschichten schreiben. Einen Roman zu schreiben erfordert erst einmal Durchhaltevermögen und bei einer Kurzgeschichte kommt man schneller zum eigentlichen Schreiben. 

Meine Kurzgeschichten sind meistens Momentaufnahmen. Eine Person in einer Situation, die sie erlebt hat oder gerade erlebt und die irgendwie für sich alleine wirkt. Manchmal weiß man, was passiert ist, manchmal nicht. Man kann vieles machen, wenn es in sich stimmig ist, also kann man gar keine wirklichen RFegeln formulieren. Eine Kurzgeschichte kann auch zwanzig Seiten oder noch länger sein, das haben schon einige gemacht, dann muss man aber auch einen guten Grund haben, sie so in die Länge zu ziehen.

Judith

Moa-Bella, du sprichst mir hier aus der Seele. Auch mir geht es so mit der Ideenfindung für Kurzgeschichten und dem Wunsch, dennoch mehr zu schreiben.

Übrigens lande ich - anders als anscheinend die meisten hier - selbst bei Kurzgeschichten immer wieder in meiner Fantasywelt. Nun hab ich eine Kurzgeschichte begonnen, die in unserer Welt angesiedelt ist und einigermaßen banal beginnt (eine Wanderin ist im norwegischen Kongsberg unterwegs) - und schon hab ich wieder ein phantastisches Element drin. Unglaublich.  ;D

Insgesamt aber muss ich mich wohl damit abfinden, dass Kurzgeschichten nicht mein Ding sind.  :schuldig:

Grummel

Ich wollte keinen neuen Thread aufmachen, deshalb hier noch eine Frage zu Kurzgeschichten.

Ich habe endlich mal eine fertig und mußte notgedrungen bestimmte Tatsachen als gegeben und bekannt voraus setzen, da ich die verlangte Maximalgröße sonst bei Weitem überschritten hätte.
Aus diesem Grunde habe ich quasi einen Miniprolog und einem Miniepilog (jeweils ein knapper Absatz mit 2 Sätzen) zu dieser Kurzgeschichte geschrieben, in der der Protagonist, sein Werdegang und der geschichtliche Hintergrund kurz beschrieben werden.

Kann man das so machen?
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Kerimaya

Kann man, da ist aber die Frage, ob das wirklich so glücklich ist (heisst ja Kurzgeschichte das Ding und nicht Mini-Buch ;)) Kannst du die Infos nicht in einem Satz packen bzw. braucht die geschichte WIRKLICH diesen Hintergrund?

Grummel

Ob sie ihn wirklich braucht werde ich feststellen, wenn meine Betaleser das Ding mit und ohne bekommen haben (also erst ohne)! :hmhm?:

Das ist so die Probe... es ist auch wirklich jeweils nur ein Satz.
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Telas

Zitat von: Grummel am 02. Juni 2010, 13:24:19
Ich wollte keinen neuen Thread aufmachen, deshalb hier noch eine Frage zu Kurzgeschichten.

Ich habe endlich mal eine fertig und mußte notgedrungen bestimmte Tatsachen als gegeben und bekannt voraus setzen, da ich die verlangte Maximalgröße sonst bei Weitem überschritten hätte.
Aus diesem Grunde habe ich quasi einen Miniprolog und einem Miniepilog (jeweils ein knapper Absatz mit 2 Sätzen) zu dieser Kurzgeschichte geschrieben, in der der Protagonist, sein Werdegang und der geschichtliche Hintergrund kurz beschrieben werden.

Kann man das so machen?


Also ich habe mal gehört, dass ein klassisches Merkmal der Kurzgeschichte der offene Anfang, wie auch das offene Ende ist. So hab ich es in der Schule gehabt, glaube ich, aber ich finde es besser, wenn jeder so schreibt, wie er es für richtig hält und deswegen würde ich den Anfang nicht streichen, wenn er gut zum Rest der Geschichte passt.

Maran

Zitat von: zDatze am 31. März 2010, 11:15:55
Muss bei dir eine Kurzgeschichte abgeschlossen sein?

Da sind wir bei einem meiner Probleme. Ich hatte Englisch als zweiten Leistungskurs. Wir haben uns damals mit vielen short stories herumgeschlagen. Ich habe folgende Merkmale (zumindest in Bezug auf amerikanische Kurzgeschichten und u.a.) gelernt: Offener Anfang, offener Schluß. Beziehen sich diese Merkmale nur auf die amerikanischen short stories? Wie ist es im deutschprachigen Bereich?

Im Prinzip mag ich dieses Konzept gerne, es läßt viel Interpretationsspielraum. Aber das ist meine persönliche Meinung.

Linda

Zitat von: Judith am 31. März 2010, 13:34:31
Jetzt mal ganz doof gefragt: Meint ihr, dass man das lernen kann? Oder ist das etwas, das man "hat" oder eben nicht? Die, die Kurzgeschichten schreiben: Sucht ihr bewusst nach einer Geschichte oder sind die Ideen dafür einfach da?

alles auf einmal, aber nicht immer :-)

Bevor ich Kurzgeschichten geschrieben habe, hab ich ein, zwei Romane verfasst. Irgendwann kam dann die Inspiration für Kürzeres, bei mir eng verknüpft mit der Möglichkeit der Veröffentlichung (ich schreibe nun mal nicht für mich, sondern immer für ein, sei es noch so klein(es), Publikum - und für kurze Texte hatte ich ein Podium, für Romane noch nicht). Und dann war es recht einfach, fast 100 Geschichten habe ich + / - geschrieben (in letzter Zeit seltener, da ich halt viele Romane schreibe).

Ich denke, es ist eine Trainingssache, wie vieles. Man kann das schreiberisch/handwerkliche lernen, was man allerdings nicht so einfach lernen kann, ist die Ideen richtig zu behandeln.

Meine Erfahrung: Man kann Kurzgeschichten schreiben, indem man eine kleine Idee größer macht (also verallgemeinert, symbolisch aufbereitet, ausformuliert oder durch Pointen 'umdreht') oder umdeutet.

Oder man kann einen Plot verdichten und nur das Finale aufschreiben :-) also eine große Idee auf kleinem Raum an einem tragenden Punkt festnageln. Die Entwicklung, die sonst über Seiten und Kapitel dargelegt wird, kommt ganz punktuell zur Klimax und erfolgt beispielhaft in wenigen Sätzen, am besten sogar durch show don't tell.

Kurzgeschichten können von einer Stimmung leben oder einer Pointe, es können 'Märchen' oder 'Legenden' einer eigenen Welt sein - da ist so vieles möglich, dass es einfach Spaß macht. Genau das richtige zur Erholung von langen Romanen, würde ich sagen.

Ich bin übrigens kein Freund dieses offenen Anfang/offenes Ende bzw es muss halt gekonnt sein und sollte nicht durch Wegfallen wichtiger Infos erkauft werden. Die Reduktion auf das zentrale Element ist allerdings schon wichtig.

Gruß,
Linda