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Reale Vorbilder für Charaktere?

Begonnen von Hr. Kürbis, 08. März 2007, 22:30:46

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Mika

also ich bin mir relativ sicher dass meine Figuren durch aus äußere Einflüsse mit eingebaut bekommen. Wenn mir zum Beispiel ein Charakter in einem Buch gefällt, dann nehme ich die ein oder andere Eigenschaft, oder lehne das Aussehen vielleicht ein wenig an, allerdings hüte ich mich davor komplett zu kopieren und da meine bösen, bösen Charaktäre sowieso eine unglaubliche Tendenz zur Verselbstständigung haben erkenne ich sie nach einigen Seiten meist schon nicht mehr wieder weil sie einfach machen was sie wollen und wie sie es wollen ohne im geringsten auf mich hören zu wollen *seufz*. Sterben zum Beispiel wenn es grad gar nicht passt oder Ähnliches...
Einflüsse von realen Personen sind bei mir allerdings eher selten. Ich habe noch nie jemanden gesehen der tatsächlich meinen Vorstellungen von auch nur einem meiner Charaktäre entspricht, vielleicht bin ich da auch ein wenig zu speziell... Jegliche Versuche selbst einen meiner Charas zu zeichnen schlugen fehl... entweder ich kam an meine zeichnerischen Grenzen, die bei Menschen stark eingeschränkt sind, oder aber das was dann letztenendes auf dem Papier zu finden war entsprach so gar nicht meinen Vorstellungen von der Person an die ich eigentlich gedacht habe dass das Bild ganz schnell in der Versenkung verschwunden ist und nie wieder angesehen wurde.
Überhaupt fällt es mir sehr schwer zum Beispiel eine Buchverfilmung zu sehen, irgendwie habe ich noch nie einen Charakter gefunden der meinen persönlichen Vorstellungen während des Lesens eines Buchs komplett entsprach so dass ich es mittlerweile gänzlich aufgegeben habe einen Film sehen zu wollen zu dem ich zuvor das Buch gelesen habe. Meist hinterlässt der Schauspieler der die Figur interpretiert bei mir lediglich nur einen schalen Nachgeschmack und jegliche Freude am Ansehen eines Filmes geht verloren.
Ich habe einfach meistens die Bilder meiner Charas im Kopf, vor allem die Protas, die ich versuche zu beschreiben und mittels Charakterbögen wenigstens in halbwegs geordnete Bahnen zu lenken. Aber eins muss ich sagen: wenn ich jemals einen Typen sehe der meinem absoluten Lieblingsantihelden entspricht, ich falle vor ihm auf die Knie und werde ihn im Anschluss aus sämtlichen Blickwinkeln ablichten  ;D. Nur leider ist das noch nie passiert.

Bei meinen Rollenspielcharaktären ist es witzigerweise ganz anders. Da suche ich mir zu erst ein Bild und aus diesem Bild, meist eins von Deviantart, erschaffe ich dann den Charakter, versuche mich einzufühlen, lege Eigenschaften und Macken fest ect. Aber das ist nur beim Rollenspielen so, da läuft es gänzlich anders herum... vielleicht bin ich auch einfach nur verwirrt. Manchmal weiß ich es echt nicht.

Also summa summarum: Charaktäre auch Geschichten: find ich nicht im realen Leben, Rollenspielcharaktäre: basieren immer auf Bildern oder Zeichnungen warum auch immer :)

Adam_Charvelll

#76
Ich möchte diesen Thread wieder hervorholen und beleben. Ich habe lange überlegt, ob ich nicht einen neuen starten soll, aber es passt eigentlich auch gut hier herein.

Zum einen möchte ich die Ausgangsfrage erneut stellen: Holt ihr euch (Vor-)Bilder für eure Charaktere aus Film und Internet? Zeichnet ihr sie euch selbst? Oder genügt euch eine ungefähre Vorstellung im Kopf?
Sucht ihr euch die Bilder erst nach der Charaktergestaltung oder bereits vorher, sodass ihr diese Bilder bereits fürs Plotten verwenden könnt? Macht ihr das auch mit Landschaftsbildern?

Diese Fragen wurden ja bisher ganz gut beantwortet. Was mich nun interessieren würde, wenn ihr sagt, dass ihr das Aussehen eurer Charaktere realen Personen (oder auch gezeichneten Bildern) nachempfindet, ist, wie ihr diese Bilder verwendet? Reicht einmal ansehen, um genügend vom Aussehen zu wissen? Speichert ihr euch das Bild in eurer virtuellen Arbeitsmappe ab? Oder druckt ihr es sogar aus und hängt es neben euren Arbeitsplatz? Muss es für euch beim Arbeitsprozess permanent in der Nähe sein?

Der Grund, warum ich diese Fragen (erneut) stelle, ist, dass mir diese Tage eine Idee gekommen ist. Ich kann nicht besonders gut zeichnen, würde mir aber oft eine visuelle Darstellung meiner Charaktere wünschen, da ich auch nicht in der Lage bin, eine konstante Vorstellung meiner Figuren in meinen Gedanken zu schaffen. Wenn ich an meine Figuren denke, sind das oftmals nur schwammige, verwischte Erscheinungen, die sich jederzeit ändern könnten. Auch wenn ich ein Buch lese, ist das meistens der Fall. In meinem aktuellen Projekt sind die meisten Figuren solche Gestalten. Das Aussehen der weiblichen Hauptfigur habe ich aber wissentlich in meinen Gedanken dem Aussehen einer kanadischen Sängerin nachempfunden. Ein Bild von ihr liegt seit längerer Zeit in meiner Scrivener-Personenbeschreibung.
Nun ist es der Fall, dass ich bei einem Adventskalendergewinnspiel einen Gutschein für ein Fotobuch im Wert von 100 Euro gewonnen habe. Nachdem ich diesen zuerst verkaufen wollte, kam mir die Idee, dass ich doch eigentlich auch für die anderen Figuren geeignete reale Personen suchen könnte (etwa nach der hier im Forum beschriebenen Methode über die Bildersuche http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,4558.60.html ) und so ein Fotoalbum für mein Projekt erstellen könnte, dass mir dann auch den weiteren Schreibprozess erleichtern könnte. Gegebenenfalls wäre dasselbe auch mit Landschaftsbildern für meine fiktiven Schauplätze möglich.

Was würdet ihr von dieser Idee halten? Würdet ihr euch so ein persönliches Fotoalbum für euer Projekt anschaffen? Und meint ihr, dass euch dieses helfen würde?

Sprotte

Ich habe nicht für alle meine Helden optische Vorbilder. Doch gerade das Konterfei, das mich zum Schreiben von Cajan trieb, ist allgegenwärtig (obwohl ich den Roman 2011 abgeschlossen habe): Bildschirmhintergrund, gerahmt an der Wand, Bildschirmhintergrund beim Wunderhandy.

Derzeit starte ich den Versuch eines begleitenden Scrapbooks. Ein besonder schönes Paperblank, in dem ich kurze Notizen (besonders Namen!) der Figuren festhalte und auch Bilder einklebe, die mir beim Schreiben helfen. Die Idee dieses "Romanbegleiters" habe ich bei Aryana abgestaubt, weil ich das Konzept einfach toll finde. Wann immer ich einen bildhaften Inspirationsfunken finde: ausdrucken, einkleben. Oder für spätere Werke: abspeichern, bis der Roman dran ist.

HauntingWitch

So richtig helfen kann ich dir, glaube ich, nicht. Ich vermute, dass es dir schon helfen könnte, ein echtes Bild vor dir zu haben. Aber dann müsstest du natürlich auch aufpassen, dass nicht zu offensichtlich wird, das sagen wir irgendein bekannter Schauspieler dein reales Vorbild war.  ;)

Bei mir ist es eher umgekehrt. Ich sehe reale Personen und je nachdem ist der Eindruck so stark, dass eine Figur daraus entsteht. Mit der Entwicklung wird es aber zu meiner eigenen Figur und ich ändere da auch immer genügend Details. Da ich stets ein genaues Bild meiner Figuren im Kopf habe, brauche ich keine optische Stütze. Ich schreibe auch sehr genau in die Charakterbögen, welche Augenfarbe z.B. jemand hat, damit ich da nicht versehentlich ein Durcheinander bekomme.

Manchmal passiert es auch, dass ich reale Menschen - seien es Schauspieler, Personen in meinem Umfeld oder sonstwo in Magazinen oder so - sehe und denke: Hey, der sieht genau aus wie mein Prota XY. Einerseits möchte ich das vermutlich auch so sehen und deshalb fällt es mir auf, andererseits gibt es wahrscheinlich einfach wirklich Leute, die meinen Protas optisch gleichen (zumindest den menschlichen). Wieso auch nicht?

canis lupus niger

#79
"Ganze" reale Personen verwende ich eigentlich nie, aber sehr oft nehme ich bestimmte Charakterzüge oder Ähnlichkeiten, die mir in Erinnerung geblieben sind, wenn sie zu meiner Vorstellung von einem meiner Charaktere passen. Zum Beispiel habe ich einen Nebencharakter mal sehr nach einem unangenehmen Menschen gestaltet, der mir in einem Mietverhältnis vor einigen Jahren große Schwierigkeiten gemacht hat. Ein echter Widerling! Aber das hat er jetzt davon! Er soll sich bloß nie wieder mit einem Hobbyschriftsteller anlegen!  ;D Aber er würde sich vermutlich nicht in der Rolle eines Betrügers wieder erkennen, der in einem mittelalterlichen Setting seinen Neffen um das Land des Vaters (des Bruders des Betrügers) zu bringen versucht.

Meine Vater-Tochter-Konflikte verarbeite ich auch immer mal wieder in meinem Machwerken. Wer eins davon gelesen hat, weiß. was ich meine ...

Adam_Charvelll

Das klingt super Sprotte! Sollte ich auch mal überlegen, so etwas anzufangen  :)
Ich denke schon, dass solche Romanbegleiter äußerst hilfreich sein können, vor allem wenn sie visuelle Informationen enthalten, die im Text einfach nicht einzubauen sind.


Liliane

Cornelia Funke meinte mal, dass sie Mo Folchart aus Tintenherz schon von Anfang an als den Schauspieler im Kopf hatte, der ihn dann letztendlich in der Verfilmung gespielt hat. Und sie sagte, das mache sie immer so und das würde sie auch empfehlen. Das habe ich nie vergessen und jedes Mal, wenn ich wieder eine Geschichte anfange, versuche ich das auch zu machen, eine reale Person zu finden, die so aussieht, wie es schon grob im Kopf habe, aber es ist mir bisher nie gelungen.
Ich habe immer ein etwaiges Bild im Kopf und wenn es besondere Merkmale gibt, die später auf spezifisch genannt werden, wie zum Beispiel eine besondere Augenfarbe oder so, dann notiere ich mir das. Aber so wird es mit der Zeit natürlich immer unmöglicher, eine Person zu finden, die genau so aussieht.
Wenn man dazu bereit ist, das Aussehen seiner Person dann noch einmal der anzupassen, von der man ein Bild gefunden hat, dann kann das denke ich hilfreich und auch sehr schön sein, von etwas zu schreiben und jemandem ein Schicksal zu schreiben, der so echt scheint, weil man ein Bild von ihm hat.
Wenn man allerdings ein festes Bild schon im Kopf hat, macht es finde ich absolut keinen Sinn, dann ein Bild von jemandem zu nehmen, der nur etwa so aussieht.
Man kann natürlich auch eine Person anhand eines Bildes überhaupt erst aufbauen.

Ich denke, es ist nicht schlimm, wenn man sich einer existierenden Person bedient, was das Äußere angeht. Erkannt wird sie vermutlich sowieso nicht. Wenn man nur an jemanden denkt und damit dann einen Charakter konstruiert, dann ist es erst recht nicht schlimm. Und es gibt ja sowieso schon irgendwo Menschen, die dem ähnlich sehen, an dem man sich da orientiert.

Also ein solches Buch (ich schreibe irgendwie gerade viel zu viel, entschuldigt bitte  :-\ ), wie Sprotte es vorgeschlagen hat, halte ich nur dann für sinnvoll (aber dann für eine sehr schöne Idee  :D ), wenn man dann nicht anfängt, mehrere Bilder zu sammeln zu einer Person, bei denen man allen denkt, so könnte sie etwa aussehen, das verwirrt ja total und letztendlich hat man ein ungenaueres Bild der Person, als vor den Bildern.

Ein Fotobuch würde ich persönlich mir nicht anschaffen, weil mir die Dateien von Bilder reichen, wenn ich welche habe. Zur Not kann man auch mal etwas ausdrucken. Wenn es allerdings überhand nimmt, man sehr viele Charktere mit Bild hat und man das Gefühl hat, besser mit den Ausdrucken der Bilder arbeiten zu können, als mit den Dateien, dann kann man so etwas schon machen.
Muss allerdings jeder ja für sich wissen, ob er Bilder auf Papier braucht.
Prinzipiell halte ich Bilder an sich aber für etwas sehr schönes, weil es einen dazu zwingt, nicht mehr vom Aussehen abzuweichen und man einfach genau Merkmale nachschauen kann. Und außerdem ist es doch etwas wunderbares, seine Charktere, die man sich selbst ausgedacht hat, plötzlich lebendig und als vollkommene Menschen außerhalb seines Kopfes zu sehen  :vibes:



Klecks

Ich suche mir nie Bilder von realen Personen für meine Figuren. Sie sind meistens auch so optisch sehr präsent, sowohl wenn ich schreibe, als auch wenn ich sie mir ausmale.  ;D

Lisande

Ich habe das Problem, dass ich mir Gesichter nur sehr, sehr schlecht merken kann (Namen übrigens auch - kommt gut, wenn man Schulungen gibt ...). Ich verwechsele auch öfter mal Kollegen oder erkenne Leute nicht gleich, wenn ich sie an einem ungewohnten Ort sehe (also z. B. in der Einkaufsstraße statt im Büro).

Das wirkt sich auch auf meine Charaktere aus. Ich weiß, wie groß sie sind. Ich kenne die Haar- und Augenfarbe. Die Figur ist klar. Aber das Gesicht? Naja, gesichtsförmig halt. Eine konturlose Fläche. Dass ich wirklich mal ein Foto finde und sage "das ist XY" - das ist selten. Ich beschreibe oder besser gesagt umschreibe meine Charaktere auch entsprechend - ich habe einfach kein Gesicht im Kopf. Es ist ein bisschen, als würde ich sie mehr von hinten sehen.

Siara

Zitat von: Lisande am 30. April 2014, 21:10:09
Ich habe das Problem, dass ich mir Gesichter nur sehr, sehr schlecht merken kann.
Das geht mir ganz genauso. ;D Zu Anfang habe ich nur eine sehr grobe Vorstellung von den Charakteren. Gerade aus diesem Grund suche ich mir allerdings oft reale Personen, die zu meinem bisherigen Bild der Figur passen, um so quasi deren Gesicht "einzubauen". Direkt auf das Schreiben hat das keine Auswirkungen, weil ich wie Lisande das Aussehen eher sparsam beschreibe. Es ist mehr für mich, weil ich mich den Charakteren näher fühle, wenn sie klar vor meinen Augen stehen. Gerade wenn die betreffende realer Person Schauspieler ist, recherchiere ich sehr viel nach diesem, nicht nur Bilder, sondern oft auch Videos. Bis ich ihn im Kleinsten vor mit sehe, das Gesicht, das Besondere in den Augen, die Art, sich zu bewegen und zu sprechen. Die Gefahr der Assoziation mit genau dieser realen Person sehe ich da weniger. Zum einen, weil ich ja dennoch bei der Beschreibung grob bleibe und der Leser das Gesicht ohnehin nicht genau so vor Augen haben wird, wie ich es sehe, und zum anderen, weil die Personen, die ich auswähle, meistens nicht die aller Bekanntesten sind.

Sehr interessant ist zu lesen, dass viele andere es ja offensichtlich ähnlich handhaben. Eine Zeit lang habe ich mich äußerst unkreativ gefühlt, weil ich nicht in der Lage war, die Charaktere komplett selbst zu erschaffen. Inzwischen sehe ich es als eine Stütze, die keine Nachteile, sehr wohl aber Vorteile bringt.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Sternsaphir

Hin und wieder stiebitzt sich bei mir auch der eine oder andere Film- oder Buchcharakter auszugsweise in meine Bücher.
Manchmal kombiniere ich aber auch verschiedene Charaktere zu einem. Ich nehme das Aussehen vom einen und gebe ihm die Fähigkeiten des zweiten und die emotionalen Eigenschaften des dritten.

Gesichter kann ich mir relativ gut vorstellen, aber es fällt mir schwer, sie eigenständig zu zeichnen, als wollte mein Kopf nicht mit meiner Hand zusammenarbeiten. Sobald ich aber ein Bild oder einen Film sehe, wo jemand ähnliche Gesichtszüge hat, weiß ich: Das ist er/sie!
Ich lasse mich auch gern von Filmcharakteren inspirieren. Aber ich kopiere sie nie 1:1 in meine Geschichte.

Meistens entwickeln sich auch meine Chars während des Schreibens. Am Anfang habe ich nur eine grobe Vorstellung, wie er/sie aussehen soll und wie er/sie agiert und denkt. Und im Laufe des Verfassens kristallisiert sich dann heraus, dass der eine eher mutig ist, der andere mehr zurückhaltend etc.
z.B. tauchten bei meinen Amazonen eine Gruppe Männer auf. Am Anfang waren sie wirklich nur eine gesichtslose Gruppe mit irgendwelchen Namen. Aber im Laufe der Zeit schälten sich die einzelnen Charaktere heraus und ich fand bei einigen auch ein Film-Pendant zu ihnen, um sie stärker zu charakterisieren.

Ich muss gestehen, dass es mir mit einem realen "Gegenstück" wesentlich leichterfällt, Personen zu beschreiben als ohne. Ich habe das Gefühl dass die Chars ohne Pendant irgendwie flacher und gesichtsloser wirken.

Arcor

Ich verwende eigentlich auch eher selten reale Figuren als Vorbilder. Gelegentlich drängt sich hier und da mal jemand auf (Keith Hamilton Cobb für meinen Toron, z. B.), aber das ist dann mehr als Idee für eine Figur als als wirkliche 1:1 Abbildung. Überhaupt,je länger ich mit meinen Figuren dann arbeite, umso mehr entfernen sie sich wieder von den Vorbildern - bis am Ende nur noch wenig Übereinstimmungen da sind.  ;D

Außerdem habe ich immer große Probleme damit, mir Figuren im Gesicht felsenfest vorzustellen, mit allen Details. Frisur, Grundzüge, Besonderheiten wie Narben, Augenfarbe und Nase und Mund gehen noch, aber alle Feinheiten (Kinn, Wangenknochen, Brauen, Kieferknochen) sind oft in meinem Kopf nur verschwommen. Selbst wenn ich zeichnen könnte, könnte ich wohl kaum eine Figur auf Papier bannen.  :)
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Regwina

Ein ausgesprochen interessantes Thema, vor allem, da ich gerade einen derartigen ,,Präsedenzfall" habe:
Normalerweise bringe ich immer kleine Charakterzüge von mir in meine Hauptfiguren ein. Das hat den einfachen Grund, dass ich das Gefühl habe mich dadurch besser in sie hineinversetzen zu können. Andererseits bin ich aber immer sehr auf der Hut nicht zuviel von mir einzubringen um eventuellen späteren Lesern nicht MEINE Lebensgeschichte oder MEIN Leid zu predigen sondern es wirklich aus dieser Hauptperson sprechen zu lassen. Das ging auch bisher eigentlich verhältnismäßig gut. Mal hatte Jemand auch rote Haare, mal war da eine Leidenschaft für Bücher, mal war da eine böse Stiefmutter. Immer so ein bisschen. Etwas, dass uns verbindet und mich näher an diese Person heranbringt. Zugegeben, ich behandle meine Protagonisten oft wie echte Menschen und will sie selbst kennenlernen. Und das soll mir dabei eben ein wenig helfen.

Momentan schreibe ich aber an einem Projekt das eher unabsichtlich zu einer Art Seelenstrip geworden ist. So war das allerdings weder gedacht noch geplant und ehrlich gesagt hab ich es selbst zuerst auch gar nicht bemerkt. Erst als mein bester Freund mich eines Abends anrief um mich zu fragen ob ich sicher bin, dass ich da nicht vielleicht doch etwas zuviel preisgebe, habe ich das ganze nochmals durchgelesen und war eigentlich ... ich weiß gar nicht ... geschockt? Nein, das trifft es eigentlich nicht. Verwundert. Ja, verwundert. Sicher, ich habe diesmal vielleicht ein wenig übertrieben uns ihr relativ viele meiner (eher) negativen Eigenschaften verliehen aber zu keinem Punkt des Schreibens habe ich sie wirklich als mich gesehen.
Ich überlege jetzt schon länger fieberhaft ob ich nicht die eine oder andere Eigenschaft wieder ,,wegnehmen" soll. Aber letztendlich komme ich immer wieder zu dem Schluss, dass sie mir so wie sie jetzt ist wirklich gut gefällt. Und allein das ist wirklich selten. Ich steh' halt einfach auf Antihelden. Trotzdem hab ich jetzt ein übles Gefühl bei der Sache und würde es wohl nie unter meinem eigenen Namen veröffentlichen.

Ein ganz anderer Fall ist zum Beispiel meine Mutter. Sie ist ausgesprochen facettenreich und hat garantiert schon sehr vielen meiner Protagonisten ein oder mehrere Eigenschaften geschenkt. Ich muss aber dazusagen, dass ich ihr nie, wirklich NIE etwas von mir zu lesen geben würde. Sie würde es mir sehr übel nehmen :-)

Was bei mir kaum funktioniert sind Bilder von Schauspielern, was vor allem daran liegt, dass meine Charaktere eher selten dem aktuellen Schönheitswahn gewachsen sind.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich gerne Eigenschaften oder besondere Merkmale an meine Protagonisten vergebe, die ich aus dem echten Leben kenne. Aber es bleibt normalerweise bei einem ,,Schuss". Und eigentlich mache ich es meist um ihnen einen noch menschlicheren Zug zu geben oder mir den ,,Zugang" zu ihnen zu erleichtern. Am Anfang der Geschichte haben meine Charaktere nur ein Grundgerüst, das mit dem Verlauf der Geschichte zu einem lebendigen Wesen wird.

Vic

Da man ja häufig Charaktere mit einem Klischee beginnt, finde ich es völlig okay mich anfangs an einem bestehenden Charakter oder Menschen zu orientieren.
Man entwickelt sich dann ja doch meistens im Laufe des Erzählens davon weg, beziehungsweise der Charakter wird durch die Handlung geprägt und entwickelt und verändert sich und wird immer dreidimensionaler.
Aber als Einstieg finde ich es total okay sowas zu sagen wie "Ich brauche einen Arschkeks wie Draco Malfoy" und den ans Inspiration zu nehmen - so lange man sich dann auch in der Entwicklung davon wegbewegt und was ganz eigenes daraus macht und keine reine Kopie.

BiancaS

Habt ihr (bewußt oder unbewußt) reale Vorbilder für eure Charaktere?

Ich habe bewusst nicht oft reale Vorbilder, ganz selten kommt es mal vor, dass ich so durch tumblr scrolle und mir plötzlich ein Bild von jemanden ins Auge sticht und ich sag: "Hey, das ist ...." und dann nutze ich diese Vorlage meistens auch eher unterbewusst, weil ich sie ja sowieso schon ungefähr so in meinem Kopf hatte. Ich denke aber, dass man sich unterbewusst durchaus an verschiedenen realen Menschen auch orientiert, weil man einfach auch so viele verschiedene Typen sieht und kennenlernt.

Was beeinflusst euch in der Wahl des Aussehens, der Kleidung, des Wesens?
Öhm, die Frage kann ich gar nicht wirklich beantworten. Meistens habe ich meine Charaktere als Ganzes schon im Kopf, manchmal sind sie etwas verschlossen und verraten erst nach und nach was von sich, aber ich habe sie immer als kompletten Menschen im Kopf, wo ihre Kleidung und das Wesen auch schon irgendwie mit drin ist.

Versucht ihr das zu vermeiden, wenn ja, warum; wenn nein, warum nicht?
Das einzige was ich versuche zu vermeiden, ist, dass ich eine Figur nicht so aufbaue, wie ich sie gerade in einem Film oder Buch gelesen habe. Ich will ja keinen Abklatsch schreiben, sondern einen eigenen Typ haben. Wie oben schon erwähnt habe ich meine Charaktere meistens als Ganzes im Kopf und wenn ich merke, dass sie zu sehr wie eine Figur sind, von der ich gerade gelesen habe, versuche ich eine andere Seite von ihnen zu beleuchten, zu zeigen, dass sie auch anders sein können.

Zitat von: VicAber als Einstieg finde ich es total okay sowas zu sagen wie "Ich brauche einen Arschkeks wie Draco Malfoy" und den ans Inspiration zu nehmen - so lange man sich dann auch in der Entwicklung davon wegbewegt und was ganz eigenes daraus macht und keine reine Kopie.
Genau, dass meine ich. Man sollte seinen eigenen Typ draus machen, auch wenn man sich an etwas anderem orientiert, um Inspiration zu bekommen.