• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Alltägliche Grammatikfehler, die wirklich nerven

Begonnen von Maja, 21. Juni 2014, 04:18:02

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 3 Gäste betrachten dieses Thema.

Siara

#60
Erst einmal ist mir noch eine Kleinigkeit, die anscheinend noch nicht genannt wurde, mir aber immer wieder ins Auge springt:

"Ich bin schon seid gestern wieder zu Hause."

Oder eben andersherum:

"Wann seit ihr wieder hier?"

@Unwissenheit vs. Ignoranz: Ganz im Allgemeinen denke ich, dass es viele Menschen gibt, die sich aus verschiedenen Gründen in der Sprache nicht allzu gut auskennen. Wenn es so ist, weil sie nicht lange zur Schule gegangen sind oder schlicht eine Schwäche auf dem Gebiet haben, sehe ich das nicht eng. Jeder hat Schwächen. Was mich aufregt, sind die Menschen, denen es ganz einfach egal ist. Frei nach dem Motto: "seid und seit klingen doch gleich. Man weiß, was gemeint ist." Ich verstehe nicht, wie es ihnen egal sein kann, wenn es ganz eindeutig falsch ist. Einfach, weil Andere es auch falsch machen und es deshalb normal ist? Ich persönliche liebe Sprachen, und mir tut es schlicht ein bisschen weh, wenn manche Menschen so achtlos und grob damit umgehen.

Edit: Bestes Beispiel: Facebook. Die meisten wissen sehr wohl, dass ein Satz mit einem Zeichen beendet wird und dass Substantive groß geschrieben werden. Es kümmert viele aber nicht, weil ja schließlich jeder versteht, was sie sagen wollen. Und das finde ich wirklich traurig.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

HauntingWitch

Zitat von: Siara am 23. Juni 2014, 22:26:25
@Unwissenheit vs. Ignoranz: Ganz im Allgemeinen denke ich, dass es schlicht viele Menschen gibt, die sich aus verschiedenen Gründen in der Sprache nicht allzu gut auskennen. Wenn es so ist, weil sie nicht lange zur Schule gegangen sind oder schlicht eine Schwäche auf dem Gebiet haben, sehe ich das nicht eng. Jeder hat Schwächen. Was mich aufregt, sind die Menschen, denen es ganz einfach egal ist. Frei nach dem Motto: "seid und seit klingen doch gleich. Man weiß, was gemeint ist." Ich verstehe nicht, wie es ihnen egal sein kann, wenn es ganz eindeutig falsch ist. Einfach, weil Andere es auch falsch machen und es deshalb normal ist? Ich persönliche liebe Sprachen, und mir tut es schlicht ein bisschen weh, wenn manche Menschen so achtlos und grob damit umgehen.

Das unterschreibe ich so. Natürlich haben die einen mehr Wissen als andere und das betrifft auch mich selbst, wie wir gesehen haben und ich bin sicher auch noch andere hier.  ;) Das ist einfach so. Aber Leute, die die Dinge konsequent weiterhin falsch machen, obwohl man ihnen schon gefühlte hundert Mal erklärt hat, wie es richtig wäre, so nach dem Motto: Ich habe ja eine Sekretärin, die ist für das da, die macht das schon - Ja, stimmt, dafür bin ich da. Aber nicht nur dafür. Und deshalb habe ich tatsächlich ziemlich wenig Verständnis für Leute, die z.B. falsch abschreiben oder schlicht lernresistent sind.

Severin

Es ist schon etwas her, aber weil mich das auch immer fuchsig macht, muss ich da auch noch mal etwas loswerden. "Optimal" und "aktuell" in Relation zu anderen derselben Art stellen zu wollen erscheint mir einfach nicht sinnvoll. Nehmen wir zum Beispiel die "Lösung". Eine Lösung ist dann optimal, wenn sie unter den gegebenen Umständen die beste Lösung ist. Wenn sich die Umstände ändern, mag das wieder anders aussehen, aber dann haben sich eben die Umstände geändert und dann gibt es wieder nur eine optimale Lösung. Punkt.
Aktuell ist die Nachricht, die gerade in diesem Moment die neueste Nachricht ist. Wenn ich zwei Stunden später eine andere Nachricht habe, dann ist die aktuell usw. Wenn man also diese beiden Nachrichten sinnvoll in Beziehung setzen will, dann kann man einfach von einer neuen und einer neueren Nachricht sprechen, das lässt sich nämlich wunderbar komparieren.
Schließlich bin ich auch der Meinung das "fundamental" immer nur ein Sachverhalt oder Gegenstand sein kann, je nachdem, welche Umstände gerade bestehen. Wenn wir also zum Beispiel eine fundamentale Erkenntnis machen, dass die Welt aus Atomen aufgebaut ist, dann haben wir da ein Fundament. Stellt sich dann irgendwann heraus, dass die Atome doch nicht unteilbar sind, wie der Name vermuten lässt, sondern darunter noch eine Ebene liegt, die von Protonen, Elektronen und Neutronen, dann ist das auch eine fundamentale Erkenntnis. Aber weil wir jetzt gewissermaßen eine Etage tiefer sind, ist die Atomebene eben nicht mehr Fundament sondern allenfalls noch Kellergeschoss  :)

Und dann noch eine Sache, die mir in letzter Zeit immer wieder sauer aufstößt: Da geht man nichts Böses ahnend durch die Fleischwarenabteilung auf der Suche nach einem Putenschnitzel, aber das einzige, was zu finden ist, ist ein Puten Schnitzel. Oder auch das beliebte China Restaurant, wo man mit einem Chinarestaurant oder wenigstens einem China-Restaurant gerechnet hätte. Ist das wirklich so schwer? Ich bin ja sonst auch kein Verfechter dieser Sprachen-Reinheitsgebote, aber da ist mal wirklich etwas, dass die deutsche Sprache vielen anderen voraus hat. Das Kompositum. Wir können wunderbar Begriffe verweben, um neue Bedeutungen zu kreieren und da ist der vielzitierte Oberweserdampfschifffahrtsgesellschaftskapitän noch nicht die Spitze. Ich meine der letztgenannte kann nach meinem Empfinden auch gern einen Leserlichkeitsbindestrich haben, aber sonst würde ich sagen "Schreibe zusammen, was zusammengehört!". :jau:

Kadeius

Schön, dass du das nochmal aufgreifst. Ich bin zwar auch der Meinung, es gehört nicht in einen wissenschaftlichen oder gehobenen Sprachgebrauch, aber eine Steigerung von fundamental halte ich durchaus für zulässig in gewissen Kontexten. Wenn sich das Fundament dabei nicht ändert zum Beispiel, sondern differenzierter wird, im Sinne einer Steigerung. Es ist schwierig zu erklären und ein Beispiel zu finden, bei dem alle mitgehen; optimal halte ich jedoch für nicht komparabel, das darf ich als Lateiner auch gar nicht anders sagen, schließlich ist unser deutsches Adjektiv nur dem lateinischen Begriff "optimus" (Superlativ von "gut") entlehnt. Das wäre also in etwa so, als wenn wir sagten: Gut, besser, am besten, am bestensten.

Die "seit-seid"-Geschichte geht mir auch fürchterlich auf die Nerven, genau wie der "einzigste".
Großartig, dass du es ansprichst, Severin, meine folgende Kritik könnte auch in die Rubrik der Textverarbeitungsprogramme gehören:
Diverse Programme kennen nicht die Regeln für zulässige Komposita; ein paar Beispiele dazu sind: "herunterbeugen", "hinausschauen", "hinunterklettern" sowie diverse semantisch verwandte Begriffe (statt "schauen" z. B. "spähen" oder "blicken"). Und das macht mich wahnsinnig.
Manchmal lasse ich mich so sehr von der Rechtschreibprüfung verunsichern, dass ich nicht mehr weiß, wer eigentlich wen verbessert: Die Rechtschreibprüfung meinen Text oder ich die Rechtschreibprüfung.

Zitat"Schreibe zusammen, was zusammengehört!". :jau:
Grundsätzlich eine schöne einprägsame Sentenz, der ich an dieser Stelle nur beipflichten kann.

Atra

Zitat von: Mondfräulein
Zitat von: RosentineDie leidige Nutella-Frage ist auch immer wieder schön. Für mich heißt es "das Nutella", aber da gibt es ja auch von für "der" und "die" große Lager. Mir rollen sich bei beiden die Fußnägel auf.
Geht mir auch so. Das Nutella und die Fanta. Alles andere ist ganzganz falsch.
Das stimmt so nicht. Sowohl die Nutella, als auch das Nutella sind richtig. Persönlich sage ich immer die Nutella, wegen der Endung und dem Inhalt (also die Schokomasse). Das Nutella meint das Nutellaglas. Der Nutella ist allerdings wirklich nicht korrekt.

LG Atra
"Man muss erst zum Leben aufstehen, bevor man sich niedersetzt zum Schreiben."
(Henry David Thoreau)

Severin

Ach ja, die alte Nutella-Affäre. Ich mogle mich da meist drumherum, in dem ich nur Nutella sage. In Fällen, in denen man das Wort in andere Fälle beugen müsste, muss man dann einfach nach dem Glas greifen, ohne zu reden, so sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass einem dabei jemand zuvorkommt :P
Mir fällt da immer Bastian Sick ein, der das mal in einer seiner Glosse sehr schön auf den Punkt gebracht hat. Allerdings bin ich auch froh, dass man hier offensichtlich vernünftig darüber reden kann, bei Sick endet das Gespräch des jungen Paares am Frühstückstisch nämlich damit, dass der Mann die Belehrung seiner Gutsten mit dem Wort "Isso" abschließt, bekanntlich die Kurzform für Ich Schrei SOnst ;D

Kadeius

#66
ZitatDas stimmt so nicht. Sowohl die Nutella, als auch das Nutella sind richtig. Persönlich sage ich immer die Nutella, wegen der Endung und dem Inhalt (also die Schokomasse). Das Nutella meint das Nutellaglas. Der Nutella ist allerdings wirklich nicht korrekt.

Also, das kann ich hier so nicht stehen lassen. Will man deiner Argumentation folgen, hängt der Artikel vom Bezugswort ab. Das Nutella kann z. B. auch "Das nicht näher Definierbare" sein und erhält somit einen neutralen Artikel. Der Nutella kann man natürlich auch sagen, indem man auf die Tatsache abzielt, dass es ein "Aufstrich" ist.

Wie immer bei Lehnworten oder Pseudo-Fremdworten (Nutella bspw. mutet lateinisch-italienisch an) ziehe ich folgende Regel zu Rate: Was soll es denn in der Originalsprache bedeuten? Z. B. "der Laptop", weil die wörtliche Übersetzung "Schoßhund" ist und der im Deutschen einen männlichen Artikel erhält.
Nutella? Ja, was soll das eigentlich heißen? Nuss-Nougat-Creme? Dann also weiblich. Nuss-Nougat-Aufstrich? Dann also Männlich.
Entscheide ich mich nicht, sage ich "Das Nutella".
Ansonsten missverstehe ich deine Argumentation und du darfst mich gern zurechtweisen.  :pfanne:

Aber Severin hat das Ganze schon so schön entschärft. Gibt's 'nen neuen Vorschlag? ;D

Atra

#67
Hey, 

ZitatAlso, das kann ich hier so nicht stehen lassen. Will man deiner Argumentation folgen, hängt der Artikel vom Bezugswort ab. Das Nutella kann z. B. auch "Das nicht näher Definierbare" sein und erhält somit einen neutralen Artikel. Der Nutella kann man natürlich auch sagen, indem man auf die Tatsache abzielt, dass es ein "Aufstrich" ist.
Stimmt. Und das ist auch so anerkannt. Wenn du es als das Nutealla nicht definierbare nennst, bitte. Wenn du es der Nuteallaaufstrich nennst auch okay. An dieses Wort - also Aufstrich - denken halt weniger Leute, weswegen es nicht so verbreitet ist. Meine Aussage, es sei nicht korrekt war nicht richtig. Da habe ich die Lehrmeinung nicht ganz widergegeben. Darin wird nur empfohlen, es nicht so zu nennen. Demnach ist sowohl mein die Nutella, als auch dein das Nutella korrekt. Wo ist das Problem?

ZitatWie immer bei Lehnworten oder Pseudo-Fremdworten (Nutella bspw. mutet lateinisch-italienisch an) ziehe ich folgende Regel zu Rate: Was soll es denn in der Originalsprache bedeuten?
Nutealla ist ein Fantasywort, kein Lehnwort, oder Pseudo-Fremdwort. Es gibt keine Originalsprache. Deswegen darfst du im Prinzip alle Artikel verwenden, also geht es nach dem Bezugswort.

Was Severin schrieb ist ebenfalls eine Möglichkeit. Nur ist es so, dass wir im Deutschen dazu neigen, Artikel zu benutzen und deswegen der Satz: "Gibst du mir bitte Nutella?" leicht unvollständig klingt, obwohl er korrekt ist.

LG Atra
"Man muss erst zum Leben aufstehen, bevor man sich niedersetzt zum Schreiben."
(Henry David Thoreau)

Mondfräulein

Zitat von: Atra am 28. Juni 2014, 17:48:17
Geht mir auch so. Das Nutella und die Fanta. Alles andere ist ganzganz falsch.
Das stimmt so nicht. Sowohl die Nutella, als auch das Nutella sind richtig. Persönlich sage ich immer die Nutella, wegen der Endung und dem Inhalt (also die Schokomasse). Das Nutella meint das Nutellaglas. Der Nutella ist allerdings wirklich nicht korrekt.

Ich wage mal zu behaupten, dass das ein Schlachtfeld ist, auf dem man einfach nicht logisch argumentieren kann. Entweder, man wächst mit der neutralen oder der weiblichen Form auf und egal, wie schlüssig man das andere dann begründen kann, es klingt immer ganz furchtbar schrecklich falsch. ;D

Kadeius

ZitatIch wage mal zu behaupten, dass das ein Schlachtfeld ist, auf dem man einfach nicht logisch argumentieren kann. Entweder, man wächst mit der neutralen oder der weiblichen Form auf und egal, wie schlüssig man das andere dann begründen kann, es klingt immer ganz furchtbar schrecklich falsch. ;D

Gut, wenn man so an die Sache herangeht, kann man sich jegliche Diskussion sparen und der Thread entbehrt seiner Daseinsberechtigung.

ZitatDa habe ich die Lehrmeinung nicht ganz widergegeben. Darin wird nur empfohlen, es nicht so zu nennen. Demnach ist sowohl mein die Nutella, als auch dein das Nutella korrekt. Wo ist das Problem?

Das lag das Problem; jetzt sind wir uns einig.

ZitatNutealla ist ein Fantasywort, kein Lehnwort, oder Pseudo-Fremdwort. Es gibt keine Originalsprache. Deswegen darfst du im Prinzip alle Artikel verwenden, also geht es nach dem Bezugswort.
Ich fürchte, bei Pseudo-Fremdwort und Fantasywort gibt es recht flüssige Übergänge. Vielleicht meinen wir auch denselben Begriff. Doch du wirst mir wohl zustimmen, dass italienische Wurzeln unverkennbar sind, daher der Begriff nicht so ganz verkehrt ist. Aber Fantasiewort trifft es noch besser, da hast du vollkommen Recht.
Ohne Artikel ist auch nett, dadurch entgeht man eben der leidigen Diskussion und Aufgabe. Oder man wirft gerade dadurch die Diskussion auf.
Liebe Grüße,
Kadeius

Zit

#70
Alternativ könnte man auch einen Blick in den Wikipedia-Artikel zu Nutella werfen. Nicht dass Wikipedia eine wissenschaftliche Quelle wäre, für dieses Alltagsproblem bietet sie aber eine gute Lösung an.

Und was die Namensbildung angeht steht da auch: "Aus Supercrema wurde Nutella, ein Kunstwort aus dem englischen nut (Nuss) und der italienischen weiblichen Verkleinerungsform -ella."
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Rakso

#71
Ich denke, man muss was vermeintliche Grammatikfehler angeht etwas vorsichtig sein. Standard- oder Schriftdeutsch ist etwas künstliches. Es wird nirgends gesprochen, da Muttersprachler des Deutschen entweder einen Dialekt oder eine dialektal, bzw. anderweitig gefärbte Variante des Standarddeutschen sprechen.
Da sind Vermischungen vorprogrammiert, wie falscher Gebrauch des Genitivs, Ausbreitung des Dativs, falsche Verwendung der (schriftsprachlichen) Tempusformen, oder falsch verwendete Partikel ('als wie', 'wo' als Relativpronomen). Persönlich finde ich es problematisch einen Standard zu verteidigen, den es so nicht gibt. Natürlich sollte es Regeln für eine Schriftsprache geben, aber sie dogmatisch zu verfechten und keine Varianten zuzulassen, selbst wenn sie rein subjektiv grauslich klingen, halte ich nicht für sinnvoll. Sprache, und besonders in der Literatur, lebt eben von Vielfalt, Stilebene und Variantenreichtum.
Außerdem werden viele Fehler eher ad hoc gebildet, etwa weil man einen Satz ab der Mitte auf eine andere Weise weiterführt, als der Anfang es zulässt, oder einfach weil man gedanklich anderweitig beschäftigt ist. Sie sind also keine Anzeichen für ein fehlendes Grammatikverständnis. Nur in der Schriftsprache fallen eher auf, als in gesprochener Sprache.

@Tür/Türe: 'Türe' ist, wie Kati bereits richtig angemerkt hat, eine alte Form. Genauer: ein alter Plural 'turi', da mit einem (hypothetischen) *tur wahrscheinlich ein einziger Türflügel gemeint war, da eine Tür ja zwei davon hat. (Übrigens eine in verschiedenen Sprachen geläufige Art, das ,,Konzept Tür" durch eine Plural-/Dualform zu bilden) Der Begriff 'Türe' wurde dann wahrscheinlich irgendwann nicht mehr als Plural wahrgenommen und das Endungs-e geschwunden sein, da es als Pluralzeichen nun keine Bedeutung mehr hatte. So kann auch in 'Tür', der für das Deutsche untypische Umlaut ohne erkennbaren Auslöser erklärt werden.
Zur Verwendung: Es kommt oft vor – besonders dann, wenn man sich selbst dabei beobachtet, dass man generell dazu neigt, in der Schriftsprache veraltete Begriffe zu verwenden, da sie sich eben ,,hochsprachlicher" anhören.

@Sprachwandel: Sprachwandel geschieht einfach. Als Mensch kann man ihn nicht beeinflussen, er ist eher vergleichbar mit einer Naturgewalt oder einem physikalischen Gesetz. In (gesprochener) Sprache gibt es Veränderungen, die wiederum die Grundlage für späteren Wandel legen. So ist im Deutschen der Verlust des Genitivs ja bereits nach der altdeutschen Periode angelegt.
Verschriftlichung konserviert Sprache, der Wandel vollzieht sich langsamer und nur deshalb fällt er uns so gravierend auf.
Wie würde wohl ein Latiner oder ein Altperser den Köpf schütteln, wenn er die heutigen romanischen Sprachen, bzw. modernes Fārsī hört?

Nebenbei finde ich, dass falsche Orthographie (Satzeichenregeln, ß-ss-Verwechslung) oder Lehnwörter mit ,,falscher" Bedeutung eigentlich nichts mit Grammatik zu tun haben.

Gruß,
Szajkó

Sprotte

Ich muß Dir widersprechen.
ZitatDa sind Vermischungen vorprogrammiert, wie falscher Gebrauch des Genitivs, Ausbreitung des Dativs, falsche Verwendung der (schriftsprachlichen) Tempusformen, oder falsch verwendete Partikel ('als wie', 'wo' als Relativpronomen). Persönlich finde ich es problematisch einen Standard zu verteidigen, den es so nicht gibt.
Ich spreche korrekt, und ich kenne sehr viele Menschen, die das ebenfalls tun. Ich verwende nicht Imperfekt, wenn Präteritum für eine einfache Vergangenheitsbeschreibung korrekt ist. Genitiv nach wegen? Absolut. Alswie? Das sage ich ganz, ganz bestimmt nicht!

Sprachwandel vollzieht sich, das weiß ich. Auch wenn der Duden nun den Plural "Kommas" gestattet, rollen sich mir die Zehennägel auf. Sprachwandel ist eine Sache, Sprachverrohung eine andere.

Severin

Aha, jetzt wird es grundlegend, um nicht zu sagen philosophisch :pompom:
Szajkó hat sehr wohl recht, wenn er das Recht auf eine lebendige Sprache einklagt - schließlich ist es das, was dem Lateinischen so häufig, zu Unrecht wie ich finde, vorgeworfen wird, nämlich das es eine tote Sprache sei. Dass das kein Manko ist, kann man an anderer Stelle verhandeln. Jedenfalls denke ich, sind die Versuche der Sprachkonservativisten ähnlich widersinnig, wie die des Schmetterlingsfängers, der diese Insekten so sehr liebt, dass er sie tötet und aufspießt, um sie bei sich auszustellen, geradezu grotesk könnte man sagen.

Andererseits bin ich wie Sprotte auch der Meinung, dass man nicht erwarten kann, dass jeder sein individuelles Sprachgefühl über Bord wirft, schon gar nicht, wenn es sich mit der momentan geltenden Norm deckt, nur weil es Leute gibt, die das anders machen würden. Da man in der Regel nicht erkennen kann, ob eine Abweichung von der Norm nun aus Unwissenheit oder aktivem Sprachgestaltungswillen geschehen ist, ist es berechtigt, auf die Norm, die es nun einmal gibt, hinzuweisen. Wenigstens dann, wenn diese Abweichung bedeutet, dass sie, zum common sense verallgemeinert eine Verarmung der Sprache bedeutet. Und der Verlust eines Kasus stellt für mich definitiv einen Verlust dar.

Sprache hat etwas mit Angemessenheit zutun und es mag sein, dass man in den meisten Fällen mit einem Bruchteil der vorhandenen Regeln und Optionen einer Sprache auskommt, um sich angemessen verständlich machen zu können. Andererseits schadet es nie, sich so viele Optionen wie möglich offenzuhalten und dafür ist es erforderlich, diese zu kennen. Um zu meinem Bild zurückzukommen, man darf den Schmetterling zwar nicht aufspießen, aber ihn in seiner natürlichen Umgebung beobachten, ablichten und beschreiben, dafür sollte die Sammelleidenschaft reichen und wer weiß, vielleicht findet man sogar jemanden, den man dafür ebenso begeistern kann :jau:

Sascha

Zitat von: Sprotte am 29. Juni 2014, 22:38:18
Ich verwende nicht Imperfekt, wenn Präteritum für eine einfache Vergangenheitsbeschreibung korrekt ist.
Puh, ich dachte immer, das ist das Gleiche. Hab grad nachgeschaut, anscheinend gibt es in der dt. Sprache nur das Präteritum, es wird nur fälschlich gerne als Imperfekt bezeichnet. Also irgendwie doch das Gleiche.
Aber wie Du merkst ("Hab grad nachgeschaut..."), wird bei uns im Süden eh gerne der Perfekt genutzt. Sicher, das Präteritum würde reichen, aber es fühlt sich für mich steif an. Gesprochen. Geschrieben ist es was anderes.

Zitat von: Sprotte am 29. Juni 2014, 22:38:18
Sprachwandel ist eine Sache, Sprachverrohung eine andere.
Jo, der Wandel vom wundervollen Latein zum grusligen Italienisch ist eine furchtbare Verrohung. ;) (Sind Italiener hier? :versteck:)
Zumindest bilde ich mir einfach mit aller Macht ein, daß man zu Zeiten Catos oder Ciceros noch so schön klar gesprochen hat, wie es uns in der Schule beigebracht wurde. Leider kann man's ja nicht sicher wissen, so ganz ohne Tonaufnahmen...

Zum Thema Sprachwandel noch ein bißchen Senf von mir:
Ich habe das Gefühl, daß ein gut Teil des "Wandels" in den letzten Jahrzehnten durch die Werbung passiert. Da werden bewußt hirnverbrannte, eklige Neologismen gebastelt und brutalstmöglich in die Köpfe gedroschen. Und DAS finde ich einfach nur grausam.
Sicher hat sich Sprache schon immer verändert. Sonst würden wir heute ja noch irgendwas indogermanisches oder so sprechen (oder noch alles mit "Uga uga" ausdrücken ;D ). Wie viele Worte sind z.B. durch die römischen Besatzer erst zu uns gekommen? Aber diese sinnlose Zerstörungswut der Marketing-Heinzel ko... mich an.