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Bin ich verrückt?

Begonnen von Cailyn, 20. Dezember 2013, 17:51:35

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Cailyn

Habt ihr euch eigentlich vollends dem Schreiben verschrieben?
Opfert ihr einen anderen Beruf, damit ihr mehr schreiben wollt/könnt?
Wie weit geht ihr, um eurem Schaffen Raum zu geben?

James N. Frey schreibt in einem seiner Autorenratgeber: "Um ein verdammt guter Romanautor zu werden, muss man seine Zeit mit Schreiben zubringen. Und das bedeutet, dass man nicht die Dinge tun kann, die andere Leute tun, weil man dafür keine Zeit hat. ... Das Schreiben muss das Zentrum Ihres Lebens sein."
Dass diese Aussage von ihm etwas provokativ oder extrem ist, könnte sein ;), aber irgendwo hat sie schon was Wahres.

Ich bin momentan in der Situation, dass ich eigentlich auf dem Sprung zur Selbständigkeit "wäre". Nicht mit Schreiben, sondern einem anderen Beruf, dessen Ausbildung ich im Herbst 2012 abgeschlossen habe. Damals freute ich mich riesig darauf, dieses neue Kapitel anzugehen. Aber seit ich Anfang Jahr dem Schreiben endlich eine Chance gegeben habe, fängt mich ein kleiner Teufel zu reiten an. Was wäre wenn...? Was wäre, wenn ich mich für ein paar Jahre nur dem Schreiben widme, damit auch mal etwas wirklich Gutes dabei rauskommt? Ist das erforderlich, nötig oder eher verrückt? Es reizt mich natürlich bis in die Fingerspitzen und teilweise glaube ich, dass es gar nicht anders geht. Natürlich würde ich in dieser Version meiner Zukunft meinen Brotjob behalten, ein gemütlicher Job, der mir Schreiben in der Freizeit erlaubt. Dann aber kommt die Vernünftige in mir zum Zug und findet ganz klar, dass ich doch einfach nur eine feige Nuss bin, die das Schreiben vorschiebt, um den mutigen Plan der Selbständigkeit (...was schon auch einem Sprung ins kalte Wasser gleich käme) hinauszuschieben, aus Angst, aus einem übersteigerten Sicherheitsbedürnis heraus.

Ich bin da ein wenig hin und her gerissen...

Feuertraum

Ich erlaube mir einmal, Ihren letzten Satz nach oben zu ziehen:
Zitat von: Cailyn am 20. Dezember 2013, 17:51:35
Dann aber kommt die Vernünftige in mir zum Zug und findet ganz klar, dass ich doch einfach nur eine feige Nuss bin, die das Schreiben vorschiebt, um den mutigen Plan der Selbständigkeit (...was schon auch einem Sprung ins kalte Wasser gleich käme) hinauszuschieben, aus Angst, aus einem übersteigerten Sicherheitsbedürnis heraus.

Dieses Sicherheitsbedürfnis ist erstmal nichts Verkehrtes, ganz im Gegenteil. Der Wille zum Überleben ist in uns Menschen eigentlich so stark, dass die meisten Menschen von uns Risiken und Gefahren aus dem Weg gehen. Zwar gibt es immer Ausnahmen, aber das Gros der Menschheit zieht die Sicherheitsvariante vor.
Es ist also eher etwas Gutes.
Die andere Frage jedoch ist: Was kann schlimmstenfalls passieren, wenn die Selbständigkeit sich als Flop erweist? Zumindest hier in Deutschland werden Sie in einem sozialen Netz aufgefangen. Es kann zwar passieren, dass Sie unter Umständen dann mit weniger Geld auskommen müssen, aber Sie brauchen keine Angst zu haben, dass Sie obdachlos werden oder gar hungern müssen.


ZitatHabt ihr euch eigentlich vollends dem Schreiben verschrieben?
Opfert ihr einen anderen Beruf, damit ihr mehr schreiben wollt/könnt?
Wie weit geht ihr, um eurem Schaffen Raum zu geben?

Wenn ich jetzt einmal das Schreiben durch "Unterhalten" ersetzen darf...
Ich würde sehr weit gehen.
Ich bin ein Mensch, der auf viele verschiedene Arten seine Fantasie und seine Kreatuvität einsetzen will, ja, irgendwo auch muss (ich glaube aber, das geht vielen hier im Zirkel respektive vielen Künstlern generell).
Ich würde umziehen, um eine Volontärstelle beim Radio zu bekommen.
Ich würde Geld zusammensparen, um mir irgendwann einmal ein Tonstudio zu kaufen und Hörspiele zu produzieren
Ich werde schreiben, um mit meinen Geschichten zu unterhalten.
Ich lerne Webdesign, um auch in diesem Bereich etwas zu machen. Und je weiter ich vordringe, desto mehr Ideen habe ich. Und je mehr Ideen ich habe, um so mehr will ich weiter in die Materie eindringen.
Ich will ein Comedyprogramm schreiben und damit in verschiedenen Städten auftreten.
Ich weiß, dass mich dafür so mancher als Spinner ansieht. Aber - ich kann nicht anders.


ZitatJames N. Frey schreibt in einem seiner Autorenratgeber: "Um ein verdammt guter Romanautor zu werden, muss man seine Zeit mit Schreiben zubringen. Und das bedeutet, dass man nicht die Dinge tun kann, die andere Leute tun, weil man dafür keine Zeit hat. ... Das Schreiben muss das Zentrum Ihres Lebens sein."
Dass diese Aussage von ihm etwas provokativ oder extrem ist, könnte sein ;), aber irgendwo hat sie schon was Wahres.

Das ist - mit Verlaub - Schmarrn. Auch Menschen, die wenig schreiben, können gute Autoren sein respektive es gibt Schreibmaschinen, die dann aber nur laue Kost abliefern.

ZitatWas wäre wenn...? Was wäre, wenn ich mich für ein paar Jahre nur dem Schreiben widme, damit auch mal etwas wirklich Gutes dabei rauskommt?

Gute Frage.
Probieren Sie es aus.
Bei Grey zum Beispiel weiß ich, dass sie von der Schreiberei leben kann. Zwar jetzt nicht wie Gott in Frankreich, aber doch so, dass sie ein Dach über dem Kopf hat und nicht hungern muss.
Wenn Sie jemanden haben, der Sie notfalls unterstützt, wagen Sie den Schritt.
Wenn nicht, überlegen Sie es sich zweimal.

ZitatIst das erforderlich, nötig oder eher verrückt?

Ja  ;D
Aber im Ernst: Es ist halt wieder die Frage, wie weit das Sicherheitsbedürfnis ausgeprägt ist. Ich selber halte es nicht für verrückt, allerdings kenne ich mich gut genug um zu wissen, dass ich diesen Schritt - nur von der Schreiberei leben zu wollen - noch nicht gehen würde wollen.



Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Grey

#2
Tja ... ich würde das mal ganz klar mit "Jein" beantworten. Es ist doch so, um sich dem Schreiben zu verschreiben, muss man keinen anderen Beruf "opfern". Es reicht, dass man gern schreibt, regelmäßig schreibt, kritikfähig ist und mit dem Herzen bei der Sache. Was der Herr Frey da vom Stapel lässt - pardon, aber der Mann ist ein narzisstisches A****loch und so eine Behauptung bloß selbstgefällig und weiter nichts, außer vielleicht noch ein bisschen Rechtfertigung für die Dummheiten, die er selbst gemacht hat. "Schaut her, wie gut ich bin - ihr müsst es genauso machen wie ich, unverantwortlich eurer Familie gegenüber sein und einen Riesenhaufen Schulden machen um nur und ausschließlich schreiben zu können, sonst werdet ihr ewig schlecht bleiben!" Entschuldigung, aber wirklich. Wenn ich sowas nur lese könnte ich einen Schreikrampf kriegen. :wums:

Fakt ist aber, ich persönlich halte einen Job, der nichts mit dem Schreiben zu tun hat, sogar für hilfreich, um gute Geschichten erzählen zu können. Der Input und die Inspiration, die abwechslungsreiche Arbeit liefern kann, sind absolut unbezahlbar. Natürlich ist es verlockend, sich vorzustellen, einfach nur noch schreiben zu können und sich um nichts anderes kümmern zu müssen - aber ich versichere euch, so viel mehr schreibt man auch nicht, selbst wenn man unbegrenzt Zeit dafür hat. Weil man nämlich einfach unheimlich viel Energie auch darein investieren muss, dem Kopf den nötigen Input zu liefern. Selbst wenn wir das immer gern glauben möchten, die Kreativität speist sich nicht aus irgendeiner mysteriösen, ewig genialen Quelle in unserem Inneren. Sie braucht Futter von außen, und ein Job kann das liefern. Haben wir keinen Job, müssen wir auf andere Weise dafür sorgen, dass Nachschub an Eindrücken kommt, sonst ist es bald vorbei mit der Kreativität. Das halte ich für eine der größten Gefahren der selbstständigen Schriftstellerei - sogar noch vor den Geldsorgen, denen man sich immer wieder stellen muss, und die auch ein echter Kreativitätskiller sind.

Darüber hinaus sind "für das Schreiben leben" und "vom Schreiben leben" zwei völlig unterschiedliche Paar Schuh. Vom Schreiben zu leben ist anstrengend, oft frustrierend und in vielen Fällen klappt es auch einfach überhaupt nicht, egal wie gut man ist, und egal wie sehr man eben fürs Schreiben lebt oder wie viel man dafür geopfert und riskiert hat. Ja, ich lebe vom Schreiben. Ich habe die Selbstständigkeit der Arbeitslosigkeit vorgezogen, als mein Chef an der Uni nach Berlin wechselte und mich nicht mitnehmen konnte, aber auch nur, weil ich zufällig zu der Zeit gerade meinen ersten Vertrag unterschrieben habe und man damals als Autor noch Gründungszuschuss vom Arbeitsamt bekommen konnte. Die Selbstständigkeit war für mich damals einfach die rentabelste Lösung. Dann hatte ich Glück und bin bei cbj untergekommen, deswegen bin ich jetzt immer noch selbstständig, auch ohne Unterstützung. Aber ich hätte es wohl nicht so gemacht, hätte ich die Chance gehabt, weiter an der Uni zu arbeiten, und wären gute Jobs als Biologin nicht so schwer zu kriegen.

Und nun zurück zur Einstiegsfrage: Habe ich mich vollständig dem Schreiben verschrieben? Ja. Aber dabei spielt für mich keine Rolle, ob ich nebenbei noch einer anderen Arbeit nachgehe. Fürs Schreiben zu leben ist für mich eine Frage der Einstellung. Nicht des Berufs.

Merwyn

Auf Frey geb ich ja nicht besonders viel... ;)

Persönlich würde ich mich nie an eine Schreibpause wagen.
Erstens, weil ich dann kein Einkommen mehr habe und ich mich sicher nicht von jemand anderem aushalten lassen will, wenn die Ersparnisse nicht mehr reichen ;)
Zweitens, weil so eine Pause, die ich mir jetzt auf ein paar Jahre festlege, ziemlich leicht permanent werden kann. Viele Arbeitgeber fassen so eine "nutzlose" Lücke im Lebenslauf nicht unbedingt positiv auf. Wenn man einen der wenigen Beruf gelernt hat, in dem händeringend Leute gesucht werden, mag man vielleicht trotzdem eingestellt werden. In meinem 0815 Bürojob hab ich da aber keine Chance. Mal abgesehen davon, dass ich auch nicht wüsste, was ich sagen sollte, wenn man mich im Vorstellungsgespräch fragt, warum ich nach meiner Auszeit wieder anfangen will zu arbeiten. Da kann man eigentlich nichts richtiges antworten.
Drittens weiß ich gar nicht, ob mir eine Pause wirklich was bringt. Setze ich mich dann tatsächlich hin, schreibe, und produziere ein Manuskript nach dem anderen? Und zwar von der Sorte, die verlegbar sind? Denn wenn ich dafür meinen Brotjob opfern würde, müssten schon ein paar Veröffentlichungen rausspringen, um zumindest ein bisschen zu kompensieren. Jetzt wissen wir aber alle, dass das nun mal nicht ganz so einfach ist und auch seine Zeit dauert, gerade falls man noch ein Neuling ist.
Und, mal ganz ehrlich, wenn es mein Herzenswunsch und Lebensziel wäre, ein erfolgreicher Autor zu werden, dann würde ich das auch mit Job schaffen. Ich würde nach der Arbeit regelmäßig schreiben, anstatt auf der Couch zu hocken und meine Serien zu schauen. Ich würde am Wochenende mehr tun, anstatt eben nichts zu tun. Wenn ich es wirklich, wirklich, ganz, ganz dringend wollte, würde ich mich auch entsprechend reinhängen. Egal, ob ich den ganzen Tag dafür Zeit habe oder eben "nur" abends und an freien Tagen.

Tja. Ich hab keine Ahnung, wie alt du bist. Wenn du, keine Ahnung, kurz vor der Rente stehst oder ohnehin eine überqualifizierte Kraft mit oben erwähnter Aussicht auf leichten Wiedereinstieg in den Job hast, könntest du die Pause schon machen.
Wie du dir wahrscheinlich schon denken kannst, würde ich dir das aber nicht raten ;)

Aber egal, wie du dich am Ende entscheidest, denk bitte lang und vor allem ganz gründlich darüber nach, rechne es durch, betrachte jeden Blickwinkel, sowohl positiv als auch negativ. Mach dir einen Masterplan, plane die Schreibpause grob durch, damit du auch klar vor Augen hast, was und wie du es erreichen willst.
Wenn du dann zu dem Schluss kommst, dass du es riskieren willst und es klappt - wunderbar. Falls es nicht klappt, weißt du aber wenigstens immer, dass du dich wegen der richtigen Gründe dafür entschieden und nicht etwa übereilt gehandelt hast, weil es gerade so eine verlockende Idee war.


Dahlia

Ich muss sagen, ich bin auch oft, gerade in letzter Zeit, so hin und her gerissen. Wobei es bei mir dann eher um mein Zweitstudium und das danach geht.

Ich hab einen ganz guten Brotjob, der zwar nicht Unmengen Geld abwirft oder mich geistig sonderlich fordert, aber dennoch sicher ist und die meiste Zeit Spaß macht. Da es auch nur 20 Stunden die Woche ist, hätte ich auch sehr viel Zeit zum Schreiben (immerhin hab ich ja auch Zeit für mein Zweitstudium, was auch recht arbeitsintensiv ist).
So spukt mir dann immer mal wieder der Gedanke im Hinterkopf, dass ich ja auch einfach dabei bleiben könnte, anstatt mir nach dem Zweitstudium ne besser bezahlte Vollzeitstelle zu suchen. (Wobei sich dann aber auch die Frage anschließt: warum mach ich dann überhaupt das Zweitstudium, wenn ich eh keinen anderen Job suchen will ::) )  Dann könnte ich mich auch mal wirklich aufs Schreiben konzentrieren und vielleicht wirklich mal gut genug werden, dass ich was veröffentlicht kriege :-\ So hab ich einfach oft das Gefühl, auf der Stelle zu treten, weil ich nicht so viel mit gutem Gewissen schreiben kann, wie ich gerne würde.

Mein Bauch würde am liebsten gleich das Studium hinschmeißen und mich nur noch dem Schreiben widmen, aber meine Vernunft pocht darauf, dass ich zumindest das Studium zu Ende bringen sollte und dann weiter sehen - bei mir wären das dann noch ~2 Jahre, ehe ich wirklich eine Entscheidung treffen müsste.
Nachts wachliegen und darüber grübeln, ob ich es nicht einfach jetzt schon wagen sollte, tu ich trotzdem :d'oh:

Ganz davon abgesehen ist es aber schon so, dass das Schreiben einen sehr hohen Stellenwert hat und im Grunde die meisten Hobbys an den Rand gedrängt hat - aber das weniger, weil ich es als notwendig erachte, sondern eher, weil es mir persönlich sehr wichtig ist (wenn ich lese oder fernsehe ertappe ich mich auch immer wieder dabei, wie ich die Sachen analysiere und mir überlege, warum etwas klappt oder warum nicht - läuft bei mir dann unter "Weiterbildung"  ;D)


Aber genug von mir geredet :rofl:
Ich kann dein Sicherheitsbedürfnis da sehr gut verstehen. Ohne deine Gesamtsituation zu kennen, ist es schwer, abzuschätzen, wie groß das Risiko wirklich ist. Aber wenn du die Leidenschaft für den Job hast (was ich gerade bei Selbstständigkeit sehr wichtig finde), dann solltest du es auch trotz der möglichen Gefahren versuchen.
Ich würde dir auf jeden Fall dazu raten, für beide Fälle pro und kontra Listen aufzustellen und durchzuspielen, wie es im schlimmsten oder besten Fall für dich aussieht. In beiden Fällen würde es sich ja doch um recht große Veränderungen handeln.

Ich hoffe, dass du eine gute Antwort für dich findest :knuddel:

(meine Güte, hab ich langsam geschrieben :rofl: )

Fianna

Ich persönlich bin kein Mensch für Selbstständigkeit, ich komme nämlich nicht einmal mit Jahresverträgen klar.
Dummerweise weiß man sowas erst, wenn mans ausprobiert hat (ich dachte auch immer, ich bin ja so abenteuerlustig, das geht schon, aber  in der Realität fand ich sogar Jahresverträge zu unsicher.)

Ich persönlich würde also nicht mal, wenn mir für das Folgejahr 3 Manuskripte im großen Publikumsverlag abgenommen werden (haa - schön wärs  :rofl: ), den Job drangeben.

Aber, ich finde in einem Satz von den vielen Dingen, die Grey gesagt hat, das, was ich als ehesten als Rat geben würde: erst einen großen Vertrag an Land ziehen, und dann kann man mit viel Schreibzeit und Jobpause auf den Kontakten aufbauen.

Ohne Vertrag auf keinen Fall. Vom Schreiben bis zur Veröffentlichung kanns anscheinend locker mal 3 Jahre dauern, obwohl man direkt das Manuskript unterbringt etc.
Wovon soll man dann da leben? Es wird zwar auch gedrittelt gezahlt (Vertragsunterzeichnung, Manuskriptabgabe, Veröffentlichung) aber 1/3 Vorschuss ist ja auch nicht wirklich so ein Reichtum, dass man davon locker 1 Jahr leben (und die Schulden des einkommenlosen Vorjahres zahlen) kann.

Felicity

Ich habe auch oft solche Phasen, in denen ich mir denke: Eigentlich könnte ich auch den Rest des Lebens nur im Kuschelpulli und mit Schokolade vor meinem Laptop sitzen und bloß schreiben.
Aber dann kommt mir auch immer wieder in den Kopf, was ich sonst noch mit meinem Leben machen möchte. Natürlich kann ich das meiste davon trotzdem machen, doch ich bin jemand, der sich in fast allen Beziehungen ziemlich ehrgeizige Ziele setzt. Und ich behaupte jetzt einfach mal ganz frech, dass man "leichter" Erfolg hat, wenn man sich eben auf die Karriere konzentriert, als durch ein Buch.
Allerdings ist das natürlich nur meine persönliche Meinung. Alles hat seine Vor- und auch Nachteile. Im Endeffekt musst - auch wenn sich das jetzt blöd anhört - deinem Herzen folgen. Du solltest nichts tun, was dich unglücklich macht, denn das wäre falsch. Nur ist die Frage, was dich glücklicher macht. Ein Brotjob und viel Zeit zum Schreiben? Oder ein besserer, selbstständiger Job und weniger Zeit zum Schreiben?

Fianna

Zitat von: Felicity am 20. Dezember 2013, 20:02:47
Ich habe auch oft solche Phasen, in denen ich mir denke: Eigentlich könnte ich auch den Rest des Lebens nur im Kuschelpulli und mit Schokolade vor meinem Laptop sitzen und bloß schreiben.
Wer könnte das nicht?

Aber seit ich im TiZi Mitglied bin und auch die der Öffentlichkeit verborgenen Threads lesen kann, habe ich mehr und mehr gelernt, wie der Buchmarkt funktioniert. Und je mehr ich davon lese, desto weniger glaube ich daran, dass ich "gemäß dem Markt" mehr als ein verkäufliches Manuskript (in 1 Jahr oder 2) produzieren könnte.

Es reicht ja nicht nur, dass man gut schreibt, man muss auch (punktgenau) auf den Markt schreiben. Den meisten ist relativ egal, ob ihr Herzensprojekt in einem großen oder kleinen Verlag ein Zuhause findet, aber wenn Cailyn beschließt, mal zu probieren, ob sie vom Schreiben leben kann, muss sie einfach die großen Verlage bedienen, die Vorschüsse zahlen etc.
Mit einer Agentur ist es natürlich leichter, weil die einen beraten kann, was gerade geht und was eher nicht oder was einem sogar aus der Hand gerissen wird - aber die kriegt man ja auch nicht sofort. Und dann ist immer noch die Frage, ob man die Vorgaben erfüllen kann.
Jetzt z.B. scheint es ja eher Erotik zu sein für neue Autoren - da müsste Fia hungern. Nie geschrieben, nie gelesen, keine Ahnung von nix, kann isch net.


Das ist ja die Crux bei Berufsautoren, gut schreiben reicht nicht, man muss das schreiben, was zukünftig von den Verlagen gewollt wird.

FeeamPC

Direkt vom Schreiben zu leben, das geht nur, wenn man fast pausenlos Brötchenarbeit schreibt (und darin etabliert ist, also Abnehmer hat), oder einen Mega-Bestseller landet.
Alle anderen Autoren haben einen Brotjob. Der je nach Situation mal wichtiger, mal unwichtiger ist als das Schreiben.

Mehr gibt es dazu aus meiner Sicht  nicht  zu sagen.

Thaliope

#9
Die Sache ist ja die, dass man so schlecht voraussehen kann, ob man mit dem Schreiben erfolgreich sein wird.
Deshalb ist meine Devise: Ich stelle mir vor, dass ich mit dem Schreiben nie Erfolg gehabt haben werde. Und frage mich von diesem Standpunkt aus, was ich sonst noch im Leben hätte erreichen wollen.
Ich bin selbständig und habe einen Job, der mich erfüllt und mir sehr viel Spaß macht. Der mir aber streckenweise wenig Zeit zum Schreiben lässt. Ist für mich okay. Trotzdem versuche ich dranzubleiben. Und wenn sich bezahlte Schreib-Aufträge ergeben, könnte ich andere Aufträge dafür zurückstellen bzw. ablehnen. Da bin ich als Selbständige recht flexibel :)
Aber für mich ist ein sehr wichtiger Punkt, dass ich auch zufrieden auf mein Leben zurückblicken können möchte, falls es nie für eine Veröffentlichung gereicht haben sollte.

Einen lieben Gruß und ein gutes Gespür für diese große Entscheidung
Thali


Cailyn

Danke schon mal für die Antworten!  :)

Aber um etwas noch kurz klarzustellen, das hier vielleicht falsch verstanden wurde. Mich dem Schreiben verschreiben, würde nicht heissen, dass dies der Risikoweg ist, sondern der Sicherheitsweg. Schreiben würde bedeuten, den gemütlichen Brotjob behalten, während dessen ich es mir erlauben kann, in der Freizeit zu schreiben. Und vom Bücherschreiben zu leben,...also sowas überlege ich mir noch nicht einmal.  Das wäre ja dann wohl ein paar Kapitel übersprungen  ;D.

Der Risikoweg wiederum würde bedeuten, das Schreiben für ein paar Jahre auf niedriger Flamme zu halten, weil ich dann nämlich alle Energie brauche, um was selbständig auf die Beine zu stellen.

Zitat von: Dahlia am 20. Dezember 2013, 19:38:20
...Aber wenn du die Leidenschaft für den Job hast (was ich gerade bei Selbstständigkeit sehr wichtig finde), dann solltest du es auch trotz der möglichen Gefahren versuchen.
Genau da liegt der fiese Hund begraben! Diese Leidenschaft spüre ich momentan eben gerade nicht.
Ich sollte schon längst eine Website machen, mich beim Berufsverband anmelden etc., aber etwas hält mich stark davon ab: das Schreiben.

Grey,
Ich bin ganz deiner Meinung, dass man nicht mehr schreibst, wenn man endlos Zeit hätte. Ich war mal ein Dreivierteljahr arbeitslos. Hab keine Zeile geschrieben.  :(
Aber eben, wenn ich mich für die Variante "mehr Zeit fürs Schreiben" entscheiden würde, würde ich ja meinen jetzigen Brotjob genau so beibehalten (der übrigens auch mit Schreiben zu tun hat - das kann Vor- oder Nachteile haben. Mich hält es zumindest von jeglichen Schreibblockaden ab, denn wenn man im Job wöchentlich abliefern muss, kann man sich dem Schreiben an sich nicht einfach verwehren, indem man es temporär aus dem Leben streicht. ;)).
Auch das mit dem Futter von aussen, kann ich bestätigen. Die Quelle versiegt ja, wenn man sich im schriftstellerischen Elfenbeinturm einschliesst. Schon nur, dass man mit vielen verschiedenen Menschen zu tun hat - egal in welcher Branche - bewirkt ja in einem selbst etwas, das man später auch wieder als Motivator fürs Schreiben nutzen kann.

Merwyn,
Ja, das mit der Lücke im Lebenslauf ist natürlich schon weniger praktisch. Aber ich würde meinen Job ja nicht fürs Schreiben aufgeben.  ;)
Übrigens...ich bin 37, also noch nix mit Rentenalter. [Kurz OT: Wie kriegt man sein Alter ins Profil. Wenn ich das Geburtsdatum eingebe, passiert dann nichts :hmmm:]

Feuertraum,
Ich glaube, dieses Grenzen verschieben - Gebiete der Kreativität überall austesten und sich darin finden - das ist natürlich ein schöner Weg, fast als ob man sich treiben lassen würde. Sicher keine schlechte Strategie, aber das erfordert auch Mut.

Thaliope,
ZitatIch bin selbständig und habe einen Job, der mich erfüllt und mir sehr viel Spaß macht. Der mir aber streckenweise wenig Zeit zum Schreiben lässt. Ist für mich okay.
Ich gehe mal davon aus, dass du schon eine Weile selbständig bist?
Natürlich denke ich auch, dass ich wieder irgendwann richtig Zeit zum Schreiben hätte, trotz Selbständigkeit. Aber sicher nicht zu Beginn, wo alles in die Gänge kommen muss. Ausserdem geht es mir nicht nur um die vorhandene Zeit, sondern auch um den Fokus. Ich bin leider ein Mensch, der sich immer nur auf etwas Wichtiges fokussieren kann. Multitasking ist für mich ein Gräuel. Daher könnte ich nicht gleichzeitig meine Praxis aufbauen und ein Buch an Verlage bringen wollen.


Thaliope

ZitatIch gehe mal davon aus, dass du schon eine Weile selbständig bist?
Natürlich denke ich auch, dass ich wieder irgendwann richtig Zeit zum Schreiben hätte, trotz Selbständigkeit. Aber sicher nicht zu Beginn, wo alles in die Gänge kommen muss. Ausserdem geht es mir nicht nur um die vorhandene Zeit, sondern auch um den Fokus. Ich bin leider ein Mensch, der sich immer nur auf etwas Wichtiges fokussieren kann. Multitasking ist für mich ein Gräuel. Daher könnte ich nicht gleichzeitig meine Praxis aufbauen und ein Buch an Verlage bringen wollen.

Ja, ich bin eigentlich schon immer selbständig. Also, jedenfalls seit meinem Uni-Abschluss vor, ach Gott, gut acht Jahren. Ich kenn es also quasi gar nicht anders. Und da ist es natürlich schon ein anderer Schritt, wenn man dafür die Sicherheit eines Brotjob aufgibt.
Es ist schwer, dir in dieser Situation etwas zu raten, weil man von außen so schlecht beurteilen kann, welche Beweggründe dich jetzt konkret in welche Richtung ziehen ... aber ich verweise bei so etwas gern auf die "Lehnstuhl-Methode", auf die mich die liebe Aquamarin mal gebracht hat (ich hoffe, ich gebe sie jetzt in etwa richtig wieder): "Stell dir vor, du sitzt als alte Frau im Lehnstuhl und blickst auf dein Leben zurück. Was für ein Leben möchtest du gelebt haben?"
Für mich war diese Frage schon des öfteren äußerst hilfreich.

LG
Thali

Runaway

Ein spannendes Thema. Eins, das mich schon seit vielen Jahren begleitet. Als Kind habe ich immer auf die Frage, was ich werden will, geantwortet: Schriftstellerin.
Zum Glück ist das Schreiben nicht mein einziges Talent. Mein größtes zwar, aber nicht das einzige.

Vor Jahren habe ich mal ein Interview mit Benedict Wells gelesen, der nach dem Abi nur gekellnert und geschrieben hat. Er wollte nur schreiben und hat gekellnert, um von irgendwas leben zu können.
Das kann ich zwar irgendwo sogar verstehen, aber ehrlich, machen könnte ich das nicht. Nicht mit den ganzen anderen Talenten, die ich noch habe.
Ich bin ein genügsamer Mensch und materieller Firlefanz bedeutet mir wenig, aber ich kann nicht abstreiten, daß es etwas für sich hat, nach einem erfolgreichen Studium einen guten Job zu finden und gutes Geld zu verdienen.
Jetzt. Im Moment.

Ich habe den Luxus, nicht allein zu sein und nicht allein für mich sorgen zu müssen, bin aber sogar diejenige bei uns, die gerade (noch) mehr verdient und finde das okay so. Ich habe vor und während meines Studiums genug Zeit gehabt, viele gute Schreibprojekte auf den Weg zu bringen. Aber auch jetzt habe ich eine Option in meinem Arbeitsvertrag, monatsaktuell meine Arbeitszeit anpassen zu können, sollte es endlich dazu kommen und meine Agentur einen Verlagsvertrag für mich an Land ziehen. Sobald ich mehr Zeit zum Schreiben bräuchte, hätte ich die.

Die langfristige Wunschplanung wäre schon, im Brotberuf kürzer zu treten - dem Schreiben und einer zukünftigen Familie zuliebe. Man kann einfach nicht alles haben. Aber das Schreiben sollte dann zumindest das Geld ausgleichen können, das dann an anderer Stelle fehlt.
Den Traum, vom Schreiben allein leben zu können, habe ich erst mal in irgendeine Ecke verabschiedet. Aber man weiß ja nie. Davon abgesehen ist es bei mir durchaus schon so, daß ich in meiner freien Zeit schreibe und dann nicht die Dinge tun kann, die andere Leute in ihrer freien Zeit tun. Aber das macht mich glücklich so und deshalb ist es gut.

Mal sehen. Inzwischen hab ich mich mit der Planung irgendwie eingerichtet und lasse alles weitere auf mich zukommen. So ein kleines bißchen Realismus ist in mir dann doch noch erhalten geblieben.

Vielleicht hilft dir das - einfach der Gedanke, erst mal solide anzufangen und dann zu schauen, wie es sich entwickelt?

Grey

@Cailyn
Oh, okay, das hatte ich tatsächlich falsch verstanden. Mea culpa. Ich hatte gedacht, dass du ein paar Jahre gar nichts machen möchtest außer Schreiben. :hmmm:

Zitat von: FeeamPC am 20. Dezember 2013, 20:18:28
Direkt vom Schreiben zu leben, das geht nur, wenn man fast pausenlos Brötchenarbeit schreibt (und darin etabliert ist, also Abnehmer hat), oder einen Mega-Bestseller landet.
Alle anderen Autoren haben einen Brotjob.

Da möchte ich mal widersprechen. Viele Autoren in meinem Bekanntenkreis (ich eingeschlossen) gehören weder in die eine, noch in die andere Gruppe. Wir haben keine Mega-Bestseller am Start, aber was wir schreiben ist nicht die Brötchenarbeit, die du vermutlich meinst. Ich für meinen Teil schreibe jedenfalls nach wie vor meine Geschichten, keine Auftragsarbeiten, ich habe keinen Textoutput wie eine Maschine, sondern produziere weiterhin in meinem Tempo - und ich lebe trotzdem davon. Ähnlich weiß ich es von etlichen Kollegen und Kolleginnen.

Merwyn

Zitat von: Grey am 20. Dezember 2013, 21:41:40
Oh, okay, das hatte ich tatsächlich falsch verstanden. Mea culpa. Ich hatte gedacht, dass du ein paar Jahre gar nichts machen möchtest außer Schreiben.

Hatte ich auch so verstanden, sorry  :versteck: