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Eine Figur zu quälen

Begonnen von HauntingWitch, 29. Oktober 2013, 15:14:28

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Sipres

@Lothen: Du stehts damit nicht allein da. Ich fühle mich auch unwohl dabei, sowas zu lesen. Allein, weil ich in vielen meiner Geschichten Vergewaltigungen benutze. Ich lasse mir das aber nicht nehmen. Ich mache das nämlich nicht einfach so, sondern weil ich ein Ziel damit verfolge. Wie du schon sagtest, ist eine Vergewaltigung etwas ganz anderes als eine Tracht Prügel. Der Charakter, dem das angetan wird, leidet ganz anders als jemand, den man zusammengeschlagen hat. Es ist also ein probates Mittel, um das Leben eines Charakters komplett zu versauen. Gerade, wenn dies in jungen Jahren passiert ist.

Guddy

#76
Das ist aber auch ein interessantes Thema: Wir schreiben über Morde, Folter, Kriegsverbrechen, Verrat, Gewalt. Es passiert überall: In der Realität, Filmen und in Büchern. Aber Vergewaltigungen haben eine ganz andere Wirkung. Warum? Ich denke, weil es uns eventuell - leider - weniger fern ist, es bedroht uns mehr als Folter und Mord. Und: Eine ermordete Person kann nicht getriggert werden, eine vergewaltigte Person jedoch durchaus.
Als Autoren benutzen wir das meiste als plot device, um zu Personen, Orte oder Situationen zu charakterisieren. Das halte ich für legitim. Die Frage ist für mich: Wie geht der Autor damit um? Scheint er es unbedacht zu verwenden, der Wirkung nicht bewusst zu sein?

ZitatVergewaltigung ist ein billiges Mittel(...)
Wieso ist es billiger als andere Mittel?

In dem Zusammenhang fällt mir The Walking Dead ein. In einer Szene fordert der Bösewicht eine Frau auf, sich auszuziehen. Er beugt sie über den Tisch - und  wendet sich von ihr ab. Das war Machtausübung und psychischer Terror, der bereits ohne "Ausführung" gut als Charakterisierung funktioniert hat. Aber das muss nicht für jede Story und jede Figur funktionieren.

Bei Game of Thrones finde ich es beispielsweise aber auch zu exzessiv benutzt. Zumal das Leid des Opfers wirklich bagatellisiert wird, meiner Meinung nach. Was ich persönlich auch nicht sonderlich mag, sind die von Nachtblick angesprochenen Charakterisierungen des männlichen Freundes des Opfers.


Ich "nutze" diese Form der Gewalt sehr, sehr sparsam, Mord, Blut und Terror jedoch nicht. Das ist eigentlich auch ein kleines Verbrechen.

Zu meinem Nano-Prota passt es, die Szene wird geschrieben werden und ich fühle mich nicht unwohl dabei. Weil es zur Geschichte passt, ich es ernst genug nehme und Autoren die Freiheit haben dürfen, Themen anzusprechen, die sie in welcher Form auch immer beschäftigen.

Tigermöhre

@Lothen, da ich deine Vergewaltigungsszene kenne, ich finde sie heftig, aber nicht effektheischend und billig. Ich finde auch, dass "nur" Prügel oder Folter nicht passen würde. Es charakterisiert den Anta. Ich glaube, ein Unterschied ist, dass eine Vergewaltigung ja auch die Befriedigung des Sexualtriebes ist, während eher wenige Menschen einen Prügel- oder Foltertrieb haben.

Andererseits kann ich Nachtblick auch verstehen. Oft genug ist eine Vergewaltigung unnötig und dient nur dazu, um zu schockieren.

Lothen

#78
Zitat von: Guddy am 24. September 2015, 20:48:05Aber Vergewaltigungen haben eine ganz andere Wirkung. Warum? Ich denke, weil es uns eventuell - leider - weniger fern ist, es bedroht uns mehr als Folter und Mord.
Ich glaube, ein Punkt ist auch die Motivation. Warum jemand einem anderen Menschen sexuelle Gewalt antut, das ist schwer zu begreifen. Es erscheint uns sinnlos und unnötig grausam. Rein körperliche Gewalt ist nachvollziehbarer. Jeder hat vermutlich schon mal darüber nachgedacht, dem Gegenüber eine runterzuhauen, weil man provoziert oder beleidigt wurde, oder hat es sogar schon getan. Das ist nicht so abwegig.

ZitatBei Game of Thrones finde ich es beispielsweise aber auch zu exzessiv benutzt. Zumal das Leid des Opfers wirklich bagatellisiert wird, meiner Meinung nach.
Das mag aber auch am visuellen Medium liegen. Ich hab die Bücher nicht gelesen und kann nicht sagen, wie es dort gehandhabt wird. Bagtellisieren darf man sexuelle Gewalt auf gar keinen Fall, ich denke, das ist absolut klar. Aber ich finde, das gilt für jede Art von Gewalt. Auch Folter oder körperlicher Missbrauch kann einen Menschen brechen, und das darf man auch nicht übersehen.

Zitat von: Tigermöhre am 24. September 2015, 20:58:15Da ich deine Vergewaltigungsszene kenne, ich finde sie heftig, aber nicht effektheischend und billig.
Danke. :knuddel: Den Eindruck hatte ich eigentlich auch nicht, aber gerade war ich mir da sehr unsicher.

ZitatAndererseits kann ich Nachtblick auch verstehen. Oft genug ist eine Vergewaltigung unnötig und dient nur dazu, um zu schockieren.
Das ist so ein Punkt, den ich immer etwas problematisch finde. Klar soll Gewalt (in jeder Form) schockieren - wäre dem nicht so, würde ich mir Sorgen um meine Leser machen. ;) Ich denke, es ist eine Frage der Dosis und des Ausgleichs (das hat Mithras, glaube ich, weiter oben ja schon ausgeführt). Ich muss aber auch zugeben, dass ich mich an keine Szene erinnern kann, wo ich das Gefühl hatte, sie sei nur effekthascherisch. Vielleicht mein Glück. ;)

Aljana

Ich habe mir jetzt die letzten drei Seiten dieser Diskussion mal durchgelesen und fühle mich sehr an meinen eigenen Schreibprozess in den letzten Jahren erinnert.
In meiner Trilogie stand von Anfang an fest, Dass meine Protagonistin vergewaltigt werden wird. Zweimal. es ist so ziemlich das Schlimmste, das ihr angetan wurde und in bestimmten Situationen kocht das alles wieder hoch und ist für die Handlung entscheidend.
Jahrelang habe ich mit mit gerungen, wie ob und wenn ja wie explicit ich den Flashback, in dem sie sich erinnert, dann schreiben soll. Ich habe lange gedacht ich werde es nur andeuten, weil ich es nicht billig und efektheischend haben wollte. doch wie sehr es sie quält, wie schwierig es für sie ist, danach wieder vertrauen zu lernen, das kann man irgendwie nur kapieren, wenn man der harten Realität ins Auge geblickt hat.
Ich habe versucht zu verstehen, warum ich die Szene nicht geschrieben habe und gemerkt, wie unwohl ich mich bei dem Gedanken fühlte. Dann habe ich festgestellt, dass ich dieses Unwohlsein an dieser Stelle des Buchs auch in meinen Lesern erzeugen will. Für einen Augenblick. Gerade so genau, dass es kein Missverständnis gibt, was da geschieht, und gerade so knapp, dass es nicht eklig, oder unnötig in die Länge gezogen ist. Ich hoffe es damit getroffen zu haben. Doch anders als andere Gewalt, scheint sexuelle Gewalt den Leuten mehr unter die Haut zu gehen und sie reagieren sensibler.
Bei bisherigem Feedback zu dem Buch haben bisher viele Leute alles kommentiert. ALLES bis auf diese Szene. Aus dem Subtext anderer Kommentare kann ich erkennen, dass es nicht als schlecht empfunden wird, doch es ist nichts, worüber geredet wird. Ich glaube das liegt einfach daran, weil es hier nicht einfach jemandem wehtgetan wird, sondern weil etwas, das natürlich und schön und lustvoll sein sollte in sein grausames Gegenteil verkehrt wird. Damit haben die meisten ein Problem und deswegen ist sexuelle Gewalt immer noch ein so großes Tabuthema.

Zu der Szene aus Verblendung: Die fand ich sowohl im Buch als auch im Film wirklich verstörend. Aber sie war einfach ... passend. Ich habe dadurch die Figur Lisbeth Salander verstehen können. Das hätte ich vermutlich nicht, wenn es nüchterner erzählt worden wäre.

Was ich aber als meinen persönlichen Horror kennengelernt habe, ist diese wiederliche Darstellung altgriechischer Foltermethoden aus einem Antikefilm, der vor einige Jahren im Kino lief und dessen Titel ich nicht mehr weiß.
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.

Ich musste nicht googeln um zu wissen, dass es diese Foltermethode mal gegeben hat, aber es so deutlich zu zeigen hat mir Alpträume beschert. Einfach zu wissen, dass Menchen bestialisch genug sein können anderen Menschen solches anzutun.
Der Raubzug im Kloster in dem alten Film die Päpstin fand ich ähnlich schlimm.
Jetzt muss man sich nur fragen, war nicht genau das gewollt? Und ist es nicht wirklich 'gut' wenn ein Autor oder Regisseur es schafft uns so glaubhaft mit diesen Gräuelbildern einzufangen, dass wir uns wegdrehen oder weiterblättern möchten.

Heute bin ich zu dem Punkt gelangt, dass solche Szenen, gut gemacht, sehr wohl zur Handlung, zur Spannung und zum Wert eines Buches beitragen. Helden können nur so stark sein wie die Wiedrigkeiten, die sie durchstehen müssen.
Wobei man natürlich nicht in Abrede stellen kann, dass es Autoren gibt, die es übertreiben und es wirklich nur um des Effektes Willen machen. Aber dass sind die mega-romantischen billigen Kussszenen aus vielen Schmonzetten auch. Nur fühlt man sich dabei nicht so schlecht ;)


Churke

Man kann die Dinge auch weniger emotionalisieren. Um mal aus Voltaires Candide zu zitieren:
Zitat"Sie leben? Und in Portugal finde ich Sie wieder? Also hat man Sie doch nicht vergewaltigt, hat Ihnen nicht den Bauch aufgeschlitzt, wie es mir der Philosoph Pangloß versicherte?"  - "Oh doch", gab die schöne Kunigunde zurück. "Aber man stirbt ja nicht immer gleich daran."

canis lupus niger

#81
Zitat von: Aljana am 24. September 2015, 21:36:08
Heute bin ich zu dem Punkt gelangt, dass solche Szenen, gut gemacht, sehr wohl zur Handlung, zur Spannung und zum Wert eines Buches beitragen. Helden können nur so stark sein wie die Wiedrigkeiten, die sie durchstehen müssen.
Wobei man natürlich nicht in Abrede stellen kann, dass es Autoren gibt, die es übertreiben und es wirklich nur um des Effektes Willen machen. Aber dass sind die mega-romantischen billigen Kussszenen aus vielen Schmonzetten auch. Nur fühlt man sich dabei nicht so schlecht ;)

Um einen "Helden", bzw. einen Charakter leiden zu lassen, muss man ja auch nicht jedes Detail bildhaft ausschmücken. Je nach Zielgruppe, finde ich, kann es ausreichen, hier "tell, don´t show" zu praktizieren. Es kommt eben darauf an, wo ich als Autor meinen Schwerpunkt habe, was ich für die Geschichte als wichtig ansehe.

Eine (für den Magen des Lesers) eher harmlosere Variante wäre zum Beispiel, dass ich einen Zeugen berichten lasse, was vorgefallen ist. Ich kann die Entsetzlichkeit des Geschehenen dadurch zum Ausdruck bringen, dass der Berichterstatter sich zur Sachlichkeit zwingen muss, dass er mitten im Satz abbricht, blass im Gesicht, und nur noch eine unbestimmte Handbewegung macht, damit endet, das Geschehene nicht mit Worten beschreiben zu können. Dann sind die Bilder nur so schrecklich wie die Phantasie des Lesers sie erzeugen kann. (Was um ein Vielfaches schlimmer sein kann, als das, was ich beschreiben könnte)

HauntingWitch

Beim Thema Vergewaltigungen bin ich auch sehr empfindlich, das liegt aber vermutlich mehr an meiner persönlichen Einstellung zu der Sache, als an den anderen Autoren. Für mich ist es ein No-Go, so etwas explizit zu beschreiben bzw. sich anzumassen, wissen zu wollen, was ein Opfer in einer solchen Situation empfindet. Aber ich denke, diese Darstellungen irgendjemandem verbieten zu wollen, wäre auch unsinnig.

Ansonsten sehe ich es wie Aljana.
ZitatJetzt muss man sich nur fragen, war nicht genau das gewollt? Und ist es nicht wirklich 'gut' wenn ein Autor oder Regisseur es schafft uns so glaubhaft mit diesen Gräuelbildern einzufangen, dass wir uns wegdrehen oder weiterblättern möchten.

Zweimal ja. Ich finde schon, dass das ein Qualitätsmerkmal ist. Die besten Bücher sind doch die, die einen als Leser völlig verstört zurücklassen, einem die intensivsten Gefühle geben. Und das geht halt sehr oft auch über die negativen Gefühle, über das Leid bzw. die Empathie dafür. Als Autor schreibe ich krasse Dinge, wenn ich besonders starke Emotionen erzeugen möchte. Ich möchte eine Intensität schaffen, ich möchte, dass mein Protagonist diese Gefühle hat und damit den Leser erreichen (ja, vielleicht bin ich ein Saddist, Beweise dafür gibt es aber keine :engel:).

Und ich möchte ja auch selbst ein Erlebnis haben, während ich schreibe. Bei meinem letzten Projekt war ich wirklich hin und hergerissen. Zwischen: "Ich kann dir das nicht antun!" Und: "Du musst leiden, sonst gibt es keine Story!  :darth:"

Guddy

#83
Und genau deswegen - weil das denke ich unser aller Wunsch ist, beim Leser intensive Emotionen zu erzeugen - finde ich persönlich es anmaßend, vorschreiben zu wollen, was andere Autoren als "Mittel" nutzen, zu urteilen, warum es dieser oder jener Autor schreibt und ob oder ob nicht der es beurteilen oder nachvollziehen kann, was er schreibt und seinen Figuren in die Seele legt.

edit: Sorry, mich nimmt das Thema und der Umgang ein wenig mit, daher habe ich mich hier glaube ich ein wenig festgebissen ;) Ich halte mich raus.

Norrive

Zitat von: Tigermöhre am 24. September 2015, 20:58:15
@Lothen Ich glaube, ein Unterschied ist, dass eine Vergewaltigung ja auch die Befriedigung des Sexualtriebes ist.

Nur um darauf nochmal einzugehen, da ich diese Aussage so relativ schwierig finde: Soweit ich gelesen habe, hat Vergewaltigung nicht wirklich was mit dem Sexualtrieb an sich zu tun. Also zumindest in der Mehrheit der Fälle und sofern man sich nicht in einem Kriegs- oder Menschenhandelszenario befindet. Es geht dabei meistens um Macht, Kontrolle und Demütigung. Wenn es dabei um den Sexualtrieb ginge, wären die meisten Vergewaltiger nicht Expartner, Freunde, Verwandte oder sonst irgendwie mit dem Opfer bekannt.  Beim reinen Sexualtrieb würde die Identität des Opfers nämlich erstmal keine Rolle spielen .
Nach kurzer Recherche erscheint mir der englische Wikipedia-Artikel über Motivation sexueller Gewalt relativ fundiert zu sein und bestätigt meine obige Aussage, zumindest was die Mehrheit der Fälle angeht. Ob die Befriedigung des Triebes da mit rein spielt wird auch diskutiert, scheint aber sehr kontrovers zu sein.

Auf eine abschäuliche Weise interessant ist da auch der Fakt, dass Kindesmissbrauch in den meisten Fällen nicht von wirklich pädophil veranlagten Menschen betrieben wird, sondern von allen möglichen Personen. Das deutet ja auch eher darauf hin, dass es nicht um den normalen Sexualtrieb geht. Ich finde die Quelle nicht mehr, wo ich das gelesen habe, bin mir aber sicher, dass das ein Artikel in einer seriösen Zeitschrift war (Stern?). Da war eine ganze Artikelserie über Pädophilie und diese Präventivtherapien, mit einem ausführlichen Interview mit dem leitenden Psychologen von der Charité.


Zitat von: Churke am 24. September 2015, 21:44:20
Man kann die Dinge auch weniger emotionalisieren. Um mal aus Voltaires Candide zu zitieren:
Zitat"Sie leben? Und in Portugal finde ich Sie wieder? Also hat man Sie doch nicht vergewaltigt, hat Ihnen nicht den Bauch aufgeschlitzt, wie es mir der Philosoph Pangloß versicherte?"  - "Oh doch", gab die schöne Kunigunde zurück. "Aber man stirbt ja nicht immer gleich daran."

Diesen Beitrag finde ich auch ganz wichtig, denn es gibt auch Opfer von Vergewaltigungen, die damit aus irgendwelchen Gründen besser bzw. anders klarkommen als man erwarten würde. Wenn ich mich recht erinnere, war Gemma Morrow, die Serien-Mutter von Jax aus Sons of Anarchy, so eine Art Frau.

Ansonsten bin ich auch der Meinung, dass sich der Leser die grausamsten Bilder selbst ausmalen wird. Vor allem beschwört das Gehirn dann ja sogar noch eine angepasste Version herauf, die die Umstände wiedergibt, die der Leser persönlich besonders furchtbar findet. Den Effekt habe ich mit einer sehr direkten Beschreibung nicht.  Letzten Endes kommt es natürlich auch auf das Buch an, den Ton des Buches und die Fähigkeiten des Autors an. Bei direkten Beschreibung muss man halt wirklich ein sehr sensibles Händchen haben, damit es nicht billig und reißerisch wirkt.

Kurzer Nachtrag zu @Witch : Naja, es gibt aber vermutlich genug Autoren, die sich aufgrund eigener Erfahrungen an die Empfindungen annähern können. Jede Frau wird im Laufe ihres Lebens zumindest einmal sexuell belästigt, wenn nicht gar schlimmeres. Und ich kann mir vorstellen, dass viele Personen auf einer Party oder Volksfesten zudringliche Männer abwehren mussten und wo es wirklich knapp war (allein wenn man sich die Kriminalstatistiken ohne Dunkelziffern anschaut). Den gleichen Kontrollverlust empfindet man da auch, wenn man sich einfach alleine nicht dagegen wehren kann und die Freunde/Passanten einen noch davor bewahren. Man kann es zwar nicht direkt vergleichen, weil man ja nochmal davon gekommen ist, aber ich denke, man kann es sich vorstellen, weil Autoren empathisch genug dafür sein sollten UND es ja auch ihre eigenen Charaktere sind. Mein Charakter fühlt ja ohnehin nur das, was ich ihm vorgebe und was ich beschreiben kann. Dass man sich in ein reales Opfer individuell natürlich nur schwer hineinversetzen kann und da jeder anders empfindet, da bin ich voll bei dir.

Zit

Zitat von: Lothen am 24. September 2015, 20:24:12
Es trifft eine ganz andere Aussage bezüglich der Motivation des Antas, seines Charakters, seines Anspruchsdenkens oder seiner Einstellung zu Frauen/Männern.

Norrive ist mir zuvor gekommen, aber ich frage trotzdem nochmal nach: Welche andere Motivation hat ein Charakter für dich, wenn er vergewaltigt und nicht nicht "nur" verprügelt?

Für mich ist es trotzdem in erster Linie Machtdemonstration (wo Kontrolle ja auch einfließt), und eben Demütigung des Opfers. Dass es für mich schlimmer ist als Prügel, ist meine persönliche Einstellung. Dennoch denke ich, dass es eben nicht nötig ist, immer "nur" zu vergewaltigen wie Nachtblick schon sagte. Ein Charakter muss in meinen Augen auch nicht immer auf Null gebrochen werden. Im Gegenteil, das ist dann weniger interessant für mich. Ja, ich mag Charaktere mit Rissen, mit Depressionen, mit kaputten Seelen -- aber es muss immer noch genug übrig sein, dass sie weiterhin handeln und einen Plot tragen können. Ein vergewaltigter Charakter kann das nicht, und das für eine sehr lange Zeit (obwohl er vll. körperlich dazu in der Lage wäre; wäre jetzt der Unterschied zu einem Unfallopfer auf der Intensivstation).
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Norrive

Zitat von: Zitkalasa am 25. September 2015, 20:41:57
aber es muss immer noch genug übrig sein, dass sie weiterhin handeln und einen Plot tragen können. Ein vergewaltigter Charakter kann das nicht, und das für eine sehr lange Zeit (obwohl er vll. körperlich dazu in der Lage wäre; wäre jetzt der Unterschied zu einem Unfallopfer auf der Intensivstation).

Ich muss sagen, dass ich dem nicht zustimmen kann. Wenn jemand vergewaltigt wird, heißt das nicht automatisch, dass er unfähig ist, weiter zu machen, im echten Leben, wie im fiktionalen. Mit Narben, ja, manchmal mit noch schwärenden Wunden, natürlich, und auch mit Konsequenzen für den Plot.  Die Umstände des Plots müssen ja auch so sein, dass der Prota weiter handeln muss, sonst stimmt was im Plot nicht (außer man schreibt ein Drama über sexuelle Gewalt). Der Sinn einer Geschichte ist ja irgendwo auch Charakterentwicklung und wenn man als Autor Grund für eine Vergewaltigungsszene hat, dann muss der Prota irgendwo auch daran wachsen und eben trotz der Umstände stark sein und handeln können. Sonst macht die Vergewaltigungsszene an sich tatsächlich keinen Sinn.
Aber ein Prota muss wirklich nicht immer auf Null gebrochen werden, da bin ich voll bei dir  :)


Zit

Okey, war vll. zu dogmatisch formuliert. Was ich damit sagen will: Wenn ich mir vorstelle vergewaltigt zu werden*, dann würde ich erstmal tagelang in der Ecke liegen, völlig verschreckt sein, mich verkriechen, vll. auch aggressiv werden, wäre aber vermutlich erstmal nur betäubt als wäre mein Geist nicht zu Hause und mein Körper wüsste schon von alleine wie atmen geht. Das ist natürlich kein Komastatus -- aber in so einer Zombie-Verfassung die Welt zu retten, wird schwierig.

(Wobei ich natürlich erstens inständig hoffe, das mir das nicht passiert, und ich zweitens vermutlich eher töte als das zuzulassen. Aber, wie gesagt, die Antwort auf die Frage will ich nie wissen.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Tigermöhre

@Norrive, natürlich ist eine Vergewaltigung in erster Linie immer zuerst eine Machtausübung. Aber ohne eine gewisse sexuelle Erregung funktioniert eine Vergewaltigung nicht. Und durch einen Orgasmus baut man einfach Druck ab. Und das kommt einfach zu der Machtausübung und der Gewalt dazu. Nicht als primärer Grund, sondern als Zusatz.

Churke

Zitat von: Tigermöhre am 25. September 2015, 21:35:27
@Norrive, natürlich ist eine Vergewaltigung in erster Linie immer zuerst eine Machtausübung. Aber ohne eine gewisse sexuelle Erregung funktioniert eine Vergewaltigung nicht. Und durch einen Orgasmus baut man einfach Druck ab. Und das kommt einfach zu der Machtausübung und der Gewalt dazu. Nicht als primärer Grund, sondern als Zusatz.

Es gibt auch Leute, die vergewaltigen lassen.
Dass Gaddafi an seine schwarzen Soldaten Vigra-Pillen ausgegeben hat, damit sie mehr vergewaltigen können, ist höchstwahrscheinlich ein Propaganda-Märchen. Aber irgendjemand muss sich das ausgedacht haben.
Und gibt's da so eine Dame aus Kuwait, die sich intensive Gedanken gemacht hat, wie sich (potentielle) amerikanische Soldatinnen in Kriegsgefangenschaft nützlich machen können.