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Eine Figur zu quälen

Begonnen von HauntingWitch, 29. Oktober 2013, 15:14:28

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Feuertraum

Ich bin froh, dass Windfeuer gesteht, dass es ihr schwerfällt, Brutalitäten der Figur gegenüber auszuleben, so bin ich wenigstens nicht der einzige "Weichkeks" (Entschuldigung, Windfeuer). Natürlich hat Witch in dem Sinne recht, dass niemand ein sorgenfreies Leben hat, dass immer und immer wieder mehr oder minder schwerwiegende Probleme an die Tür klopfen.
Dennoch schrecke ich entschieden davor zurück, meinen Protas körperliche Schmerzen anzutun.
Zum einem, weil ich selber über 18 Jahre Beleidigungen, Demütigungen und Schläge ertragen musste, zum anderen, weil ich irgendwo das nackte Grauen verspüre, wenn in irgendeinem schwachsinnigen Krieg Menschen brutal verstümmelt werden. Oder wenn es Kinder erwischt.

Ach ja, eines noch. Zwar können Schicksalsschläge den Charakter stärken. Es kann aber genauso nach hinten losgehen, von daher mag ich die Behauptung, dass man immer stärker hervorgeht bis zum Happy end, nicht unterschreiben
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Nachtblick

#16
Ich bin nicht zimperlich mit meinen Charakteren. Es ist allerdings immer leichter, ihnen Vergangenheiten anzudichten. Eine komplett ausgearbeitete Figurenkonstellation werde ich nicht so leicht beseitigen, wie Familienmitglieder eines Charakters, die schon vor zwanzig Jahren umgekommen sind. Ich bin auch in manchen Geschichten zimperlicher als in anderen. Ich habe es in meinem Jugendbuch nicht geschafft, Abigail rassistisch beleidigen zu lassen oder wirklich rohe Vergewaltigungsandrohungen auszuschreiben, während ich parallel kein Problem damit habe, eine Geschichte über einen verhungernden Nazi (zugegeben) zu schreiben.
Mir tut allerdings alles weh. Manches nicht so sehr wie anderes. Um Ascar, der vor zwölf Jahren zwei Monate lang misshandelt und gefoltert wurde und daraus keinesfalls gestärkt, sondern aggressiv und grausam hervorgegangen ist, könnte ich jederzeit weinen, und auch um Oscar, der erträgt, dass sein Bruder ihn misshandelt, statt sich zu wehren.
Ich stehe auf Happy Ends. Ich stehe auf Vergebung und auf Hoffnungsschimmer. Ich nehme Misshandlungen von Figuren in anderen Texten sehr schlecht auf, wenn sie nicht wenigstens ein Stück wieder aufgewogen werden.

Merlinda

Uff ...
Was dieses Thema hier angeht, müsste ich eigentlich ganz klein mit Hut werden.
Jeder meiner Protas macht irgendwelche Schicksalsschläge durch, bei denen jeder meiner Leser erstmal schluckt und mich fragt, ob das wirklich sein muss.
Und dann muss ich immer wieder antworten, dass es leider sein musste. Diese Schicksalsschläge prägen meine Protas und bringen ihn dadurch auch irgendwie seinem Ziel näher. Wisst ihr, was ich meine?  :versteck:
Aber meistens kommt nach einem Schlag immer wieder ein Lichtblick.

Coryza

Ich muss gestehen, ich finde Happy-Ends richtig grausam, vor allem wenn von Anfang an zu sehen ist, dass es so wie so gut ausgeht.  :versteck: Ich finde eine Figur muss teilweise schon richtig leiden um sich ein Happy-End zu verdienen. Aber ich muss auch sagen, das es mir trotzdem in de Seele weh tut meine Charas zu quälen, egal ob körperlich oder psychisch. Und trotzdem muss es sein zumindest in Maßen sein.

Valaé

Ich gehöre ebenfalls zu denen, die wenig Probleme damit haben, eine Figur leiden zu lassen. Und ja, auch mir macht es oft Spaß. Nicht wegen der Grausamkeit - hier wurde bereits erwähnt, dass solche Szenen sich meistens nicht einfach herunterschreiben - im Gegenteil, ich empfinde sie oft als Herausforderung - wenn auch weniger die Szene selbst, als mehr das "danach". Nie bleibt ein Quälen, seelisch oder körperlich, ohne Folgen. Nie war es sinnlos. Auch ich würde nicht sagen, dass die Figuren nur daran wachsen, wenn sie gequält werden - dafür habe ich schon genug Figuren in den Wahnsinn getrieben oder an den Rand der Klippe gequält - viele meiner Figuren zerbrechen - an mir. Daran, dass ich alles andere als eine liebe Autorin bin. Meine Figuren gehen gerne und viel durch die Hölle - durchaus durch körperliche - aber meistens zumindest neben der körperlichen auch durch seelische. Seelische Höllen liebe ich - ich schreibe fast nie ohne eine. Und dabei ist es ganz egal, was sie in diese Hölle treibt, da gibt es durchaus Abstufungen. Den Einen trifft eine Sache härter, den Anderen die andere.

Ich für meinen Teil sage weniger, dass sie nur dadurch wachsen. Aber sie verändern sich nur dadurch. Ohne Schicksalsschlag keine Veränderung. Ohne Veränderung kein Plot. Es muss natürlich nicht immer die vollkommene Hölle sein, ich komme auch ohne aus und man kann alles übertreiben - es ist eben Fingerspitzengefühl gefragt und ein Gefühl für das Genre, denn auch das spielt mit bei der Frage, wie viel erlaubt ist. Ich führe gerne an, in und durch Abgründe. Dafür muss ich quälen. Leid tut mir das - manchmal. Eher selten. Meistens tue ich es eher fasziniert und mit Freude an der daraus entstehenden Geschichte. Manchmal aber habe ich durchaus auch Mitleid mit meinen Charakteren. Sie sind mir ja durchaus sehr lieb ... und gerade wenn ich sie sehr mag leide ich auch mit. Nicht immer, aber bei den ganz harten Schlägen fast immer. Manchmal wird mir auch anders, manchmal geht es mir an die Nieren, manchmal mag ich nicht mehr weiterschreiben nachdem ich einen Charakter gequält habe (besonders oft in Dystopien, da ist die Quälerei gerne so harter Tobak, dass ich sie besser nicht in vollem Umfang begreifen sollte) und manchmal weine ich beim Schreiben, wenn ich einen Charakter quäle oder auch umbringe (auch hier bin ich nicht zimperlich - kein abgeschlossener Roman meinerseits bisher kommt ohne Toten aus - bis auf einer. Und die Toten sind alle wichtige Charaktere).
Gerade wenn ich töte passiert es jedoch nie ohne Grund - natürlich quäle ich auch nicht grundlos, aber das Töten muss schon unbedingt notwendig sein. Ich trenne mich einfach zu ungerne von meinen Lieblingen - und doch muss ich es immer und immer wieder tun. Das tut weh. Aber weniger wegen den Figuren an sich, sondern weil es mir leid tut, so einen wunderbaren Perspektivträger für alle Zeiten veloren zu haben - was man mit den Toten noch für Geschichten hätte schreiben können! Wie lange wir noch zusammen hätten sein können! Und doch geht es nicht. Das ist es, was mir leid tut.

Naudiz

Ich gehöre zu der Fraktion derjenigen, die ihre Figuren gern quälen. Gut zu wissen, dass ich damit nicht allein bin, ich habe schon befürchtet, ein Ausnahmefall zu sein. Allerdings tue ich mich wirklich schwer mit körperlichen Qualen. Irgendwie kann ich das nicht, da sträubt sich mir alles, wenn ich zum Beispiel einer Figur eine Hand abhacken soll. Stattdessen arbeite ich lieber mit seelischer Pein. In meinen Augen und meiner Erfahrung nach bricht diese einen Menschen sehr viel nachhaltiger, als es jede Verletzung könnte. Und sie ist auch ein sehr viel größerer "Motivator". Tötet der Oberbösewicht die Geliebte des Helden, wird dieser vermutlich mehr leiden, als wenn der Fiesling ihm den Arm abhackt, aber dafür seine Liebste lässt. Wobei das auch stark auf den Charakter der Figur ankommt, wie Coppi bereits angemerkt hat.

Ich gebe zu, dass diese Vorliebe für seelische Qual zu einem Teil auch daran liegt, dass ich mich damit weitaus besser auskenne als mit physischem Schmerz. Wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich psychisch krank bin und lange Zeit seelisch missbraucht wurde. Deswegen sagte ich auch "aus eigener Erfahrung". Es fällt mir nicht schwer, zu beschreiben, wie es ist, jahrelang von den eigenen Eltern systematisch fertiggemacht zu werden, über den Verlust der Heimat oder einer geliebten Person halb wahnsinnig zu werden, unter schweren Halluzinationen zu leiden, die aus Schlafmangel resultieren, oder die Verzweiflung, wenn man nicht mehr kann und kurz vor der Grenze zum Suizid steht. Das kann ich gut, das kann ich plastisch und ohne zu viel Pathos und Schmalz. Und was ich gut kann, schreibe ich lieber - was nicht heißt, dass ich meine Helden sinnlos quäle. Jedes bisschen Schmerz, das sie erleiden, geschieht aus einem bestimmten Grund, der den Plot vorantreibt oder den Grundstein legt für eine Charakterentwicklung, die später noch wichtig wird (v.a. bei Mehrteilern).

HauntingWitch

Spannend, eure Beiträge zu lesen. Und was bin ich froh, dass ich mit meinen Ansichten nicht alleine bin. :D

Auf einiges möchte ich kurz näher eingehen.

Zitat von: coppeliaManche Figuren leiden auch stärker als andere. Galotta wurde eigentlich nur gefeuert und hat seine Haare verloren, und er litt unbeschreiblich.

Ah, auch da bin ich also nicht ganz alleine. Ich habe aktuell eine Nebenfigur, die sehr stark unter einer Trennung leidet und Jahre lang frustriert ist deswegen. Hinzu kommen berechtigte Selbstvorwürfe. Ich habe mich noch gefragt, ob ich ihm irgendein ganz schlimmes Erlebnis als quasi Grund für seine Veränderungen andichten soll, weil ich befürchtete, dass es sonst unglaubwürdig ist. Aber du hast mir gerade die Augen geöffnet, es geht auch so. Mitleid habe ich trotzdem mit ihm, auch wenn das von aussen betrachtet nur etwas ,,Kleines" ist.

Zitat von: schneeleopardinWas solche Schicksalsschläge angeht bin ich vielleicht auch ein bisschen sadistisch veranlagt. Mir tut das manchmal durchaus "leid" wenn ein Charakter was abbekommt, aber das geht auch wieder vorbei... er stirbt nicht, und das obwohl ich liebend gerne Charaktere umbringe. Keine Ahnung, bei anderen Autoren rege ich mich furchtbar auf, wenn sie meinen Lieblingschara umbringen, aber ich selbst mache das ja auch. Hmmm... ich frag mich woran das liegt

Vielleicht muss man als Autor ein bisschen sadistisch veranlagt sein. Ich merke, plotten tue ich solche Sachen auch gerne, aus genannten Gründen. Nur das Schreiben der entsprechenden Szenen tut mir weh. Ist das nicht auch irgendwie ein bisschen... speziell?  :hmmm:

Zitat von: FeuertraumDennoch schrecke ich entschieden davor zurück, meinen Protas körperliche Schmerzen anzutun.
Zum einem, weil ich selber über 18 Jahre Beleidigungen, Demütigungen und Schläge ertragen musste, zum anderen, weil ich irgendwo das nackte Grauen verspüre, wenn in irgendeinem schwachsinnigen Krieg Menschen brutal verstümmelt werden. Oder wenn es Kinder erwischt.

Dann finde ich Ihre Haltung diesbezüglich sehr verständlich. Tun Sie ihnen denn seelisches Leid an?

Bei mir ist die Wirkung umgekehrt. In meiner Familie, zum Glück nicht direkt mir selbst, sind auch schlimme Dinge passiert (genauer ausführen möchte ich das ganz so öffentlich nicht), die ich recht nahe mitbekommen habe und die Folgen davon immer noch mitbekomme. Aber ich nutze mein Schreiben unter anderem auch als Ventil, um das alles zu verarbeiten.

Zitat von: NaudizIch gehöre zu der Fraktion derjenigen, die ihre Figuren gern quälen. Gut zu wissen, dass ich damit nicht allein bin, ich habe schon befürchtet, ein Ausnahmefall zu sein. Allerdings tue ich mich wirklich schwer mit körperlichen Qualen. Irgendwie kann ich das nicht, da sträubt sich mir alles, wenn ich zum Beispiel einer Figur eine Hand abhacken soll. Stattdessen arbeite ich lieber mit seelischer Pein. In meinen Augen und meiner Erfahrung nach bricht diese einen Menschen sehr viel nachhaltiger, als es jede Verletzung könnte. Und sie ist auch ein sehr viel größerer "Motivator". Tötet der Oberbösewicht die Geliebte des Helden, wird dieser vermutlich mehr leiden, als wenn der Fiesling ihm den Arm abhackt, aber dafür seine Liebste lässt. Wobei das auch stark auf den Charakter der Figur ankommt, wie Coppi bereits angemerkt hat.

Das hat etwas. Ich bin auch der Ansicht, dass man das auch verbinden kann, das Körperliche und das Seelische. Einer meiner Protagonisten hat z.B. eine körperliche Eigenschaft, die er selbst als Behinderung wahrnimmt und die ihm im Laufe der Geschichte auch psychisch zusetzt.

Ein weiterer Aspekt ist mir noch in den Sinn gekommen. Man kann in der Fantasy ein Mass von Emotionen darstellen, wie sie in der Realität nicht passieren. Mir fällt da als Beispiel die Serie True Blood ein. In der einen Folge stirbt der Macher des einen Vampirs nach etwa 1'000 oder so Jahren. Die beiden haben Jahrhunderte lang zusammen verbracht, der Schmerz dieses jüngeren Vampirs ist für einen Menschen, der ja bekanntlich durchschnittlich um die 80 Jahre alt wird, sozusagen unvorstellbar (und gut dargestellt übrigens). Und trotzdem haben wir durch diese Szene die Möglichkeit, uns in so etwas hineinzuversetzen. Uns zu denken, wie es sein könnte. Ist das nicht eigentlich etwas Tolles? :) (Allfällige Ungenauigkeiten in der Wiedergabe dürfen gerne korrigiert werden, mein Gedächtnis ist da etwas eingerostet). Einfach, dass diese Möglichkeit besteht, mitzufühlen.




pyon

Ich zähle mich auch zu den Personen, die kein Problem damit haben ihre Figuren zu quälen. :D

Wobei ich immer das Gefühl habe, dass ich ihnen sogar noch viel zu wenig antue und es so schon einmal passieren kann, dass eine Person, die eigentlich bis zum Ende überleben sollte doch schon früh das zeitliche segnet oder ich ihnen etliche Glieder abnehme.
Ich denke aber auch, dass Abenteuer oder zumindest das, was die Helden erleben, nie gänzlich ohne Reibereien oder Schmerzen (ob nun psychisch oder physisch) auskommen können.
Auch unser normales Leben geht mal hoch und mal runter, von daher denke ich schon, dass auch meine Figuren regelmäßige Tiefs erleben müssen. Wie schon in einem Beitrag geschrieben (ich hab die meisten nur überflogen) kann man an diesen recht gut lernen und wachsen, was für Figuren, meiner Meinung nach, sehr wichtig ist.
Für mich als Leser wäre es langweilig, wenn die Figuren keine Entwicklung durchmachen und starr immer dieselben bleiben.


Liliane

Im Thread "Wann ist ein Buch zu düster?" wurde ja schon darüber geredet und ich kam letztendlich auch zu dem Schluss, dass es nicht wahr ist, dass Charaktere bloß daran wachsen, wenn ihnen grausames widerfährt. Es geht auch ohne Grausamkeiten, die sowieso total unrealistisch sind. Klar, es sind bloß Geschichten, aber manchmal denke ich mir "So viel Pech kann ein Mensch doch gar nicht haben."
Personen können auch an vielem anderen wachsen und sich entwickeln.
Andererseits schreibe und lese ich auch gerne Szenen in denen abnorme, grausame Dinge passieren :D.
Nun ja, kommt immer auf den Leser an, aber man sollte auf jeden Fall realistisch bleiben und nicht zu brutal werden, finde ich.

HauntingWitch

Zitat von: Liliane am 30. Oktober 2013, 15:17:57
Es geht auch ohne Grausamkeiten, die sowieso total unrealistisch sind. Klar, es sind bloß Geschichten, aber manchmal denke ich mir "So viel Pech kann ein Mensch doch gar nicht haben."

Nun ja, ich kenne einige Menschen, die sehr viel Pech hatten in ihrem Leben. ;) Hinzu kommt, dass in der Realität oft eines zum anderen führt. Jemand, der in einer zerrütteten Familie aufwächst, wird dadurch geprägt und es schwerer haben, z.B. einen Job zu finden. Heisst nicht, dass diese Person zwangsläufig ein Leben lang Pech hat oder nur noch vom Schicksal gebeutelt ist. Aber es kommt vor. Kommt auch auf den Charakter an.

Es spielt auch eine Rolle, auf wieviel Zeit das alles verteilt ist. Wenn die Heldin innerhalb von 3 Tagen einen weiteren Anfall ihrer Fähigkeiten hat, einen ominösen Vampir kennen lernt, der sie zufällig für ein Ritual umbringen will, weswegen zufällig der Vatikan auf sie aufmerksam wird, dessen Abgeordnete sich natürlich schon nach wenigen Stunden in ihrer Stadt einfinden und ihr Ex genau gerade jetzt zurückkommen muss, um sie zu pisacken, finde ich das auch unglaubwürdig. (Ja, das Beispiel ist aus einem Buch von Tate Hallaway, falls da jetzt jemand innerlich den Fingerzeig macht.  ;)). Das ist jetzt alles nicht quälen in dem Sinn, aber ich denke man versteht, worauf ich hinaus möchte.

Liliane

#25
@HauntingWitch: Ja, ich verstehe, was du meinst, das stimmt natürlich so und das meine ich auch. Man muss eben darauf achten, dass nicht zu viele Zufälle aufeinander treffen, sonst wirkt es gestellt und leicht auch mal billig.
Und es gibt schon so viele Bücher, in denen Menschen Pech haben, das wirkt auch leicht wie wieder-aufgewärmt und "noch so ein Buch mit Katastrophen; immer das selbe". Aber wenn es kreativ ist, geht es immer.
Und ich finde eben dennoch auch, dass es ohne geht und nicht zwingend zum Wachsen eines Charakters dazugehört.

EDIT: Das was Dahlia da schreibt im nächsten Kommentar: Genau das ist es, was ich auch denke, das trifft es besser als mein Kommentar :p

Dahlia

Wenn es um das Quälen meiner Figuren geht, hab ich da häufig ein zwiespältiges Verhältnis  :-\

Ich weiß, für einen guten Plot brauch ich Konflikte und muss es meinen Figuren so schwierig wie möglich machen, ihr Ziel zu erreichen. Aber manchmal frage ich mich dabei, wie grausam ich zu ihnen sein kann, ohne dass es zu überzogen oder für das Genre unpassend wird.
Es kann auch einfach übertrieben wirkte, wenn einem einzelnen Charakter gleich so viel Unglück passiert, z.B. wenn schon die Backstory schlimm ist und dem Charakter dann auch die ganze Geschichte über nur immer schlimmere Dinge passieren. Auch wenn das in der Realität vorkommen mag, ein Leben das ausschließlich aus grausamen Schicksalsschlägen besteht, würde bei mir schnell das Gefühl erwecken, dass es nur um Effekthascherei geht. Ich denke, da muss man einfach auch mit viel Fingerspitzengefühl herangehen, damit es nicht melodramatisch wird.

Ich hab selten ein schlechtes Gewissen, wenn ich meine Charaktere quäle - wobei bei mir auch seelische den körperlichen Qualen vorziehe. Die Vorstellung widerstrebt mir dann doch, dass mein Protagonist keine wirkliche Möglichkeit hat, sein Trauma zu überwinden und gestärkt daraus hervor zu gehen (oder überhaupt die Möglichkeit, sich wieder zu erholen).
Andererseits merke ich aber auch, dass ich selbst gerade wenn es besonders grausam und hoffnungslos wird, mit Charaktere beim Lesen stärker mitfühle. Mich selbst dazu durchringen kann ich dann aber doch nicht :schuldig: (wobei meine Charaktere ja schon gefoltert und vergewaltigt werden, auch manchmal Gliedmaßen verlieren, aber Kastration zum Beispiel ginge einfach gar nicht. Bei Zähnen wird mir auch ganz anders :ithurtsandstings!: )

Aber ich denke auch, dass man nicht nur an Schicksalsschlägen wachsen kann, sondern auch an positiven Sachen, wie Freundschaft oder Liebe. Deswegen versuch ich auch ein bisschen die Balance zu halten und meinen Charakteren nicht nur Steine in den Weg zu legen.

[Edit: Argh, bin ich langsam... Das hat sich jetzt teilweise mit Liliane & HauntingWitch überschnitten, aber ich lass das jetzt einfach mal so stehen  :psssst: ]

Fynja

Wachsen können Figuren an Schicksalsschlägen oder anderen Quälereien bestimmt, aber, wie einige bereits treffend erwähnt haben, können diese Quälereien auch dafür verantwortlich sein, dass die Figuren depressiv, aggressiver werden o.ä. In jedem Fall aber macht die Figur dadurch eine Wandlung durch, und diese Wandlungen an sich machen meiner Meinung nach die Geschichte aus.

Was körperliche Qualen betrifft, kann ich mich zu den "Weichkeksen" zählen. Ab und zu verletzen sich meine Figuren halt mal, das bleibt je nach Story nicht aus, aber ich könnte zum Beispiel niemals eine Folter- oder Vergewaltigungsszene detailliert beschreiben. Wenn überhaupt, dann mal andeuten, aber nur, wenn der Plot es erfordert. Das ist meistens einfach zu heftig für mich, auch als Leser würde ich wohl dazu tendieren, solche Stellen zu überspringen, wenn es zu genau beschrieben wird, wird mir eher schlecht dabei. Damit niemand mich falsch versteht, ich verurteile keine Autoren, die Folterszenen beschreiben, nur mich persönlich erreicht man damit nicht. Oder zu sehr, weil es mich zu sehr mitnimmt, was ja durchaus ein Zeichen dafür sein kann, dass das Buch gut geschrieben worden ist. So oder so verzichte ich darauf lieber.

Tode baue ich eigentlich auch eher spärlich ein, und wenn, dann sind es relativ schnelle Tode. Erstens würde es die Dramatik nehmen, wenn auf jeder zweiten Seite einer draufgeht, zweitens nimmt es mich meistens schon mit, weil ich jede Figur irgendwie lieb gewinne. Andererseits gilt aber auch hier, wenn es mich kalt lassen würde, wäre das auch eher ein Indiz dafür, dass die Szene schlecht geschrieben ist oder die gesamte Geschichte einfach nicht packend genug. Das gilt sowohl für Prota- aus auch Antagonisten, auch den Tod eines egoistischen, antisozialen Bösewichts kann ich nicht eben gefühllos dahin schreiben.

Seelische Qualen sind auch bei mir eine andere Sache. Ich denke, diese Art von Qualen ist mit Abstand die von mir am meisten verwendete. Sie können schön vielseitig sein, und auch subjektiv - dem einen macht ein bestimmtes Ereignis sehr viel aus, den anderen kratzt es nicht. Das ist es, was die Charaktere und die Geschichte ausmacht. Dass Konflikte unverzichtbar sind für eine Story, dürfte ja Konsens unter Schriftstellern sein. Diese haben nun mal eine äußere Seite (das, was sich objektiv zugetragen hat) und eine innere, die das Seelenleben der Figuren betrifft. Diese betone ich schon sehr gern.

Guddy

Wann lässt man den Protagonisten eigentlich zu sehr leiden?
Wir haben einen, der irgendwie alles abbekommt - er wird verraten, rutscht in eine eigentlich hoffnungslose Liebesgeschichte rein, wird niedergestochen und in ein Gefängnis gesteckt, stürzt später ab, wurschtelt sich zu angestrengt aus einer prekären lage heraus und am Ende stirbt er wieder fast.
Das gehört alles zur Story und er ist auch keiner, den wir tausend Seiten lang über seine Lage weinen lassen ;)
Ist das generell zu viel für euch? oder kommt es auf das "wie" an?

Zit

Das lässt sich tatsächlich schwer sagen, ohne die Geschichte gelesen zu haben (und nicht nur den genauen Plot zu kennen). Klar ist das Wie entscheidend -- genauso wichtig finde ich es allerdings, ob die Welt das wirklich so her gibt, dass der Charakter von einer Schei*e in die andere tritt. Ob es wirklich für, ich sage mal, auch die Message der Geschichte richtig ist, dass dem Charakter immer wieder solche Sachen widerfahren. Und ob es natürlich auch im Charakter angelegt ist. (Ich bin mir sicher, es gibt noch weitere Punkte.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt