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Muster bei Liebesgeschichten

Begonnen von Franziska, 04. September 2013, 12:07:12

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Franziska

Es ist doch so: kaum eine Geschichte kommt ohne Liebesgeschichte aus. Ob sie nun eine Nebenhandlung ist, oder ob man gleich einen Libesroman schreibt. Ich selbst habe zwar schon ein paar Liebesgeschichten geschrieben, dennoch komme ich bei meiner aktuellen nicht so richtig weiter. Die Handlung war zu gradlinig und zu wenig konfliktreich. Da habe ich überlegt, was für Konflikte könnte ich noch einbauen? Es gibt doch sicher Muster von Liebesgeschichten, die immer wieder vorkommen. Von den klassischen Dramen bis zum aktuellen Liebesfilm und zur Romantasy.

Beispiele:

Zwei Menschen aus verfeindeten Familien verlieben sich ineinander.
Beispiele: Romeo und Julia, der Klassiker.

Die Affäre: Frau oder Mann geht eine Affäre mit verheirateter Person ein. Das kann natürlich verschiedene Ausgänge haben. Der andere trennt sich nicht vom Partner, die Familie zerbricht, sie werden erpresst, die Affäre führt zum gesellschaflichen Fall, etc.
Beispiele: Anna Karenina, Effi Briest, ?

Beste Freunde verlieben sich. Zwei Menschen, die schon ewig befreundet sind, stellen plötzlich fest, dass sie mehr füreinander empfinden, wollen aber ihre Freundschaft nicht gefährden, weshalb sie ewig brauchen, sich ihre Gefühle füreinander einzugestehen.
Beispiele: Film: Harry und Sally

Eine Frau zwischen zwei Männern. Eine Frau, die meistens schon ewig  Single ist, am besten noch Jungfrau, wird plötzlich von zwei überaus gutaussehenden Typen umschwärmt, von denen einer ein draufgängerischer sexy Typ ist und der andere der nettere Typ, der besser zu ihr passt.
Beispiele: Bridget Jones, Vampire Diaries, fast alle Romantsybücher ...

Zwei Menschen glauben zunächst, sich überhaupt nicht ausstehen zu können. Dann merken sie aber, dass es nur Missverständnisse waren, oder sie den anderen doch mögen.
Beispiele: Buchklassiker: "Stolz und Vorurteil"; Filmklassiker: "Ein Pyjama für zwei" (wenn ich das jetzt nicht verwechsel), viele Romantasybücher.

Eine Frau kehr nach längerer Abwesenheit an ihren Heimatort zurück oder in ein Dorf, wo sie ein Haus erbt, oder ähnliches. Sie hat gerade eine Trennung hinter sich. Dann trifft sie ihre Jugendliebe wieder und merkt, was wirklich wichtig ist.
Beispiele: Jede Menge Rosamunde Pilcherbücher, skandinavische Filme funktionieren auch oft nach diesem Muster.

Das Ehepaar in der Krise. Zwei schon länger verheiratete oder zusammen lebende Menschen verlieren sich im Alltag und trennen sich beinahe, ehe sie doch wieder zueinander finden.
Beispiele: Bücher: ?; Filme: "Blue Valentine",

Die Hassliebe: Zwei Menschen können nicht miteinander aber auch nicht ohneeinander, es entsteht eine On-Off-Beziehung.

Die Sexbeziehung, die zur Liebe wird. Zwei Menschen wollen zunächst nur das eine voneinander und glauben, ihre Gefühle abstellen zu können, aber natürlich verlieben sie sich doch ineinander.



Fallen euch noch weitere Muster ein, oder Beispiele? Oder Konkretisierungen? Benutzt ihr solche Muster bewusst, oder versucht ihr sie eher zu vermeiden? Fallen euch weitere Punkte ein, die man benutzen kann, um mehr Spannung in Libesgechichten zu bringen?

Steffi

Mir würde noch der Klassiker einfallen, wo eine Frau bereits verlobt ist oder zumindest scheinbar den perfekten Mann gefunden hat, bis ein dritter Protagonist auftaucht und sie an sich zu zweifeln beginnt.

Klassiker der Filmgeschichte wären da Schlaflos in Seattle, Während du schliefst oder auch 27 Dresses (oder, andersrum, Verwünscht, wo der Mann schon verlobt ist)

Sic parvis magna

Merlinda

Auch typisch:
Eine Wette zweier Kerle/ Frauen. Beide verlieben sich ineinander, am Ende kommt alles raus, großer Streit und ganz zum Schluss finden sie doch ihr Happy End.
Beispiel: "Wie werde ich ihn los in zehn Tagen? (oder so ähnlich)

Oder ein dummer Zufall führt die Beiden zusammen, sie verlieben sich ineinander, streiten wegen irgendwas und am Ende will einer die Stadt verlassen, woraufhin der andere völlig panisch zum Flughafen fährt und kurz vorm Start der Maschine alles klärt.
Beispiel: "Pretty Woman" (Gut da hat er sie in seiner Wohnung abgefangen.)

Churke

Hoffnungslosigkeit durch Standesunterschied.
(Heute bedeutungslos und von der Leserschaft wahrscheinlich nicht mal verstanden, kann aber aktuell sein.)

Unterkühlung durch gesellschaftliche Etikette. ("Tut man nicht.")

Er/sie ist einer/einem anderen versprochen.
(Heute bedeutungslos)

Amour fou, Beispiel Bonnie & Clyde oder Simon Bolivar und Manuela Saenz

FeeamPC

Das, was ihr hier als Muster bezeichnet, würde ich als Plots sehen.

Muster in Liebesgeschichten sehen für alle Plots gleich aus:
Sie treffen sich
Sie empfinden etwas füreinander (kann auch Abneigung sein)
Sie werden getrennt (äußere Umstände, Familie, Stand, Gefühle, dritte Personen)
   Hier könnte noch ein oder zwei Male ein Hin- und Her erfolgen
Sie erkennen, dass sie sich lieben
Sie kommen für immer zusammen

Unterschied Literatur zu Genre-Liebesgeschichte:
Im Genre kommen sie am Ende immer zusammen
In der Literatur können sie oft nicht zusammen kommen: Tod eines der beiden /beider, gesellschaftlicher Zwang, familiäre Belange, Gründe der Staatsraison, der Religion, einer geht ins Kloster usw.

HauntingWitch

FeeamPC hat es schon angetönt. Es gibt auch noch die Liebesgeschichte, in der sich zwar beide lieben, aber beide sind unglücklich verliebt. Da gibt es oft Umstände, die es einfach verhindern. Das halte ich für einen recht realistischen Ansatz. Es muss nicht einmal etwas so Rationales wie familiäre Zwänge oder der Weggang des einen sein. Es kann auch vorkommen, dass einer der beiden schlicht keine Gefühle zulassen kann/möchte oder das beide nicht offen darüber reden, bis es zu spät ist, weil sie sich somit innerlich voneinander entfernen. Und so weiter. Es gibt viele mögliche Gründe.

Pestillenzia

Zitat von: Churke am 04. September 2013, 13:08:44
Hoffnungslosigkeit durch Standesunterschied.
(Heute bedeutungslos und von der Leserschaft wahrscheinlich nicht mal verstanden, kann aber aktuell sein.)
Unterschätzt du da die Leser nicht gnadenlos? Abgesehen davon gibt es diese Standesdünkel heute noch genau so wie früher, wenn auch abgeschwächter. Die kommen dann wieder ans Tageslicht, wenn Königstöchterlein/-söhnchen eine/n Bürgerliche/n heiraten will. Dann ist sogar das gemeine Volk manchmal der Meinung, dass Königs  unter sich bleiben sollten.
Es gab mal eine sehr gute Reportage auf einem öffentlich-rechtlichen Kanal, da kamen die Standesdünkel einiger "Blaublüter" so richtig zum Vorschein.

Zitat von: Churke am 04. September 2013, 13:08:44
Er/sie ist einer/einem anderen versprochen.
(Heute bedeutungslos)

Auch heute gibt es noch arrangierte Ehen, wenn auch weit nicht mehr so oft wie früher und auch eher im Geheimen. Bedeutungslos ist das aber ganz und gar nicht.

Kati

ZitatDie kommen dann wieder ans Tageslicht, wenn Königstöchterlein/-söhnchen eine/n Bürgerliche/n heiraten will. Dann ist sogar das gemeine Volk manchmal der Meinung, dass Königs  unter sich bleiben sollten.

Es reicht ja auch schon, wenn die Tochter aus gutem Hause plötzlich den Punk von nebenan heiraten will. Da ist vielleicht offiziell kein Stand mehr erkennbar, aber das funktioniert ja nach denselben Prinzipien, das irgendwer meint, jemand wäre nicht gut genug für jemand anderen, weil die eine Familie reicher oder angesehener ist. Das gibt es heute also auch noch massig, bloß, das man nicht mehr diese offiziellen Standesgrenzen dazwischen hat. In den Köpfen der Menschen gibt es die aber anscheinend immer noch. Und genau dieses Prinzip wird in vielen Liebesgeschichten auch noch benutzt, das ist doch gar nicht mal selten.  :)

Churke

Zitat von: Pestilenzia am 04. September 2013, 13:58:07
Unterschätzt du da die Leser nicht gnadenlos? Abgesehen davon gibt es diese Standesdünkel heute noch genau so wie früher, wenn auch abgeschwächter.

Ich weiß, dass es heute Standesdünkel gibt und ich weiß auch, dass manche Ehe ausgedealt wird. Aber können wir solche Leute heute noch ernst nehmen? Können wir uns vorstellen, dass es das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verletzt? Können wir als Leser ein solches Wertesystem emotional begreifen? Ich denke, alleine der Aufand, das dem Leser begreiflich zu machen, würde mehr Raum einnehmen als die Love Story.

Zitat von: Kati am 04. September 2013, 14:03:55
Es reicht ja auch schon, wenn die Tochter aus gutem Hause plötzlich den Punk von nebenan heiraten will.
Es gab Zeiten, da wurde der Punk hingerichtet, sein Kumpel wurde hingerichtet, die Tochter wurde bestraft, ihrer Sklavin der Mund mit flüssigem Blei "verschlossen" und wenn die Eltern den Fall nicht zur Anzeige brachten, wurden sie deportiert.

HauntingWitch

Zitat von: Churke am 04. September 2013, 15:15:33
Ich weiß, dass es heute Standesdünkel gibt und ich weiß auch, dass manche Ehe ausgedealt wird. Aber können wir solche Leute heute noch ernst nehmen? Können wir uns vorstellen, dass es das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verletzt? Können wir als Leser ein solches Wertesystem emotional begreifen? Ich denke, alleine der Aufand, das dem Leser begreiflich zu machen, würde mehr Raum einnehmen als die Love Story.

Unter Umständen ja. Das kommt darauf an, a) was für einen Hintergrund der Leser mitbringt und b) in welchen Kontext man das setzt. Ein Szenario, wie du es weiter unten beschreibst, können wir uns so nicht mehr vorstellen, das stimmt. Wird auch zumindest hierzulande nicht mehr praktiziert, stimmt. Aber schreibe eine Geschichte über ein gutbürgerliches deutsches/Schweizer Mädchen, möglichst aus einer sehr angesehenen Familie, das sich in einen türkischen Arbeiter verliebt, der gerade erst vor Kurzem nach Deutschland/in die Schweiz gekommen ist. Von Deutschland höre ich es nur durch die Medien, aber zumindest in der Schweiz gibt es genug potenzielle Leser, die sich sofort auf die Seite der Familie des Mädchens stellen würden. Aber auch genug, die sich auf die Seite des Türken stellen würden. Voilà. Da sind dieselben Motive dahinter, nur verschiebt sich mit der Zeit ihre Ausprägung und Verbreitung.

Ryadne

Zitat von: Franziska am 04. September 2013, 12:07:12
Beste Freunde verlieben sich. Zwei Menschen, die schon ewig befreundet sind, stellen plötzlich fest, dass sie mehr füreinander empfinden, wollen aber ihre Freundschaft nicht gefährden, weshalb sie ewig brauchen, sich ihre Gefühle füreinander einzugestehen.
Beispiele: Film: Harry und Sally

Oder auch: Nur einer von beiden verliebt sich und merkt es erst, als der andere heiraten will. Wie in "Die Hochzeit meines besten Freundes".

Zitat von: Franziska am 04. September 2013, 12:07:12
Eine Frau zwischen zwei Männern.

... und die beiden sind auch noch beste Freunde, womöglich ist sie mit dem einen sogar schon verheiratet.
Dieses Muster regt mich immer total auf, vor allem wenn dann noch irgendein dunkles Geheimnis des "besten Freundes/Ehemanns/Gegenspielers" auftaucht, das rechtfertigen soll, dass die anderen beiden dann was miteinander anfangen.

Da ich keine Liebesgeschichten schreibe beziehungsweise nur ganz am Rande einbringe, kann ich zur eigenen Verwendung nichts sagen.

@Aktualität der Ständethematik
Ich glaube auch, dass das durchaus noch eine Rolle spielt und dem Leser bewusst gemacht werden kann, wenn es auch vielen nicht so bewusst ist.
In Frankreich gab es z.B. vor ein paar Jahren einen Liebesfilm, "Mademoiselle Chambon", in dem ein Handwerker und eine Lehrerin eine Beziehung hatten. Das hat einige Debatten ausgelöst, weil solche Beziehungskonstellationen wohl zumindest in Frankreich noch sehr selten sind.

Kati

#11
Noch ein sehr aktuelles Muster ist, dass ein Paar nicht zusammen sein kann, weil sich einer der beiden für gefährlich hält. Das hat man heutzutage auch in jedem Romantasyroman, das meist der Mann sich von der Frau fernhält und versucht, sie zu verjagen, weil er glaubt, er könnte ihr sonst gefährlich werden.

Churke: Dass die Konsequenzen einer solchen Beziehung früher anders aussahen als heute, ist mir schon klar, das heißt aber nicht, dass das Problem aus der Welt geschafft ist und moderne Leser es nicht mehr nachvollziehen können. Man mag heute sicherlich nicht mehr hinter einem solchen Wertesystem stehen, das bedeutet aber nicht, dass man es im Kontext eines Romans nicht nachvollziehen oder verstehen könnte. Ein heutiger Leser würde bei so einer Szene sicherlich denken, dass es ungerecht oder tragisch ist und sicherlich nicht meinen, dass die Hinrichtung gerechtfertigt ist. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht verstehen kann, wieso Figuren im Roman sie als gerechtfertigt ansehen, wenn der Autor die gesellschaftliche Lage gut darstellt.

Mondfräulein

Vielleicht noch das klassiche "Ich kann nicht mit dir zusammen sein, weil ich zu sehr verletzt wurde" von einer oder zwei Seiten. Leider fällt mir gerade kein konkretes Beispiel ein (bis auf diverse öffentlich rechtlich produzierte Schnulzen und meine eigenen Projekte, hoffentlich sagt das jetzt nichts über die Qualität letzterer aus).

Ansonsten vielleicht noch die einseitige Liebe. Das fällt mir vor allem ein, wenn ich an mein jetziges Projekt denke, passt das auch ins Muster? Er verliebt sich in sie, aber sie benutzt ihn im Prinzip nur, obwohl sie sich auch in ihn verliebt. Das hat aber auch wieder etwas von der Wette, nur dass es etwas düsterer endet.

Ryadne

Zitat von: Mondfräulein am 04. September 2013, 23:22:01
Vielleicht noch das klassiche "Ich kann nicht mit dir zusammen sein, weil ich zu sehr verletzt wurde" von einer oder zwei Seiten.

... oder "Ich kann nicht mit dir zusammen sein, weil ich ein Geheimnis habe, z.B. eine Krankheit habe, in Wirklichkeit deine Schwester/dein Bruder bin etc. pp."
Wie in "Denver Clan".  :P Oder "Love and other drugs", da spielt das mit der Krankheit glaube ich eine Rolle.

Guddy

#14
Zitat von: Franziska am 04. September 2013, 12:07:12
Benutzt ihr solche Muster bewusst, oder versucht ihr sie eher zu vermeiden? ?
Anders gefragt: gibt es überhaupt Liebesgeschichten, die nicht nach irgendeinem Muster oder gar nach mehreren kombiniert laufen? Ich glaube nämlich, dass dem nicht der Fall ist. Natürlich sind Romanzen in Film und Buch tendenziell "dramatischer" oder konflikteicher, als die Standardstory im RL. Allerdings gilt das für das meiste Fiktive. Es will unterhalten, kein fades Abbild der Wirklichkeit sein.
Ich selber lese lieber spannende Romanzen, denn langweilige Geschichten, die auch all meinen Tausend Nachbarn täglich passieren ;)
Natürlich gibt es auch hier wieder ein zu viel des Guten, gar keine Frage, man kann in Klischees ertrinken. Aber mMn muss man solchen Mustern nicht ausweichen. Man sollte jedoch immer man selbst bleiben und nicht bewusst eine andere Story kopieren. Dann bleibt es auch trotz des Musters individuell :)