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Der Große Anspruch...

Begonnen von MarkOh, 18. September 2006, 06:47:19

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MarkOh

Nur mal so nebenher eine Frage...

Wie haltet Ihr es mit dem "Anspruch" in Euern Geschichten?

Hr. Kürbis

Anspruch? Was ist das? ;D

Nee, also ich würde mal sagen, das Fantasy ja Unterhaltungsliteratur ist und darauf kommt es mir auch an. Da liegt es mir eigentlich fern, irgendwo den Zeigefinger zu heben und (m)eine Botschaft zu verbreiten...

Sichererlich gibt es auch Fantasy mit Anspruch, aber selbst HdR würde ich nicht dazu zählen, mal abgesehen vom Sprachstil und der Erzählweise.

Manja_Bindig

Ich schreibe, weil es mir Spaß macht. Mein Anspruch an mich selbst besteht immer darin, eine logische Geschiche gut zu erzählen, gute Charas zu haben, lebendig zu schreiben.

Gut.
Muss meine Story anspruchsvoll sein?
Ich zähl hier mal einige Sachen von mir entstehungschronologisch geordnet auf.


Elfenblut:
Grundhandlung Schema F wie Fantasy. An sich nix wirklich neues. Was mcih gereizt hat, war die Entwicklung meiner Figuren innerhalb der Handlung. Ich hab quasi extra eine simple Grundhandlung gewählt um mich voll und ganz auf die Charas und ihre Beziehungen untereinander konzentrieren zu können. Und ich denke, teilweise ist das sogar gelungen.

"Seelensuche", eine Art "Fortsetzung" funktioniert ähnlich, allerdings habe ich hier auch mehr WErt auf den Handlungsablauf gelegt. Anders als bei "Elfenblut" liegt nicht alles in der Hand der Charas, einige Male sind sie gezwungen, so zu handeln, wie sie sollen(in Elfenblut hatten die Charas über die Story bestimmt).
Wieder innere Konflikte, vor allem um die Frage, wie weit man für ein Ziel gehen darf und ob man es mit sich vereinbaren kann, ein Leben für ein anderes zu opfern.

Bei "Spiegelbilder"... hm, die Handlung besteht aus dem Treiben an einer Magier-Akademie. Mit Zentrum auf ein Zwillingspaar, das... nun ja, keine wirklich schöne Kindheit hatte. Ziemlich viele lose Fäden, die zusammen- udn auseinanderlaufen. Und hier hatte ich die Frage im Hinterkopf wie viel Schuldman an manchen Dingen haben kann. (pikanterweise liefern die "Spiegelbilder" die Vorgeschichte zu "Elfenblut")

Gehen wir mal kurz aus dem Elfenblut-Universum raus und besuchen die Hauptfigur meienr "Verlorenen Worte".
Schrifstellerin in extremer Schreibkrise, von Selbstzweifelnb zerfressen. Außerdem latentes "Ich-bin-schuld-dass-meine-Schwester-starb-ohne-dass-wir-uns-versöhnt-haben"-Syndrom.
Darunter leidet ihre Welt. Und im Zuge dessen werden erst andere Bücherwelten angegriffen und schließlich auch die Relaität. Wer das wohl ausbügln darf...
Frage: Wie überwinde ich mich selbst?
Die Idee dazu kam mir, als ich gelesen hab: "Dein größter Gegner ist deine Angst. Und da deine Angst ein Teil von dir ist, ist dein Größter Gegner du selbst."


Flügelzyklus.
Arme Shia... *tätschel*
Wie wahnsinnig kann man durch seine Umgebung werden? Und was ist dann noch erlaubt?


Ich denke schon, dass ich einen gewissen, geringen Anspruch in meinen Geschihcten habe. Die Grundideen sind ein bisschen philosophisch angehaucht... und ich geb mir Mühe, dem Leser keine Antworten zu servieren.
Es macht allerdings viel mehr Spaß, etwas mit Anspruch zu schreiben, als eine sinnfreie Blödelei. Was dann auch der Grund sein wird, warum meine Parodie niemals fertig werden wird.

Elena

Hm, ich beginne eine Geschichte nicht mit dem Anspruch, Anspruch zu haben.  ;D Aber da für mich das Schreiben eine Auseinandersetzung mit mir selbst ist, kommen die Frage, die mich (gerade) beschäftigen, natürlich mit rein. Dadurch entsteht dann schon so etwas wie eine Botschaft, aber ähnlich wie mein Schwesterchen lege ich es weniger darauf an, eine vorgefasste Antwort zu präsentieren, als Fragen von verschiedenen Standpunkten aus zu diskutieren und das Denken dann dem Leser zu überlassen.
Ich mag auch Bücher lieber, die den Tiefgang "nebenher" erfüllen, als sich in philosophischen Ausschweifungen zu verlieren. Wer philosophische/gesellschaftskritische Abhandlungen schreiben will, der braucht Das nicht in eine Geschichte zu zwingen, sondern kann das so tun.

Ganz ohne etwas Tiefe mag ich es allerdings auch nicht...

Liebe Grüße,

Elena

Manja_Bindig

;D
Man kan mir vieles vorwerfen, aber den anspruchsvollen Teil meines Grundplots löse ich nicht ni seitenlangen Monologen. Meine Charas heißen ja nicht Hamlet. ;)

Rei

Hmm... Anspruch... Mir kommt es darauf an, daß mir die Geschichte Spaß macht, daß meine Charakter Spaß haben und nicht nach zwanzig Seiten alles hinschmeißen, weil sie keinen Bock mehr haben (oder ich, je nachdem...  ;D).

Ob ich jetzt DEN literarischen Anspruch habe, um einmal von Marcel himself auseinandergenommen zu werden...? Nein, ich glaube nicht. Ich mag Spaß haben, darum gehts mir. Die Geschichte muß funktionieren und die Charaktere glaubhaft sein. Das ist der einzige Anspruch, den ich an meine Geschichten habe.

Bis jetzt natürlich... Es kann ja sein, daß ich irgendwann mal anders denke oder anders schreibe, aber bisher reicht mir das vollkommen.

Lastalda

Ich finde es schön, wenn Geschichten neben der Unterhaltung auch mit ernsten Gedanken spielen. Soetwas lese ich sehr gern, und ich versuche es auch selbst umzusetzen. Das sollte natürlich nicht in Zeigefinger-Form passieren, da macht der Leser ja automatisch dicht. Aber für mich macht das lesen eben mehr Spaß, wenn ich nicht (nur) abschalte, sondern auch zum nachdenken angeregt werde. Und für Leser mit ähnlichen Vorlieben schreibe ich.

Eines meiner Lieblingsthemen ist die subjektive Natur von Gut und Böse (ich HASSE Schwarzweißmalerei und den klassischen "ewigen kampf zwischen Gut und Böse", was einer der Hauptgründe dafür ist, warum ich in Buchläden irgendwie keine interessanten Bücher mehr finde), das Spiel mit Perspektiven.

Ich finde es durchaus nicht schlimm oder [/i]falsch[/i], wenn ein Buch "nur" unterhalten will. Es gibt ja auch genug Leser, die "nur" unterhalten werden wollen.
Welchen Anspruch man an sich selbst und seine Texte stellt, muss eben jeder selber wissen (und "Anspruch" ist hier NICHT wertend gemeint!). Genau wie einige für sich selbst und andere für Veröffentlichung schreiben, was ja auch nicht bedeutet, dass die Qualität der Texte, die um ihrer selbst willen geschrieben werden, zwangsweise schlechter sein muss.

Steffi

#7
Ich stimme Lastalda zu.

Ich finde es schön, wenn man beim Lesen merkt, dass der Auto nicht bloß eine Geschichte erzählen will sondern gleichzeitig auch noch was zu sagen hat. Anspruch sollte nicht mit "erhobener Zeigefinger" verwechselt werden.
Sic parvis magna

Kalderon

Anspruch kann man ja jetzt vielfach deuten.

Ich habe sowohl den Anspruch an mich selbst, dass meine Geschichten nicht gewöhnlich sein sollen. Und ich habe den Anspruch, gut zu schreiben. Das alles muss ich mir jedoch erarbeiten.

Ich schreibe auch gerne "anspruchsvolle" Geschichten, was lediglich bedeutet, dass sie nicht völlig banal sein sollen. Das Gute kämpft gegen das Böse ist mir zu langweilig und zu banal. Ich schreibe gerne philosophisch oder gesellschaftskritisch, weil das auch meine wirklichen Interessen sind. Ich beschäftige mich viel mit Ausgrenzungen, Ideologien, Folter - Krieg - Mord, philosophische Fragen. Das gibt mir mehr. Selbst wenn ich selbst keine Antwort auf eine Frage finden kann, um sie dem Leser zu geben, so habe ich ihm doch zumindest eine Richtung gezeigt, die ihm vielleicht hilft, mit einem bestimmten Thema besser zurechtzukommen.
Und bitte sagt mir nicht, ich erhebe den moralischen Zeigefinger. ;) Das mache ich nämlich nicht. Ich versuche teilweise sogar den leser zu verführen und halte ihm dann den Spiegel vor. Das wird mich nicht beliebt machen. :)

Und "anspruchsvoll" zu schreiben bedeutet nicht, toternst zu sein. Man kann auch mit Humor viel transportieren. Das gehört allerdings nicht zu meinem Repertoire. ;D

Liebe Grüße: Kalderon

Manja_Bindig

Für den Humor sorgen meine Charaktere selbst.
Wenn Malenka in ihrer neugiereigen, um nciht zu sagen unverschämten art bemerkt: "Sag, was ich wissen will und ich lass dich in Ruhe", nachdem sie dir ewig auf den Keks geht - für mich und ihc schätze, auch für den Leser ist das dieser alltagshumor, den man immer und überall findet.
Oder wenn sich zwei Elfenmänner zoffen, weil der andere eifersüchtig ist - der ander ist der Bruder seiner Freundin.
Oder wenn meine Mädels zusammenhocken und hemmungslos über die Männer ablästern. Da sitze ich gern kichernd da...

Und hin und wieder baue ich tatsächlich auch Slapstik ein, einfach weil es passt.
Aber lustig sind meine Geschichten deswegen nicht - dazu gehe ich zu sehr den Leitfragen im Plot nach.

Aarmaan

ich persönlich lese auch gerne bücher, wo man merkt, dass der autor im wesentlichen spass am schreiben hat. solchen büchern spreche ich aber keinen hohen anspruch zu, sondern bezeichne sie eher als "unterhaltsam"

Moni

Zitat von: MarkOh am 18. September 2006, 06:47:19
Wie haltet Ihr es mit dem "Anspruch" in Euern Geschichten?

Gegenfrage: was genau verstehst du unter "Anspruch"? Eher in Bezug auf den sprachlichen Stil? Oder eine komplexe Handlung, die gewisse Ansprüche an den Leser stellt?  Oder verstehst du unter Anspruch den moralisch erhobenen Zeigefinger? Letzteres hat meiner Ansicht nach eher wenig mit wirklichem Anspruch zu tun.
Sowohl Stil als auch Inhalt dürfen/sollen/können selbstverständlich auch in der Fantasy anspruchsvoll sein. Ein Buch kann Humor haben, unterhaltend sein und trotzdem Ansprüche an den Leser stellen. Ein gutes Beispiel dafür ist z.B. ein verwickelter Krimiplot, bei dem der Leser zum mitraten angehalten wird und nicht bereits auf Seite 3 weiß, wer der Mörder ist.
Man muß Anspruch nicht mit dem literarischen Quartett und einer Besprechung durch Marcel gleichsetzen...  ;)

Wenn ich ein Buch lese, bevorzuge ich eines, welches mich geistig anregt, meine Fantasie beflügelt und mich anspornt, selbst eine solche Wirkung bei meinen Lesern hervorzurufen.
In diesem Sinne ist Anspruch doch absolut wünschenswert und sollte nicht mit den abgehobenen Wortdrechseleien einer Brigitte Kronauer und Konsorten (die man meistens einfach nicht lesen kann) in einen Topf geworfen werden.

Lg
Moni

P.S. Ich verschiebe mal, denn m.E. ist das TOPIC!!

Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

MarkOh

#12
Also was mich selbst betrifft, so würde ich sagen, dass ich da jetzt auf die Schnelle auch nicht so recht eine Antwort darauf wüsste. Aus diesem Grund solltet Ihr auch meine Frage selbst nicht überthematisieren...
;D
Anspruch? Bücher mit dem "Großen Zeigefinger"? Nee, solche mag ich nicht. Was wären für mich Bücher mit Anspruch? Mhmmm, nun ja, in allererster Linie Bücher die fesseln, die so gut geschrieben sind, dass sie mich nicht loslassen, dass ich abends beim zu Bett gehen in Gedanken noch an der Geschichte hänge. Wie bei einem "guten" Computerspiel, welches bis zum Schluss vor Spannung trotzt.
Ob ich selbst Geschichten mit Anspruch schreibe? Nun ja, gute Frage. Nimmt man sich meiner Beurteilung von Anspruch an, so bleibt es noch immer eine Geschmacksfrage. Ich hatte Leser des ersten Teils von D&C, die mir zusicherten absolut gefesselt von der Geschichte gewesen zu sein, und wirklich das Buch bis zur letzten Seite verschlungen zu haben. Andererseits waren aber auch 1 oder 2 dabei, die mir schon ganz ehrlich zu verstehen gegeben haben... "Naja, sei net bös, die Geschichte an sich mag zwar nett sein, ist aber net so ganz mei Ding."

Andererseits verstehen viele unter "Anspruch" vielmehr das Aufgreifen gesellschaftspolitische Sachen, was ich durchaus auch nachvollziehen kann. Hin und wieder schmöker ich schon auch mal in solchen Büchern. Doch ob ich die Abhandlung gesellschaftspolitzischer Themen unbedingt in einer Fantasygeschichte haben oder verbauen muss? Nee, wohl doch eher nicht. Ich denke, da gibt es andere Genres, in denen solche besser aufgehoben sind. Natürlich hat man auch einen Anspruch gegen sich selbst. Sei es, was den Stil des Schreibens angeht, die Umsetzung einer Idee oder so etwas in der Richtung.

Andererseits...  Eine gut recherchierte Geschichte zu König Artus mit geschichtlichem Anspruch ist mir bei weitem lieber, als der fünfundzwanzigste Abklatsch von "Die Ritter der Tafelrunde", die vielleicht thematisch kreuzen, aber nicht verbinden.

Oder Monis Ausführungen. In meinen Augen durchaus in vollem Umfang nachvollziehbar ( ...wie die der anderen auch ) Was ist "Anspruch"? Oder was unterscheidet den eigenen, an sich selbst gestellten Anspruch, mit dem Anspruch, den der Leser erwartet? Ich kann mich diesen Ausführungen durchaus anschließen... Guten Gewissens.
:engel:

Mhmmm... Doch was sagt mir das abschließend? Einfach, dass wohl jeder eine andere Vorstellung von Anspruch hat, und einen eigenen Anspruch auch nach eigen Vorstellungen versucht weiterzugeben. Oder?
:pfanne:

Coppelia

Für Anspruch fällt mir vieles ein ...

- Dialoge: Etwas bleibt ungesagt. Vom Leser wird erwartet, dass er es zwischen den Zeilen herausliest. Für das weitere Verständnis der Handlung wird dieses Wissen vorausgesetzt.
- Figuren: Figuren differenziert charakterisieren, keine Weiß- und Schwarzmalerei
- Wertung: Keine Bewertung der Handlung; die Leser sollen sich selbst ein Bild machen, sie erhalten aber nur wenige Anhaltspunkte
- Reihenfolge: Etwas wird nicht sofort erklärt, sondern erst später.
- Symbolik: Originelle Symbolik verwenden, die nur im jeweiligen Text eine eigene Bedeutung besitzt.
- Sprache: Eine bildhafte Sprache ohne Klischees, die den Leser herausfordert.

Ich arbeite in fast jeder Geschichte mit diesen Elementen - mal mehr, mal weniger. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass einige Leser damit nicht gut klarkommen. Die meisten mögen aber ein Buch, wenn es ordentlich geschrieben ist, und kümmern sich nicht um die Symbolik usw.
Viele Fantasyleser mögen es aber nicht besonders, wenn keine Schwarzweißmalerei stattfindet und Handlungen nicht bewertet werden.

Ich könnte natürlich auch schreiben: "Heinz war ein böser Magier mit schlechtem Charakter. Er prügelte abends häufig seinen Hund. Das war schlecht, denn so etwas tut man nicht! usw."  ;D Aber das mag ich nicht so gern - ich stehe dazu, ein bisschen anspruchsvoll zu schreiben. Mein Pech. ;)

Und der ganz harte Anspruch ist das noch nicht, es ist nur Anspruch im Fantasy-Bereich. Sonstige anspruchsvolle Bücher sind etwas anderes. Ich bin aber ziemlich sicher, dass die oben genannten Dinge Grundlage für Anspruch in jedem Genre sind.

Arielen

Anspruch? Ich versuche den Geschichten keinen aufzuzwingewn. Was sich ergibt, das ergibt sich.

Ansonsten versuche ich nicht an Anspruch zu denken, denn sonst schreibe ich nichts zu Ende.
Alles liegt im Auge des Betrachters