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Schreiben OHNE Plotten

Begonnen von Kaeptn, 28. Oktober 2008, 09:15:35

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Sin

Ich bin ein Ohne-Plot-Schreiber.
Zumindest meistens.
Wenn ich ohne Plot, bzw. mit einem ganz, ganz, gaaanz groben Plot aus fünf Sätzen, schreibe, komme ich am weitesten. Meistens erzählen mir die Protas/Antas erst auf dem Weg, was sie zu sagen haben. Außerdem kam es schon so oft vor, dass ich etwas mit ihnen vor hatte. Als ich sie beim Schreiben besser kennen gelernt habe, musste ich dann feststellen, dass sie ganz anders handeln oder mir etwas nicht verraten hatten, das aber wichtig war.

Beim letzten NaNo hab ich versucht, zu plotten. Nur, da ich schon so viel wusste, auch über die Protas, hatte ich gar keinen Zug mehr, etwas zu schreiben.  :seufz:
Ich kannte sie schon zu gut, kannte zu viel ihrer Geschichte.

Vielleicht finde ich irgendwann noch den richtigen Mittelweg.  :D

Windfeuer

Ich brauche einen Plot. Ohne geht bei mir nicht. Ich würde mich nur verzetteln und letztendlich gegen eine Wand rennen an der ich nicht mehr weiter - vorbeikomme wie ich schon mal feststellen musste als ich ohne Plot drauf los geschrieben habe.
Zu gründlich tut mir allerdings auch nicht gut. Da enge ich mich nur ein wie ich gemerkt habe und bin blockiert.
Ich Plotte von Kapitel zu Kapitel. Meist ist es nicht länger als eine oder zwei Seiten.
Im Prinzip brauche ich nur einen roten Faden an dem ich mich entlang hangeln und ändern kann so viel ich Lust habe. Ich habe nämlich häufiger den Hang Kapitel zu streichen, hinzuzufügen oder zusammen zu legen. :)

Sunflower

Bei langen Projekten brauche ich einen Plot. Unbedingt. Ich schreibe zwar auf Figurenbasis und lasse sie grundsätzlich machen, was sie wollen (das kann auch nervig sein...), aber ohne Plot geht es mir wie Windfeuer - ich stoße andauernd auf tote Enden.
Mein erstes Projekt habe ich komplett durchgeplottet, jede Szene war genau beschrieben. Jetzt schreibe ich mir pro Kapitel ein paar Stichpunkte, was mir mehr Freiraum gibt.
Mein letztes, superkurzes Literaturprojekt (am Ende waren es 34 NS, also eher noch eine Kurzgeschichte, aber die Figuren hatte ich mehr ausgestaltet als sonst, wenn ich KGs schreibe) ist komplett ohne Plot geschrieben worden. Das war unglaublich interessant, ich hatte nur die Figuren. Ich habe aus der Ich-Perspektive meines Protas geschrieben und das hat die Erfahrung so spannend gemacht. Ich habe viel mehr mitgelebt als sonst und obwohl ich keine Ahnung hatte, was passieren würde oder wie es ausgehen würde, wusste ich immer, was "gerade" geschieht. In einem langen Projekt würde ich aber immer plotten. Sonst würde ich den Überblick verlieren, mit Perspektivwechseln und so weiter brauche ich dann doch eine "Anleitung" ;)
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Kay

Wer so wie ich gleich über einem 12bändigen Mammutwerk sitzt, kommt gar nicht um ein bisserl Plotten herum. Aber ich habe da über die Jahre einen für mich sehr angenehmen Zwischenweg gefunden.
Der Plot ist für mich so etwas wie der Rohbau eines Hauses. Der Grundriss steht (Grundaussage), die grobe Einteilung der tragenden Wände habe ich auch am Reißbrett vorbereitet und dann lade ich meine Protas ein und lasse sie sich in meiner Geschichte einrichten. Die können noch ein bisschen am Grundriss feilen, die Farbe vom Bad bestimmen. An den Fenstern und den Ausgängen vor allem mitgestalten und sich mit viel Eigenwilligkeit in die Inneneinrichtung stürzen.

Wenn ich zuviel versuche voraus zu plotten, dann streiken meine despotischen Protas. Die wissen sooooooo genau, wie sie ihr Leben leben wollen. Da kann ich mit Glück etwas mitreden, aber durchsetzen kann ich mich nur auf Kosten der Geschichte. Am Ende wird es immer lustiger, spannender, echter, besser, wenn ich sie machen lasse.
Ob das jetzt daran liegt, dass ich so schlecht schreibe, will ich ausdrücklich offen lassen  :P

Dürrenmatt hat mal sehr treffend bemerkt, Schreiben sei wie Schach. In der Eröffnung ist man frei, aber alles weitere folgt logischen Zwängen.

Drachenfeder

Interessant, dass dieses Thema wieder hervorgeholt wurde, denn ich habe mich soeben mit unserer Tinnue über das Plotten unterhalten.
Auch nach einigen Jahren nach meinem letzten Eintrag hier handhabe ich es noch ganz genauso: Ich plotte, aber nicht besonders ausführlich.
Mittlerweile plotte ich sogar jedes einzelne Kapitel (soweit es funktioniert) aber nicht jedes einzelne Gespräch, nicht jede Szene.
Jemand schrieb hier, dass das eigentliche Schreiben dann nur noch Arbeit sei. Genau! Sehe ich auch so und dann macht es irgendwie keinen Spaß mehr.
Meiner Meinung nach kommt die Magie einer Geschichte erst beim Schreiben. Wenn ich alles bis ins kleinste Detail plotten würde, könnte meine Magie nie zum Zuge kommen. Ich will manchmal auch gar nicht wissen, was als nächstes passiert. Ich will es erleben! Den »kurzen« Plot, den ich zuvor Schreibe ist ein Roter Faden, an dem ich mich entlang hangele. Alles andere kommt von ganz allein.



Robin

Ich habe völlig ohne Plotten angefangen, und mir immer so mittendrin überlegt, wie ich zu dem anvisierten Ende hinkommen will. Nicht unbedingt effektiv, die Methode - viele Geschichten haben sich so verrannt, oder haben auf eine nicht zufriedenstellende Weise geendet.

Mittlerweile setze ich mir in der Geschichtenlandschaft quasi Wegpunkte, um wenigstens ungefähr dorthin zu kommen, wo ich auch hin will. Ich segle quasi von Insel zu Insel, und manchmal auch aufs offene Meer hinaus, um zu sehen, ob ich neues Land entdecke. ;)
~Work in Progress~

Tinnue

#96
ZitatInteressant, dass dieses Thema wieder hervorgeholt wurde, denn ich habe mich soeben mit unserer Tinnue über das Plotten unterhalten.

Ja, das ist wahr. :D

Ich handhabe das so, dass ich sowohl bei Kurzgeschichten als auch bei Romanen  plotte. Allerdings kein 100% fein strukturierter Plott, ganz ohne geht es bei mir aber auch nicht, weil ich arbeitstechnisch oft viele kleine "Baustellen" habe und auch sonst eher ein chaotischer Mensch. Da würde ich mich gnadenlos verzetteln. Ich versuche einfach, für mich einen Mittelweg aus beidem zu finden. So verhindere ich, dass ich mich verzettele oder ewig um den Brei herum rede, und lasse den Figuren dennoch Raum, sich eigenständig zu entwickeln.
Ein bisschen fühle ich mich da manchmal von Regeln/Ratgebern unte Druck gesetzt a la "Du musst das so und so machen". Dann helfen mir Leute wie die liebe Drachenfeder, die sinngemäß sagt: Gib nix auf die Regeln. Es muss sich für dich richtig anfühlen. :)


Nirahil

So, mit ein bisschen mehr Erfahrung im Gepäck will ich noch mal was zum Plotten sagen. Inzwischen habe ich nämlich einen groben und kann es selbst kaum glauben.
Ich finde das schwer! Zwar reicht mein Plot jetzt endlich bis zum Ende und es sind auch keine Monsterlücken mehr drin (danke an meine wundervolle Plotgruppe!), aber es ist wirklich schwer. Erstmal, auf die Ideen zu kommen, und dann, damit zufrieden zu sein. Schicke ich A nun zu B oder erst zu C? Dichte ich eine weitere Person hinzu, oder erreichen die vorhandenen alles, ohne sie? Will ich sie wirklich dorthin jagen, oder nicht doch lieber was anderes machen?  :gähn: Ich bin sehr gespannt, ob die fertige Geschichte auch so ein Kuddelmuddel wird. An sich bin ich mit dem Plot jetzt meistens recht zufrieden, aber in manchen Momenten frage ich mich unwillkürlich, was zum Henker ich mir denn bei der Wendung der Dinge gedacht habe.

Allerdings bezweifle ich, dass ich diese Geschichte ohne Plot vollenden könnte. Vielleicht halte ich mich nicht daran und schreibe etwas völlig anderes, als ich geplant habe, aber einen Plan zu haben, vermittelt plötzlich so viel Sicherheit - daran muss ich mich erst gewöhnen. Und außerdem ist mir dadurch auch endlich aufgefallen, dass mir händeringend einige "Nebenquesten" gefehlt haben.  ;D Vielleicht werden wir doch noch Freunde, das Plotten und ich.
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

dat xrüsli

Ich bin wohl eine der wenigen, die nur ein bisschen Plotten. Also so völlig ohne Ausarbeitung könnte ich wohl auch nicht mehr schreiben, aber ich mag es nicht, die Geschichte schon im Vorfeld en detail zu kennen. Denn dann ist es ja nur noch die Niederschrift eines bekannten Handlungsverlaufes und das ist für mich nur noch reine, langweilige Arbeit.

Was ich grundsätzlich mache sind zwei Dinge: Zu erst halte ich den Ausgangspunkt in Form eines kleinen Klappentextes fest. Dann überlege ich mir die Schlussszene und notiere hier ebenfalls Stichpunkte. Für mich ist es nämlich wichtig zu wissen, wohin die Geschichte führen soll, sonst verläuft sich alles im Sand.
Als zweiten Schritt arbeite ich die Figuren aus. Ich fertige zunächst ein Liste aller wichtigen Handlungsträger an und notiere mir Äußerlichkeiten, sowie wichtige Eigenschaften, Fähigkeiten und Macken. Und natürlich die Funktion in der Handlung. Darüber hinaus lerne ich meinen Protagonisten gerne im Vorfeld kennen, nämlich indem ich einfach eine Alltagsszene mit ihm beschreibe. Ich lasse ihn aufwachen und beobachte dann, was er den Tag über so tut. Und sobald ich mich auf diese Weise meinem Protagonisten angenähert habe, fühle ich mich auch bereit, die eigentliche Geschichte zu schreiben. Ohne ganz genau zu wissen, was wann passieren wird.

Natürlich passiert es bei dieser Methode auch mal, dass ich eine Geschichte an die Wand fahre. Aber in dem Falle ist es mir das wert, denn für mich zählt beim Schreiben "no risk, no fun". ;)

Ryadne

Zitat von: dat xrüsli am 28. Mai 2013, 21:51:42
Ich bin wohl eine der wenigen, die nur ein bisschen Plotten. Also so völlig ohne Ausarbeitung könnte ich wohl auch nicht mehr schreiben, aber ich mag es nicht, die Geschichte schon im Vorfeld en detail zu kennen. Denn dann ist es ja nur noch die Niederschrift eines bekannten Handlungsverlaufes und das ist für mich nur noch reine, langweilige Arbeit.

Geht mir ähnlich. Ich habe einmal eine Handlung von vorne bis hinten fast bis ins letzte Detail durchgeplant. Aber das Schreiben selbst hat dann einfach nicht mehr so viel Spaß gemacht und nach der Hälfte habe ich abgebrochen.

Anfangs habe ich nur Anfang und Ende meiner Geschichten geplant; das mache ich inzwischen auch nicht mehr, da ich gemerkt habe, dass sich dann einige sehr beliebig wirkende Kapitel ins Manuskript reinschleichen. Inzwischen wähle ich also so ein Mittelding, bei dem ich einige Fixpunkte habe, mich zwischen denen aber frei bewegen kann. Mir kommen einfach viele Ideen vor allem zu Zusammenhängen erst während des Schreibprozesses selbst. Wenn ich da schon zu viel vorgegeben habe und die Handlung keine Flexibilität zulässt, verliere ich das Interesse.