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Schreiben OHNE Plotten

Begonnen von Kaeptn, 28. Oktober 2008, 09:15:35

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Nirahil

Uii, vielen lieben Dank, Grey!  :knuddel:
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

Janika

Vielen Dank, Grey! :jau: :knuddel:

Also, ich hatte bislang ja nur gesagt, wie ich es bei meinem Erstling gehandhabt habe. Mittlerweile versuche ich zu plotten, um zu vermeiden, mich alle Nase lang festzusetzen oder in eine Ideenfflaute zu rutschen. Ich plane aber nur grobe Wegpunkte, die ich erreichen will und auf die ich dann hin schreiben kann. Einzelne Szenen plane ich höchstens in meinem Kopf, die gesamte Handlung kenne ich selbst auch noch nicht. ::) Es muss ja noch Raum für Überraschungen sein, auch für mich selbst! :)
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

Alana

#77
Ich habe früher komplett ohne Plot geschrieben und zwar meine ersten drei Romane. Da hatte ich wirklich nur eine grobe Idee, wusste vielleicht ungefähr, wie das Ende werden soll, und das wars. Gut, ich hab die Romane beendet. Aber einer ist so, dass man sich wirklich nur dafür schämen kann, und die zwei anderen wären mit Plot wesentlich besser geworden. Aber dafür probiet man ja aus, damit man weiß, was einem liegt.
Wenn ich ohne Plot schreibe, dann ist das eine echte Quälerei für mich. Jede 100 Wörter muss ich mir mühsam abringen.
Mittlerweile plotte ich total akribisch, teilweise sogar die Dialoge im vorraus. Ich lege für jede Szene ein Dokument an und meist stehen da schon 1000 Wörter an Anweisungen, bevor ich auch nur ein Wort geschrieben habe. Mir macht das wahnsinnig Spaß. Außerdem erkenne ich so vorher schon, was funktioniert und was nicht und wo ich noch plotten muss. Wenn ich dann schreibe, fließt es nur so aus mir raus, weil ich mir einfach keine Gedanken mehr machne muss, was ich schreibe, sondenr nur wie ich es schreibe. Ich weiß, wie die Charaktere sich in dieser Szene entwickeln werden und kann damit spielen. Raum für spontane Inspiration ist trotzdem mehr als genug, und ich würde das auch nie unterbinden. Wenn mir das passiert, und zwar so, dass es mich völlig vom Plan wegführt, dann schaue ich mir das an. Wenn es gut ist, darf es bleiben und ich plotte den Rest um. Für mich hat das eigentlich nur Vorteile, denn dadurch wird auch die Überarbeitung wesentlich leichter.
Die Szene, die mir gestern und heute solche Schwierigkeiten gemacht hat, war eine, die ich kaum geplottet hatte, weil ich sie auf mich zukommen lassen wollte. Tja, da hat sich mein Problem mal wieder bestätigt. Ich kanns einfach nicht gut ohne. (Dazu kamen sehr hohe Erwartungen, aber mit Plot hätten sie sich vielleicht nicht so schlimm ausgewirkt.) Aber ich denke, das ist wirklich eine Typfrage. Richtig oder falsch gibt es da nicht.
Alhambrana

Fianna

#78
Ich kann absolut keine Handlungsstränge oder Szenenabfolgen korrigieren. Falls ich also ein manuskript gegen die Wand fahre, kann ich nicht einfach so lange dran rumschreiben, bis es nur noch 40-70 % mit der ursprünglichen Version gemeinsam hat und passt.
Deswegen muss ich in jedem Fall plotten.
Manchmal mache ich nur eine grobe Szenenfolge (Perspektivträger, welche wichtige Information wird rübergebracht --> Sinn der Szene), manchmal notiere ich detaillierter, wie die Szene ablaufen soll, welchen Zweck sie hat, was über die einzelnen Figuren und Handlungsstränge preisgegeben wird.

Vor dem plotten habe ich auch immer Beginn der Story, Konflikt, Wendepunkt/Konfliktlösung und vor allem die Schlußszene im Kopf.

Lucien

Ich war früher überzeugt, dass ich die besten Geschichten ohne Plot zustande bringe, indem ich meiner Phantasie einfach freien Lauf lasse ... das Ergebnis war immer unsagbar unlogisch, weil ich dazu neige, komplizierte, irgendwie verschachtelte Handlungen auszubrüten und ich den Überblick verloren habe.  :d'oh:
Mit Plot komme ich besser klar. Dabei hat der Plot bei mir nicht nur die Funktion, die Handlung festzulegen, sondern er ist auch meine wertvollste Gedächtnisstütze und mein hilfreichstes Werkzeug zur Organisation der Geschichte.
Ich lasse in meinen Plot für gewöhnlich einfließen, was wann wo passiert, wer warum wie handelt (damit ich später nicht selber dumm dasitze und nicht mehr weiß, was das alles soll  ;D ) und ich kann nachvollziehen, was schon geschehen ist und was sich dadurch dem Leser bereits erschließt - ich vergesse nämlich auch gerne mal, dass ich als Autor mehr weiß, als der Leser.  ::)

Dabei habe ich es allerdings erst einmal geschafft, den Plot wirklich vor dem eigentlichen Schreiben komplett fertig zu haben. Bei allen anderen Geschichten arbeite ich auch mit dem System, den Plot immer nur häppchenweise zu verfassen. Wie weit ich vorplotte, ist unterschiedlich, aber grundsätzlich plotte ich lieber weeeiiit im Voraus, sonst komme ich einfach zu schnell an den Punkt, an dem der Plot nicht weitergeht und ich in Panik verfalle.  :d'oh:

Rhiannon

Ich finde es ja schon interessant, wie extrem sich da die Meinungen unterscheiden. Nachvollziehen kann ich beide Positionen. Klar, wenn man eine sehr unübersichtliche Geschichte hat, ist das Plotten schon allein deswegen wichtig, um nicht selbst den Faden zu verlieren.
Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum meine Geschichten alle recht linear sind. Zwei Persektivträger war bisher das Höchste der Gefühle.
Ich bewundere ja Autoren, die das in solche Extreme wie z.B. G.R.R. Martin treiben können (Wie viele Perspektivträger hat der eigentlich tatsächlich?), aber ich weiß auch, dass ich zu ungeduldig dafür bin.
Plotten ist für mich ungefähr genau so fürchterlich wie Überarbeiten. Wenn mir eine neue Idee kommt, kann ich sie entweder in ein, zwei Sätzen niederschreiben und dieser Pitch ist dann alles, was ich an Plot habe, oder es ist eine von den Penetranten, die ich sofort niederschreiben muss. Ausführlich ausarbeiten frustriert mich dann aber, weil ich mich dann noch nicht in das "richtige" Schreiben stürzen kann.
Und wenn dann wieder einmal meine Protas ein Eigenleben entwickeln , mir die lange Nase drehen und mir erzählen, dass mein Plot so nicht funktioniert, weil sie beschlossen haben, eine ganz andere Rolle spielen zu wollen, als die, die ich ihnen ursprünglich zugedacht hatte, dann ärgert es mich auch wieder, weil ich so viel Zeit mit Plotten verbracht habe, die ich doch genau so gut gleich hätte zum Schreiben nutzen können.
Panik vor dem Plotloch kenne ich eigentlich nicht. Ich falle zwar manchmal kopfüber in welche, wenn ich z.B. fürs Romanboard eine Handlung zusammenfassen will, oder aber mir das Ende vor der Mitte eingefallen ist und ich nicht weiß, wie ich da hinkommen soll, aber wenn ich mit dem tatsächlichen Schreibprozess da angekommen bin, löst sich das bei mir von selbst.

Nirahil

Ich bin jetzt rigoros dazu übergegangen, rückwirkend zu plotten, weil ich irgendwie einfach nicht voraus planen kann. So hoffe ich, unlogische Begebenheiten zu vermeiden, aber ob das wirklich das gelbe vom Ei ist, wird wohl erst noch aufkommen. Dafür tue ich mir generell etwas schwer, die Geschichte voran zu treiben, aber das Problem hätte ich, wenn ich plotten würde, wohl da eh schon. Zumal das bisschen Plot, das ich hatte, eindrucksvoll gezeigt hat, wie sehr ich mich daran halte - nämlich gar nicht. Da wird umgeworfen, umgedichtet, der Prota rennt doch woanders hin und plötzlich taucht noch jemand auf, der gar nicht geplant war. Deshalb habe ich mich jetzt auch entschieden, zumindest diesen Roman nicht zu plotten, sondern nur rückwirkend die Szenen zusammen zu fassen, damit ich nachlesen kann, was wo passiert.

Dafür hat mich eine Freundin gefragt, ob ich Lust hätte, bei einem Point'n'Click Adventure, das sie zusammenbasteln will, als Schreiberling zu fungieren. Ich glaube, da versuche ich die Idee mit dem Plotten noch mal, das ist eh ein reines Hobbyprojekt. Weil praktisch wär das natürlich schon, immer zu wissen, wo es als nächstes hingeht  :hmmm:

Es ist auf jeden Fall wirklich spannend, eure Meinungen zu dem Thema zu lesen und ich bin gespannt, was für mich die "richtige" Vorgehensweise sein wird. Ob ich irgendwann ohne Plot völlig fest stecke oder mit Plot überhaupt nicht weiter komme.
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

Melenis

Also ich bin Plotterin, weil ich mich ansonsten in total unlogische Situationen bringe, die mich 1. sehr nerven und 2. die mir die Lust am weiterschreiben nehmen. Ich halte mich jedoch nicht 100 Prozent an meinen Plot, wenn mir zum Beispiel eine neue Idee beim Schreiben kommt, die sich sehr gut in den bereits bestehenden Plot einbauen lässt, eine neue Figur vielleicht, nehme ich die auch dankend an. Das kam jetzt bereits mehrfach bei meinem aktuellen Projekt vor und gerade bei einer Idee frage ich mich, wie ich ohne sie überhaupt den Plot habe planen können, weil die neue Idee so viel Leben und eine Menge neue Figuren in meine Geschichte gebracht hat.
Kurz zusammengefasst: Plot: Unbedingt! Strikt daran halten: Nicht unbedingt. Wobei ich für Ideen, die sich gar nicht so recht einbinden lassen, einfach einen neuen Plot kreiere  ;D Wäre ja schade, die Ideen einfach liegen zu lassen, und im schlimmsten Fall zu vergessen  :o

Lucien

Zitat von: Nirahil am 07. April 2013, 13:31:03
Es ist auf jeden Fall wirklich spannend, eure Meinungen zu dem Thema zu lesen und ich bin gespannt, was für mich die "richtige" Vorgehensweise sein wird. Ob ich irgendwann ohne Plot völlig fest stecke oder mit Plot überhaupt nicht weiter komme.
Ich fürchte, dass sich das Steckenbleiben weder so noch so vermeiden lässt. Das scheint einfach zum Schreiben dazu zu gehören. Was dich nicht davon abhalten sollte einen Weg zu finden, um Hänger möglichst selten zu machen.
Was ich in solchen Fällen allerdings am Plot als "Vorteil" betrachte: ich kann mit dem Finger drauf zeigen. "Daaa stecke ich fest!"  ;D

Zitat von: Melenis am 07. April 2013, 17:20:48
Kurz zusammengefasst: Plot: Unbedingt! Strikt daran halten: Nicht unbedingt.
Schön auf den Punkt gebracht.  :jau: Auch wenn ich schon von mir behaupten würde, dass ich meinen Plot ziemlich engmaschig stricke, gibt es doch innerhalb des Rahmens genug Spielraum für die Figuren - wenn auch nicht unbegrenzt.

Runaway

Oh, welch spannendes Thema! Und ich muß zugeben, ich habe keine klare Position zum Thema. Aber eine Anekdote.

Ich hatte mit 14 entnervt das Schreiben "aufgegeben". Weil ich dachte, es wär alles schlecht, was ich schreibe.
De facto hatte ich damals keine Glanzzeit, aber kompletter Schrott war es nicht.
Als ich 16 war, kam der HdR-Boom auf. Ich hab den Herrn der Ringe durchgelesen und war entsetzt, daß Frodo am Ende Mittelerde verließ. Geht ja gar nicht! Er mußte zurückkehren.
Gesagt, getan. Ich hab einfach angefangen zu schreiben. Daraus erwuchs meine erste Fanfiction, heruntergeschrieben in 10 Tagen mit ungefähr 80 Seiten; ich schätze, das müssen so um die 50.000 Wörter gewesen sein.
Und der Witz daran war: Ich hatte keinen Plot. Nicht den Hauch eines Plots. Aber die Geschichte war sensationell, die ist eingeschlagen wie eine Bombe. Ich war damals im deutschsprachigen HdR-Fanfiction-Bereich ein Pionier. Egal auf welcher Con ich aufgekreuzt bin, da haben mich Leute erkannt und angesprochen.
War also offensichtlich auch kein kompletter Schrott ;)

Aber ich muß zugeben, heute klappt das so nicht mehr. Mag, und das ist wohl ein ganz wichtiger Punkt, auch am Genre liegen. Ich schreibe jetzt Thriller, die müssen einfach logisch funktionieren. Da muß ich recherchieren und plotten.
Doch auch da erstelle ich nur ein Gerüst. Ich brauche einfach Raum, um während der Geschichte noch neue Ideen entwickeln zu können. Gerade wieder passiert - ich hatte Montag eine Idee, hab Dienstag mit Schreiben angefangen und vorgestern eine neue Figur erfunden, die in meiner Plotline überhaupt nicht auftaucht.
Genauso wie ich grundsätzlich nur zwei Drittel der Story plotte, bevor ich anfange. Ich hab schon oft genug die Erfahrung gemacht, daß Geschichten sich anders entwickeln, als sie sollen und dann das angedachte Ende nicht mehr paßt. Das lasse ich inzwischen auf mich zukommen.
Ja, auch auf die Gefahr hin, daß sich da manchmal nix Brauchbares entwickelt. Ist auch schon vorgekommen. Aber trotzdem fahre ich gut mit der Mixtur Plotten - flexibles Ideensammeln. Das ist so ähnlich wie bei Melenis.

Telas

Ich fahre aktuell mit dem plotlosen Schreiben relativ gut. Mein aktuelles Projekt ist jetzt bei über 200 Normseiten und ich bin noch lange nicht fertig. Früher hat mir das Plotten eigentlich immer Spaß gemacht, aber mittlerweile finde ich es meistens nur noch anstrengend. Das liegt leider daran, dass ich ein sehr ungeduldiger Typ bin und schnell auf viel Text kommen möchte. Für den T12 ist das zwar ganz gut, aber für die Qualität der Texte? Da bin ich mir eher unsicher. Aber es gibt noch einen Grund, warum ich ohne Plots auskomme in der letzten Zeit, ich habe mich sowieso nie groß an das gehalten, was ich mir im Voraus aufgeschrieben hatte und da dachte ich mir, probiere es doch mal ganz blanko. Nun, noch läuft es gut und ich hoffe sehr, dass dies so bleibt.

Maja

Ich habe, getreu unserem Motto, dass alles nur einmal gesagt werden muss, den Thread "Schreiben ohne Plot" mit dem nur geringfügig anders benannten "Schreiben ohne Plotten" zusammengeführt. Nicht wundern.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Janika

Huch, dass es so etwas sicher schon einmal gab, hatte ich gar nicht bedacht, als ich den Vorschlag zum Auskoppeln machte und Grey darum bat. Mea culpa, tut mir leid, danke für's Korrigieren! :versteck:
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

Maja

Ich habe ein gutes Gedächtnis, und mir kam der Betreff so bekannt vor - jetzt ist alles da, wo es hingehört, und beisammen. Leider spuckt die Forenmaschine den alten Thread nicht aus, wenn man "ohne Plot" sucht, weil sie nicht trunkieren kann, und ich erwarte nicht, dass sich jeder an einen fünf Jahre alten Thread erinnert. Also, no harm done.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Alessa

Die Meinungen zu dem Thema sind sehr interessant und ich kann beide Positionen verstehen. Ich habe meine ersten drei Romane ohne Plot geschrieben, ich hatte nur einen Anfang, die Figuren und das ungefähre Ende. Die Folgen waren, dass ich zwischendurch regelmäßig in ein tiefes Loch gefallen bin und nicht mehr weiter kam und dann habe ich meinen dritten Roman zwei Mal an die Wand gefahren, weil ich einfach nicht zu dem Ende gekommen bin, das mir vorschwebte. Erst beim dritten Anlauf ist mir das gelungen. Meinen nachfolgenden Roman habe ich dann akribisch geplottet und am Ende festgestellt, dass mir das Schreiben des Projektes keinen Spaß mehr gemacht hat. Denn ich hatte ja schon alles irgendwie geschrieben, wozu dann noch den Roman tippen? Zudem blieb mir durch den genauen Plot kein Freiraum für irgendwelche Ideen, die ich während des Schreibens hatte. Daher kam ich zu dem Schluss, dass ein Plot von A-Z auch nicht das richtige für mich ist.
Für meinen vierten Roman habe ich dann einen groben Plot erarbeitet, der den Anfang, das Mittelteil und Ende enthielt. So blieb mir Freiraum für neue Ideen und ich wusste beim Schreiben, wo ich hin will. Für mich ist diese Variante die bessere, sie lässt mir beim Schreiben Luft zum Atmen und quetscht mich nicht in ein vorherbestimmtes Korsett.
Aber ich denke, jeder Autor muss die für ihn bestimmte Variante selbst herausfinden, da gibt es keine einheitliche Lösung. Aus dem Bauch heraus zu schreiben hat genauso seine Vorteile, wie einen Plot von A-Z zu erarbeiten.