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Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?

Begonnen von Thaliope, 28. Juli 2013, 08:04:01

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Moni

Zitat von: Thaliope am 02. August 2013, 09:27:36
Es geht mir ja gar nicht um einen speziellen Text.

Ich war jetzt davon ausgegangen, dass du aufgrund des Feedbacks zu einem bestimmten Text darauf gestoßen wurdest. Und bei diesem Text das Problem hast, die Gründe dafür nicht zu erkennen. Also würde ich schon sagen, dass ein spezieller Text der Auslöser war.  ;)
Und genau darum würde ich, bevor ich mir den Kopf über Gender Studies usw zerbreche als allererstes den Leser fragen, der dir dieses Feedback gegeben hat. Wenn er dann nicht an etwas speziellem festmachen kann, was diesen Gedanken bei ihm ausgelöst hat, dann kann man tiefer recherchieren und versuchen zu ergründen, ob es an generellen Formulierungen etc liegt.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Debbie

Zitat von: Lavendel am 02. August 2013, 11:26:27
Ach je ... ich habe da aber ganz andere Männer kennengelernt als du, Debbie. Und ich fürchte, es ist nicht qualifizierend, zu sagen, du hättest langjährige Erfahrung im Umgang mit Männern. Haben zu 100% alle anderen Frauen, so wie alle Männer langjährige Erfahrung im Umgang mit Frauen haben.
Wenn ich jetzt ein Mann wäre, würde ich mich von dir diskrimminiert fühlen, aber lassen wir jetzt mal die generelle Gender-Debatte. Ich will nur anmerken, dass man beim Menschen immer sehr vorsichtig sein muss, was die Bezeichnung als "natürlich" betrifft. Natürlich waren wir vor der Entstehung der Kultur, und die begann spätestens vor 100.000 Jahren. Selbst so "natürliche" Dinge wie Essen und Ausscheiden sind extrem stark kulturell kodiert - oder kackst du ganz "natürlich" an Bäume, wenn du musst? (Sorry :P)

Klar, aber es ist nochmal was ganz anderes, ob du Männer als Partner oder Männer als Freunde, bzw. untereinander erlebst. Der Mann als Partner nimmt in gewisser Weise immer Rücksicht auf seine Partnerin, wird sich ihr gegenüber in gewissen Dingen also immer zurückhalten. Und wenn man "einzelne" gute Freunde hat, wird man niemals einen regelmäßigen Einblick in die Gruppendynamik bekommen ... Insofern gehe ich jetzt einfach mal davon aus, dass nicht 100% der Frauen die gleichen Erfahrungen haben  ;)

Außerdem hab ich doch das hier eindrücklich dazu geschrieben:

ZitatFalls sich also jemand von dieser Sichtweise angegriffen oder beleidigt fühlt - Sorry! Natürlich gibt es Ausnahmen, nicht alle Männer sind genau so, aber meine Eindrücke beruhen auf langjähriger Erfahrung mit verschiedenen Männern (und Kategorien), und erheben keinesfalls einen Anspruch auf Vollständigkeit!

Aber ich mach es auch gerne fett, wenn du meinst es wäre nicht deutlich genug zu erkennen... Und ich lasse mir von den anwesenden Männern - von denen ich dem Großteil einen Hang zur Geisteswissenschaft unterstelle - gerne meinen Horizont erweitern, wenn sie sich hier falsch verstanden fühlen.

Thaliope

Zitat von: Moni am 02. August 2013, 11:51:50
Ich war jetzt davon ausgegangen, dass du aufgrund des Feedbacks zu einem bestimmten Text darauf gestoßen wurdest. Und bei diesem Text das Problem hast, die Gründe dafür nicht zu erkennen. Also würde ich schon sagen, dass ein spezieller Text der Auslöser war.  ;)
Und genau darum würde ich, bevor ich mir den Kopf über Gender Studies usw zerbreche als allererstes den Leser fragen, der dir dieses Feedback gegeben hat. Wenn er dann nicht an etwas speziellem festmachen kann, was diesen Gedanken bei ihm ausgelöst hat, dann kann man tiefer recherchieren und versuchen zu ergründen, ob es an generellen Formulierungen etc liegt.

Wenn ich die Frage aber nun mal spannend finde? Wenn ich eben ein kleiner linguistischer Sprach-Nerd bin, der sich für solche Feinheiten brennend interessiert?
Und der Auslöser waren mehrere Texte. Einer vor vielen Jahren, wo ich zu dem Feedbackgeber keinen Kontakt mehr habe - und auch die Geschichte glaube ich nicht mehr exisitert - und einmal die Bibliotheksgeschichte, wo manche automatisch eine Frau und andere automatisch einen Mann assoziiert haben. Der eigentliche Anlass, diese Frage zu stellen, ist eine Geschichte, die ich erst noch schreiben will, und dafür wollte ich auf Überlegungen von anderen zurückgreifen, die sich darüber vielleicht schon Gedanken gemacht haben.

Und offenbar fällt ja ein paar Leuten durchaus was Allgemeines dazu ein, was ich sehr hilfreich finde. Ohne, dass ich das eins zu eins umsetzen müsste, aber einfach als Richtung, in die ich denken kann und anhand derer ich mal ein paar Texte analysieren kann, bringt mich das schon sehr viel weiter.

LG
Thali

Lavendel

Zitat von: Thaliope am 02. August 2013, 11:38:19
Aber, Lavendel, es geht doch hier wirklich nicht um zwingende Zuschreibungen, dass alle Männer so und so reden/denken müssen, sondern um die Beobachtungen die einzelne gemacht haben. Und die finde ich als solche interessant und aufschlussreich, ohne dass ich jetzt daraus schließen müsste, dass alle Männer genau so sind, wie Debbie es beschreibt.

Und Kultur/Natur hin oder her, mich interessiert die derzeitige Realität, ob die nun durch Biologie, Kultur oder Natur bedingt ist, spielt in diesem Fall für mich eigentlich überhaupt keine Rolle.

Ich versteh deinen Standpunkt und finde die Debatte richtig und wichtig, aber sie trifft nicht den Kern dessen, worum es mir in dieser Frage geht. Mir geht es darum, eine Illusion zu erzeugen, bzw. eine bestehende Illusion (bzw. mithilfe der Nennung des Namens), nicht durch typisch weibliche Sprach- und Denkmuster (so es diese gibt) zu konterkarieren. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich finde, Frauen müssten typisch weiblich sein und Männer typisch männlich, sondern ich versuche nur, eine bestimmte Illusion hervorzurufen, die natürlich auf kulturellen Konventionen fußt - und mit unterbewussten oder semi-bewussten Assoziationen arbeitet.

Aber vielleicht ist das Thema auch einfach zu speziell...

LG
Thali

Aber, Thali, auch wenn es nervig ist, sich damit auseinanderzusetzen, die Welt, auch die Welt der Literatur, ist nicht so einfach in die Dichotomie von weiblich und männlich einzuteilen. Es gibt meiner Meinung nach keine klaren Strukturen oder Marker, mit denen man eine Figur in der Ich-Perspektive als zwangsläufig männlich oder weiblich kennzeichnen kann - es sei denn man benutzt eindeutige Namen oder eben Personalpronomen.
Ja, es ist blöd, sich ständig damit zu beschäftigen, und es ist vielleicht auch blöd, wenn ich immer diejenige sein muss, die damit um die Ecke kommt.  Natürlich gibt es Unterschiede zwischen biologischen Frauen und Männern, die immer bleiben werden, und es gibt Unterschiede im sozialen Verhalten, aber man muss sich trotzdem fragen, wie groß diese Unterschiede letzlich sind, und ob es gerechtfertigt ist, nach Formeln zu suchen, das Geschlecht ohne Nennung von Pronomen, Namen oder Artikeln anhand von sprachlichen Strukturen zweifelsfrei für alle Leser zu herauszustellen - weil die Frage ja auch sein muss, ob diese Allgemengültigkeit überhaupt möglich ist. Wenn du linguistisch interessiert bist dann musst du doch auch fragen: Wie sinnvoll ist die Frage nach weiblicher oder männlicher Diktion? Wie signifikant sind die Unterschiede? Und als Autorin sollte dich dann interessieren, inwieweit es einen Text oder deine Figuren besser macht, wenn du Allgemeinplätze verwendest um deinen Ich-Erzähler zu charakterisieren.
So sehe ich diese Suche nach dem Unterschied jetzt im Moment. Ich bin und bleibe der Meinung, dass einprägsame und vielschichtige Figuren nicht hauptsächlich durch ihr Geschlecht interessant oder glaubwürdig werden, auch nicht als Ich-Erzähler. Sie werden interessant, glaubwürdig und rufen bei den Lesern emotionale Reaktionen hervor, wenn sie vielschichtig sind, wenn sie einen interessanten inneren Konflikt haben und so weiter.
Dich interessiert die Realität, na gut: die Realität ist in keiner Beziehung einfach und kein Mensch ist eine Schablone. Und Literatur schafft sowieso immer eigene Realitäten. Jeder literarische Text ist eine eigene, in sich geschlossene Realität, die nah an unserer Wirklichkeit scheinen kann, es aber nicht ist, ob ich jetzt einen Gegenwartsroman schreibe oder eine Fantasyepos. Bei letzterem ist es nur offensichtlicher.
Literatur hat aber auch eine Rückwirkung auf die Realität. Konzepte, Gedanken, Weltbilder, die in Literatur verarbeitet werden, kommen zwar aus der Realität, weil jeder Autor ja in der Realität lebt, deren Einflüsse er in seinen Texten verarbeitet, aber gesellschaftliche Entwicklungen laufen auf vielen Ebenen, und Geschichten sind eine sehr wichtige Ebene, durch die wir die Realität reflektieren und weiterdenken. Da bestehen Wechselwirkungen, die eben nicht einfach sind, und die sich nicht einfach so auflösen lassen, um das aus medientheoretischer Sicht zu beschreiben.
Also, gibt es diese weibliche/männliche Diktion, nach der du fragst, in der Realität? Scheinbar ja, in gewisser Hinsicht zumindest, dazu habe ich oben ja was geschrieben. Und sicher, man kann damit als Autor spielen. Es ist an mancher Stelle vielleicht sogar sinnvoll, sich zu überlegen, welche Figur "Liebe Güte" sagt und welche nicht. Aber wenn man solche Fragen schon stellt, muss man auch bereit sein, so weit über den Tellerrand zu sehen, um seine eigene Frage in Frage zu stellen. Gerade in dieser Beziehung setzt man oft schon Maßstäbe an, bevor man überhaupt angefangen hat, sich der Antwort anzunähern.

Thaliope

Okay, Lavendel, ich glaube, wir reden hier hoffnungslos aneinander vorbei.

Es ging mir nie darum, männlich oder weiblich als das eine, einzige oder bestimmende Charakteristikum einer Person zu bestimmen. Und dass du das jetzt so hinstellst, lässt mich echt ein bisschen verzweifeln. Es ist natürlich nur eines von vielen Merkmalen, das ich aber nicht gänzlich außer acht lassen kann. Denn wenn ich einen Text lese, dann habe ich dabei entweder einen Mann oder eine Frau vor Augen. Einen Menschen, ja, einen Menschen, der noch tausend andere Eigenschaften hat, ja, natürlich. Ich kann nicht so richtig glauben, dass ich das tatsächlich dazuschreiben muss. Es war nur die Frage nach einem Detail von vielen. Und ich weiß an dieser Stelle gerade nicht mehr weiter. *schulternzuck*


EDIT: Die Frage, ob, wie und mit welcher Intention man die Antworten auf diese Frage nachher umsetzt, und welche gesellschaftlichen Folgen das hat, kann bestimmt an anderer Stelle sinnvoll gestellt und diskutiert werden. Mir geht es gerade einzig und allein ums Handwerk, um die Technik, die Analyse.
Aber was du mir gerade alles an Unwissenheit unterstellst, finde ich echt ein bisschen verletzend.
LG
Thali

Debbie

@Thali: Ich finde man kann auch sehr gut erkennen, wie Männer denken und fühlen, wenn man ein Buch mit einem männlichen Protagonisten liest, dass von einem Mann geschrieben wurde. *reichtdireinenNervenberuhigungstee*   :omn:

Natürlich ist es dann nochmal was anderes, wenn es von einem intellektuellen Mann geschrieben wurde - denn ab einem gewissen Maß von Intellektualität verschwimmen die Grenzen nahezu vollständig (meiner Meinung nach). Intellektuelle Frauen denken meist rationaler und sind emanzipierter als ihre nicht-intellekutellen Geschlechtsgenossinen, während intellektuelle Männer generell mehr verstandes-/vernunftsgesteuert statt "triebgesteuert" (sorry, mir ist gerade kein weniger klischeehaftes Wort eingefallen) sind. Auf intellektueller Basis treten genderspezifische Verhaltensweisen also immer weiter in den Hintergrund. Ob man das mag/vorzieht steht natürlich auf einem anderen Blatt. Zur Charkaterisierung von Protagonisten/einzelner Figuren in Genre-Literatur, und wenn man auf kommerziellen Erfolg abzielt, ist es sicherlich weniger geeignet.  ;)

Kati

Ich denke, es ging hier nie jemandem darum zu unterstellen, du wolltest deine Figuren in typisch männlich oder weiblich einteilen, Thaliope. Viel eher darum, dass der einzige Weg wirklich sicherzugehen, dass der Leser nicht verwirrt ist, ist einfach hinzuschreiben, dass er ein Mann ist. Wir können hier glaube ich noch hundert Mal unsere Erfahrungen mit Männern aufschreiben, du wirst immer unterschiedliche Ergebnisse bekommen, weil, wie du ja selbst auch schon gesagt hast, einfach kein Mann gleich ist. Ich persönlich kenne keinen Mann, der genau auf das Klischee passt, was nicht heißen soll, dass ich keinen Mann kenne, der nicht die ein oder andere klischeehafte Eigenschaft aufweist. Und ich kenne viele Männer, die mit mir oder untereinander auch über Gefühle sprechen können, ohne Angst zu haben ihren Rang zu verlieren. Ich kenne aber auch welche, die das für unmännlich halten und es deshalb nicht tun.

Ich verstehe auch, was Christopher mit den Klischees meint und, dass man sie für seine Zwecke einsetzen kann und da würde ich sofort zustimmen. Aber ich finde, wenn man einen Teil der Realität widerspiegeln möchte, dann sollte man sich nicht allzu sehr auf Klischees verlassen, Norm hin oder her. Wer von uns passt schon genau in die Norm, haben wir nicht alle mal Tage, an denen wir das Gefühl haben, komplett rauszufallen? Und ich denke, das sollte auch für Figuren gelten. Ich kann nur sagen, dass mich als Leser nichts mehr nervt, als Figuren, die ganz typisch männlich oder ganz typisch weiblich handeln oder denken, obwohl sie natürlich perfekt in die Norm passen mit ihrem Verhalten. Ich maße mir jetzt mal nicht an, männliche Ich-Erzähler bewerten zu können, aber ich kann weibliche bewerten. Auch solche, die von Männern geschrieben wurden. Und ich merke für mich, dass mir Figuren, bei denen nicht penibel darauf geachtet wird, dass sie ja typisch weibliche Eigenschaften haben, deutlich besser gefallen, weil sie echter wirken und weniger künstlich.

Für dein Projekt würde ich einfach sagen: Schreib den Herrn einfach so, wie es dir passt und schau, was du für Rückmeldungen bekommst. Ich glaube nicht, dass auch nur einer sagen wird, er würde sich nicht wie ein Mann lesen. Dass dieses Thema hier interessant ist, finde ich auch, aber ich denke, man sollte nicht zu viel darüber nachdenken, sondern einfach schreiben und sich nicht daran aufhalten, was andere sich von einem männlichen Ich-Erzähler wünschen oder was andere glauben, wie ein Mann zu denken hat. Am Ende kommen wir immer wieder darauf zurück, dass eh jeder Mensch anders tickt und wieso sollte es in Geschichten dann anders sein? Wieso sollten wir gerade da darauf achten, die angebliche Norm zu treffen, in die in Wirklichkeit doch niemand wirklich reinpasst?

Churke

Zitat von: Lavendel am 02. August 2013, 12:52:02
Es gibt meiner Meinung nach keine klaren Strukturen oder Marker, mit denen man eine Figur in der Ich-Perspektive als zwangsläufig männlich oder weiblich kennzeichnen kann - es sei denn man benutzt eindeutige Namen oder eben Personalpronomen.

Wenn du 350+ Seiten Ich-erzählst, dann addieren sich Indizien und Muster auf, die der Leser mehr oder weniger bewusst mit eigenen Erfahrungswerten abgleicht. Man kann damit spielen, man kann den Leser auch bewusst in die Irre führen - aber wenn der Leser unbeasichtigt auf dem falschen Dampfer landet, dann ist was schief gelaufen.

Zitat von: Debbie am 02. August 2013, 13:12:52
Auf intellektueller Basis treten genderspezifische Verhaltensweisen also immer weiter in den Hintergrund.
Hätten sie wohl gerne.
Der Bildungsabschluss wird nach meiner Erfahrung stark überschätzt. Für genderspezifische Studien empfehle ich übrigens Internetforen. Einfach mal im BMW-Forum mitlesen. Da sind die Herren der Schöpfung weitgehend unter sich und wähnen sich unbeobachtet.  ;)

Thaliope

Zitat von: Kati am 02. August 2013, 13:56:45
Ich denke, es ging hier nie jemandem darum zu unterstellen, du wolltest deine Figuren in typisch männlich oder weiblich einteilen, Thaliope. Viel eher darum, dass der einzige Weg wirklich sicherzugehen, dass der Leser nicht verwirrt ist, ist einfach hinzuschreiben, dass er ein Mann ist. Wir können hier glaube ich noch hundert Mal unsere Erfahrungen mit Männern aufschreiben, du wirst immer unterschiedliche Ergebnisse bekommen, weil, wie du ja selbst auch schon gesagt hast, einfach kein Mann gleich ist. Ich persönlich kenne keinen Mann, der genau auf das Klischee passt, was nicht heißen soll, dass ich keinen Mann kenne, der nicht die ein oder andere klischeehafte Eigenschaft aufweist. Und ich kenne viele Männer, die mit mir oder untereinander auch über Gefühle sprechen können, ohne Angst zu haben ihren Rang zu verlieren. Ich kenne aber auch welche, die das für unmännlich halten und es deshalb nicht tun.

Ich verstehe auch, was Christopher mit den Klischees meint und, dass man sie für seine Zwecke einsetzen kann und da würde ich sofort zustimmen. Aber ich finde, wenn man einen Teil der Realität widerspiegeln möchte, dann sollte man sich nicht allzu sehr auf Klischees verlassen, Norm hin oder her. Wer von uns passt schon genau in die Norm, haben wir nicht alle mal Tage, an denen wir das Gefühl haben, komplett rauszufallen? Und ich denke, das sollte auch für Figuren gelten. Ich kann nur sagen, dass mich als Leser nichts mehr nervt, als Figuren, die ganz typisch männlich oder ganz typisch weiblich handeln oder denken, obwohl sie natürlich perfekt in die Norm passen mit ihrem Verhalten. Ich maße mir jetzt mal nicht an, männliche Ich-Erzähler bewerten zu können, aber ich kann weibliche bewerten. Auch solche, die von Männern geschrieben wurden. Und ich merke für mich, dass mir Figuren, bei denen nicht penibel darauf geachtet wird, dass sie ja typisch weibliche Eigenschaften haben, deutlich besser gefallen, weil sie echter wirken und weniger künstlich.

Für dein Projekt würde ich einfach sagen: Schreib den Herrn einfach so, wie es dir passt und schau, was du für Rückmeldungen bekommst. Ich glaube nicht, dass auch nur einer sagen wird, er würde sich nicht wie ein Mann lesen. Dass dieses Thema hier interessant ist, finde ich auch, aber ich denke, man sollte nicht zu viel darüber nachdenken, sondern einfach schreiben und sich nicht daran aufhalten, was andere sich von einem männlichen Ich-Erzähler wünschen oder was andere glauben, wie ein Mann zu denken hat. Am Ende kommen wir immer wieder darauf zurück, dass eh jeder Mensch anders tickt und wieso sollte es in Geschichten dann anders sein? Wieso sollten wir gerade da darauf achten, die angebliche Norm zu treffen, in die in Wirklichkeit doch niemand wirklich reinpasst?

Ich will keine Norm treffen. Ich will keinen "typischen" Mann schaffen.

Ich will nur wissen, was andere als typisch empfinden, am besten so breitgefächert wie möglich, um meine eigenen Erfahrungen damit abzugleichen und zu erweitern.

Ich werd schon nicht die genannten Klischees eins zu eins umseetzen, was denkt ihr denn bitte von mir? Ich will doch nur Meinungen, Infos, Daten. So viele verschiedene wie möglich.

@Churke: Danke für den Tipp mit dem Forum :) Auch in Online-Fußball-Manager-Spielen könnte ich mich wohl mal umsehen, das dürfte fast noch weniger schichtspezifisch sein :)

LG
Thali

 

Debbie

Zitat von: Churke am 02. August 2013, 13:59:01
Der Bildungsabschluss wird nach meiner Erfahrung stark überschätzt. Für genderspezifische Studien empfehle ich übrigens Internetforen. Einfach mal im BMW-Forum mitlesen. Da sind die Herren der Schöpfung weitgehend unter sich und wähnen sich unbeobachtet.  ;)

Ich meinte auch nicht den Bildungsabschluss - Intellektualität hat nicht zwangsläufig mit dem Bildungsabschluss zu tun.  ;)
Und meiner Erfahrung nach gibt es dann auch nochmal deutliche Unterschiede zwischen einem Betriebswirt/Informatiker/Ingenieur oder sogar Arzt und einem Geisteswissenschaftler.

Und das BMW Forum dürfte im Allgemeinen sowieso ziemlich repräsentativ für den Typ Mann sein, den ich unten beschrieben habe ... BMW-Fahrer fahren im Allgemeinen gerne schnell (oft rücksichtslos) und ihr Auto ist für sie ein Statussymbol. Alleine diese Tatsache (Auto als Statussymbol) sagt schon viel über den Typ Mann aus - und Intellektualität ist keine Eigenschaft die ich zwangsläufig damit assoziiere  :snicker:

Kati

ZitatIch werd schon nicht die genannten Klischees eins zu eins umseetzen, was denkt ihr denn bitte von mir? Ich will doch nur Meinungen, Infos, Daten. So viele verschiedene wie möglich.

Ich meinte dich auch nicht persönlich, das war bloß wegen dem, was Christopher zu Klischees geschrieben hatte und meine Meinung zur Norm und Klischees an sich. Ich wollte dir nichts unterstellen.  :)

Thaliope

Zitat von: Kati am 02. August 2013, 14:19:38
Ich meinte dich auch nicht persönlich, das war bloß wegen dem, was Christopher zu Klischees geschrieben hatte und meine Meinung zur Norm und Klischees an sich. Ich wollte dir nichts unterstellen.  :)

Ach so. Na, dann bin ich ja froh :)


EDIT:
Zitat von: Debbie am 02. August 2013, 13:12:52
@Thali: Ich finde man kann auch sehr gut erkennen, wie Männer denken und fühlen, wenn man ein Buch mit einem männlichen Protagonisten liest, dass von einem Mann geschrieben wurde. *reichtdireinenNervenberuhigungstee*   :omn:


Danke übrigens für den Tee. Hatte ich vor lauter Aufregung ganz überlesen :)

zDatze

Wenn es darum geht, was in die Schublade "typisch männlich" einzuordnen wäre ... mir fallen da durchaus ein paar Dinge ein, die ich in den letzten Jahren an meinen Arbeitskollegen und zuvor in meiner Klasse (waren die letzten 2 Jahre 2 Mädels und 19 Burschen) beobachtet habe. Nachfolgende Beispiele sind also zu 100% persönliche Erfahrungen und keinerseits dazu gedacht jemanden zu beleidigen.

Männer sehen gewisse Dinge einfach nicht. Das beginnt dabei, dass ein Büro in kürzester Zeit zu einem Sauhaufen mutiert, oder die neue Topfpflanze erst nach gut einem Monat registriert wird - nachdem man zuvor ein Monat lang jeden Tag das Kommentar zu hören bekam, dass das Büro so leer aussehe. Oder aber auch, dass die Kaffeemaschine monatelang keine Bekanntschaft mit einem Putzlappen macht. Von vergessenen Kaffeefiltern und Kaffeesatzbehältern, die über das Wochenende fröhlich vor sich hin schimmeln, einmal ganz abgesehen.
Ich vermute doch sehr stark, dass weiblich angehauchte Arbeitsumgebungen eher nicht mit solchen "Problemen" zu kämpfen haben.

Eine weitere Beobachtung meinerseits: Die Ekelgrenze liegt bei Männern anders; meist höher. Letztens wurde ich angepflaumt, weil ich schwarz gefleckte Bananen (Anm. die halbe Banane war schwarz) im Bio-Müll entsorgt habe. Argument: "Die kann man ja noch essen." Mir hat der Geruch alleine schon gereicht.
Des weiteren erinnere ich mich an diverse Experimente bei uns im Klassenraum, die eine Cola-Flasche, Jausenreste und einige Wochen Zeit beanspruchten.

Die Begeisterung von Männern und Maschinen wurde bereits angesprochen. Ich kann dazu nur noch ergänzen: Der Sender DMAX hat da einiges an Anschauungsmaterial, was das männliche Publikum auch sonst noch so beeindruckt. Überleben in Extremsituationen, Goldrausch, riesige Maschinen ... ich vermute, Männer sehen in solchen Sendungen primär das Abenteuer und lassen sich von der Vorstellung, wie viel Kraft und Mühe es kostet ans Ziel zu kommen, mehr beeindrucken als das weibliche Publikum, das womöglich kopfschüttelnd vor dem Fernseher hockt.

Der rauere Umgangston unter Männern wird sich auch in den Gedanken niederschlagen. Dass sich daraus durchaus unterschiedliche Ausdrucksweisen ableiten lassen, finde ich ziemlich logisch, auch wenn ich das jetzt nur als außenstehende Person so vermuten kann. Von daher empfinde ich es schon so, dass z.B. verstärktes Fluchen bei einer Figur durchaus "männlicher" wirkt. Wobei ich gegen fluchende Frauen durchaus nichts hab - und damit meine ich nicht so etwas wie "Gute Güte!".

Noch eine Beobachtung: Männer sind oft ehrlicher und direkter - zumindest wenn man erst einmal in den Kumpel- oder Kollegen-Status gerutscht ist. Da wird wenig schön geredet oder mit Komplimenten um sich geworfen. Frauen haben ja doch oft die Tendenz zum Lästern und das geht nun einmal am besten hinter dem Rücken von jemandem, dem man eben noch ein Kompliment gemacht hat. Männer reagieren eher mit direktem Spott.

Moni

Zitat von: Thaliope am 02. August 2013, 12:21:33
Wenn ich die Frage aber nun mal spannend finde? Wenn ich eben ein kleiner linguistischer Sprach-Nerd bin, der sich für solche Feinheiten brennend interessiert?
Und der Auslöser waren mehrere Texte. Einer vor vielen Jahren, wo ich zu dem Feedbackgeber keinen Kontakt mehr habe - und auch die Geschichte glaube ich nicht mehr exisitert - und einmal die Bibliotheksgeschichte, wo manche automatisch eine Frau und andere automatisch einen Mann assoziiert haben. Der eigentliche Anlass, diese Frage zu stellen, ist eine Geschichte, die ich erst noch schreiben will, und dafür wollte ich auf Überlegungen von anderen zurückgreifen, die sich darüber vielleicht schon Gedanken gemacht haben.

Und offenbar fällt ja ein paar Leuten durchaus was Allgemeines dazu ein, was ich sehr hilfreich finde. Ohne, dass ich das eins zu eins umsetzen müsste, aber einfach als Richtung, in die ich denken kann und anhand derer ich mal ein paar Texte analysieren kann, bringt mich das schon sehr viel weiter.

LG
Thali

Eigentlich wollte ich hier nichts mehr schreiben, ich muß doch gerade noch loswerden, dass ich so einen schnippischen Unterton nicht wirklich passend finde. Es mag ja sein, dass dir das Thema soviel Spaß macht, aber ich wollte lediglich einen anderen Denkansatz reinbringen, was aber wohl verlorene Liebesmüh ist.

Ich lasse mir aber hier nicht von dir zwischen den Zeilen sagen, dass ich doch besser meine Klappe halte, wenn ich nichts "vernünftiges" zum Thema sagen kann. Sorry, aber das geht gar nicht!
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Thaliope

Tut mir leid, Moni. Schnippischer Unterton sollte nicht sein, da hast du sehr recht.
Es ist auch eigentlich gar nicht schnippisch gemeint. Ich wurde nur mit der Zeit immer hilfloser, weil ich das Gefühl hatte, mein Anliegen wird einfach nicht verstanden, so oft ich es auch zu erklären versuche. Wenn mir da der Ton aus dem Zaum geraten ist, möcht ich mich dafür entschuldigen.

LG
Thali