Ich glaube, da sind wir wieder bei dem, was ich am Anfang angesprochen habe: Wie stelle ich Stärke dar? Wann sind meine Figuren schwach? Wann stark? Stärke mit körperlicher Kraft und körperlicher Durchsetzungsfähigkeit gleichzusetzen, ist eine typisch "männliche" Definition von Stärke. Sprich: Sie entspricht stark dem klassischen Rollenbild eines Mannes. Männer sind stark und Stärke ist gleichzusetzen mit all diesen körperlichen Eigenschaften, die Frauen in Geschichten selten zugestanden werden.
Frauen zu sehen, die diese kriegerischen Rollen einnehmen dürfen finde ich sehr befreiend und erfrischend. Ich kann gar nicht so genau ausdrücken warum, aber ich mag es, wenn Frauen erlaubt wird, dieselben Rollen einzunehmen, die Männern klassischerweise zugestanden werden. Gleichzeitig bin ich aber voll bei dir,
@TinkersGrey. Wir erreichen nichts, wenn wir dieselbe restriktive Definition von Stärke jetzt auch Frauen überstülpen. Es ist Unsinn, dass eine Frau nur dann stark ist, wenn sie ein Schwert schwingen kann. Das wertet jede Person, die das nicht kann, wieder auf genau dieselbe Art und Weise ab. Das bricht zwar mit manchen Rollenbildern, aber eben nur mit manchen, andere verstärkt es wieder.
Ich glaube, die Lösung liegt vielleicht einfach darin, darüber nachzudenken, was Stärke in meinem Buch überhaupt bedeutet. Klar, es gibt nicht eine Definition von Stärke und es wäre nicht gut, das auf eine Definition zu beschränken. Aber wenn ich mir meine Bücher so ansehe, dann beschäftigen sich einige mit einem bestimmten Thema und das verändert, wie Stärke in diesem Fall aussieht. Ich denke da an diesen einen Moment am Ende der Geschichte, wenn der Held oder die Heldin sich der antagonistischen Macht stellt und triumphiert. Das ist der Moment seiner oder ihrer größten Stärke. Was hat mein Held gelernt, um zu gewinnen? Hat er lange und hart trainiert, um körperlich überlegen zu sein? Dann bin ich wieder bei rein körperlicher Stärke. Hat er daran gearbeitet seine Bindungsangst zu überwinden um Freunde zu finden und bei sich zu behalten, die ihm helfen, zu siegen? Dann liegt genau darin seine Stärke.
Ich bin absolut dafür, starke Frauen zu schreiben, aber wir sollten uns genau überlegen, was wir hier als stark darstellen und was nicht. Starke Frauen und Kriegerinnen sind keine Synonyme. Starke Frauen sehe ich persönlich als komplexe Frauenfiguren, die Stärke zeigen dürfen, auf ganz vielfältige Art und Weise. Und auch bei männlichen Kriegern habe ich das Gefühl, dass ich Bücher lieber mag, in denen Figuren ihre inneren Stärken zeigen, anstatt sie auf körperliche Stärke zu reduzieren.