Da es in "Klagende Flamme" im großen und ganzen um Kommunikation (und fehlende Kommunikation) geht, ist Sprache bei mir sehr wichtig. Ich habe verschiedene Völker, die alle eigene Sprachen sprechen, wobei es zur Vereinfachung eine Staatssprache gibt, die alle beherrschen, und die, bis auf wenige Brocken, nicht weiter ausgearbeitet wird. Sprachen werden nämlich - in meinen Augen - ab dem Moment relevant, wo einer der Charaktere sie nicht versteht.
Ich hole aus: In der "Flöte aus Eis" sprachen die Alifwin untereinander die Hohe Sprache, und wenn die Elfen sie untereinander benutzen, schrieb ich es natürlich auf Deutsch. Wenn die Perspektive dabei die eines Menschen war, schrieb ich nur "Sie redeten in der Elfensprache", und gehe nicht auf den Inhalt des Gesprächs ein, da meine Menschen sowieso kein Wort verstanden, auch zu wenig, um den Text im Original wiederzugeben. Ich habe mir gerade auf der BBC-Webseite walisische Dialoge angehört, und obwohl der Text zum Mitlesen danebenstand, war die Sprache für mich so fremd, daß ich Klang und Melodie genießen konnte, aber keine Wörter ausmachen. So verfahre ich auch mit meinen Fremdsprachen. Einzelne Brocken, die verstanden werden müssen, oder die mißverständlich sind, werden erklärt, oder auch Eigennamen. Daß der Name der Hohen Elbenfeste Dolua'd'llán sowohl "Hort der Trommel" als auch "Trommel-Hort" als auch "Hort-Trommel" heißen kann. Oder, daß das Wort Alifwin wörtlich bedeutet "Leben im Licht".
Ich weiß genug über die Grammatik der Hohen Sprache, daß ich die einzelnen Worte in ihre Silben und Zusammenhänge auflösen kann "Al-i-fwin". "Al" ist das Leben, ein Fluß (oder eigentlich eine Quelle) heißt Alan: "Al-an", "Leben kommt". Darum ist der Name des toten Flußes Alan Duel auch ein Paradoxon, den Duel heißt tot.
Aber um mich in dieser Sprache unterhalten zu können oder auch nur einen Dialog niederschreiben zu können, reicht das, was ich habe, bei weitem nicht aus.
Nächste Station: Elomaran-Zyklus.
Ich hatte eigentlich nicht vor, die Sprache Elomond, welche die Engelsgeborenen untereinander sprechen, weil es schön ist, eine elitäre Geheimsprache zu haben, auszuarbeiten, bis ich erleben durfte, wie sich Volker für den Klingonischen Linguistenkongress vorbereitete. Und ich wurde neugierig auf künstliche Sprachen. Ich hatte ein einziges Wort Elomond: Asamar, von dem ich wußte, daß es "Seele" bedeutet. Aber dann überfiel mich plötzlich die eine neue Sprache in ihrer ganzen Komplexität. Einige Namen stammen aus dem Elomond, aber was bedeuten sie? Warum haßt Halan seinen eigentlichen Vornamen Harold? (weil er, wörtlich übersetzt, "Großer Mensch" bedeutet, währen Halan "Großer Mann" heißt) Warum dürfen nur erlesene Menschen Alexander mit Anders anreden? (weil es "Engelchen" bedeutet). Warum ist Varyns Name eine Unverschämtheit? Und ab da kam dann die Grammatik ins Spiel: Var yn heiß "Ich bin", sein vollständiger Name Varyniel wird zu Var yn i el: "Ich bin der Oberste." Zum Glück weiß er das nicht ... Seitdem begrüßt mich mein Handy immer mit einer Phrase auf Elomond: Ary an Asamara. Das ist mein (Damianders) Trinkspruch. Auf Eure Seelen.
Und nun zu "Klagende Flamme". Hier habe ich mir in den Kopf gesetzt, eine Sprache wirklich en Detail auszuarbeiten. Die Sprache heißt Lai, und das bedeutet "Sprache". Bis jetzt klangen alle meine Sprachversuche immer sehr keltisch - irowalisisch, sozusagen. Jetzt will ich etwas eigeneres. Der Klang ist ein wenig Franko-Afrikanisch, und ich würde gerne mit Klicklauten arbeiten, aber sie werden mit dem Ausrufezeichen transliteriert, und das sieht doof aus.
Das Besondere an Lai ist, daß es grammatikalisch unterschiedliche Verbformen gibt für Frauen und Männer. Positive und negative Wortformen ...
Begonnen hat alles mit einer Redenwendung: An yiye aru, nai aru neyiye an (Ich kenne den Weg aber der Weg kennt mich nicht). Darum herum stricke ich jetzt meine Sprache.
Da alle Leute aus dem Volk der Nangeayakae "sprechende" Namen haben (die aber für den Hausgebrauch abgekürzt werden), liegt allein vor der Charaktererschaffung eine Menge Arbeit.
Telyas ganzer Name ist ke Telya na Hilani[i/i] (Spricht für die Stummen). Sonne, ein Gott, heißt auch ka Lahoun Anoué (der Lippenlose) oder ka Nean Tamarhou (Der Verlassene) oder ka Neange Eashfarel (Die Verbrannte Sonne). Aber was bedeutet nun Samuens Name, ka Samu en Lahouiya? Und bin ich sicher, daß ich ihn wirklich so schreiben will?
Ich denke mir eine Sprache immer in dieser Richtung aus: Mir fällt etwas in dieser Sprache ein, Wörter, Sätze, Brocken. Ich spreche sie vor mich hin (laut oder im Kopf) und gehe dann vom Klang aus, was sie wohl bedeuten mögen. Sprache ist faszinierend - was man alles mit dem Tonfall oder Lautmalerei zu verstehen geben kann, selbst an Leute, die nichts von dieser Sprache wissen! Ich kann mir Anime im japanischen Orininal anschauen (mein einziges Japanisch sind die drei Brpcken, die ich dabei aufgeschnappt habe), und doch ertappe ich mich manchmal dabei, daß ich die Untertitel nicht lese, weil ich sie nicht brauche. Stimmung versteht man auch so.
Darum möchte ich eine abstrakte Sprache finden, die man ohne Worte verstehen kann, Sprache, die im Gehirn nicht den Umweg über das Sprachzentrum nehmen muß, die auch ein Aphasiker (jemand, der z.b. durch einen Schlaganfall das Sprachzentrum und somit die Sprache verloren hat) noch verstehen kann...
Jetzt habe ich mich in Rage geschrieben und viel zu viel Text gepostet. Ich hoffe, man nimmt es mir nicht übel.
Und kann es noch verstehen ...