• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Und alles ohne Liebe?

Begonnen von Coppelia, 17. August 2006, 12:47:28

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Vic

#150
Zitat von: Siara am 28. August 2014, 00:51:43
Das ganze Kennenlernen, Anhimmeln, Verlieben, Kuss, drüber Sprechen, Sex, Beziehung (so oder in ähnlicher Reihenfolge), finde ich reizlos, weil es selten etwas Überraschendes bringt. Meistens ist der LI im ersten Moment zu erkennen und es ist auch klar, dass die beiden sich am Ende kriegen - selbst wenn die Liebesgeschichte nur zweitrangig ist, spielt oft keine Rolle, wie die Haupthandlung verläuft. Das Liebespaar findet irgendwie zusammen. Natürlich gibt es da Ausnahmen, aber das ist, warum ich die klassische Liebesgeschichte nicht mehr gerne lesen mag.
Wenn auch OT: Du bist nicht allein. ;D

Deine 3 Zweierbeziehungen klingen sehr gut.
Mit etwas ungewöhnlichen Liebesbeziehungen kann man mich durchaus reizen, aber genau wie du es da oben so schön schilderst, dieser ganze "Mag er mich, wann ruft sie an, ist es Liebe oder was" Kram interessiert mich wirklich recht wenig. Vielleicht früher mal und ich vielleicht bin ich auch schon zu alt dafür. ;) Aber ich finde es tatsächlich romantischer wenn sich entweder zwei Leute ganz sicher sind und sich vertrauen (ohne den ganzen "will er/sie auch"-Kram) oder wenn sie sich eben bis zum Ende nicht wirklich trauen und vielleicht nicht einmal leiden können, aber einfach auch nicht ohneeinander können.
Aber das ganze "Liebe auf den ersten Blick"-Ding reizt mich leider gar nicht und das ist einfach sehr häufig...

Und unabhängig von ungewöhnlichen Liebesgeschichten, ich bin eben auch einfach ein großer Fan platonischer Kisten jeder Art.
Eine englischsprachige Freundin von mir bezeichnete die Beziehung von zwei ihrer Charas mal als "intense platonic lusting", was ich wunderschön fand und was auch sehr gut passte, weil es eben um zwei Rivalen ging, die irrsinnig voneinander fasziniert waren und völlig verliebt in die Fähigkeiten des anderen und es eigentlich auch keine wichtigere Beziehung in ihrem Leben gab als diese - aber es hatte eben keine wirklich sexuelle Komponente, es ging nie darum miteinander ins Bett zu gehen, sondern die höchste Art der Befriedigung war immer ein gelungenes Duel mit dem Rivalen gehabt zu haben. Sie haben das auch sehr persönlich genommen, wenn jemand anderes ihren Rivalen herausgefordert oder sogar besiegt hat - sie waren da sehr besitzergreifend beieinander und fertig machen durften sie sich sowieso nur gegenseitig. 
Sowas finde ich ganz fantastisch.

Ich mag auch gerne Beziehungen a'la "Soldaten an der Front" - einfach zwei Leute die unglaublich viel zusammen durchgemacht haben und dem anderen 100%  Vertrauen und beide schon bereit gewesen sind füreinander zu sterben, und die auch ohne sich umzudrehen wissen, dass der andere ihnen den Rücken freihält.

Und ich liebe verkorkste Familienkisten, wo man sich gleichermaßen liebt und ganz viele Issues miteinander hat.

Also es gibt einfach so viele verschiedene Spielarten sehr intensiver Beziehungen und so viele verschiedene Arten von Liebe außerhalb der klassischen Romanze, dass ich es einfach immer schade finde, dass das die einzige Art ist die immer dargestellt wird. Oder überwiegend.

Und schön zu wissen, dass ich mit Titeln nicht allein bin - die sind eine Qual.  :d'oh:
Schon allein der Arbeitstitel macht mich fertig, auch wenn ich weiß, dass ich den wieder ändern kann...

Waldkatze

Zitat von: Kati am 27. August 2014, 23:26:50
Besonders bei Jugendbüchern würde ich gern mal was anderes lesen, als die große Liebe auf den ersten Blick, die natürlich für immer hält und meist die erste Liebe der Hauptfigur ist.

Du sprichst mir aus der Seele!  :wums:
Aus diesem Grund lese ich momentan alles außer Fantasy. Was mir aber auch nicht ganz zusagt. Es ist zum Verzweifeln  :brüll:

@Vic
Dank deiner Frage habe ich eben erst gemerkt, dass bei meinen beiden Projekten (so verschieden sie sonst auch sind) dieselbe Problematik in Bezug auf Liebe+Beziehung vorkommt.

Der Ausgang ist beides mal eine tiefe Freundschaft, bei der irgendwann zum Gewissenskonflikt kommt, ob das, was sie miteinander haben, eigentlich über platonische Liebe hinausgehen kann / darf / soll.

Beim ersten Buch geht es für die Prota vor allem um die Frage, ob sie ihren besten Freund überhaupt lieben darf, da er als Kommandant der berjast auch schon Unschuldige getötet bzw. ihren Tod befohlen hat.

Beim zweiten Buch liegt das Problem darin, dass sich die beiden besten Freunde in dasselbe Mädchen verlieben und das Mädchen sich in sie.

Cailyn

Meiner Meinung nach darf die Liebe auf keinen Fall fehlen, die Beziehung aber schon. Ein Buch, in welchem sich die Protagonisten und Figuren nicht aufeinander beziehen oder sie auch sonst keine Gefühle gegenüber etwas haben - im positiven wie auch im negativen Sinne - ist nur langweilig. Nur Action, Gerede ohne persönlichen Bezug... geht gar nicht. Aber es stimmt für mich durchaus, wenn in einem Buch keine Liebesgeschichte drin vorkommt.

Was ich als wichtig erachte, ist das Gefühl der Liebe, das in jeder Geschichte mitschwingen muss. Ein Prota liebt seine Berufung, ein anderer sich selbst, ein dritter hadert mit einer Behinderung (liebt sich selbst nicht) oder jemand hasst alle, die er kennt. Oder auch schon nur die Liebe zu seinem Volk, zu ihrer Welt reichen aus, um eine Figur nah und echt zu zeigen. Insofern sollten die Motive zu einer Tat oder einer Entscheidung des Protas oft aus der Liebe zu etwas geschehen. Weil dieser jemanden nicht enttäuschen will, weil er um Anerkennung hungert, sich etwas beweisen will, von etwas besessen ist, in inneres Dilemma von zwei Möglichkeiten, die ihm lieb sind, in sich trägt. Das meine ich mit Liebe.

Vic

#153
Zitat von: Cailyn am 19. September 2014, 15:38:47
Meiner Meinung nach darf die Liebe auf keinen Fall fehlen, die Beziehung aber schon.

Dem stimme ich absolut zu. :)
Mir sind Gefühle und Beziehungen der Charas untereinander auch sehr, sehr wichtig, um nicht zu sagen essentiell. Aber es muss eben nicht immer die klassische Liebesgeschichte sein.
Auf die könnte ich gut und gerne viel häufiger verzichten, wenn man mir dafür nur mehr tolle Teams, interessante Freundschaften, komplizierte Familiendynamiken oder intensive Rivalitäten liefern würde. ;)

Ganz problematisch finde ich diesem Zusammenhang auch die romantische Heldin, die keine andere Beziehung außer ihrem Lover hat. Wo sind die besten Freundinnen, die Schwestern, die Mütter, die Mentorinnen, die Lieblingsfeindinnen, die Partnerin, die Kampfgefährtin?
Interessante Beziehungen zwischen zwei Frauen gibt es mir generell viel zu wenig und dass viele Autoren ihre Heldin nur mit Männern agieren lassen, nervt mich unglaublich. 

Guddy

#154
Och, das klingt wirklich immer so negativ Liebesbeziehungen gegenüber ;) Dabei ist die Liebe ein essentieller Bestandteil im Leben eines Menschen - sei sie erfüllt oder unerfüllt.
Starke Bindungen zwischen Geschwistern ist ja auch schon klassisch und gerne gesehen (Hach. Die Winchester-Brüder...), was ich auch nicht verkehrt finde. Nicht alles, was oft vorkommt, ist per se schlecht, deshalb finde ich Beschreibungen wie "abgenudelt" etwas fehl am Platz, sorry.
Wie bei allem anderen auch, kommt es darauf an, wie es beschrieben wird. Die kitschigste Liebesgeschichte kann wunderbar fesseln, wohingegen die mutmaßlich spannendste Beziehung zwischen Nicht-Liebespärchen gähnend langweilig sein kann.

Aber ja: Ich finde Nicht-Liebespaare auch interessant :) Ich fände es schade, wenn in Romanen so etwas fehlen würde. Starke Bindungen zwischen Freunden, Hassbeziehungen zu alten "Widersachern"... diese Diversität in Sachen Beziehungsgeflechte macht ja auch den Reiz am Charakterspiel aus. Für mich ist die Liebe in meinem aktuellen Projekt essentiell, in meinem Nebenprojekt allerdings im Grunde gar nicht(wenn man von einer Trennung zu Beginn absieht).

Ich mag in dem Bereich einfach viel (allerdings keine reinen Liebesplots, aber das ist Geschmacksache.) und bin froh, dass man nicht nur auf eines beschränkt ist und dass der Buchmarkt da vielfältig genug ist, dass es mich als Leser nicht langweilt.

Vic

Zitat von: Guddy am 18. Oktober 2014, 13:26:27
Och, das klingt wirklich immer so negativ Liebesbeziehungen gegenüber ;) Dabei ist die Liebe ein essentieller Bestandteil im Leben eines Menschen - sei sie erfüllt oder unerfüllt.

Das stimmt. ;-)
So ist es auch gar nicht gemeint gewesen. Ich bin ein sehr romantischer Mensch und ich mag Liebesgeschichten.
Aber mich stört es total, wenn dabei (wie es leider häufig der Fall ist) alle anderen Beziehungen zu kurz kommen. Ich habe auch nichts gegen schöne Liebesgeschichten, aber a.) muss das ja nicht immer die zentrale Beziehung sein und b.) sogar wenn sie das ist, haben beide ja sicher auch noch andere sehr intensive Beziehungen - seien das nun Freundschaften, Feindschaften oder Familienisten.
Siehe Disney's Frozen. Ich fand es sehr schön, dass Anna durchaus einen netten Typen kennenlernt, aber die zentrale Beziehung des Films ist eben die zu ihrer Schwester und deren Liebe zueinander bricht ja am Ende auch den Fluch.
Sowas dürfte es wegen mir sehr viel häufiger geben...

jainoh

Zitat von: Coppelia am 17. August 2006, 12:47:28
Hallo allerseits,
ich mache mir Gedanken um einige meiner Romane, in denen keine Liebesgeschichte vorkommt. In manchen ist Liebe unwichtig, und in einigen kommt einfach gar kein Pärchen vor - weder ein Mann-Frau-Pärchen noch ein gleichgeschlechtliches. Es kommen zwar Leute vor, aber niemand von ihnen ist in einen anderen verliebt. Die Thematik ist in diesen Romanen ganz anders, z. B. geht es um Freundschaft und nicht um Liebe. 
Die Frage ist: Geht das?
Interessiert das jemanden oder bestehen die Leser bei Fantasy auf schnulzige oder tragische Lovestories? Oder erwarten sie, wenn zwei Männer die Hauptfiguren sind, dass aus diesen Männern ein Pärchen gemacht wird? In Geschichten mag ich es nicht so gern, dass häufig auf Teufel komm raus aus zwei Männern ein Paar gemacht wird.
Was meint ihr, haben Romane ohne Liebe eine Zukunft?

In Kürze: Ja. Das geht.
Nein, ich bestehe bei Fantasy nicht auf romantische Elemente, auch wenn sie mir meist gefallen.
Wenn zwei Männer Hauptfiguren sind, finde ich nicht, dass sie sofort eine Liebesbeziehung miteinander haben müssen. Genausowenig wie ich das finde, wenn die beiden Hauptfiguren unterschiedlichen Geschlechts sind. Wenn es sich ergibt, dass die Hauptfiguren etwas miteinander anfangen und es passt gut, dann freu ich mich allerdings auch darüber, dabei spielt für mich das Geschlecht der Figuren keine Rolle.
Romane ohne Liebe haben meiner Meinung nach die gleiche Zukunft wie Vergangenheit. Es gibt sie reichlich und so sollte es bleiben.

In Länge, weil ich mich ungern nur knapp ausdrücke und der thread schon älter ist, so dass ich länger gelesen hab und mir viel eingefallen ist:
Es sind ja mehrere Fragen in einer verpackt. Einmal stellt sich die Frage, ob ein Roman nicht Liebe sondern andere Gefühl oder Inhalte in den Vordergrund stellen darf. Ich finde, dass es keine Frage sein sollte. Natürlich darf und sollte man das tun. Gefühle sind wichtig und Liebe ist nur eines davon. Ein großes, eines mit vielen Gesichtern, aber all die anderen Gefühle dürfen auch Hauptrollen spielen und dennoch ist ein Buch, in dem Protagonisten hassen, ehrgeizig sind, getrieben, enttäuscht, deprimiert, oder in denen sie hoffnungsvoll sind genau so spannend für mich. Glück, Friede, Hass, Sehnsucht, Wut, Angst, Freude... sind genau so interessante Gefühle. Mir ist eher wichtig, dass mir die Figuren wichtig sind, so dass mir ihre Gefühle etwas bedeuten, als dass diese Gefühle unbedingt romantischer Natur sind. Geschichten, in denen es nur um die Handlung geht und die Figuren nicht fühlen, weil dergleichen eingespart wurde, finde ich nicht so ansprechend. Es nimmt mir immer eine Möglichkeit, mit den Figuren in Verbindung zu sein. Wenn man in einer Szene ekel fühlt und die Figur, die sich darin befindet z.B. neutral um sich schaut, ist es mir zu weit weg, dann komm ich an die Figur nicht heran. Das gleiche gilt auch für die anderen Gefühle. Und besonders für Liebe. Wenn eine Figur sich verliebt und das nur so am Rande beschrieben wird, anstelle dem Gefühl ein wenig nachzugehen, ist mir das in der Regel zu entfernt.
Aber ich finde Bücher, in denen die Liebe vorkommt, immer sehr schön. Ich mag romantische Szenen. Ich lese sie gern. Allerdings mag ich klassische Schnulzen nicht so gern. Teenager-Romanzen sind bei mir eher für Fremdschämen gut.
Die Liebe ist wichtig, hat ihre Berechtigung in jeder ihrer Ausprägungen. Sie ist ein Gefühl, auf das Menschen wenig Einfluss haben, um das sie sich daher natürlich um so mehr sorgen. Und die Kraft des Gefühls hat sich ja auch in der Vergangenheit schon als beträchtlich gezeigt. Somit finde ich es schon nicht unwichtig, der Liebe Raum in einer Geschichte einzuräumen.
Dann gibt es aber noch zu bedenken, dass es so viele Nuancen der Liebe gibt und so viele verschiedene Erscheinungsformen, denen in der Regel nicht Rechnung getragen wird. Die allermeisten, die gleich geschrieben haben, dass sie Liebesgeschnulze nicht mögen, haben nur einen sehr kleinen Anteil beschrieben und ihre Abneigung dagegen erwähnt (und das kommt wegen Teil zwei der Frage). Das ist eine (in meinen Augen) unreife Form der Liebe, die sofort befriedigt werden möchte, die das Denken verwirrt und dazu führt, dass die Protagonisten nur noch daran denken können, wie sie ihr Objekt allein und willenlos bekommen. Diese Form findet ihr Zuhause in den gern auch kitschigen Liebesromanen, die meist zum Inhalt haben, wie zwei sich finden, durch Irrungen und Wirrungen (gern konstruierter Natur) voneinander abgehalten werden, um dann endlich doch zueinander zu finden. Dieses Finden wird gern durch Sex akzentuiert.
Aber was ist mit all den anderen Nuancen? Sachtes Verlieben, Mögen und vielleicht dann allmähliches Gernhaben und Verlieben? Gewohntes Verliebt-Sein in einer Beziehung, heimliche Liebe oder gar unheimliche Besessenheit und eifersüchtige Liebe?
Liebe muss sich auch nicht auf einen perfekten Partner im ähnlichen Alter richten. Ich glaube z.B., dass Liebe ein Gefühl ist, das sich auch gern auf eine Arbeit richten kann, die dem Protagonisten wichtiger ist als alles andere. Z.B. nehmen wir eine Magierin oder einen Krieger, denen die Perfektion in ihrem Feld mehr bedeuten als Zwischenmenschliches. Das ist eine tiefe Liebe zu etwas, das einem Erfüllung bringt. Diese Liebe ist nicht einmal an eine Person gebunden.
Oder die Liebe zum Tier, das einem treuer Begleiter ist. Das ist mehr als nur Freundschaft oder Gewohnheit. Die Liebe zu einem Ort, einem Haus, einem Garten, einem Strandabschnitt.
Und dann finde ich, dass auch romantisch nicht verbändelte Protagonisten Liebe für ihre Eltern und ihre Geschwister, ihre Freundinnen und Freunde empfinden dürfen. Gerade bei diesen Beziehungen ist Liebe mit reichlich Konflikten und Strömungen durchsetzt, was sie sehr interessant macht. Die Trennung von Liebe zur Freundschaft ist dünn, ab wann ist es eine freundschaftliche Liebe? Das finde ich sehr spannend und ich finde es nicht überflüssig, darüber zu schreiben. Im Gegenteil ist es dann ein wichtiger Teil der Figur und auch ein Teil der Begründung für die Handlung. Es beschreibt den Charakter, wenn eine Figur ein inniges Verhältnis zu anderen hat. Immerhin ist so eine Beziehung dann wichtig für spätere Entscheidungen.
Es gibt ja auch Liebesbeziehungen, die sich natürlich in eine Geschichte einfügen, die eine Figur voran bringen, reifen lassen. Wenn es über das bloße 'Kennenlernen und ab in die Kiste' hinaus geht. Eine Beziehung, die längere Zeit überdauert, oder durch die Probleme und Hindernisse überwunden werden. Das 'Gemeinsam schaffen wir es'-Gefühl. Das findet sich nicht so oft in Liebesromanen, aber in einem Fantasyroman, in dem ein Held oder eine Heldin sowieso durch viele Erlebnisse eine Entwicklung durchmacht, finde ich diese Art Liebe durchaus angebracht.

Teil zwei der Frage war allerdings, ob Leser eine irgendwie geartete Lovestory erwarten, z.B. auch wenn die Hauptfiguren beide männlich sind. Da ich sehr viele Geschichten schreibe, in denen sich Beziehung zwischen Männern ergeben, kann ich schwerlich sagen, dass mich so eine Beziehung in einer Geschichte stört. Aber mir ist immer wichtig, dass sich diese Beziehung sinnvoll in das Plot einfügt. Ich finde es dabei wichtig, dass die Beziehung nicht in das Setting hinein konstruiert wird, sondern natürlich wirkt. Bei Geschichten, in denen die romantische Beziehung im Vordergrund steht, sollte sie nicht den einzigen Inhalt der Geschichte bilden, sonst langweilt mich die Beziehung.
Slash, bei dem man diese Art der Beziehung auf irgendwelche bereits bestehende Figuren aufsetzt und das 'Universum' anpasst, damit die Geschichte möglich wird, lese ich z.B. gar nicht und hab sie auch nie geschrieben. Wird aber alles gern unter der Rubrik 'yaoi' über einen Kamm geschoren. 

Dritter Teil der Frage, die im Verlauf des thread aufgekommen ist: sollen die Figuren dann Sex haben, um den Teil der Liebe zu erfüllen? Ich finde nicht, dass es notwendig ist, auch wenn ich eine gut geschriebene erotische Szene gern lese. Was erotisch ist, entscheidet ja jeder für sich. Was einige romantisch oder erotisch finden, empfinden andere als Trigger für akutes Fremdschämen, von daher kann man darüber kaum streiten.
Hat man eine Figur, die im Verlauf der Geschichte recht viele der natürlichen Bedürfnisse erfüllt, was unter Umständen auch in der Geschichte vorkommen darf, dann stört eine Sexszene nicht und muss auch nicht zu Fremdschämen führen. Sie wäre dann Teil des Lebens. Hat man eine Figur, deren meisten Handlungen aber auf das Plot gerichtet sind, die kaum mal isst, trinkt, schläft, lacht, weint oder dergleichen, dann ist Sex mit einer vielleicht gar nur für diesen Zweck hineingeschriebenen Figur eher störend.
Vermutlich ist es so, dass diese ganzen Gedanken, ob man mehr Sex braucht, auch wenn es einem nicht liegt, auch dadurch aufgekommen, dass Geschichten mit erotischem Inhalt kaum noch heimlich hier und dort mal gelesen werden, sondern eben in jedem Bahnhof auf dem Angebotstisch rumliegen, überall besprochen und empfohlen und dann auch noch verfilmt werden. Das macht sie in meinen Augen kaum besser.
Romane, gänzlich ohne Liebe haben immer ihre Berechtigung und werden auch immer gelesen werden. Es gibt so viele mögliche Beziehungen von Figuren untereinander, da muss nicht immer gleich Liebe entstehen. Im Gegenteil ist es auch interessant zu lesen, wie die Figuren noch füreinander fühlen können. Haben Figuren keinerlei Gefühle, sind sie mir aber in der Regel zu steril. 

LinaFranken

#157
*Staubsauger raushol: wrum, wrum*

Mir war jetzt nach ein bisschen Liebe  ;D Oder nö, eigentlich nicht...

Zitat von: Kati am 27. August 2014, 23:26:50
Besonders bei Jugendbüchern würde ich gern mal was anderes lesen, als die große Liebe auf den ersten Blick, die natürlich für immer hält und meist die erste Liebe der Hauptfigur ist.

Amen! Ich mag das auch nicht. Vielleicht haben mich meine eigenen Erfahrungen zu ner Zynikerin werden lassen, aber Romantik ertrage ich nur in kleinen Portiönchen und gut geschüttelt und gerührt mit anderen Themen. Weshalb ich mit reinen Liebes-Romanen nie etwas anfangen könnte.
Von Liebe auf den ersten Blick halte ich noch weniger... Ich bin da zu zynisch um das "Liebe" zu nennen. Ich würde dem ganzen eher den Aufkleber "Begehren basierend auf Äußerlichkeiten" verpassen. Was in meine Augen bei weitem ehrlicher und gradliniger ist.

So führt das ganze dazu, das ich grundsätzlich entweder einen Karnickelstall oder Drama habe. Ichhab mal grob überschlagen und musste feststellen... Von den ca 20 wichtigsten Protas ist irgendwie für keinen ein Happy End geplant, was Liebesdinge angeht  :o Macht, Ruhm, Ehre, Erfolg, Reichtum... können sie alles haben, kein Problem. Aber eine glückliche Liebe? -Nö! War dabei gar nicht bewusst geplant. Mein zynischer Kopf hat ein Liebes-Happy-End als Plotwendung völlig ausgeblendet. Dabei bekommen ein paar meiner Protas sogar Kinder! Aber eben auch ohne Liebe. Da würde sich ein Psychiater jetzt so seinen Teil denken...

Andererseits kann ich es nicht lassen meine 20 Protas Reise nach Jerusalem spielen zu lassen (wahlweise auch Twister), wenn ihr versteht, was ich meine  ;) Anfangs wollte ich mit dieser promiskuitiven Einstellung bei zwei/drei Protas nur den Zeitgeist wiederspiegeln, aber irgendwie hat sich das verselbständigt und keiner wird mehr glücklich...

Habt ihr auch Beziehungen/Liebschaften mit dem Verfallsdatum vom stinkenden Fisch?

Slenderella

Ich habe immer einen Funken Liebe drin - allerdings ... ob man das Liebe bezeichnen kann.
In War Chant ist die Anziehung (ich nenne das mal nicht Liebe, weil der männliche Hauptcharakter eine sehr perverse Form von Liebe hat) der Extremsituation geschuldet und dem Kerl ist auch völlig klar, dass sie ihn unter normalen Umständen niemals auch nur ansatzweise an sich heranlassen würde. Da die beiden in einer Extremsituation sind, geht ihre Liebschaft aber klar. Nur eben nie auf Dauer.

Bei Hourglass Wars sind meine Protagonisten (ich wollte dieses dumme FF Klischee mal mit in einen Roman nehmen, weil mir kein Grund eingefallen ist, warum ausgerechnet diese beiden sich lieben müssen) miteinander durch Magie verbunden und müssen sich notgedrungen lieben. Das gibt kein Happy End :D Zumal der eine den anderen mitnimmt, wenn er stirbt. Und weil beide super egoistisch sind, kann das nicht gutgehen.

Puh ... anonsten - in Fine Line, ja da gibt es Liebe. Aber eine stinknormale. Und ein paar Charaktere die verdammt komische Ansichten von Beziehungen und Liebe haben. Aber da ist das Hauptaugenmerk so gar nicht auf den Beziehungen untereinander, die sind nur dafür da, um ihnen alles andere zu erschweren.

Liebe ... puh ... also die hab ich echt nur in All Agern - aber eben nie als "Liebesroman". Da muss ich dann auch hin und wieder mal ein Happy End schreiben, aber da beide All Ager Trilogien sind, muss ich mich damit erst am Schluss befassen (und ein bisschen Zucker drüberkotzen :D).
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert

Asterya

Fantasy braucht für mich nicht zwingend eine Liebesgeschichte. Ich habe zwar auch nichts dagegen, wenn eine vorkommt, ich les auch gerne Romantasy, aber bevor die Liebesgeschichte einfach nur reingequetscht wird, weil man ja eben unbedingt eine Liebesgeschichte haben will, ist es besser, die wegzulassen.
Allerdings sind ja die meisten Figuren Menschen (oder zumindest Wesen mit menschenähnlichen Zügen) und sehr viele Menschen verlieben sich nunmal im Laufe ihres Lebens irgendwann und bei nicht wenigen ist das ein prägendes Ereignis. Liebe kann ein toller Motivator sein, oder eine Figur zerstören, bietet so unglaublich viel Potential für die Charakterentwicklung, dass ich nicht sagen würde, dass Liebe generell überflüssig ist oder nicht in ein Fantasybuch gehört. Ich finde es schwerer, eine Figur zu schreiben, die in ihrem Leben noch nie auch nur ansatzweise Gefühle für jemanden hatte und so gibt es bei mir immer zumindest eine starke Anziehung zwischen zwei Figuren, in wie weit das dann ausgeschlachtet oder nur leise angedeutet wird, hängt vom Rest der Geschichte ab.
Ich hab mich früher oft an Romantasy versucht, das liegt mir aber nicht mehr so, entweder es wird total kitschig (selten), oder es endet in einer totalen Katastrophe.
Liebe auf den ersten Blick halte ich auch für unrealistisch, Anziehung jedoch nicht. Und aus Anziehung kann sich ja durchaus mehr ergeben.
You wake up every morning to fight the same demons that left you so tired the night before. And that, my love, is bravery.

Trippelschritt

Klassische Fantasy war immer recht prüde und ging über platonische Liebe kaum hinaus. Ich fand das immer recht schade. Das hat sich dann aber irgendwann geändert und je nach Ausrichtung gab es eine ordentliche Prise Sex wie bei Martin oder Romantasy für pubertierende Mädchen.
In meinen eigenen Geschichten läuft die Liebe am Rande so mit. Meist nur in Andeutungen, denn im Mittelpunkt steht steht die Magie. Und das ist nicht die Magie der Liebe. Und wie sie aussieht hat vor allem etwas mit dem Setting zu tun. Wenn geheiratet wurde, waren es meist Zweckheiraten wie im Mittelalter üblich oder ergab sich so durch die Umstände. Aber ich habe ein Projekt in einer ganz entfernten Ecke meines Hinterkopfs, wo es ganz anders aussehen könnte. Aber diese Idee ist noch lange nicht reif.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Vic

Ich find es grade etwas schade, dass hier alle Liebe = romantische Liebe gleichsetzen, denn das muss mMn nicht der Fall sein.

Ich brauch keine klassische boy meets girl (oder girl meets girl oder boy meets boy) Liebesgeschichte im Mittelpunkt. Und ich find es echt langsam langweilig, dass das so häufig die einzige ausgearbeitete Beziehung in ner Story ist. Deswegen bin ich auch immer die erste die schreit - ja bitte ! Mal keine love story, danke!

Aber ich liebe platonische Liebe jeder Art im Mittelpunkt und ich mag Geschichten die charakterlastig sind.
Ich hätte nur gerne mal was anderes als Liebesbeziehungen.  ::)  Gebt mir doch stattdessen mal mehr enge Freundschaften, intime Feindschaften oder interessante Familienkisten. ;) 

Guddy

#162
Also, dass hier alle nur an die klassische, romantische Liebe denken, ist nicht richtig. ;) Nur galt die Ausgangsfrage der klassischen Liebe, daher wurde der Fokus natürlich darauf gesetzt.

Ich persönlich finde platonische Beziehungen, enge Freundschaften, auch sehr spannend und in den meisten mir bekannten Fällen auch deutlich spannender als die klassische Liebe. Und, ja, auch sehr unterschätzt, gerade die platonische Liebe zwischen Mann und Frau. Meist läuft es dann wirklich auf eine romantische Beziehung hinaus, was ich ebenfalls sehr schade finde.


Sipres

Als jemand, für den Romantik ein Fremdwort ist, stehen bei mir ziemlich oft Freundschaften oder die liebe zwischen Familienmitgliedern im Fokus. Natürlich hab ich auch hier und da mal die klassisch romantische Liebe, aber sie ist wenn überhaupt nur gleichberechtigt mit dem Fokus auf die Freundschaft zwischen zwei meiner Charaktere. Denn gerade Freundschaften gehen meistens sogar noch tiefer als romantische Liebe.

Moni

Zitat von: Trippelschritt am 19. Januar 2016, 06:47:04
Klassische Fantasy war immer recht prüde und ging über platonische Liebe kaum hinaus. Ich fand das immer recht schade.

Das war aber auch zu einem Großteil der Zeit geschuldet, in der viele der "klassischen" Romane entstanden sind. Und natürlich, daß manche auch die Minne als Vorbild hatten und nicht die "normale" Liebe.  ;D
Ein gutes Beispiel für Minne ist immer Gimlis Verehrung für Galadriel (in den Romanen kommt das ja viel besser zur Geltung, im Film wirkt es eher komisch), er stellt sie auf ein Podest, unberührbar, schön und fern jeden körperlichen Begehrens.
In den Fantasyromanen der 70er und 80er floss dann auch ein etwas freieres Denken mit ein, darum kann man dort auch hin und wieder echte Liebesbeziehungen finden, auch wenn es deutlich weniger sind, als heute üblich.

@Guddy die Ausgangsfrage ist ja interessanterweise gewesen, ob man das machen kann, eine Geschichte ganz ohne Liebe, nur mit Freundschaft. Aber wie es in einem lebendigen Austausch gerne der Fall ist, hat es sich immer mehr zu Frage gewandelt, ob und welche Form von Liebe denn nun in unseren Romanen Verwendung findet.  ;D Man kommt ja gerne vom Höcksken aufs Stöcksken, wie man am Niederrhein so schön sagt.  ;D

Ich denke übrigens auch, daß ein einen Roman ohne Liebesbeziehung wunderbar funktioniert. In den wenigsten meiner Projekte ist eine Liebesbeziehung wichtig oder überhaupt vorhanden. Im richtigen Leben führt man in der Regel ja auch mehr freundschaftliche als Liebesbeziehungen, warum sollte es also in Büchern anders sein (Liebesromane aller couleur mal außen vor).
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol