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Neueste Beiträge

#1
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Amanita - Heute um 17:08:46
@Guddy, nein, nur anekdotische Evidenz aus 20 Jahren in Fantasyforen. Keine Ahnung, ob zu sowas Studien durchgeführt werden, aber möglich ist das wohl schon. :hmmm:

Danke, @Franziska, etwas in diese Richtung wollte ich auch schreiben.
Zitat von: FranziskaGerade in den 70ern gab es ja schon viele sehr erfolgreiche Autorinnen, die auch auf Charakter und Beziehungen fokussierte HF geschrieben haben. Aber davon ist das Genre leider später etwas abgekommen.
Damals gab es wirklich schon mal einige Autorinnen, die Fantasy- und SciFi-Bücher geschrieben haben, in denen Frauen neue Rollen einnehmen durften, Geschlechterdynamiken hinterfragt wurden usw. und die waren doch auch relativ erfolgreich. Octavia Butler, Mercedes Lackey, Marion Zimmer-Bradley... An manches davon wurde ich von meiner auch Fantasy-interessierten Mutter herangeführt und über manches bin ich auch nur über FILK-Videos auf YouTube gestolpert...

In den 90ern und 2000ern ist diese Richtung aber irgendwie wieder verlorengegangen, statt Experimenten bei Gesellschaftsformen gab es das "gute alte" Patriarchat und alles andere wurde als "unrealistisch" abqualifiziert. Dazu dann von der anderen Seite ausgehend die Sorge, dass das Beschreiben alternativer Gesellschaftsmodelle jemanden vor den Kopf stoßen könnte und das sieht man häufig in den seitdem erschienen Fantasy- und SciFi-Büchern. Dazu dann auch diese endlosen Diskussionen um "Mary Sues" und "Strong Female Characters", die angeblich so schlecht sind und dass so getan wird, als ob es Raketenwissenschaft wäre, eine weibliche Figur vernünftig zu schreiben. Das haben die Autorinnen früher schonmal ganz unkompliziert hingekrieg.
Ich finde diese Entwicklung sehr schade, denn ich mag viele dieser alten feministischen Fantasybücher, aber natürlich hat sich seitdem von den Einstellungen her einiges geändert und ich würde mir wünschen, wenn es Vergleichbares auch wieder aus der modernen Perspektive geben würde.
#2
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Franziska - Heute um 16:43:19
@Mondfräulein interessant, tatsächlich hab ich das nie so empfunden. Ich hab als Teenager von meinem Vater Erdsee von Ursula K. LeGuin empfohlen bekommen, da gibt es sowohl männl und weibl Protas und es geht nicht hauptsächlich um Schlachten. Gerade in den 70ern gab es ja schon viele sehr erfolgreiche Autorinnen, die auch auf Charakter und Beziehungen fokussierte HF geschrieben haben. Aber davon ist das Genre leider später etwas abgekommen. Die Bücher des Völker Fantasy Hipes dagegen hab ich nie gelesen. Mein Eindruck war, dass es da gerade in Deutschland diese Vermarktung nach Geschlecht des Autors gab. In den letzten 15 Jahren wurde aber auch hier immer mehr HF von Autorinnen veröffentlicht. Ich würde aber zustimmen, dass es inzwischen noch diverser geworden ist.
Das Problem mit dem Gatekeeping hab ich allerdings auch oft erlebt.  ::)
Von daher kann ich den Eindruck dass das Genre ausschließt auch verstehen.

Zu den Artikeln, ich hab es so verstanden dass diese Instagram Aktion eine Reaktion darauf war, weil die Verlage ja sagen, sie sehen keine Leser mehr für HF und die Blogger sagen wollten, dass sie da sind. Verlage richten sich aber nunmal nach Verkaufszahlen und wenn sie HF veröffentlichen, was dann nicht gekauft wird, stellen sie es halt ein...

Ich glaube ja auch viel liegt an falschen Erwartungen. Ja natürlich muss Romantasy auch ein Happy End haben. Sonst wäre es ja keine Romantasy. Das HEA definiert Romance.
Aber es ist den Büchern oft nicht anzusehen wie viel Fantasy drin ist. Wenn das Buch quasi auch ohne Fantasy Elemente funktionieren würde, kann ich schon verstehen, wenn Fantasy Leser enttäuscht sind. Andererseits hab ich auch schon die Kritik gehört, das Worldbuilding wäre zu komplex, zu viele erfundene Wörter etc während ich beim selben Buch zu wenig Worldbuilding fand, die Welt wurde mir nicht klar. Daher kann man denke ich einfach nicht alle Leser zufrieden stellen.
Ich persönlich mag halt lieber Fantasy Romance als Romantasy, das wird aber hier nicht vermarktet.
#3
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Christopher - Heute um 15:35:51
Ich hatte die Frage in den Raum geworfen, weil ich mich an eine Diskussion vor Jahren erinnerte, in der wir versucht haben, halbwegs klare Linien zu zeichnen, was denn zu welchem Genre gehört.

Quintessenz war, dass es wenig Klarheit und wenig Einigkeit bei der Einteilung in Genres gibt. Die Genres sind eben gewachsen oder plötzlich entstanden, als es etwas "neues" gab, das scheinbar ein eigenes Genre wert ist, auch wenn man es problemlos in eine bereits vorhandene Schublade hätte stecken können.

Nur sollte man, wenn man eine Diskussion führt, schon vom selben reden. Sonst redet man aneinander vorbei ;D

Instagram etc. habe ich nicht, kann die Diskussion daher da nicht verfolgen, aber aus dem was ihr geschrieben habt, lese ich heraus, dass eben dieses aneinander vorbei reden da unter anderem passiert.


Meine Meinung als Mann und Fantasyleser dazu:
Ich hab absolut kein Problem oder Eifersuchtserscheinungen, in Bezug auf Leser, was die Romantasy angeht. Leute die an meinen Geschichten Interesse haben und auch Romantasy lesen, können völlig problemlos beides tun. Da besteht für mich keine Konkurrenz. Und für diejenigen, die nur eines von beidem lesen, hat es keinerlei Auswirkungen ob vom einem oder vom anderen nun mehr Bücher erscheinen.
Was das angeht, sehe ich da keine Konkurrenz.

Wenn man jetzt das ganze in Bezug auf die Verlage sieht, kann das anders aussehen und ich sehe, wie da der eine oder andere Verdruss empfinden kann. Aber da auf einem Genre rumzuhacken ist Blödsinn. Das ist einfach in der Buch-, Mode-, Film- oder wasauchimmer-Welt so. Es gibt Trends, die laufen gerade, und eine Zeit X später ist plötzlich etwas anderes Trend und dann läuft eben das. Und so dreht sich die Welt weiter im Kreis.

Für die Romantasy Autoren ist es jetzt natürlich ärgerlich, den Unmut anderer (unverdient) abzubekommen, aber ich denke das legt sich ganz von alleine wieder und dann ist jemand anderes das Neidobjekt. Ich würd's gelassen nehmen, mich freuen, dass es gerade gut für die Romantasy läuft, und den Rest ausblenden.
#4
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Mondfräulein - Heute um 15:28:35
Mein Eindruck ist eher, dass Fantasy lange bestimmte Lesergruppen ausgeschlossen hat. Als Frau habe ich mich sehr lange von High Fantasy ausgeschlossen gefühlt, weil die Geschichten so männerzentriert waren. Dazu kommt, dass ich eine sehr charakterzentrierte Leserin bin. Ich brauche in meinen Büchern einen großen Fokus auf Charakterentwicklung und komplexen Beziehungen (nicht nur romantisch, sondern auch platonisch, beispielsweise Freundschaften und Beziehungen zwischen Familienmitgliedern). Das habe ich in diesen Büchern nicht gefunden, weil alle immer so sehr damit beschäftigt waren, sich gegenseitig den Schädel einzuschlagen. Außerdem verderben mir schlecht geschriebene Frauenfiguren und ein zu großer Fokus auf Männer Bücher sehr schnell. Lange Zeit gab es aber nur "Männer-Fantasy", in denen maskuline Männer sich in Schlachten bewiesen haben und danach eine vollbusige Schönheit mit ins Bett nehmen durften. Aber wenn ich jetzt nur von mir ausgehe: Ich war gerade deshalb kein Teil der High-Fantasy-Leserschaft. Die Bücher haben mich einfach nicht angesprochen. Dabei weiß ich jetzt, dass ich High Fantasy liebe. Worauf ich hinaus will: Was ist hier die Ursache? Ist die Leserschaft so, weil eine bestimmte Art von Mensch Fantasy eben lieber mag als eine andere? Oder hat das Genre viele Menschen ausgeschlossen und sich so eine bestimmte Art von Leserschaft kultiviert? Und jetzt, da die Bücher in diesem Genre diverser werden (damit meine ich sowohl mehr Vielfalt bei den Figuren und Themen als auch bei den Subgenres) wird auch die Leserschaft diverser? Beides bedingt sich bestimmt gegenseitig. Aber wenn wir annehmen, dass lange vor allem eine bestimmte Gruppe Fantasy gelesen hat, dann nicht unbedingt, weil sie Fantasy mehr anspricht, sondern vielleicht auch, weil das Genre lange andere ausgeschlossen hat.

Und das führt mich dann wieder zu anderen Nerd-Bereichen, bei denen diese Art von Gatekeeping ja auch nicht neu ist. Du magst Marvel? Dann nenn mir drei Superhelden, die nicht in den Filmen vorkommen! Du magst Iron Maiden? Nenn mir drei ihrer Songs! Du magst Star Wars? Hast du denn überhaupt alle Filme gesehen? Du magst D&D? Nenn mir drei Klassen! Wenn Frauen sich in diesen Nerd-Bereichen bewegen, dann wird häufig in Frage gestellt, was sie dort wollen und ob sie sich überhaupt richtig auskennen. Aber was in der Fantasy ja seit einer Weile passiert, ist dass Frauen nicht nur Fantasy lesen und schreiben, sondern dass sich das Genre verändert. Romance ist ja traditionell ein Genre, das vor allem von Frauen gelesen wird. Viele (auch nicht-romantische) Fantasy-Romane thematisieren inzwischen Diskriminierung und Sexismus. Andere Gruppen haben sich dem Genre also nicht nur angenähert, sie haben es sich vollkommen zu eigen gemacht. Auch wenn es die klassische "Männer-Fantasy" auch noch gibt, ist das nicht mehr das, was das Genre im Kern definiert und ausmacht. Vielleicht ist vieles also auch eine klassische Gatekeeping-Reaktion, wenn Frauen in einen vorher sehr männlich dominierten Bereich eindringen. Vielleicht ist es aber wirklich so, dass es vorher vor allem eine bestimmte Gruppe gab, die das Genre definiert hat, und es denen jetzt wirklich und wahrhaftig weggenommen wurde. Sie dürfen noch mitspielen und mitschreiben, aber sie dürfen nicht mehr bestimmen, was Fantasy ist und was nicht. Fantasy gehört jetzt nicht mehr ihnen sondern allen. Und das ist ja vielleicht auch nichts schlechtes.

Was ich dazu aber auch interessant finde, ist welche Genre-Konventionen für Romantasy denn gelten. Romance braucht zwangsweise immer ein Happy End für die Liebesgeschichte, was das Genre ziemlich einzigartig macht, denn in anderen Genres kann man von vielen Konventionen durchaus mal abweichen. In der Fantasy gilt das nicht. Wenn ich also Romantasy schreibe, gilt dann auch noch die Erwartung der Leserschaft, immer ein Happy End für die Liebesgeschichte haben zu wollen?

Zitat von: Amanita am Heute um 13:01:04Ich habe mir die verlinkten Instagramm-Beiträge und den Artikel angeschaut und habe dabei eigentlich nicht den Eindruck gewonnen, dass es darum geht, Romantasy abzuwerten. Aber das kann natürlich anders ausschauen, wenn man tiefer in die Diskussionen eintaucht.

Sowohl der (sehr spannende) Artikel als auch die Instagram-Beiträge waren gegenüber Romantasy sehr respektvoll. Aber viele Kommentare auf diversen Plattformen, die ich zur Debatte gesehen habe, waren es leider nicht.

Zitat von: Franziska am Heute um 10:23:34Ich kann echt empfehlen die Artikel von Matthias Mäurer mit den Interviews mit Verlagen zu lesen. Tenor ist, HF verkauft sich gerade schlecht. Aber Fantasy insgesamt sehr gut. Es gibt hohe Vorschüsse für Romantasy. (weiß nicht ob das überall so ist). Das ist ja insgesamt was Gutes.

Die Artikel-Serie ist wirklich super interessant! Ich werde sie auch nochmal im Eingangspost verlinken.
#5
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Guddy - Heute um 14:41:35
Zitat von: Amanita am Heute um 13:01:04Ich denke aber, dass die ablehnende Haltung in manchen Kreisen auch daher rührt, dass Fantasyfans überdurchschnittlich häufig Leute sind (wie ich), die es im realen Leben nicht so mit der Romantik haben und die Fokussierung auf dieses Thema deswegen nicht so toll finden, weil es ihr Interesse einfach nicht trifft.

Hast du da eine Studie oder ist das eher dein Eindruck?
#6
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Amanita - Heute um 13:01:04
Ich habe mir die verlinkten Instagramm-Beiträge und den Artikel angeschaut und habe dabei eigentlich nicht den Eindruck gewonnen, dass es darum geht, Romantasy abzuwerten. Aber das kann natürlich anders ausschauen, wenn man tiefer in die Diskussionen eintaucht.
Ich finde es nicht unbedingt überraschend, dass Romantasy sich vergleichsweise gut verkauft, weil die Fans von "Erwachsenenfantasy" eher eine kleine Nische sind und die Romantik-Fans eine deutlich größere. Und da geht dann wohl auch Contemporary, Historisch, fremde Länder und eben auch was mit fantastischen Elementen. Ich finde es also völlig in Ordnung, wenn es das gibt und gönne auch denjenigen, die gerne Romantisches schreiben ihren Erfolg.

Ich denke aber, dass die ablehnende Haltung in manchen Kreisen auch daher rührt, dass Fantasyfans überdurchschnittlich häufig Leute sind (wie ich), die es im realen Leben nicht so mit der Romantik haben und die Fokussierung auf dieses Thema deswegen nicht so toll finden, weil es ihr Interesse einfach nicht trifft.
Manch eine(r) hat dann wohl das Bedürfnis, darauf mit deutlichen Missfallensäußerungen gegen das Genre zu reagieren und "muss" es dann vielleicht auch schlechtmachen, weil er unter dem Fehlen im eigenen Leben leidet und durch entsprechende Werke daran erinnert wird und sich dann vielleicht auch aus "seinem" Genre vertrieben fühlt. Und gerade bei Männern gehen Schwierigkeiten im Liebesleben und Sexismus ja dann auch oft miteinander einher. Womit ich jetzt nicht abstreiten will, dass eine grundsätzliche Ablehnung gegen etwas, was hauptsächlich von Frauen für Frauen geschrieben wird, auch ein Thema ist.

Ich muss aber zugeben, dass ich als Leserin auch zu denjenigen gehöre, die oft im Vertrauten bleiben und dann lieber etwas Neues in einer vertrauten Welt lesen, statt sich auf eine neue einzulassen. Dark Academia ist hier aber ein Untergenre, das mich ziemlich anspricht und wo ich mich auch über den Trend freue. Allgemein scheint es mir schon so zu sein, dass das Genre vielfältiger wird und da ich auch nicht auf "epische Fantasy" mit viel Dreck, Folter und Vergewaltigung oder als Tolkin-Derivate mit Elfen, Zwergen und Orks stehe, bin ich darüber als Leserin nicht so unglücklich.
Trotzdem würde ich mir wünschen, dass die vielen guten neuen Ideen, die man beispielsweise hier im TiZi mitbekommt, auch eine Heimat im Verlag finden und vielleicht sogar neue Trends setzen.
Allgemein finde ich es nämlich sehr schade, dass es bis jetzt keine neuen "großen" Werke mit starkem Einfluss auf die Popkultur gibt, sondern stattdessen lieber das Alte wie Herr der Ring, Star Wars, Harry Potter, die klassischen Disney-Produktionen... neu aufgewärmt wird. Da wird dann zwanghaft versucht, seit der Entstehungszeit geänderte Wertvorstellungen in diesen Werken unterzubringen, statt dass man etwas Neues schafft, was diese Wertvorstellungen von Anfang an enthält. Offensichtlich gibt es ein Bedürfnis nach Werken mit moralischer Klarheit, was bei den aufgeführten ja durchgehend der Fall ist, aber man kann oder will keine Werke mehr schaffen, wo diese dann auch zeitgemäßer ist.

Wie in dem verlinkten Artikel auch angedeutet wird, bin auch ich der Meinung, dass moralische Klarheit durchaus ein wichtiges Element der Fantasy ist und auch Teil dessen was die Lesenden suchen, wenn sie sich für Fantasy entscheiden. Komplexe Kriegssituationen mit egoistischen Anführern und viel Brutalität auf allen Seiten, wo man eigentlich niemandem den Erfolg gönnt, waren vielleicht Anfang der 2000er mal neu und originell, aber letztendlich waren Fantasy und vorher Märchen und Sagen schon immer Erzählformen, wo mehr moralische Klarheit herrscht als in der realen Welt, auch wenn sich die Vorstellungen von dem, was moralisch richtig ist und was nicht, an manchen Stellen verändert haben.
#7
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Yamuri - Heute um 11:22:39
Ganz simpel ausgedrückt, ohne Wertung, sondern neutral evolutionsbiologischer Perspektive hat der Mensch verschiedene Grundbedürfnisse. Eines davon ist Essen, eines ist Schlafen und eines ist das Bedürfnis nach Liebe/Einstimmung. Sind diese Grundbedürfnisse befriedigt, öffnet sich der Mensch für andere Themen und Bedürfnisse. Deshalb ist es so leicht Romance zu vermarkten, weil man es quasi so gut wie nicht vermarkten muss. Es spricht einen der drei Grundtriebe des Menschen an. Der Mensch sehnt sich nach Liebe. Ergo genügt es darüber zu informieren, dass man bei Romance Liebe bekommt. Da springt sofort dieses Grundbedürfnis an und reagiert darauf.

Andere Genres sind scheinbar schwerer zu vermarkten, weil es für diese nicht ausreichend ist zu informieren, was drin ist. Denn sie sprechen diesen Grundtrieb, dieses Grundbedürfnis des Menschen nicht an. Sie setzen voraus, dass die Grundbedürfnisse befriedigt wurden und sprechen andere Sinne an. Um diese Genres genauso erfolgreich zu vermarkten, wie das bei Romance funktioniert, muss erst ermittelt werden a) welche Sinne sprechen die andren Genres an, b) welche Strategien sind notwendig, um diese Sinne erfolgreich zur Reaktion zu bringen. Sprich in welcher Weise muss ich das Buch präsentieren, damit es die passenden Emotionen bei potenziellen Lesenden auslöst und zum Bedürfnis des haben und lesen wollen führt.

Ich bin der Ansicht jedes Buch, egal welches Genre, lässt sich gut verkaufen, wenn wir herausfinden, welche Sinne und Bedürfnisse das Buch anspricht und welche Kommunikation notwendig ist, damit diejenigen, die es gern lesen würden, sich auch angesprochen fühlen. Bei 8 Milliarden Menschen gibt es genügend Menschen, die sich für Bücher interessieren. Es sind genug Menschen da und ich denke, dass jedes Buch eine zufriedenstellende Fanbase finden kann. Der Knackpunkt ist die richtige Kommunikation und Werbung dafür finden, damit das Buch von der Fanbase auch gefunden wird.

#8
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Franziska - Heute um 10:23:34
@Anj Ja, das denke ich auch, das sehe ich an mir selbst. Ich lese gerade nicht gern von Kriegen etc, Cozy Fantasy ist ja auch ein Trend aktuell.
Ich kann echt empfehlen die Artikel von Matthias Mäurer mit den Interviews mit Verlagen zu lesen. Tenor ist, HF verkauft sich gerade schlecht. Aber Fantasy insgesamt sehr gut. Es gibt hohe Vorschüsse für Romantasy. (weiß nicht ob das überall so ist). Das ist ja insgesamt was Gutes.
Mir fehlt da auch etwas der Blick auf die Vielfalt. Es gibt zwar gerade wenig klassische High Fantasy und Urban Fantasy auch nicht, dafür gibt es jetzt cozy Fantasy und Dark Academia. Auf dem englischen Markt viel Richtung Horror. Hunted Houses (gibt es da einen Genre Namen?), Bücher wie "The will of the Many" war ziemlich gehyped, wird jetzt von einem Verlag übersetzt, der sonst ganz andere Bücher rausbringt. Aber auch Bücher wie "Tage einer Hexe" oder "A dark and drowning tide" werden veröffentlicht. Es gab noch nie so viele sapphic Fantasy, allgemein wird queere Romance jetzt sehr viel veröffentlicht und das ist eine so starke Entwicklung.
Dann fallen mir noch Bücher wie die Jade City von Fonda Lee ein, die auch übersetzt wurden.

Was ich interessant finde, Romantasy ist ja nicht neu, es werden jetzt viele Bücher eingekauft, die original im SP erscheinen sind.
Ich denke auch, dass viele dadurch zu Fantasy kommen, aber es muss ja gar nicht sein, dass sie dann auch HF lesen. Ich finde ja wenn man bisschen schaut, ist Fantasy eigentlich gerade sehr vielfältig.
#9
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Anj - Heute um 07:36:09
Ich kenne die Diskussion nicht auf die ihr anspielt, aber könnte es nicht auch sein, dass die aktuelle Zeit dazu führt, dass die Leute weniger Schlachten, bedrohte Welten usw. lesen wollen, weil das zu nah an realen Ängsten ist? Ich kann gerade auch einige Tropes nicht lesen (auch aus ganz privaten Gründen, nicht nur aufgrund der Weltlage). Romantasy ist mit Happy End, spricht offenbar stabile Sehnsüchte an und bedient mit dem Gefährtenbund-Trope (der meinem Gefühl nach sehr verbreitet ist) auch ein Sicherheitsbedürfnis. Und es gibt auch im RL Liebesgeschichten. Vielleicht nicht ganz so Hollywood-Love-mäßig, aber doch viel eher als die Abenteuer in High-Fantasy.
High-Fantasy hat zwar auch oft ein Happy End für den Helden, aber die "Gefahr" von unangenehmen Themen ist höher. Zumindest von außen betrachtet. Und diese Vorannahmen reichen ja schon, um Lesegewohnheiten zu entwickeln und zu stabilisieren.
Dazu kommt ggf. ein Marketingaspekt, der ungünstig ist.

Ich habe auch immer schon eher enge Nischen gern gelesen und wenns da grad nix mehr gab, wurde sie ausgeweitet. Also klar kann Romantasy ein Einstieg in High-Fantasy sein. Aber vermutlich weniger als andersherum, weil es an Romance mehr Auswahl zu geben scheint und ich glaube, dass der Wunsch, der bei Romance die Lesenden antreibt leider auch einfacher mit generischen Plots erreichbar ist und sowohl von Vielleser*innen gelesen wird als auch von Urlaubsleser*innen. Also einer größeren Zielgruppe.
Und schlechte Qualität wird eher toleriert. Zumindest sehe ich das bei mir, wenn ich bei Romantasy lande. Wenn die Lovestory zieht, ist ein platter Rest kein Grund es abzubrechen. Ich les dann von Autor*in vielleicht nichts weiteres, aber ich breche auch nicht enttäuscht ab. Und wenn doch warten gleich 1000 andere Bücher im Genre.
(und wer was als platt empfindet, ist auch nicht immer gleich)
Also gibt's keinen Grund für große negative Emotionen. Das ist bei Fabtasy vielleicht auch anders? Ich bin dieselbe Lesende, aber auch ich setze unterschiedliche Maßstäbe an verschiedene Genres, einfach weil unterschiedliche Bedürfnisse dahinterstehen, die leichter oder schwerer zu erfüllen sind.

Kurz gesagt, ich glaube es ist multifaktoriell bedingt ob ein Genre läuft und ein Genre gegenüber einem Anderen abzuwerten ist meiner Ansicht nach schlicht bullshit.
Wenn Fantasyautor*innen es nötig haben Romantasy abzuwerten, sagt das mehr über diese Autor*innen aus als über Romantasy.
(Und ja vermutlich spielt auch immer noch eine Rolle, dass maskuline Qualitäten als wertvoller/adäquater erachtet werden, als feminine. Ist halt auch sicherer, als sich der Bewertung auszusetzen, dass man anders tickt. Eine Person die harte Fantasy mag gilt eher als cool, als eine Person, die auf Gefühle und Romantasy steht. Und wenn die Person ein Mann ist, irritiert zweiteres halt noch mehr.

War jetzt vermutlich nur semihilfreich, aber ich denke (High-)Fantasy müsste sich vielleicht mehr mit einer eigenen Zielgruppenanalyse beschäftigen.
#10
Tintenzirkel / Re: Romantasy vs. Fantasy #ret...
Letzter Beitrag von Franziska - Gestern um 23:22:45
Also nach dem Artikel, der die Diskussion ja ursprünglich ausgelöst hat, verkauft sich HF gerade generell nicht, oder? Weiß die Details jetzt nicht mehr genau, aber man sieht es ja auch in den Buchhandlungen. Das einzige aktuelle was mir einfällt ist Wyrdwood und das ist nicht bei einem der ganz großen Verlage erschienen, die früher HF veröffentlicht haben. Neulich hab ich auch einen Podcast gehört wo es darum ging, dass die progressive Phantastik in Deutschland sich leider nicht so gut verkauft hat.