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Blues nach dem Beenden eines Romans

Begonnen von Coppelia, 07. Februar 2014, 07:30:59

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Coppelia

Ich hoffe, das Thema gibt es noch nicht, hab es allerdings auch nicht gefunden.

Leann und ich haben gerade festgestellt, dass wir es beide kennen: Das traurige Gefühl nach dem Beenden eines Romans. Man muss sich von liebgewordenen Figuren trennen und kann sie nicht weiter auf ihrem Lebensweg begleiten, selbst wenn man weiß, wie dieser weitere Lebensweg aussieht. Ich muss ehrlich sagen, bei jedem Roman habe ich das nicht, aber bei den Kessel-Romanen falle ich nach dem Schluss regelmäßig in ein Loch. Es ist, als hätte ich mich von einem Partner getrennt. :d'oh: Ich muss noch immer an die Figuren denken und vermisse sie oft ganz schrecklich.

Und bald steht es mir wieder bevor, wenn ich meine "Blutgeister" dann endlich mal fertig habe. Es wird Zeit, ich sitze seit letzten April dran. Aber ich weiß jetzt schon, dass es nicht einfach für mich wird.

Wie geht es euch da? Kennt ihr das ebenfalls, oder empfindet ihr eher nur Freude, wenn ein Roman fertig ist?

Cailyn

Liebe Coppelia

Ich kenne dieses Gefühl "noch" nicht. Ich habe mich bislang nur bei einem Roman so richtig ins Zeug gelegt und mich intensiv damit auseinandergesetzt, und dieser ist noch nicht fertig. Aber um ehrlich zu sein, ahne ich manchmal schon, dass mein Zögern, meine Gedanken und Grübeleien, man könnte ja hier und dort und da noch etwas ändern und verbessern nicht nur mit einem Anfall von Pedanterie zu tun haben, sondern auch mit dem unbewusst schwelenden Abschiedsschmerz, den man ja bald von den Figruen nehmen muss. Sorry für den wahnsinnig langen Satz.  ;)

Nycra

Oh, ich kenn das und wie! Wobei ich das eher mit Kindern vergleichen würde, die man auf die Welt loslässt, weil sie daheim ausziehen.  :rofl:

Besonders schlimm hat es mich damals nach meinem Schlächter erwischt. Ich hab Ian und Thorpe unendlich vermisst, weil ich mich so tief in ihre Zeit und die Idee vergraben hatte. Ich könnte heute noch schwören, dass Barrique eine direkt Folge davon ist, denn er hat denselben trockenen Humor wie Thorpe. Auch jetzt noch fühlt es sich an, wie ein Kind, das flügge geworden ist und ich kann ihm nur milde lächelnd hinterher sehen, wenn es jetzt die Verlagswelt erobert. Ein ähnliches Gefühl hatte ich auch beim ersten Bestien-Band.

Bei Shati war es mehr so ein Mittelding. Ich hab zwar meinen quastenschwänzigen Dämon vermisst, aber bei weitem nicht so sehr wie später Ian. Vieleicht, weil ich schon damals ahnte, dass er mir auch weiterhin präsent sein würde? Damit meine ich nicht die Fortsetzung, sondern die vielen Bilder im Internet, die Gespräche etc. die mich immer irgendwie an ihn erinnern und ihn mir wie einen falschen Fufziger zurückbringen. Da überwiegt die Freude anstelle der Wehmut.

Bei meinen Dhraden ist das sogar noch ganz anders.Ich bin zwar vollkommen zufrieden, wenn ein Roman beendet ist, aber ich kann mich von den Figuren distanzieren und falle nicht wirklich in ein Loch.  Liegt aber vielleicht daran, dass die Reihe noch nicht beendet ist. Frag mich nochmal, wenn ich mein Ende unter den letzten Band geschrieben habe, da könnte es auch sein, dass ich Figuren vermissen werde oder der "guten alten Zeit" hinterher weine.

Klecks

Meistens blockiert mich dieses Gefühl ein, zwei Monate lang, bevor ich mich so richtig in einen anderen Roman stürzen kann. Ich spüre auch immer, dass genau diese Zeit mit den Figuren jetzt vorbei ist, dass die Geschichte geschrieben ist, dass ich all das nicht nochmal mit ihnen erleben werde. Zumindest nicht mehr im Schreibprozess, sondern nun beim Lesen. Ich vermisse die Vertrautheit, in sie hineinzuschlüpfen.  :seufz:

Malinche

O ja, und wie ich das kenne. Zuletzt habe ich es bei meinem NaNo-Roman in voller Wucht erlebt und wäre am liebsten gar nicht fertig geworden. Wie lange ich an einem Projekt sitze, hat dabei nicht unbedingt was mit der Intensität des Blues-Gefühls zu tun, sondern wie sehr ich die Figuren beim Schreiben ins Herz geschlossen habe. Und wie hier einige schon sagten, selbst wenn ich weiß, es geht ihnen nach dem Ende des Romans doch gut, ist das kein großer Trost. Teilweise möchte ich dann ständig das Dokument öffnen, um mich zu überzeugen, dass es ihnen wirklich gut geht. Ich brauche dann definitiv auch ein wenig Zeit, bis ich mich auf einen neuen Roman mit neuen Figuren einlassen kann.

Ich find's beruhigend, von Menschen umgeben zu sein, die das Gefühl kennen.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Joel

Bei mir ist es eine Mischung aus beidem.
Einerseits falle ich tatsächlich in ein kleines "Loch", weil ich so viel mit meinen Figuren zusammen erlebt habe, ihre Geschichte jetzt aber eine Ende gefunden hat.
Andererseits bin ich auch froh und bin glücklich darüber, dass ich den Roman zu einem Abschluss gebracht habe.
Also ein lachendes und ein weinendes Auge  :)

HauntingWitch

Oh ja, den Blues habe ich jedes Mal. Okay, so viele waren es noch nicht, aber ja. Ich habe ihn nicht bei Romanen, die sich irgendwie im Nichts verlaufen und dann einfach sang- und klanglos ein Ende finden, weil ich aus irgendwelchen Gründen nicht weitermache.

Aber bei Romanen, an denen ich wirklich mit Herz und Seele dranbleibe bis zum bitteren Ende geht es mir auch so, dass ich einerseits zwar total froh bin, das Ding endlich fertig zu haben, aber andererseits möchte ich meine Figuren am liebsten nie wieder loslassen. Bei meinem Marvin ist das mittlerweile soweit ausgeartet, dass ich noch diverse Kurzgeschichten über ihn schreiben möchte, eine davon ist fertig. Bei Silberflügel habe ich jetzt eine Idee für eine Fortsetzung, so für den Fall. Zwei andere spuken noch für eine evtl. Neubearbeitung in meinem Hinterkopf herum.

Es hilft mir aber ungemein, wenn ich dann ein neues Projekt am Start habe, in das ich mich von Neuem verlieben kann. Das lenkt vom Frust ab und so geht es immer trotzdem weiter.

Runaway

Schönes Thema, bekanntes Gefühl. Während ich an einem Roman arbeite, kann es mir allgemein nicht schnell genug gehen, dann schreibe ich wie eine Verrückte.
Aber wehe, das Ende kommt in Sicht.
Dann hab ich auf einmal Zeit, trödle rum ... und bin völlig deprimiert, wenn es vorbei ist.

Möglicherweise ist das der Grund, daß ich rasend gern Fortsetzungen schreibe. Ein anderer ist wahrscheinlich, daß mir während der Geschichte auffällt, daß es da auch wirklich noch ganz viel gibt, was erzählt werden möchte.
Wenn ich mal überlege, gab's bei meinen wirklich ernstgemeinten Geschichten tatsächlich bisher erst eine, die für sich allein stand - und selbst die hat einige Spin-Offs von mir bekommen ...
Bei meinem aktuellen Schatz ist das ganz schlimm, da hab ich nach der x-ten Fortsetzung gesagt: Jetzt ist aber mal gut.

Und trotzdem komm ich nicht davon weg ... Blues, ja. Absolut.

Cairiel

#8
Bislang kenne ich das Gefühl überhaupt nicht. Ich genieße die Zeit, die ich mit einem Manuskript verbringe, bin aber froh, wenn es beendet ist und ich mich Neuem zuwenden kann. Es kann aber sein, dass sich das beim Windkind ändert ... Ich weiß es noch nicht. Ich liebe dieses Manuskript so sehr wie noch kein anderes zuvor, vor allem die Figuren. Vielleicht wird mir der Abschied davon schwerer fallen als sonst, aber ich bezweifle, dass es mich richtig in ein Loch reißen wird.  :hmmm:  Dafür drängen sich mir jetzt schon so viele tolle neue Ideen auf, die im Anschluss gleich geschrieben werden wollen.

Dahlia

Bisher wurde ich von dem Blues auch noch verschont (hab ja auch noch nicht wirklich zu Ende geschrieben :rofl: ).
Ich denke, dass es hauptsächlich daran liegt, dass ich entweder Mehrteiler schreibe (wo ich bei keinem bisher das eigentliche Ende erreicht hab und entsprechend meine Charaktere auch noch mal wiedersehe) oder Geschichten, die in der gleichen Welt spielen und wo ich weiß, dass ich meine Charaktere auch nochmal besuchen kann und sie Gastauftritte in anderen Werken haben können (sofern sie überleben :psssst: ). Und ja, Kurzgeschichten und Spin-Offs schreib ich auch gerne ;D
Ansonsten erfüllt mich jedes Ende eher mit großem Stolz und motiviert mich, an etwas anderem weiterzuschreiben :vibes:
Aber ich bin schon gespannt, wie es sich anfühlen wird, wenn ich (hoffentlich) dieses Jahr meine Trilogie abschließe und danach vermutlich nicht mehr in diese Welt zurückkehren werde :hmmm:

Toni

#10
Oh ja, dieses Gefühl kenne ich. Aber erst, wenn ich mich wirklich von der Geschichte trennen muss, also wenn auch die Überarbeitung abgeschlossen ist. Dann kann es aber richtig schlimm werden, denn neue Projekte haben es bei mir immer sehr schwer. Ich habe dann das Gefühl mich nach dieser "Trennung" nie wieder so "verlieben" zu können. In der neuen Geschichte suche ich dann immer ein bisschen nach Figuren aus dem alten Buch, muss sehr darauf aufpassen mich nicht selbst zu kopieren und vergleiche alle neuen Ideen mit dem Alten. Was nicht gut für die Neu-Projekte ist, denn wie sollen sie den Vergleich mit einer ausgereiften Geschichte gewinnen, mit der ich quasi schon durch Dick und Dünn gegangen bin. Aber irgendwann geht das natürlich auch vorbei. Dann muss ich, wie hier schon so schön gesagt wurde, das Kind ziehen lassen. ;) Und dann  konzentriere ich mich auf Neues.
Hart ist es trotzdem. Nicht bei jedem Buch, aber bei denen, die mich emotional sehr erreicht haben. Auf der anderen Seite freue ich mich natürlich auch etwas zu beenden.

Merlinda

Zum Glück kenne ich dieses Gefühl noch nicht.
Aber ich glaube das liegt eher daran, dass ich bis jetzt nur eine Serie geschrieben habe und die Einteiler irgendwie nie fertig werden.  :versteck:
Allerdings grauts mir vor dem Tag, an dem ich ein Buch endgültig abschließen werde und mit den Protas mehr oder weniger abschließen muss.  :seufz:

Siara

Bisher habe ich meinen ersten Roman noch nicht abgeschlossen und es werden ohnehin noch zwei Bände folgen. Aber ich ahne jetzt schon, dass es ziemlich hart werden wird. Ich kenne das Gefühl bisher nur in dem Zusammenhang, wenn ich ein gutes Buch zu Ende gelesen habe - dann bin ich auch manchmal Tage lang ein wenig melancholisch :rofl:

Was Toni gesagt hat, trifft glaub ich ziemlich gut, was ich jetzt schon fürchte.
ZitatIch habe dann das Gefühl mich nach dieser "Trennung" nie wieder so "verlieben" zu können.
Und gleichzeitig würde man natürlich trotzdem gerne die Geschichte beenden, wenn man schon so lange daran gearbeitet hat. Ist eine echt verflixte Situation  :wums:

Bin gespannt, wie es wird, wenn ich ein komplett neues Projekt beginne.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Zit

Ich brauche nicht einmal fertig werden, um den Blues zu kriegen. Bei Spielen habe ich das seeeeehr oft, dass ich immer bis kurz vor Finale spiele und dann ewig und drei Tage andere Dinge tue, wenn die Welt es her gibt, nur um die Sache nicht zu beenden. Was im Grunde ja total doof ist, weil ich einfach von vorn anfangen kann -- andererseits mag ich mich auch nicht von meinen "geskillten" Figuren verabschieden und von der Arbeit, die darin steckt.

Bei eigenen Geschichten habe ich auch so meine Probleme voran zu kommen, weil ich schon am Anfang weiß, dass ich ja irgendwann loslassen muss. Mir gehts da wie Cailyn. Sonst wüsste ich nicht, warum ich mit Jin&Lis nicht zu Rande komme... So schwer ist das eigtl. gar nicht, den Plot gerade zu rücken und im Grunde will ichs ja auch beenden damit es endlich mal von meiner ToDo-Liste runter ist, aber, gnah. Immer wenn ich anfange zu schreiben, habe ich das Gefühl, dass wir beide (oder drei) wissen, dass unser Beisammensein (= Schreiben) eigtl. nur eine Gnadenfrist ist und nichts daran ändert, dass es enden wird.
Ich finde es auch immer schrecklich, wenn ich weiß, dass ich oder mein Freund zu dem und dem Zeitpunkt verreisen werde/ wird, dann verfalle ich in Schockstarre je näher der Termin rückt und bin vorher schon traurig. Wenn der Abschied aber dann hinter mir ist, gehts mir besser, weil ich weiß, dass auch die Trennung nur eine Frage der Zeit ist. ;D Aber ob das bei Jin&Lis der Fall sein wird? Bisher fällt mir jdf. nichts ein wie ich ihre Geschichte fortführen könnte. Im Grunde ist alles im aktuellen Plot gesagt. :/ Ein Dilemma.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Arcor

Ich kenne den Blues eher von Fernsehserien, da bekomme ich ihn regelmäßig, wenn ich die letzte Folge geschaut habe und weiß, dass es keine weiteren Staffeln mehr gibt.

Bei Büchern ist mir das bisher noch nie passiert, allerdings ist auch noch kein Roman von mir so weit fertig, dass ich wirklich sagen kann, ich hätte mit ihm und den Figuren abgeschlossen. Vielleicht kommt das noch, wenn ich einen wirklichen Schlussstrich drunterziehe. Vorstellen könnte ich es mir auf jeden Fall und ich fände (und finde) den Blues absolut nachvollziehbar und gerechtfertigt. Vermutlich gehört das auch irgendwie dazu.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise