• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Frau Jansen oder nur Jansen?

Begonnen von Sanjani, 01. Februar 2012, 23:41:18

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Sanjani

Hallo ihr Lieben,

Frau Jansen steht nur als eine von vielen hier. Und zwar geht es um folgendes Problem: Ich habe Personen eingeführt, die ich nicht gern mit Vornamen behandeln möchte, einfach weil meine Hauptprotagonistin, aus deren personaler Erzählersicht geschrieben wird, diese Personen auch nicht mit Vornamen ansprechen würde. Ich kenne es aus anderen Büchern, z. B. Krimis, dass man einfach nur den Nachnamen schreibt, z. B. "Sie klopfte an. >Herein!<, rief Jansen."
Irgendwie finde ich das komisch. Bei Männern geht es noch, aber bei Frauen mag ich es schon nicht. Und jetzt geht es bei mir eben auch um Patienten. ich habe es nur mit Nachnamen probiert, finde das aber irgendwie nicht respektvoll. Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Aber immer Frau oder Herr dazu zu schreiben, klingt irgendwie auch komisch. "Frau Münzer sah betreten zu Boden und schwieg." :hmmm: Wie macht ihr das für gewöhnlich? Ich hab auch schon überlegt Frau/Herr bei Patienten dazuzuschreiben, bei anderen aber nicht, aber das stört wiederum mein Empfinden für Ästhetik :) Also, bin für Erfahrungswerte dankbar und offen.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Snöblumma

Hm, ich habe das Problem zum Glück nicht, weil ich bisher immer in reinen Fantasy-Settings gearbeitet habe.

Ich würde es so schreiben, wie der Perspektivcharakter zu den Figuren sagen bzw. wie er von den Figuren denken würde. Also "Frau Jansen" bei einer Patientin, "Jansen" beim Vorgesetzten oder bei Patienten, mit denen ein etwas engeres Verhältnis besteht. Dann changiert das zwar etwas, aber so fände ich es auf den ersten Blick am natürlichsten.

Sprotte

Was auch noch gerne genommen wird: Ein Artikel vor dem Nachnamen: Die Schütt, der Evers.

Tanrien

#3
Also "Frau Jansen" ist absolut in Ordnung und viele sind daran gewöhnt. (Und "Jansen" geht bei Frauen wie bei Männern, mach dir da keine Sorgen wegen deiner Leser.) Es kommt wirklich auf die Beziehung des jeweiligen Charakters zu deinem Erzähler an - handelt es sich um eine ältere Dame Jansen? Um einen älteren Herren? Dann "Frau Jansen" und "Herr Jansen", meiner Erfahrung nach. Ist es die ungeliebte Dozentin oder Sportlehrerin? Dann wird es wohl "die Jansen" sein. Bist du bei militärischen oder polizeilichen Sachen, oder bei Bodyguards oder was auch immer, dann passt sicher "Jansen".

Das ist auf jeden Fall ein kleines aber feines sprachliches Mittel, um deinen Erzähler zu charakterisieren bzw. die Beziehung zu dem beschriebenen Charakter zu verdeutlichen, von daher würde ich sagen, dass du es ruhig ausnutzen solltest. :)

Mogylein

Zitat von: Sprotte am 01. Februar 2012, 23:55:24
Was auch noch gerne genommen wird: Ein Artikel vor dem Nachnamen: Die Schütt, der Evers.

Das, finde ich, geht gar nicht. Klingt wie Kleinkindersprache und würde mich persönlich als Leser abschrecken. (Es sei denn, man spricht aus der Perspektive eines Kleinkindes.)
Ich finde es ohne Anrede ganz hübsch, einfach nur "Jansen" - so rede/denke ich auch über andere, die ich im direkten Gespräch nur mit "Frau Jansen" ansprechen würde. Dabei ist es mir auch egal, ob das mein verhasster Zahnarzt oder meine Lieblingslehrerin, mit der ich eigentlich schon richtig befreundet bin, ist.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

sirwen

ZitatDas, finde ich, geht gar nicht. Klingt wie Kleinkindersprache und würde mich persönlich als Leser abschrecken.
In gewissen Gegenden hat das gar nichts kleinkindhaftes, sondern gehört einfach zum regionalen Dialekt. Für mich persönlich hat es ganz ein wenig etwas abwertendes, wenn ich es so geschrieben sehe. Aber im Schweizerdeutschen gehört der Artikel prinzipiell zum Namen ;). Kommt dann wahrscheinlich ganz drauf an, wie man die erzählende Person sowohl geografisch als auch in der Gesellschaft einordnet.

Snöblumma

Zitat von: Mogylein am 02. Februar 2012, 09:22:22
Das, finde ich, geht gar nicht. Klingt wie Kleinkindersprache und würde mich persönlich als Leser abschrecken. (Es sei denn, man spricht aus der Perspektive eines Kleinkindes.)

Bei uns ist es im regionalen Dialekt vollkommen normal. Der Huber, der Meier, der Müller, usw. So haben wir uns sogar in der Schule angesprochen.

Wie Sirwen schon meinte: das ist wahrscheinlich eine regionale Sache, da kommt es darauf an, wo genau die Geschichte spielt.

Churke

Zitat von: Mogylein am 02. Februar 2012, 09:22:22
Das, finde ich, geht gar nicht. Klingt wie Kleinkindersprache und würde mich persönlich als Leser abschrecken. (Es sei denn, man spricht aus der Perspektive eines Kleinkindes.)

Es ist (leider?) so, dass in polizeilichen Ermittlungsberichten häufig der bestimmte Artikel gesetzt wird. ("Es ist daher zu vermuten, dass der Jansen ein Hauptabnehmer des Y ist.") Ich benutze das in solchen Fällen auch gerne als Stilmittel.

Ansonsten schließlich mich Snöblumma völlig an: Ich schreibe es so, wie es der Perspektivträger denkt.

Luna

Ich kenne Artikel + Nachname auch eher in einem abwertenden Zusammenhang im Sinne von: "Oh man, die **** geht mir heute wieder gewaltig auf den Wecker."
Letztens habe ich es sogar sehr bewusst getan. Ich war ziemlich sauer auf jemanden, der von uns nur bei ihrem Vornamen genannt wird. Als dann jemand fragte, wem das Zeug in der Teeküche gehört, das schon die ganze Zeit da rumliegt, wollte mir doch partout ihr Vorname nicht über die Lippen kommen und so habe mit einem Artikel + Nachnamen geantwortet. Das tat gut ;D.

Sanjani

Hallo zusammen,

herzlichen Dank für euere Antworten. Ich sehe, es gibt unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. :) Also, wenn wir im Kollegium über unsere Oberärzte reden, dann reden wir schon oft von "dem Jansen" oder "der Müller" (wobei ich so etwas geschrieben irgendwie komisch finde). Aber bei Patienten mach ich persönlich das nicht, außer vielleicht bei welchen, die ich sehr anstrengend finde ;) Oder manchmal sag ich auch "Die Frau Sieber", aber ich würde wohl überwiegend Frau oder Herr dazu sagen. Die Idee, so etwas als Stilmittel zu verwenden, finde ich interessant. Ich glaube, das mach ich.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Söfchen

Vielleicht kannst du auch Vorname + Nachname nehmen? Natürlich nicht immer, sonst würde sich das ja zu oft wiederholen...

Bei uns hier ist der Artikel vor dem Nachnamen auch eher abwertend gemeint. Ich glaube, damit wäre ich auch vorsichtig.

Sunflower

Das mit dem Artikel ist bei uns auch abwertend und manchmal sogar beleidigend. Das würde ich wirklich lassen.

Nur den Nachnamen mag ich bei Frauen gar nicht, weil ich dann automatisch denke, die Betreffende wäre männlich. Deshalb würde ich zumindest bei Frauen das "Frau" davorschreiben. Aber ich denke, das bleibt dir überlassen, es ist wohl eine Geschmackssache.
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Lisande

Ich möchte mich Sunflower anschließen - nur den Nachnamen allein bei Frauen zu verwenden geht für mein Gefühl gar nicht. Bei Männern noch so eben, aber wirklich schön ist das auch nicht.

Wie für viele andere ist der Artikel vor dem Nachnamen für mich auch eher etwas abwertend oder - je nach Zusammenhang - zumindest salopp geprägt. Aber Du bist ja selber schon von der Idee, das als Stilmittel zu nutzen, recht angetan, insofern würde ich Dir empfehlen, genau das zu tun.

Steffi

Es ist übrigens ein allgemeines Stilmittel von Krimis, dass Männer nur mit Nachnamen, Frauen nur mit Vornamen angesprochen werden. Ein Dozent an unserer Uni hat uns das mal an ein paar Beispielen vorgeführt ;)

Z. B. "Da kommt Smith." vs "Rufen sie Alice!"

Ich find das ehrlich gesagt ein bisschen sexistisch (gleiches Recht für alle!) und bemühe mich, nicht in diese Falle zu tappen ;)
Sic parvis magna

Ratzefatz

#14
ZitatNur den Nachnamen mag ich bei Frauen gar nicht, weil ich dann automatisch denke, die Betreffende wäre männlich. Deshalb würde ich zumindest bei Frauen das "Frau" davorschreiben.

Ein gutes Beispiel dafür, dass es manchmal doch geht, wäre Murphy aus den Dresden Files; üblicherweise wird am Anfang des Buches erwähnt, dass sie Karrin Murphy ist, und den Rest der Geschichte über denkt Harry von ihr als "Murphy" oder sogar "Murph".

Ein weniger burschikoses Beispiel als Murphy wäre wohl Tonks aus Harry Potter.

Und dann fällt mir noch Gillian Cross' Jugendroman "Chartbreak ein". Die Heldin heißt Janis Finch und wählt "Finch" als ihren Künstlernamen; der Bandleader trägt den doch sehr weiblichen Vornamen Christie.

LG
Ratzefatz
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"