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Die Guten und die Bösen

Begonnen von Robin, 22. Dezember 2011, 22:48:36

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Robin

Weil es mir grade wieder in den Sinn gekommen ist und denke ich auch eine kleine Diskussion verdient, eröffne ich mal diesen Fred hier.

Mich würde ja interessieren, ob die werten Tintenzirkler mehr auf die 'guten' Charaktere einer Geschichte (egal ob gelesen oder selbst geschrieben) oder die 'bösen' Charaktere stehen. Dass die Linie zwischen diesen Charakteren natürlich sehr verwaschen sein kann, und durchaus mal wechseln kann, sei dahin gestellt.

Aber zurück zum Thema, wie steht ihr zur Aufteilung Gut und Böse? Sind die 'klassischen' Assoziationen eigentlich nicht schon zu ausgelutscht, und wie könnte man die neuen Maßstäbe für die beiden Gegensätze anlegen? Und wenn ihr einen guten / bösen Chara erstellt, auf was achtet ihr dabei? Soll es sich sofort zeigen, wie er/sie denkt, oder erst durch die Handlungen dieser Person?
~Work in Progress~

Alana

#1
Ich fliege sofort auf die Bösewichte, sofern sie nicht sadistisch sind. Sie haben für mich eine so interessante Ausstrahlung und eine enorme Anziehungskraft. Ja, ich finde es sogar sexy. (Nur in Buch oder Film, in der Realität nicht! ;D) Das beste Beispiel dafür ist das Phantom der Oper. Eric ist so interessant und vielschichtig und auch sexy, wohingegen Phillipe nur blass und langweilig ist. Warum nur hat sich Christine für Phillipe entschieden?
Ich mag es gerne, wenn der Antagonist und der Protagonist zusammen kommen, auch wenn das sicher für viele hier ein furchtbares No-Go ist. Aber mir gefällt das und ich schreibe es auch gerne so.
Was mich allerdings oft ein wenig ärgert ist, dass die Antagonisten im Nachhinein in Wirklichkeit gar nicht böse waren oder einen besonders guten Grund dafür hatten und damit ist dann alles erledigt und alle sind glücklich. Ich finde, das wird dem Thema nicht gerecht.
Trotzdem mag ich es grundsätzlich klassisch. Der Antagonist wird anfangs sehr klar und einseitig umrissen und dann kommt nach und nach immer mehr über ihn heraus und es entsteht (hoffentlich) ein komplexeres Charakterbild.
Ich denke, mir gefällt als Romantik-Liebhaberin auch der Gedanke, dass die Liebe soviel Macht über einen Menschen hat, dass sie sogar einen richtigen Bösewicht in die Fänge bekommen und verändern kann.
Es gibt jedoch gewisse Grenzen, die ein Antagonist nicht überschreiten darf, sonst ist er auch in meinen Augen nur noch hassenswert. Sadismus, Folterei, Töten um des Tötens Willen. Das macht es natürlich schwierig, beim Schreiben solcher Figuren ein Level an Bosheit zu finden, das böse genug ist, aber noch nicht so sehr, dass es abstoßend wirkt.

Bösewichte (auch solche, die dann am Ende keine waren), die mir sofort gefallen haben:

Akarin (Die Rebellin)
Riveda (Das Licht von Atlantis)
Die Mumie (in menschlicher Form) aus dem gleichnamigen Film
Anakin Skywalker
Snape (wenn auch nicht als Love-Interest)
Ahriman (der einzige Lichtblick in Elfentanz)

Und sicher noch viele mehr, die mir jetzt nicht einfallen.
Alhambrana

Runaway

Oh, das ist aber ein sehr spannendes Thema  :jau:

Normalerweise bin ich ganz langweilig im Lager der Guten. Irgendwie hatte ich am Anfang auch immer Probleme, einen Bösewicht wirklich böse erscheinen zu lassen. Aber als mir das einer gesagt hat, hat der Anta gleich mal meiner Prota den Arm gebrochen ;D
Schön auch, wo der Anta dann irgendwann mal zum Überläufer und dann noch zum besten Freund des Protas wurde.

Inzwischen achte ich ein bißchen besser auf meine Antagonisten und versuche, sie so plastisch wie möglich erscheinen zu lassen. Da hab ich auch alles bei - sadistisch, um mal bei Alana anzuknüpfen, und tatsächlich aber auch diese Spezies "ich hatte einen guten Grund für das alles". Das ist aber sehr schwer glaubhaft rüberzubringen.
Antagonisten zu beschreiben finde ich sehr schwer.

Was mich generell interessiert, ob nun Prota- oder Antagonisten, sind vielschichtige, vielleicht etwas zerrissene Charaktere. Eben so wie der angesprochene Überläufer. Der Typ ist einfach... wow! Wahnsinn. Am Anfang so ein echter Arsch (sorry ;D ) und dann hinterher einer, den man einfach nur noch mag.
Was Anakin Skywalker angeht, kann ich mich übrigens nur anschließen. Ganz großartig. Oder aus der Warcraft-Welt Illidan. Der tut mir sogar regelrecht leid. Eigentlich ein ganz mieser Typ, aber ich mag den total!
Echt schräg irgendwie...

Robin

Ich muss ganz ehrlich zugeben, ich hab auch mit den Guten angefangen, und die Bösen haben mich erst später gepackt. Und dann habe ich mich eigentlich ein wenig auf die böse Seite versessen.

Die meiste Zeit waren es am Anfang natürlich die 08/15-Bösen, also die, die einfach nur so waren, wie sie waren. Ohne Grund einfach durchtrieben und böse, immer bereit, jemandem mit einem kühlen Lächeln den Arm abzuhacken und ihm diesen dann zu reichen.

Auch mein wohl am besten und meisten entwickelter Charakter, Cherosh, hat als 08/15 Böser angefangen. Ich meine, ich habe nicht viel in seine Charakterentwicklung gesteckt, als ich ihn ganz am Anfang entworfen habe, original für ein Foren-RP. Ich wollte einfach so schnell wie möglich irgendeinen zweilichtigen Typen hinklatschen, er war das Ergebnis. Vernarbte Haut (Seele sah nicht anders aus, er war einfach nur noch wahnsinnig - in vielerlei Hinsicht), blasse Haut, schwarze Kleidung und Haare, und dann noch die fast farblosen, hellgrauen Augen. Ein richtiger Schatz, nicht wahr?

Zudem noch ein wenig total verkorkste Vergangenheit, fertig. Mittlerweile ist er mehr ein Badass auf der guten Seite. Wobei das auch so Ansichtsache ist. Er wird von vielen gemocht, eben weil er dazu steht, so zu sein, wie er ist. Keine Scheinheiligkeit (was mich bei manchen angeblich Guten furchtbar gelangweilt hat), sondern einfach nur ausgelebt, dass er ein ziemlich schlimmer Finger sein kann, wie auch immer das zu interpretieren ist. ;D

*ahem*

Genug von meinem liebsten Charakter. Generell finde ich die 'dunkle Seite der Macht' interessanter und anziehender. Es ist ja so eine Sache des Menschen, dass er sich manchmal einfach zu den verbotenen Dingen hingezogen fühlt. (Kleiner Nachsatz zu meinem Cherosh: er hat einen Zwillingsbruder, der die Unschuld in Person ist, und einen Vorfahren, der... fragwürdig ist ;D )

An Bösen haben mir zum Beispiel Alucard aus dem Anime Hellsing gefallen (nicht der Film 'Van Hellsing', den fand ich langweilig), generelle Vampire, die einfach mit Stil und Hingabe böse sind (sprich, dass sie viele viele Menschenleben fordern und trotzdem noch umwerfend gut aussehen), Schwarzmagier, zwielichtige Alchemisten... die Liste ist endlos. Aber angeführt noch immer von Alucard, der einfach über allem zu stehen scheint.

Auch so beim Schreiben habe ich mich mittlerweile immer eher auf die 'böse' Seite geschlagen, aber allgemein eher auf Dark Fantasy verlegt. Das liegt mir einfach mehr. Oh, und wo ich grade davon spreche... Die Alben, von Markus Heitz, das sind einfach Götter des Bösen. *hust* Alucard können sie trotzdem nicht schlagen. *hust hust*
~Work in Progress~

HauntingWitch

Mein Lieblings"problem". :) Die Guten und die Bösen, das ist so eine Sache. Ich tendiere auch  dazu, die Bösen sexy oder anziehend zu finden und meistens auch interessanter als die Guten. Vielleicht, weil sie mehr Tiefe haben, dadurch, dass sie so kaputt sind, wie sie sind? Und das ist genau der Punkt: Nur, wenn sie mehr Tiefe haben. Was ich nicht mag, sind Charaktere, die einfach nur schwarz oder weiss sind, die eindimensional und wie ein Mittel zum Zweck wirken. Natürlich braucht es die hin und wieder auch, je nachdem, wie die Geschichte aufgebaut ist und was sie ausmacht. Aber grundsätzlich habe ich eine Schwäche für Figuren, die nicht eindeutig zuordenbar sind und nachvollziehbare Gründe für ihr Tun haben. Das schafft meiner Meinung nach irgendwie mehr Nähe zu diesen Typen, was sie umso bedrohlicher Macht. Denn, wenn ich einfach nur sagen kann ,,du A**", ist die Sache damit für mich abgehakt und der ist eben ein A***. Sind aber sein Gründe für mein Empfinden genauso berechtigt, wie die Gründe des Protagonisten, werde ich einer Zerreissprobe ausgesetzt. Auf wesen Seite stelle ich mich nun? Stelle ich mich auf eine Seite? Ich mag sie beide, aber der hat den verletzt, aber dann wiederum hat er es ja verdient oder doch nicht? Wie würde ich mich verhalten, ginge es mir so? Und so weiter. Alle diese Fragen kommen bei eindimensionalen Bösewichten bei mir gar nicht erst auf, ergo langweilig. Also ich bin da eher neumodisch eingestellt. Jeder Mensch hat ja gute und schlechte Seiten, daher gibt ein vielfältigerer Charakter (sei er auf der ,,guten" oder ,,bösen" Seite) auch mehr Lebensnähe her. Und hier geht es noch weiter, ich finde es auch immer toll, wenn es nicht eine gute und eine böse Seite gibt, sondern einfach zwei Seiten, die beide ihre Berechtigung haben. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist meiner Meinung nach die ,,Wächter der Nacht"-Reihe von Sergei Lukianenko. Hat mir sehr gut gefallen.

Ob ich Lieblingsbösewichtecharaktere habe?

Lord Asriel aus Philip Pullmans ,,Der goldene Kompass" mag ich genau deswegen. Man weiss nicht so genau, ob er Prota oder Anta ist, aber er ist auf jeden Fall skrupellos. Ist er das? Nein, er will ja seiner Tochter nicht weh tun, also hat er letztlich doch einen guten Kern. Ausserdem weiss man ja nicht, ob seine Seite die Gute oder Böse ist...

Zitat von: Robin White am 22. Dezember 2011, 23:27:52
An Bösen haben mir zum Beispiel Alucard aus dem Anime Hellsing gefallen (nicht der Film 'Van Hellsing', den fand ich langweilig), generelle Vampire, die einfach mit Stil und Hingabe böse sind (sprich, dass sie viele viele Menschenleben fordern und trotzdem noch umwerfend gut aussehen), Schwarzmagier, zwielichtige Alchemisten... die Liste ist endlos. Aber angeführt noch immer von Alucard, der einfach über allem zu stehen scheint.

Drei Worte: Lestat de Lioncourt.  ;D Aus den Vampirchroniken von Anne Rice. Er ist auch so einer. Ein Flegel, der nur Unsinn im Kopf hat, ,,das schrecklichste Wesen, das es gibt", aber alles was er tut, kann man verstehen. Man muss ihn einfach mögen, weil man ihn versteht. Obwohl er eigentlich in die Kategorie A*** gehören würde, wäre er real. Und doch wünsche ich mir immer wieder, ihn bei mir zu haben.

Solche vermeintlichen Paradoxen ziehen mich an wie Magnete Metall. Mein eigener Lieblings-Anta ist auch so gestaltet, dass er eigentlich gar kein echter Anta ist, aber irgendwie auch kein richtiger Prota. Er ist nun einmal was er ist und man weiss nicht, ob man Mitleid oder Respekt haben, ihn lieben oder hassen soll. Die anderen Buch-Charas hassen ihn zwar weitgehend, aber auch das ändert sich mit der Zeit. Und ich liebe ihn, aber das könnte ich nicht, wenn er einfach nur ein Standard-Bösewicht wäre.

Zitat von: Robin White am 22. Dezember 2011, 23:27:52
Ich wollte einfach so schnell wie möglich irgendeinen zweilichtigen Typen hinklatschen, er war das Ergebnis. Vernarbte Haut (Seele sah nicht anders aus, er war einfach nur noch wahnsinnig - in vielerlei Hinsicht), blasse Haut, schwarze Kleidung und Haare, und dann noch die fast farblosen, hellgrauen Augen. Ein richtiger Schatz, nicht wahr?

Absolut. Zusammenfassend könnte ich sagen, ich mag abgründige Figuren, solange sie mehr als einfach nur das eine oder andere sind.

Grey

 :wache!:

Dies ist *kein* Off Topic-Thema, da es mit dem Schreiben zu tun hat. Ich verschiebe das mal.

Nika

Ich hatte beim Lesen (und auch zuweilen bei Filmen) schon recht früh einen Hang dazu, die Charaktere besonders zu mögen, bei denen man nicht eindeutig sagen konnte, ob sie jetzt gut oder schlecht sind, bzw. pickte ich mir recht häufig die ,,Bösewichte" heraus, bei denen ich sagte ,,den find ich eigentlich super" bei dem sich am Ende rausstellte, dass er gar nicht wirklich so böse ist (Snape aus ,,Harry Potter" sei hier mal als Beispiel genannt).

Mit den übermäßigen Gutmenschen konnte ich hingegen nichts anfangen. Die Protagonistin aus ,,Der gute Mensch von Sezuan" hat mich schon nach kürzester Zeit schrecklich viele Nerven gekostet und wäre es keine Pflichtlektüre gewesen, ich hätte das Buch an die Wand geworfen. Auch mit der Titelheldin aus der Serie Fantaghirò konnte ich nach jeder Staffel weniger anfangen. Sie war einfach zu gut, ohne jegliche negative Seite oder Schwäche.

Es gibt ein Shakespeare-Zitat, an das ich bei ,,Gut oder Böse?" Fragen immer denken muss:
ZitatFor there is nothing either good or bad, but thinking makes it so.
Ich schließe mich Witch an, wenn sie sagt, dass es darauf ankommt, dass der Charakter nachvollziehbar ist. Ich finde es auch manchmal ganz spannend, mir die Geschichte aus der anderen Sicht anzusehen. Wie würde eine Geschichte (sei es nun in schriftlicher oder filmerischer Form) verlaufen, wenn es aus Sicht des Antagonisten, statt aus der des Protagonisten erzählt werden würde und diese beiden plötzlich ihre Rollen tauschten? Ich glaube, wenn man in diesem Fall auch mit dem neuen Prota (also dem eigentlichen Antagonisten) mitfiebern und leiden würde, hat man sehr glaubwürdige Charaktere hinbekommen. In diesem Fall ist es dann auch (fast) nicht mehr möglich, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden.

Valaé

Hehe, ich wollte jetzt auch gerade mit der "Ich mag diese typische Seitenaufteilerei in Gut und Böse nicht"- Schiene kommen, aber das hat mir ja schon jemand abgenommen  ;D.
Hier also noch etwas kürzer gefasst: Ich schließe mich den beiden letzten Meinungen an. Gut oder Böse war mir ehrlich gesagt ab einem bestimmten Alter (ja angefangen habe auch ich mit den 0-8-15 Helden/Bösewichten) entweder egal oder ging mir auf den Keks. Ich mag weder den perfekten Strahlehelden noch den oberbösen Overlord. Die sind beide zum schnarchen.
Was ich mag, sind Charaktere mit Tiefgang. Vielleicht mit Tragik, vielleicht mit mysteriösen Geheimnissen, mit Gründen für ihr Handeln, die sich mir als eindeutige Charaktere hinstellen und nicht als Stereotypen. Ich mag Geschichten, in denen es zwei Konfliktparteien gibt, aber nicht Gut und Böse. Oder sogar Geschichten, in denen es letztlich noch nicht einmal das gibt, sondern der Konflikt sich aus dem Problem der Charaktere mit der Welt, in der sie leben, ergibt, sodass man gar keinen Antagonisten, keine schlechte Seite ausmachen kann.

Wenn ich dann aber doch mal vor die Wahl gestellt werde, dann entscheide ich mich immer für den vielschichtigeren und interessanteren Charakter. Und das ist verdammt oft der Böse, das muss ich dann doch zugeben (Beispiele: Tanz der Vampire, Graf Krolock oder die hier schon genannten Albae (wobei es durch Markus Heitz Albae Reihe ja eben genau kein Gut und Böse mehr wirklich gibt).

Meine eigenen Geschichten geben sich Mühe, dass kein Antagonist zu finden ist. Und bisher standen meine Betaleser bei meiner Frage, wer Prota und wer Anta sei auch immer mit der Antwort auf der Matte, dass das nicht so einfach zu sagen ist. Da war ich dann zufrieden  ;D.
Wenn man mich aber fragt, wer meine Lieblingsfigur aus meinen Geschichten mit zweifelhafter Moral/zweifelhaften Handlungen ist würde wohl sofort Xanthar auftauchen. Der ist kein Bösewicht. Aber ist er gut?  ;D  :vibes:

Tanrien

Zitat von: Nika am 23. Dezember 2011, 12:18:33
Auch mit der Titelheldin aus der Serie Fantaghirò konnte ich nach jeder Staffel weniger anfangen. Sie war einfach zu gut, ohne jegliche negative Seite oder Schwäche.
Sowas ist natürlich nochmal etwas anderes, als jemand, der "nur" gut ist - allerdings finde ich, dass diese naiv-komplett-guten Charaktere auch einen Reiz haben können, wenn sie in ihre Geschichten passen. Und wenn man bedenkt, dass Fantaghirò (die Serie) ja auf einem Märchen aufbaut, passt das schon zum Genre. :)

Aber generell, nein, da bin ich ganz anders als ihr: Ich bin ein riesiger Fan von guten Charakteren - genau diesen durchdringend und absolut guten und gerechten Charakteren, die im richtigen Moment das richtige tun, weil sie daran glauben und deren moralischer Kompass korrekt ausgerichtet ist. Helden halt - Spannung entsteht dann durch die Umstände, durch vielleicht nicht so klare Situationen und durch die Frage, wie genau jetzt die richtige Lösung gefunden wird.

Schreibtechnisch läuft es bei mir allerdings immer darauf hinaus, dass es spätestens am Ende keine Guten oder Bösen mehr gibt, weil alle, sehr menschlich, im gleichen Süppchen schwimmen. Die guten sind einfach nur durch Zufall gut, weil sie Perspektivträger sind, und die Bösen sind einfach nur durch Zufall böse, weil sie begründet durch etwas in ihrer Vergangenheit etwas tun, was die Perspektivträger daran hindert, ihr Ziel zu erreichen. Wie Nika meinte, alles eine Frage des Perspektive - und dann sind die Charaktere selbst interessant und es ist überhaupt nicht mehr wichtig, auf welche Seite sie gehören.

Sunflower

Zuerst - diese "klassische" Aufteilung in Gut und Böse finde ich total idiotisch und denke, dass beide Seiten, sofern es welche gibt, logische Motive haben sollten. Aber darüber haben ja schon genug Leute hier geschrieben ;)
Zitat von: Valaé am 23. Dezember 2011, 14:27:20
Wenn ich dann aber doch mal vor die Wahl gestellt werde, dann entscheide ich mich immer für den vielschichtigeren und interessanteren Charakter. Und das ist verdammt oft der Böse, das muss ich dann doch zugeben (Beispiele: Tanz der Vampire, Graf Krolock oder die hier schon genannten Albae (wobei es durch Markus Heitz Albae Reihe ja eben genau kein Gut und Böse mehr wirklich gibt).
Das kann ich nur unterschreiben. Die Zwerge-Reihe fand ich nicht so interessant wie die Albae, die mich einfach unendlich faszinieren. Nicht, weil ich ein unheimlicher Sadist bin ... Eben, wie schon gesagt wurde, weil sie interessanter sind.

Ich schreibe auch lieber aus der Perspektive der "Bösen", der Folterer, Mörder, usw. Sobald ich eine blutige, qualvolle Szene schreiben darf, stürze ich mich fröhlich darauf und lasse mich seitenweise darüber aus, aber eine ruhige Kussszene? Keine Chance. Ich sollte wahrscheinlich anfangen, Horror zu schreiben. Oder Thriller.
Bei mir ist es so, dass es eigentlich keine durch und durch guten Charaktere gibt (in meinem jetzigen Projekt) und ich das auch beibehalten will. Jeder hat irgendwo Dreck am Stecken und es gibt kein Volk wie dieses so oft verwendete strahlende, gute Elfenvolk oder ähnliches. Ich finde es völlig unrealistisch, wenn jemand nur gut ist. Ich bin noch niemandem begegnet, der wirklich nur gut ist, immer freundlich und allen "Idealen" entspricht. Lebendige, "echte" Menschen können gar nicht nur gut sein und deshalb denke ich, ist es besser, die Finger von der Spezies "guter Mensch" zu lassen. So etwas ist dann übertrieben und kann mich auch nicht mitreißen, weil es einfach zu unrealistisch ist.
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Manbou

Jaja, ich gehöre wohl auch eher zu den Sadisten hier, auch wenn ich qualvolle Gewaltszenen meiner Meinung nach auch nicht wirklich gescheit aufnehmen kann.  :brüll:
Trotzdem mag ich eher Personen zu beschreiben, die in einer Art Konflikt zwischen Gut und Böse stehen, also genau mittendrin. Einerseits finde ich, dass es einfach leichter von der Hand geht, aus der Perspektive zu Guten zu schreiben, andererseits finde ich die Bösen meistens cooler.  :darth:  Zum Ersten will ich noch hinzufügen, dass sich ja niemand selber als Böse bezeichnet, der keinen absoluten Knall hat (also doch einige Antagonisten). Aber irgendwann werde ich mich dann vielleicht doch an einer Geschichte versuchen, die aus der Sicht der "Bösen" erzählt wird, ich weiß es nicht.
Im Allgemeinen finde ich so eine Aufteilung in Gut und Böse unpassend wenn nicht gar lächerlich, wie schon einige meiner Vorredner lobenswerterweise erwähnt haben   ;D

Nuya

Ich mag charismatische Charaktere, meistens sind es dann einfach die guten, dessen Charakter mir symphatischer ist. Die Bösewichte haben auch ihren Charme, aber ihr Handeln deutet ja nun oft einfach darauf hin, dass sie böse sind oder wenigstens Böses tun. Und die Helden erstrahlen. Ich denke, ein Autor macht es einem oftmals leichter, die Guten zu mögen, weil er den Bösen so viele schlechte Eigenschaften mitgibt, die den Leser (mich) abschrecken, überhaupt erst Symphatien zu entwickeln.

Kati

Ich finde ja auch, dass jeder Charakter gut und böse ist. Wenn ich so nachdenke, sind meine Helden oft aus unterschiedlichen Gründen Antihelden und meine Bösewichte haben immer eine nachvollziehbare Motivation. Ich denke, es gibt an jedem Menschen böse und gute Seiten und niemand ist einfach "böse", weil er mal Lust drauf hat. Deshalb kann ich mich nicht entscheiden, ob ich nun die Guten oder die Bösen lieber mag.

Oder doch: Ich mag die, die beides sein können, immer auf die Situation bedingt. In der Realität ist schließlich auch kaum einer (keiner?) der absolute Bösewicht oder der totale Sonnenschein. In verschiedenen Situationen handelt jeder anders, mal besser und mal schlechter. Deshalb muss ein Anta für mich auch gute Seiten haben, die ihn liebenswert machen können, und einen Prota muss ich auch mal hassen können, damit sie mir ans Herz wachsen.

Ich kann nicht behaupten, dass ich den coolen Bösen toll oder auch anziehend finden kann, wenn er nicht auch seine lieben Seiten hat und mal seine menschliche Seite zeigt.  :) Erst dann wird er knuffig. Gilt genauso für die Protas.

Ich hoffe einfach mal, dass ich das bei meinen eigenen Charakteren umsetzen kann.

Robin

Ich muss sagen, interessant, wie ihr alle das seht. ;D

Aber ja, manchmal ist diese Aufteilung einfach nur Quatsch. Aber so sind Menschen nun einmal! Wir denken in Schubladen, weil es einfacher ist. Zum Glück ist es ja noch immer Entscheidungssache, ob man sich seiner Natur im Schubladendenken wirklich beugen will.

Zurück zum Thema, ich bin da ein wenig wie Sunflower.
Zitat von: Sunflower am 23. Dezember 2011, 16:52:59Ich schreibe auch lieber aus der Perspektive der "Bösen", der Folterer, Mörder, usw. Sobald ich eine blutige, qualvolle Szene schreiben darf, stürze ich mich fröhlich darauf und lasse mich seitenweise darüber aus, aber eine ruhige Kussszene? Keine Chance. Ich sollte wahrscheinlich anfangen, Horror zu schreiben. Oder Thriller.

Ich gebe voll zu, ich quäle meine Charaktere liebend gerne. In allen möglichen Ausführungen. Sie mussten in diversen Kurzgeschichten schon sterben, was mich aber nicht davon abhält, sie weiter zu verwenden. Wenn beispielsweise Cherosh zum Leben erwachen würde (sprich, in unsere Welt treten würde), wäre ich so gut wie tot. Er wäre mehr als sauer. ;D

Deswegen bin ich froh, dass ich mit meinem lieben bösen Jungs so arbeiten kann. Ich kann sie so richtig schön quälen. Mit Romanzen sieht es bei mir schlecht aus, um es nett auszudrücken. Lieber jemanden in all seiner Boshaftigkeit leben lassen.

Was bei mir noch stark durchkommt, ist diese Veranlagung, dass ich mich auf die 'böse' Seite konzentriere. Rechtschaffenheit und bla... alles nur Fassade. Ich will so richtige Ä***** als Charaktere, die sich einfach nur unmöglich aufführen, alles auf ihrem Weg in Schutt und Asche legen, und einfach nur cool dabei sind. ;D
~Work in Progress~

Valaé

Zitat von: Sunflower am 23. Dezember 2011, 16:52:59
Ich schreibe auch lieber aus der Perspektive der "Bösen", der Folterer, Mörder, usw. Sobald ich eine blutige, qualvolle Szene schreiben darf, stürze ich mich fröhlich darauf und lasse mich seitenweise darüber aus, aber eine ruhige Kussszene? Keine Chance. Ich sollte wahrscheinlich anfangen, Horror zu schreiben. Oder Thriller.

Das kann ich jetzt gerade nicht vollkommen unkommentiert stehen lassen  :vibes:. Ich hätte nicht gedacht dass es noch mehr von meiner Sorte gibt, die auch spüren dass eine blutige Folterszene sich so viel einfacher schreiben lässt als ruhige Kussszenen. Romantik... davor graust es mir oft in meinen Geschichten, weil ich Angst habe sie nicht darstellen zu können. Aber Grausamkeit, Böses, Horror ... aaah nie schreibt es sich so gut wie in diesen Szenen.
Ich kann dir nur den Tipp geben, Sunflower, dich mal an Dark Fantasy zu versuchen. Bei mir befriedigt es diese kleine Seite in mir aufs Schönste und die Bücher dieses Genres schreiben sich für mich traumhaft.

So und jetzt höre ich schnell auf, ehe das zu sehr off topic wird.