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Immer die gleichen Formulierungen...

Begonnen von Runaway, 06. November 2011, 18:16:05

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Runaway

Hallo ihr Lieben,

im Moment regt mich eine Sache tierisch auf: Ich formuliere viele Dinge ständig gleich. Da ich an einer Fortsetzungsreihe arbeite, fällt mir das inzwischen ganz besonders auf. Für verschiedene Handlungs- und Verhaltensweisen schreibe ich immer so ziemlich das Gleiche und wenn ich dann versuche, andere Formulierungen zu finden, fallen mir keine ein.
Da bin ich anscheinend das totale Gewohnheitstier und total in irgendwelchen Mustern eingefahren. Das nervt!
Kennt ihr das auch? Und wenn ja: Was tut ihr dagegen? Mir fällt nämlich nix ein, wie ich frischen Wind in die eingefahrenen Furchen bringen könnte.  :(

Sanne

Ich würde mal in ein paar Büchern, die Dir vom Stil her gefallen, quer lesen, um einfach mal von Deiner Ausdrucksweise in eine andere zu "switchen". Manchmal hilft mir das, um einfach auf eine andere Schiene zu kommen.

Nirathina

Ich kenne das auch und habe da öfters meine Probelme mit  ::) Vor allem, wenn ich gerade richtig im Schreibfluss bin, fällt mir auf, dass ich mich irgendwie ständig wiederhole.

Mittlerweile habe ich aber ein relatives gutes Gegenmittel gefunden (zumindest für meine Verhältnisse): Wenn es mir gerade an abwechslungsreichem Vokabular mangelt, nehme ich mir einen Goethe oder Schiller zur Hand und blättere ein wenig darin. Die beiden Herren waren ja doch deutlich bessere Sprachjongleure als ich  :buch: und von daher schadet es nicht, sich ein wenig sprachliche Inspiration bei ihnen zu holen.

Außerdem, wenn es richtig hart auf hart kommt und ich zu faul für oben genannte Methode bin, greife ich auf den Thesaurus zurück oder aber ich frage meine Mutter, denn die kennt eigentlich für alles irgendwelche Synonyme.

Nycra

Ich habe mir für solche Fälle eine Liste von tollen Formulierungen angelegt (Excel machts möglich).

Die Formulierungen übernehme ich dann zwar nicht 1 zu 1, aber sie helfen mir, Alternativen zu finden. Die Pflege ist zwar eine Heidenarbeit und viele meiner Bücher sehen nach dem Lesen aus wie Mettigel (O-Ton mein Mann), weil ich sie mit diesen kleinen farbigen Postits versehe. Aber dadurch bekommt man ein bessers Sprachgefühl - finde ich zumindest. Seitdem ich das mache, schreibe ich auch nicht mehr ständig "blickte"  :snicker: - eines meiner bevorzugten Begriffe.

gbwolf

Mir fällt gerade auf, dass sich das Problem bei mir irgendwann abgeschliffen hat. Vermutlich, weil ich nicht mehr nur an einem endlos langen Roman mit immer den selben Figuren arbeite, sondern immer wieder was anderes, auch aus einem völlig anderen Genre schreibe. Insofern kann ich zur Abwechslung raten.
Vielleicht hilft es dir schon, dir ein paar Kapitel zu packen und aus einer völlig anderen Perspektive zu schreiben? Wenn ich mich richtig erinnere, hast du eine Ich-Perspektive, oder? Wenn du da mal eine andere Person nimmst, wird die ja automatisch die Umgebung und die bislang vertrauten Figuren anders bewerten und eine andere Sprache dafür nehmen. Oder aus einer auktorialen Perspektive schreiben.
Ansonsten sind Kurzgeschichten unter 25.000 Wörtern gut zum Trainieren (Je kürzer, desto besser). Zum einen kann man mal in ein anderes Genre schnuppern und dann kommt es gerade bei kurzen Texten unheimlich auf jedes Wort an. Dinge, die einem der Leser im Roman verzeiht, fallen in der Kürze sofort auf! Und man kann sprachlich einfach mal experimentieren und ganz ungewöhnliche Konstellationen versuchen. Mir hat es geholfen, auf kurzgeschichten.de die Geschichten beispielsweise in der SF-Rubrik zu besprechen.
Auch schön: Dialoge mit lebendigen Zwischenszenen schreiben, mit zwei Figuren, die völlig unterschiedlich sprechen und sich unterschiedlich bewegen. Ich hatte beispielsweise mal eine sehr kühle, gebildete Diplomatin und einen polternden Texaner, der die Hälfte des Gesprächs damit verbracht hat, zu überlegen, wie ihre Brüste aussehen und der auch sonst eine eher ... direkte Sprache verwendet hat. Ist eine gute Übung, um von seinen Standardphrasen runterzukommen.

Einen Thesaurus finde ich auch eine gute Idee, aber er bringt einem meistens nur Variationen einzelner Wörter und es tut schon gut, sich an ganz anderen Satzkonstruktionen zu versuchen.

Runaway

#5
Zitat von: Die Wölfin am 06. November 2011, 18:41:44
Vermutlich, weil ich nicht mehr nur an einem endlos langen Roman mit immer den selben Figuren arbeite, sondern immer wieder was anderes, auch aus einem völlig anderen Genre schreibe. Insofern kann ich zur Abwechslung raten.
Vielleicht hilft es dir schon, dir ein paar Kapitel zu packen und aus einer völlig anderen Perspektive zu schreiben? Wenn ich mich richtig erinnere, hast du eine Ich-Perspektive, oder?
Genau da vermute ich auch das Problem. Ich liebe ja meine Charaktere heiß und innig, wenn ich sie einmal erschaffen habe, und dann drängen sich mir immer neue Ideen für weitere Fortsetzungen auf. Und wenn ich, wie in diesem Fall (ganz korrekt :) ) aus der Ich-Perspektive erzähle, dann lasse ich ja die Figur sprechen und irgendwie hat die ja so ihre typischen Verhaltens- und auch Formulierungsweisen... argh. Ja, vielleicht sollte ich sie mal nehmen und sie mal aus personaler oder auktorialer Perspektive betrachten.
Ich hatte das Problem auch schon mal, irgendwie hatte ich nach 8 Fantasyromanen auch das Gefühl, ich dreh mich stilistisch und auch inhaltlich im Kreis. Da hatte ich echt Lust, mal in ein anderes Genre zu hüpfen. Nur hab ich diese Lust jetzt im Moment nicht... argh.  :brüll:

Ansonsten werd ich wohl mal anfangen, wie Sanne vorgeschlagen hat, und mir mal in anderen Büchern Formulierungen abgucken. Die sammel ich dann in benannter Exceltabelle ...
Und das mit den lebendigen Dialogen muß ich mir auch noch mal zu Gemüte führen. Denn das ist mit das Schlimmste, in Dialogen kommt dieser eingefahrene Mist immer am stärksten zum Tragen. Meine Leute gucken sich dann immer nur an und wenn's hochkommt, gestikulieren die vielleicht mal... wargh. Es ist fürchterlich.

Aber ihr habt mir schon mal gute Tips gegeben, wo ich den gesuchten frischen Wind herkriege...

gbwolf

Zitat von: Dani am 06. November 2011, 20:55:48Und wenn ich, wie in diesem Fall (ganz korrekt :) ) aus der Ich-Perspektive erzähle, dann lasse ich ja die Figur sprechen und irgendwie hat die ja so ihre typischen Verhaltens- und auch Formulierungsweisen... argh. Ja, vielleicht sollte ich sie mal nehmen und sie mal aus personaler oder auktorialer Perspektive betrachten.
Wenn ich es richtig im Kopf habe, vergehen in und zwischen den Romanen der Reihe ja mehrere Jahre, mit Baby und Drama und, und, und. Da kannst du beim Überarbeiten sicherlich die Erzählstimme entwickeln. Was sie als Studentin vielleicht etwas flapsig oder überernst genommen hat, das nimmt sie mit zunehmender Lebenserfahrung lockerer oder wie auch immer sie sich nach den vielen Ereignissen entwickelt, die ja durchaus traumatisch sind. Oder du wechselst einmal spaßeshalber ein paar Szenen wirklich in die Perspektive von jemandem, der ihr nahe steht.

Zitat von: Dani am 06. November 2011, 20:55:48Ich hatte das Problem auch schon mal, irgendwie hatte ich nach 8 Fantasyromanen auch das Gefühl, ich dreh mich stilistisch und auch inhaltlich im Kreis.
Bei mir war es nur ein einzinger, langer Fantasyroman. Dann habe ich angefangen, innerhalb des Genres zu variieren und das hat zwangsläufig jeweils einen anderen Stil erfordert. Du könntest dir auch Abwechslung gönnen, indem du einen Thriller außerhalb deiner Reihe schreibst oder ein Spin-Off mit einer anderen Figur.

Runaway

#7
Zitat von: Die Wölfin am 06. November 2011, 21:36:40
Wenn ich es richtig im Kopf habe, vergehen in und zwischen den Romanen der Reihe ja mehrere Jahre, mit Baby und Drama und, und, und. Da kannst du beim Überarbeiten sicherlich die Erzählstimme entwickeln. Was sie als Studentin vielleicht etwas flapsig oder überernst genommen hat, das nimmt sie mit zunehmender Lebenserfahrung lockerer oder wie auch immer sie sich nach den vielen Ereignissen entwickelt, die ja durchaus traumatisch sind.

Du könntest dir auch Abwechslung gönnen, indem du einen Thriller außerhalb deiner Reihe schreibst oder ein Spin-Off mit einer anderen Figur.
Richtig. Spion ;) Im Moment vergehen zwischen dem ersten und letzten Teil schon sieben oder acht Jahre  :hmmm: und gerade die von dir angesprochene Charakterentwicklung ist das, was so spannend daran ist. Man merkt die Unterschiede auch deutlich. Am Anfang brennt sie noch für ihren Beruf und im vorletzten Teil schmeißt sie ihn völlig entnervt hin, nur um dann festzustellen, daß nicht der Beruf das Problem war, sondern sie selbst - und vor sich selbst rennt man ja nicht weg.
Der Anfang der aktuellen Geschichte und mein Werk aus den letzten Tagen gefällt mir auch gut, aber zwischendurch gibt's so ein paar gruselige Dialoge und Szenen, die nicht so ganz wollten und die stilistisch einfach nicht so nett sind. Das hat mich einfach total angekekst und deshalb jetzt meine Suche nach ein paar neuen Impulsen für die nächsten Überarbeitungen, denn ich will ja von meinen Lesern nicht irgendwann dafür gelyncht werden, daß ich sie immer mit den ewig gleichen Formulierungen langweile. Sie und mich... ;D

Die Idee mit dem Spin-Off finde ich sehr reizvoll! Oder wirklich mal was aus der Sicht einer anderen, nahestehenden Figur. Das hab ich sogar schon mal probiert, aber in ihren Angetrauten kann ich ehrlich gesagt nicht so ganz reingucken... der macht mir Probleme. Mal überlegen, wen es da noch geben könnte.
Etwas außerhalb der Reihe... puh, ich möchte meine danebengegangene Dystopie noch mal neu aufziehen, aber jetzt?
Das Problem ist nur, daß sich mir so Spin-Off-Ideen auch nicht immer grad aufdrängen. Zu der Dystopie ja und zum Aufhänger der Reihe auch, aber seitdem... ich muß mal in mich gehen. Hm hm. Viele Denkanstöße...

zDatze

Dieses Problem mit den Formulierungen habe ich bei mir auch entdeckt und mich eine Zeit lang ziemlich damit herumgeärgert. Besonders bei der Überarbeitung, da mussten diese immer gleichen bzw. stark ähnlichen Sätze einfach raus.

Ich habe auch mal irgendwo aufgeschnappt, dass diese Formulierungen  quasi als "Kürzel" stehen, die man beim Überarbeiten dann ausbaut und umformuliert. Der wichtigste Schritt ist dann wohl, dass man seine eigenen Kürzel findet und eliminiert. :)

Söfchen

Bei mir fällt mir das zur Zeit auch extrem auf. Ich schnappe mir dann auch ein paar Bücher und hole mir Inspirationen für andere Formulierungen. Aber im Moment fehlt mir auch etwas die Zeit mehr zu lesen oder lange an einem Text zu sitzen...

Michaela

#10
Da gibt ein tolles Spiel um neue Formulierungen zu finden. Als ich das Problem hatte, bin ich beim lesen darauf gestoßen und seither läuft es besser.

Nimm ein Blatt Papier, falte es der Länge nach und liste auf der linken Seite Substantive auf. Egal welche.
z.B.

Haare
Spagetti
Klavierspiel
Rose
Himmel
Muster
Meer usw.

Dann überlegst du dir einen Beruf z.B. Gärtner, Putzfrau oder Handwerker und schreibst auf die rechte Seite Verben auf die zu diesem Beruf gehören, also was man in dem Beruf für Tätigkeiten macht.

Handwerker:

hobeln
sägen
kleben
schleifen
dübeln
spachteln
schnitzen usw.

Dann wird das Blatt aufgefalltet und man muss versuchen die Substantive mit den Verben zu verbinden. Das macht echt Spaß und dabei kommen dann so Sätze raus wie:

Die schiefen Töne des Klavierspiels zersägen die Luft.
Die Dornen der Rose schnitzen ihm ungewöhnliche Muster in die Haut.  usw.

Dabei kommen zum Teil sehr schöne neue Sätze zustande und man muss nicht in anderen Büchern nach Formulierungen suchen.
Ich schreibe mir gute Formulierungen auch immer in einer Tabelle auf, als Anregung wenn ich welche brauche.  ;D

Ich hoffe das hilft dir weiter.

Grüßle Michaela

Serena Hirano

Gestern habe ich eine KG überarbeitet. Das sind 11 Normseiten und ich hab ne Stunde umformuliert, weil mir ständig ähnlich klingende Dinge ins Auge sprangen  :brüll:
Somit könnte man sagen, mir geht es wohl auch so.

Dagegen hilft mir intimes Kuscheln mit meinem Synonymwörterbuch. Gerne auch mal nebenbei, um einfach ein paar Wörter wiederzuentdecken.
Gelegentlich finde ich auch echte Hammer der deutschen Sprache und schreib mir diese Wörter auf, um sie gelegentlich und natürlich total wissend so ganz beiläufig einzustreuen  ;D

Die Idee des Perspektivwechsels finde ich auch interessant. Vor einer Weile hab ich mir den newsletter vom http://autorenforum.de/ bestellt und haben immer eine Rubrik "Schreib-Kick". In der gibt es grob gesagt Aufgaben, um sich mal an Schreib-Neuerungen zu wagen. Beispiel: Such dir eine Szene aus einem x-beliebigen Roman und schreib sie so um, dass der Protagonist mindestens einer seiner Sinne beraubt wird. 
Wie nähme er als Soldat eine Kriegszene wahr, wenn er blind wäre? Ein Koch, der plötzlich nicht mehr riechen kann? Ein Rockstar, dem während des Auftritts das Gehör versagt?


Ich finde die Ideen klasse und wenn sie auch noch so einfach sind...man kommt ja meist nicht selber drauf  :versteck: Abgesehen davon ist das nicht so "anstrengend" wie sich gleich nen ganzen Plot für ne neue Geschichte auszudenken. Man kann halt einfach drauf los schreiben.


Sanne

Hey - hier gibts ja richtig gute neue (also ich kannte die noch nicht ...  :versteck:) Tipps - die gefallen mir sehr, das werde ich ganz sicher mal ausprobieren.

Immer wieder toll -  Danke fürs einstellen.  :jau:

Sharû

Davon kann ich dir auch ein Lied singen, vorallem "allerdings" hat es mir angetan...
Im Moment quäle ich mich mit "den Beiden" Meine Protas sind leider oft zu zweit unterwegs und außer "den beiden" fällt mir leider absolut nichts ein...
Ansonsten habe ich beim schreiben eigentlich immer das Woxikon auf (Früher Thesaurus, finde inzwischen (<< noch sein ein Wort._.) aber das das Woxikon deutlich umfangreicher ist). Zum Teil verbringe ich sogar mehr Zeit mit Synonymen suchen als mit dem eigentlichem Schreiben:3 Ansonsten kann ich dir, wie die anderen auch, nur raten mehr zu lesen (Ich hab dazu allerdings im mome... zurzeit (Da schon wieder, kleiner Absatz und ein Wort mindestens zweimal gebraucht)) wenig Lust, weswegen ich sehr viel lieber auf das Woxikon zurück greife (Wobei mehr lesen mir vermutlich mehr bringen würde).


LG
Sharû

Kisara


Ich kenne das...

Bei meinen Protas gab es gestern Schlange gegrillt. Na ja, einmal konnte man sie "häuten", aber was tut man danach damit, um die Haut abzuziehen? Jaha, häuten, genau... Ich habe eine 3/4Stunde drüber nachgedacht, ob ich eine Schlange pellen kann wie z.B. eine Kartoffel oder einen Sonnenbrand und bin zu dem Ergebnis gekommen: kann ich, klingt aber scheiße. Also neu geschrieben...

Ich liebe mein Synonymwörterbuch, aber einige Formulierungen die sich als gut und schön erwiesen haben, benutze ich trotzdem immer wieder. Das ist aber eigentlich gar nicht so tragisch.

Was die Idee mit dem Verlust eines Sinns angeht, finde ich super. Das werde ich probieren. Und sonst arbeite ich viel in Bildern. Also weniger was sie denken, sondern einfach völlig ohne auf eine Person selbst einzugehen beschreiben, was geschieht oder wie es aussieht.
Und einige Wörter bekommt man einfach nicht schön hin. "Blut" zum Beispiel. "Lebenssaft" finde ich schrecklich, aber viel anderes gibt es halt im Deutschen einfach nicht...  ???