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[Diskussion] Sagte, sagte, sagte und sagte.

Begonnen von Dealein, 14. Mai 2011, 18:49:49

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Lemonie

Ich finde das Beispiel auch ziemlich treffen  ;D Auch wenn ich sagen muss: Uahhh...

Und ich finde übrigens auch, dass Lomax Recht hat.
Das "hustete er" ist natürlich logisch falsch - aber der Leser (ich zumindest) stellt sich da dann halt vor, dass er zwischen zwei Hustern redet oder sowas. Oder unter Husten spricht, was theoretisch möglich ist. Wenn man das so genau nehmen würde, wären eine ganze Menge "falsche Bilder" im Umlauf...

Pestillenzia

#61
Zitat von: Sven am 07. Juni 2011, 13:13:03
Dem kann ich nicht ganz folgen. Eine "stehende Ovation" ist ein Begriff, der völlig in Ordnung ist. Eine Ovation ist eine Beifallbekundung. Bei einer stehenden Ovation wird sie stehend ausgeführt. Auch "sterbliche Überreste" sind nicht falsch. Platt ausgedrückt hinterlässt eine Leiche sterbliche und unsterbliche Reste. Sie hinterlässt einen Körper und die Bekleidung zum Beispiel.

Das ist so nicht richtig. Eine Ovation kann weder stehen noch sitzen oder liegen, weil ihr dazu die Körperlichkeit fehlt. Nur die Menschen, die ihren Beifall bekunden, können stehen, sitzen etc.

Auch gibt es keine sterblichen Überreste. Wenn von einem Menschen nur noch Überreste vorhanden sind, ist er bereits tot und somit nicht mehr sterblich sondern bereits verstorben. Sterblich impliziert, dass jemand/etwas noch am Leben ist, aber sterben wird/kann. Überreste sind also weder verstorben noch sterblich, sie sind höchstens die Überreste eines Sterblichen oder Verstorbenen.
Kleidung, Schmuck oder ähnliches gehören nicht zu den Resten eines Menschen, da sie a) niemals Teil des Körpers waren und b) als unbelebte Gegenstände niemals am Leben waren, somit können sie gar nicht sterblich sein.


Zitat von: Lemonie am 02. August 2011, 22:26:03
Das "hustete er" ist natürlich logisch falsch - aber der Leser (ich zumindest) stellt sich da dann halt vor, dass er zwischen zwei Hustern redet oder sowas. Oder unter Husten spricht, was theoretisch möglich ist. Wenn man das so genau nehmen würde, wären eine ganze Menge "falsche Bilder" im Umlauf...
Zum Glück geht es noch jemandem so wie mir. Ich dachte schon, ich bin die einzige, die das "hustete er" und ähnliche Formulierungen so interpretiert. Mir fielen diese Formulierungen auch nie negativ auf bzw. ich habe mir nie  Gedanken darüber gemacht. Wenn irgendwo "grinste er" stand, habe ich mir vorgestellt, dass er etwas mit einem breiten Grinsen von sich gibt.

Sven

Zitat von: Pestillenzia am 04. August 2011, 08:54:15
Kleidung, Schmuck oder ähnliches gehören nicht zu den Resten eines Menschen ...

Wenn eine Person vermisst wird, wird vor allem die Kleidung angegeben, weil sie dicht mit der Person verknüpft ist. Ebenso Prothesen. Wenn ein künstliches Hüftgelenk nicht zu einem Menschen gehört, dann tun es die Zähne auch nicht  ;)
Finde ich also nur noch die Prothesen, dann habe ich einen Indiz für den Tod eines Menschen, aber ich habe nur die Teile von ihm gefunden, die eben nicht sterblich sind, weil sie nie gelebt haben. Die sterblichen Teile (die Teile, die rein biologisch in der Lage sind, sterben zu können) bleiben weiter vermisst.


Beste Grüße,
Sven

Pestillenzia

Zitat von: Sven am 04. August 2011, 09:25:55
Wenn eine Person vermisst wird, wird vor allem die Kleidung angegeben, weil sie dicht mit der Person verknüpft ist.

Das ist wieder was anderes. Ich würde gerne noch weiter diskutieren, aber das ist dann doch zu OT.

Thaliope

Das mit den "sterblichen Überresten" erklärt sich, wenn man es in dem Kontext sieht, aus dem es kommt: Der Körper ist der sterbliche Teil des Menschen, die Seele der Unsterbliche. Und wenn der Mensch tot ist, ist die Seele raus aus dem Körper raus, und nur noch der sterbliche Teil, also der Körper, ist übrig.

Das "sterblich" ist also nicht mit "lebendig" gleichzusetzen, sondern nur als Gegenpart zu "unsterblich" zu verstehen. Ich sehe in der Verwendung ehrlich gesagt überhaupt kein Problem - außer in der Tatsache, dass sie sich zu einer Phrase entwickelt hat, die viel zu inflationär und unbedacht verwendet wird, wenn man einfach eine Leiche meint.

LG
Thali

Alana

Hallo,

ich möchte diese Diskussion noch einmal hochholen, weil ich mich gerade mit genau diesem Problem quäle. Ich persönlich störe mich nicht an einem häufigen "sagte" aber das kommt vielleicht auch daher, weil ich zu 80% auf Englisch lese.  Ich möchte aber gutes Deutsch schreiben und mir nichts Falsches angewöhnen.
Mir ist vor einiger Zeit aufgefallen, dass ich sehr häufig genau diese krummen Inquit-Formeln, wie Lomax sie so passend nennt, benutzt habe. Mich als Leser stören sie nicht, ich kann mir sehr gut vorstellen, was der Autor meint. Merkwürdigerweise stören sie mich aber beim Schreiben. Ich möchte sie deshalb ausmerzen. Aber wie ersetzt man sie nun, ohne dauernd "sagte" zu benutzen, oder aber total abwegige Synonyme davon? In vielen Fällen benutze ich sagen, antworten, fragen und ergänze, wenn nötig eben eine Geste oder Gefühlsregung. Immer kann man das aber auch nicht machen. Was mir an ..." lachte er. so gut gefällt, ist, dass es so kurz und prägnant ist. Ich habe mich deshalb in vielen Fällen dafür entschieden, keine Inquit-Formel zu benutzen sondern einfach einen neuen Satz:

"Du bist ja auch kein mächtiger Ritter." Er schmunzelte. (statt "sagte er schmunzelnd" oder "schmunzelte er")

Bevor ich mir das nun quasi angewöhne, natürlich nur da, wo es passt, würde ich gern wissen, was ihr davon haltet und ob das so wirkt, wie ich es mir vorstelle. Oder findet ihr, dass da die Gleichzeitigkeit fehlt und man das nur benutzen kann, wenn  er tatsächlich erst redet und dann schmunzelt? Wobei da wieder die Frage ist, ob das nicht sowieso so ist, dass man zuerst redet und dann schmunzelt, was ja hier auch schon angesprochen wurde.
Und zu guter letzt würde mich interessieren, wie ihr das handhabt.

Danke :)

Alhambrana

Rosentinte

Genauso wie du das machst, Alana, mache ich das auch. "schmunzelte er" ist sowieso ein Streitpunkt: Manche Leute sagen, dass man keine Sätze schmunzeln kann, andere (zu denen gehöre ich) behaupten das steif und fest.
So wie du es machst, ist die elegante Lösung, die dich aus der Affäre zieht.

El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Rumpelstilzchen

Zitat von: Alana am 02. November 2011, 21:51:59
"Du bist ja auch kein mächtiger Ritter." Er schmunzelte. (statt "sagte er schmunzelnd" oder "schmunzelte er")
Genau so mache ich das auch ;)  Oder ich schreibe einfach damit weiter, was die Person tut, denkt, etc. und umgehe so das sagen und meinen. Wenn dir die Gleichzeitigkeit fehlt, kannst du das aber auch vor die wörtliche Rede setzen, dann weiß man auf jeden Fall, wie die Aussage gemeint ist.

Junipera

#68
Zitat"Du bist ja auch kein mächtiger Ritter." Er schmunzelte.

Eine elegante Lösung dem schmunzeln einen eigenen Satz zu geben. Du hättest es auch umdrehen können:
Er schmunzelte. "Du bist ja auch kein mächtiger Ritter."

Ich hoffe ich darf dazu ein Satz aus "Über das schreiben "von Sol Stein zitieren.

ZitatDu sollst nicht murmeln, flüstern, grollen, fauchen oder brüllen, denn die Wörter selbst und nicht ihre Beschreibung sind das Transportmittel ihrer Lautstärke.

In vielen Büchern lese ich diese Sprechermarkierungen wie:
- sagte er ärgerlich
- rief sie zärtlich
- brummte er
- stammelte sie
Und das alles immer nachdem der Satz schon gesprochen wurde!
Das ist ungefähr so als ob man dem Schwein den Kopf abgeschlagen hat und es danach noch quiekt.
Beispiel:
"Seid doch mal still.", flüsterte Sie.
Ihre Aussage habe ich schon im Kopf und muss es nachträglich in ein Flüstern verwandeln?
Richtiger ist doch:
Sie flüsterte: "Seid doch mal still."

Nur wenn es nicht anders geht oder ich das Gefühl habe der Leser könnte nicht mehr wissen wer spricht, dann verwende ich lieber ein neutrales, sagte Name.

Alana

#69
Danke euch, dann bin ich ja erleichtert.

@Junipera: Ich hab auch schon darüber nachgedacht, es voranzustellen, es kommt halt darauf an, wie es wirken soll. Ich denke schon, dass die Erweiterung mit Adjektiv noch nah genug an der wörtlichen Rede ist, um beim Leser anzukommen. Aber ich werde mal darauf achten, wie das in den Büchern gemacht wird, die ich so lese und wie es auf mich wirkt.

Sol Stein ist halt Amerikaner und damit wären wir wieder beim Thema. Ich denke, dass zumindest für uns Deutsche das Optimum irgendwo dazwischen liegt. Ich finde es schon auch wichtig, dass die wörtliche Rede selbst die Stimmung transportiert und werde versuchen, darauf mehr zu achten.
Alhambrana

HauntingWitch

Zitat von: Alana am 02. November 2011, 21:51:59
"Du bist ja auch kein mächtiger Ritter." Er schmunzelte. (statt "sagte er schmunzelnd" oder "schmunzelte er")

Das finde ich auch eine tolle Lösung. Ich mache das selbst recht oft, da ich "xxxx[anstelle von sagte] er" nur dann geeignet finde, wenn es auch wirklich aufzeigt, was er damit tut. Ein Beispiel: "erklärte er", wenn er wirklich etwas erklärt, finde ich zum Beispiel gut. "lachte er", auch wenn er in diesem Moment lacht, finde ich aber etwas komisch zu lesen. Da ist mir dann diese Art von Aufteilung in zwei Sätze lieber. Ich denke, man darf sich da aber gut und gern auch auf sein Lesergefühl verlassen, auch als viel Englisch-Leser. ;) Mir fällt bei englischen Büchern immer auf, dass mich das ewige "sagte" stört und überlge mir zwischendurch auch wieder, wie es wohl ein Deutscher machen würde.

Voranstellen finde ich aber auch eine gute Idee, da kommt es halt auf die Situation an. Kommt die mimische Reaktion vor den eigentlichen Worten oder danach? Schmunzelt er wegen dem, was die andere Person gerade gesagt hat, oder wegen dem, was er antwortet? Ich mache mir solche Überlegungen permanent während dem Schreiben. Es ist der Versuch, an der realistischen Beobachtung zu bleiben. Wie würde ich es beschreiben, wenn die Person jetzt vor mir stünde und das sagt oder macht? Wie würde ich jemandem, der sie nicht ebenfalls sieht, laufend erklären, was die Person macht?

Arcor

Ich habe früher den klassischen Fehler gemacht und wirklich ständig die unterschiedlichsten inquit-Formeln verwendet: sagte, meinte, sprach, entgegnete, erwiderte, antwortete, fragte, wollte wissen, schluchzte, rief, schrie, brüllte, flüsterte, zischte, keuchte etc. Und zwar wirklich bei fast jedem Satz.

Glücklichweise hab ich im 6. BA-Semester einen Platz im Seminar über Kurzkrimis ergattern können und die Dozentin hat mir dann erstmal den Kopf gewaschen, was inquit-Formeln angeht.

Ich finde immernoch, dass man durchaus was anderes schreiben kann als "sagte", "fragte" und "antwortete", dafür bietet die deutsche Sprache auch einfach zu viele Möglichkeiten. Allerdings muss es wirklich nicht bei jeder Dialogzeile tun. Ich schreibe wirklich gerne, was die Personen bei einem Gespräch tun, aber das funktioniert auch ohne "erwiderte er missmutig, während er...". Bei zwei Dialogpartnern weiß man einfach, wer gerade redet, das muss man nur gelegentlich nochmal angeben.

Zitat von: Alana am 02. November 2011, 21:51:59
"Du bist ja auch kein mächtiger Ritter." Er schmunzelte. (statt "sagte er schmunzelnd" oder "schmunzelte er")[\quote]

Genau so mache ich das aber inzwischen auch öfters. Ich kann unterbringen, wie die Figur redet oder während des Gesprächs agiert, ohne eine inquit-Formel verwenden zu müssen. Das Rausstreichen von solchen und anderen Füllseln hat meine Geschichte um ~ 50-60 Normseiten entschlackt. Vermutlich würde ein Lektor aber immernoch den Rotstift hier und da ansetzen  ;)
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Schommes

Der Durchschnittsleser (an dem man sein Schreibverhalten tunlichst ausrichten sollte) nimmt die klassischen Inquitformeln (sagte er, sagte sie) gar nicht bewusst war
Umgekehrt fallen Variationen (brüllte er, oder: Er brüllte) sofort ins Auge und wirken daher bei übermäßigem Gebrauch eher störend. Ein guter Lektor wird einem das alles sowieso streichen.
Was ich an der Diskussion nicht verstehe, ist warum hier ein Unterschied zwischen deutscher und englischer Romansprache bestehen soll???

Sanjani

@Schommes: Weil ja doch offenbar einer besteht. Wenn ich da nur an Harry Potter denke, die sagen ständig nur, auch wenn jemand offensichtlich was gefragt hat.
"How are you?" he said.
Das geht gar nicht für mich!

@Alana: Ich finde deine Lösung auch gut. Ob ich es voranstelle oder dazwischen oder danach hängt bei mir immer vom gesamten Satzgefüge ab, was besser passt, wird gemacht.
Bei flüstern und murmeln finde ich es grundsätzlich schon angebracht es irgendwo unterzubringen. Dass es danach schwierig ist, stimmt zwar, weil man erst gucken muss, wie das Vorangehende gelesen werden muss, aber es davorzustellen wirkt auf mich wenig elegant. Wenn überhaupt, dann mit Doppelpunkt, also z. B.: Sie flüsterte: "Sei still!" Aber diese Form mag ich überhaupt nicht. Mit Punkt mag ich es auch nicht, denn flüstern kann man ja nicht ohne Inhalt im Gegensatz z. B. zum Lachen. Oder wenn man etwas zischt, ist das ja was völlig anderes, als wenn man nur inhaltlos zischt, wweil man vielleicht gerade seinen Unmut äußert.
Deshalb stelle ich so was im Endeffekt doch meist hinten dran. Besonders elegant finde ich auch folgende Lösung:
Sie legte den Finger an die Lippen. "Sei doch still!"
Wobei das Ausrufezeichen nicht anzeigen soll, dass sie es ausruft, sondern dass sie das Wort still betont, der Satz sich also dahin ausrichtet. Aber dadurch, dass sie den Finger an den Mund legt, käme wohl kein Leser auf die Idee den folgenden Satz auszurufen :)

Das mal mein Senf dazu.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

HauntingWitch

Zitat von: Schommes am 03. November 2011, 16:44:07
Der Durchschnittsleser (an dem man sein Schreibverhalten tunlichst ausrichten sollte) nimmt die klassischen Inquitformeln (sagte er, sagte sie) gar nicht bewusst war
Umgekehrt fallen Variationen (brüllte er, oder: Er brüllte) sofort ins Auge und wirken daher bei übermäßigem Gebrauch eher störend. Ein guter Lektor wird einem das alles sowieso streichen.
Was ich an der Diskussion nicht verstehe, ist warum hier ein Unterschied zwischen deutscher und englischer Romansprache bestehen soll???

Oder gleich ganz weg lassen? Ich stelle gerade beim Schreiben fest, dass ich ebenfalls dazu neige, einfach nichts zu schreiben. Zwischendurch füge ich dann wieder in dem von Alana so schön erklärten Stil ("..." Er schmunzelte.) ein, was der oder die gerade macht, damit der Faden darüber nicht verloren geht, wer gerade spricht. Aber ansonsten geht das glaube ich recht gut. Das mit dem Leser stimmt, ist interessant. Aber wenn ich mich während dem Schreiben die ganze Zeit frage "wie findet das wohl der Leser" bin ich dauerblockiert, das mache ich nicht. Ich schreibe so, wie ich es für gut empfinde und wie es mir zusagt, denn ich bin ja selbst Leser und richte so. Ich hoffe nur, da verheddere ich mich nicht allzu sehr. ;)

Der Unterschied zwischen Deutsch und Englisch ist, dass in Englischen Büchern praktisch fast nur "said he", "she said" und so weiter verwendet wird, immer nach der indirekten Rede. So viele Inquitformen wie wir scheinen die nicht zu haben. Warum das so ist, weiss ich auch nicht, aber das ist auch nur ein Gefühl, vielleicht irre ich da.