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Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?

Begonnen von Farean, 10. April 2011, 10:47:19

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Lomax

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20Der Witz an der Sache ist, daß es nicht etwa um eine Geschichte geht, die ich schon aufgegeben habe, sondern im Gegenteil um mein absolutes Lieblingsbaby. Ich glaube, ich bin im Moment im Gegenteil einfach zu ungeduldig, um es noch mal für zehn Jahre auf Halde zu legen ...
Nun ja, gerade für sein Lieblingskind sollte man sich schon überlegen, ob man es mit 14 jobben schicken will, damit "schnell was reinkommt", oder ob man in ein paar Jahre "solide Ausbildung" investiert, damit es am Ende einen vernünftigen Beruf findet. ;)
  Auch wenn es sein kann, dass dieses "Kind" nach jahrelangem Studium auch nur als Taxifahrer ankommt - das ist das Risiko, und es gibt keine Garantie auf ein Happy End. Aber man schlägt ja keine Chance aus, nur weil es auch sein könnte, dass es nicht klappt, wenn man es versucht. Und gerade bei deinen Prämissen, also möglichst viele Leser und nicht andere mit ähnlichen Büchern vorbeiziehen sehen, lohnt sich ein Verlag halt unbedingt. Es selbst zu versuchen, bleibt ja immer noch als Option, wenn man die lohnenden Verlage abgeklappert hat und nichts draus geworden ist.
  Ein Grund, den Umweg zu vermeiden, wäre es, wenn deine Priorität nicht auf deinem Buch und den Lesern liegt, sondern vor allem auf dem persönlichen Wohlfühlfaktor - wenn du also vor allem Spaß am Schreiben und Veröffentlichen haben willst. Da kann der Frust bei der Verlagssuche schon sehr reinschlagen und lässt sich auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vermeiden, und dann ist es sicher ein legitimes Anliegen, sich das zu sparen. Aber das waren halt nicht die Prioritäten, die du oben genannt hast.

Was deine schlechten Erfahrungen betrifft - ich denke mal, das alles und noch einiges mehr hättest du dir auch schon vor Jahren von genug Leuten anhören können, die lange in dem Geschäft unterwegs sind, sprich: So was passiert immer wieder und vielen. Manche Autoren haben Glück, aber es gibt eine Menge, die ähnliche frustrierende Geschichten erzählen können, so dass man eigentlich, wenn man sich als angehender Autor informiert, schon vorher damit rechnen könnte. Nur glaubt irgendwie keiner solche Erfahrungen, solange er sie nicht selbst gemacht hat, bzw. glaubt jeder, er gehöre zu den Glücklichen, bis er selbst Gegenteiliges erlebt. ;D
  Das sollte einen nicht abschrecken. Es kann halt passieren, in der Regel muss man da durch und unglückliche Verläufe von vornherein einkalkulieren. Man lernt daraus, und vor allem lernt man daraus, sich selbst zu positionieren und zu behaupten. Lektoren, die gar nicht gehen, unzuverlässige Verlage, geplatzte Projekte - all das ist bis zu einem gewissen Maße eher als "nützliche Erfahrung" zu verbuchen, die man in die nächste Runde mitnehmen kann, um selbst dann anders an die Sache ranzugehen.
  Man könnte es von vorneherein besser wissen, aber richtig gelernt hat man es erst nach eigener Erfahrung. So jedenfalls meine Erfahrung. ;)
  Und manche Erfahrung und Einschätzung bewertet man mit einigen Jahren Abstand, wenn man selbst inzwischen mehr Überblick hat, auch anders als zu dem Zeitpunkt, wo sie einem geschehen.
Zitat von: Die Wölfin am 11. April 2011, 10:52:29
Ich weiß nicht, welche Art High Fantasy du schreibst, aber Sachen die in den 80ern und 90ern in waren, sind von der Erzählstruktur her heute tatsächlich völlig out (Zimmer Bradley, LeGuin, ...). Auf jeden Fall, was die Verlage angeht.
Und ist immer noch irgendwie mein Vorbild und besser als 90% von dem, was heute in dem Bereich rauskommt. :-\ Okay, vielleicht nicht Bradley, mit der bin ich ja nie warm geworden. ;D
  Lustigerweise war LeGuin auch die Autorin, die meiner derzeitigen Lektorin als erstes einfiel beim Thema, wie Fantasy sein sollte - und da bin paradoxerweise eher ich derjenige, der bei der Zusammenarbeit darauf beharrt, dass das so heute nicht mehr funktioniert.
  Hm, da frage ich mich gerade, ob das ein Zeichen dafür ist, dass man die hier diskutierten "Kompromisse" schon viel zu sehr verinnerlicht hat, wenn sie nicht mehr vom Verlag an einen herangetragen werden, sondern den Zensor bereits im eigenen Kopf sitzen hat. :-\ Aber andererseits finde ich LeGuin zwar gut, schreibe aber ohnehin nicht so ... Also ist das Thema auch sehr theoretisch.

Aber ich denke insgesamt trotzdem, dass man bei der Zusammenarbeit mit Verlagen und Lektoren nicht so sehr in Kategorien wie "Kompromissen", "reinreden" oder "Veränderung des eigenen Werkes" denken soll. Das wird der Praxis irgendwie nicht so gerecht, wie ich sie erlebt habe.
  Am meisten diskutiert und geärgert habe ich mich bei Änderungen, die rückblickend betrachtet eher Marginalien betrafen; und umgekehrt habe ich bei jeder Geschichte auch einen Kern, den ich nicht anrühren möchte. Aber lustigerweise hatte ich mit den größten Änderungswünschen, die je an mich herangetragen wurden, am wenigsten Probleme - das war bei einem Thriller, der immer noch nicht erschienen ist, bei dem ich aber mit einem Lektor im Vorfeld schon eine Menge am Konzept gefeilt hatte. Und obwohl es da nicht um Kleinigkeiten ging, fand ich die Vorschläge gut und habe sie als Verbesserung der Geschichte empfunden - oder zumindest als sehr erwägenswerte Anregungen.
  Ich denke also, man sollte vielleicht auch weniger von den Wünschen "der Verlage" oder "der Lektoren" reden, sondern bedeutsamer ist, ob der spezielle Lektor, mit dem man zusammenarbeitet, den Punkt trifft, die Geschichte so aufnimmt, wie sie gemeint ist, und vor diesem Hintergrund mit dem Autor zusammen das beste herausholen kann. Wenn Leute mitreden wollen, die gar nicht auf derselben Wellenlänge liegen, kommt nichts Gescheites raus; wenn man alles alleine machen will, entgehen einem einfach zu viele Anregungen, seine Geschichte besser zu machen.
  Aus diesem Dilemma muss man in jedem Fall herausfinden, und da macht es keinen Unterschied, ob man die geeigneten oder ungeeigneten Arbeitspartner von einem Verlag angeboten bekommt oder ob man sich alleine durchwurschtelt. Ich warne also davor, "Verlage" als Institutionen mit einheitlicher "Psyche" zu betrachten - am Ende hat man es da immer mit Menschen zu tun und erlebt da die übliche Bandbreite menschlicher Kommunikation und menschlicher Vorlieben bei der Textarbeit. Es gibt also nicht "die Verlage", die zu "den und den Kompromissen" nötigen; es gibt einfach nur konkrete Menschen, mit denen man beim Produktionsprozess eines Buches zusammenarbeitet und mit denen das mal besser, mal schlechter laufen kann.

Kaeptn

Was das "auf engl. veröffentlichen" angeht:

Da ist der eBook-Markt dann natürlich eine Alternative, denn der ist im Angloamerikanischen Bereich ja schon riesig und bei entsprechendem Preis (ums Geld gehts dir ja nicht) hat man sicher auch als Unbekannter eine Chance. Zur Not noch ein englisches Pseudonym...

Farean

#17
Zitat von: Sven am 11. April 2011, 10:23:05
Das sehe ich als das eigentliche Problem. Wenn einem eine Geschichte so am Herzen liegt, verliert man schnell die nötige Distanz.
Ich weiß... diesen Rat habe ich oft genug selbst unerfahrenen Autoren gegeben. "Kühlen Kopf bewahren, nimm's dir nicht so zu Herzen, versetz dich doch auch mal in die Verleger rein."

Aber weißt du, was es für ein Gefühl ist, nach 15 Jahren Katastrophen, Pleiten, Pech und Pannen den Kram hinschmeißen zu wollen und zu sagen: "Ich habe es satt. Das Schreiben bringt mir nichts als Frust. Ich höre auf."

Und weißt du, was es dann für ein Gefühl ist, aus einer Laune heraus irgendwas draufloszuschreiben, ohne sich einen Kopf um Markverträglichkeit zu machen, und plötzlich fließt es, und man erinnert sich, warum man mit alledem jemals angefangen hat?

Die "nötige Distanz" - nötig wofür? Wenn es mir nur um eine Karriere ginge oder um die Freude an meinem handwerklichen Geschick, müßte es nicht gerade das Schreiben sein. Dann würde ich mich aufs Programmieren beschränken. Da ist mehr zu holen, und es geht (geschäftlich gesehen) deutlich leichter.

Mein letztes Projekt hat mich daran erinnert, wieviel Schreiben mit Emotionen zu tun hat. Wenn ich nur die Wahl habe zwischen "distanziertem, kommerziell erfolgreichem Schreiben" und "mich im Hobbykeller austoben und den Kram an Freunde weiterreichen", dann, sorry, ist es keine Wahl. Ich wäre zwar traurig, wenn außer dem Freundeskreis niemand auch nur einen Blick auf mein Geschriebenes werfen möchte, aber: Der Buchmarkt funktioniert auf eine bestimmte Weise; ich funktioniere auf eine bestimmte Weise; wenn - wenn - das nicht zusammenpaßt, ist das niemandes Schuld, sondern einfach ein Faktum, aus dem ich die Konsequenzen ziehen muß.

Natürlich wäre es mir lieber, wenn der etablierte Buchmarkt und ich sich am Ende doch als kompatibel herausstellen. In der Hoffnung auf neue Ansätze in dieser Richtung bin ich ja hier im Tintenzirkel.

Zitat von: Sven am 11. April 2011, 10:23:05
Im dsfo gibt es jemanden, der in Kanada als Journalistin arbeitet und sich im US Buchmarkt auskennt. Wenn Du eine spezielle Frage hast, kann ich da mal nachhaken.
Schon mal danke für das Angebot. :) Wenn in der Richtung mal was spruchreif wird, komme ich bestimmt drauf zurück.

Zitat von: Die Wölfin am 11. April 2011, 10:52:29
Ich weiß nicht, welche Art High Fantasy du schreibst, aber Sachen die in den 80ern und 90ern in waren, sind von der Erzählstruktur her heute tatsächlich völlig out (Zimmer Bradley, LeGuin, ...). Auf jeden Fall, was die Verlage angeht.
Geht eigentlich nicht (mehr) in die Richtung. Das Projekt, um das es geht, steht vom Feeling her eher der meines Wissens recht aktuellen Licia Troisi nahe. (Natürlich mit einer großen Dosis von meiner über alles verehrten McKillip.)

Zitat von: Die Wölfin am 11. April 2011, 10:52:29
Es kann natürlich auch sein, dass die Kleinverlage, bei denen du veröffentlicht hast, die Werbung falsch oder ungeschickt platziert hatten
Die Werbung war tatsächlich bei beiden Veröffentlichungen im wesentlichen das Kernproblem.

Zitat von: Die Wölfin am 11. April 2011, 10:52:29
Noch ein schönes Marketingbeispiel ist übrigens Miriam Pharo, die mit einem multimedialen eBook angefangen hat (Man fragt sich ja eh, weshalb keiner die Möglichkeiten eines PDF voll ausreizt, wo man doch so viel mehr machen kann als nur ein Printbuch 1:1 umzusetzen). Mittlerweile veröffentlicht sie bei Acabus.
Das klänge durchaus nach meiner Schiene. Gerade gestern habe ich unverhofft eine Antwort von einem Kleinverlag bekommen, der sich eine Zusammenarbeit bei einer Online-Veröffentlichung (z.B. als eBook) vorstellen könnte.

Zitat von: zDatze am 11. April 2011, 11:18:07
Das ist schon eine ganz schön lange Zeitspanne, die du dich mit allen möglichen Problemen abgekämpft hast. Wow. Da kann ich auch verstehen, dass sich der Frust tief gegraben hat.
Danke... :knuddel: Euer Verständnis hilft mir im Moment wirklich am meisten, einen klaren Kopf zu kriegen.

Zitat von: zDatze am 11. April 2011, 11:18:07
Ich sehe nicht zwingend diese Entweder-Oder-Entscheidung zwischen Verlag oder Online-Veröffentlichung. Mit einem Blog-Roman z.B. könntest du Leser erreichen und nebenbei trotzdem noch an einem anderen Projekt arbeiten.
Im Moment wäre das tatsächlich, was mir vorschwebt. Allerdings, wie im Eingangsposting schon gesagt, ist meine Priorität Nr. 2 die Absicherung gegen Plagiate. Auch hier müßte ich also zumindest genug Spotlight bekommen, um hinterher nicht einfach ignoriert werden zu können. Und dafür genügt es natürlich nicht, meinen Blog ins Web zu stellen und hinterher alle beide Leser als Zeugen anzuführen, daß ich zuerst da war. ::)

Zitat von: zDatze am 11. April 2011, 11:18:07
Und möglicherweise denke ich auch in ganz anderen Dimensionen als du. ::)
Ich weiß ja nicht, in welchen Dimensionen du denkst. ;) Meine sind derzeit eher bescheiden.

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 12:02:40
Nun ja, gerade für sein Lieblingskind sollte man sich schon überlegen, ob man es mit 14 jobben schicken will, damit "schnell was reinkommt", oder ob man in ein paar Jahre "solide Ausbildung" investiert, damit es am Ende einen vernünftigen Beruf findet. ;)
:D Schöner Vergleich.

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 12:02:40
Ein Grund, den Umweg zu vermeiden, wäre es, wenn deine Priorität nicht auf deinem Buch und den Lesern liegt, sondern vor allem auf dem persönlichen Wohlfühlfaktor - wenn du also vor allem Spaß am Schreiben und Veröffentlichen haben willst. Da kann der Frust bei der Verlagssuche schon sehr reinschlagen und lässt sich auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vermeiden, und dann ist es sicher ein legitimes Anliegen, sich das zu sparen. Aber das waren halt nicht die Prioritäten, die du oben genannt hast.
Ich sag's mal so: ja, der persönliche Wohlfühlfaktor spielt eine Rolle. Aber wenn ich bisher einen einzigen (in Worten: einen einzigen) Erfolg meiner früheren Bemühungen vorzuweisen hätte, wäre ich im Moment wohl eher geneigt, es weiter auf dem "traditionellen" Weg zu versuchen.

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 12:02:40
Es gibt also nicht "die Verlage", die zu "den und den Kompromissen" nötigen; es gibt einfach nur konkrete Menschen, mit denen man beim Produktionsprozess eines Buches zusammenarbeitet und mit denen das mal besser, mal schlechter laufen kann.
??? Klinge ich ernsthaft so, als wäre mir das neu?

Ich hatte geglaubt, hinreichend klargestellt zu haben, daß ich "die Verlage" nicht als einheitliches, seelenloses Etwas betrachte. Daß mein Posting hier kein Rant gegen das berüchtigte EstablishmentTM darstellt, sondern eine Bestandsaufnahme, ob nach meinen bisherigen Erfahrungen der Versuch, in jenes vielfältige, aus etlichen unterschiedlichen Individuen bestehende, letztlich aber gewissen Mechanismen unterworfene Abstraktum namens "Buchmarkt" noch zielführend ist oder andere Alternativen sich im Hinblick auf meine persönlichen Ziele eher lohnen.

Zitat von: Kaeptn am 11. April 2011, 12:40:36
Was das "auf engl. veröffentlichen" angeht:

Da ist der eBook-Markt dann natürlich eine Alternative, denn der ist im Angloamerikanischen Bereich ja schon riesig und bei entsprechendem Preis (ums Geld gehts dir ja nicht) hat man sicher auch als Unbekannter eine Chance.
:hmmm: Klingt, als wäre der Ansatz mit der Online-Veröffentlichung bislang der Ausbaufähigste...

Sven

#18
ZitatAber weißt du, was es für ein Gefühl ist, nach 15 Jahren Katastrophen, Pleiten, Pech und Pannen den Kram hinschmeißen zu wollen und zu sagen: "Ich habe es satt. Das Schreiben bringt mir nichts als Frust. Ich höre auf

Das Gefühl kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber Du hast 15 Jahre lang nicht aufgehört, obwohl Du es jederzeit hättest tun können. Das muss doch einen Grund haben  :engel:
Im Grunde bleibt einem nichts anderes übrig, als sich darüber klar zu machen, was einen das Schreiben bedeutet.
Mein Leben wäre bedeutend stressfreier, wenn ich NICHT schreiben würde. Die Frage ist, wäre es auch BESSER?

ZitatDie "nötige Distanz" - nötig wofür? Wenn es mir nur um eine Karriere ginge oder um die Freude an meinem handwerklichen Geschick, müßte es nicht gerade das Schreiben sein. Dann würde ich mich aufs Programmieren beschränken. Da ist mehr zu holen, und es geht (geschäftlich gesehen) deutlich leichter.

Was würde Dir das Programmieren bedeuten? Ich habe damals den C64 mit Basic programmiert. Aber habe ich mich darin vertieft und komplizierte Routinen geschrieben (dafür wäre damals Assembler besser gewesen^^)? Nein, eigentlich habe ich Geschichten programmiert, indem ich sich bewegende Grafiken programmiert habe.
Später habe ich viel im Bereich Special Effects gemacht. Das hat Spaß gemacht aber eigentlich bin ich damit angefangen, weil ich die Geschichte des Films so gut wie möglich rüberbringen wollte. Ich habe viele Dinge gemacht, die mir Spaß gemacht haben und mit denen ich gutes Geld hätte verdienen können, aber ich habe eingesehen, dass es am Ende immer auf das Erzählen von Geschichten hinausgelaufen ist.

Schreiben ist vor allem eins für mich: Arbeit. Dennoch befriedigt es mich mehr, als ein Zimmer renoviert zu haben, oder als den Garten hübsch bepflanzt zu haben. Vom Zimmer und vom Garten hätte ich wesentlich mehr, als vom Schreiben. Oberflächlich gesehen. In Wirklichkeit dreht sich mein Leben aber um das Erfinden von Geschichten. Wie geil ist das Gefühl, wenn einem plötzlich einfällt, wie man das Logikloch am Besten stopft?

ZitatMein letztes Projekt hat mich daran erinnert, wieviel Schreiben mit Emotionen zu tun hat. Wenn ich nur die Wahl habe zwischen "distanziertem, kommerziell erfolgreichem Schreiben" und "mich im Hobbykeller austoben und den Kram an Freunde weiterreichen", dann, sorry, ist es keine Wahl.

Ich glaube nicht, dass die Wahl so extrem ausfallen muss. In erster Linie sollte man seine Geschichte mögen. Die Zeiten ändern sich. Was heute nicht verkauft werden kann, könnte Morgen schon heiß begehrt sein. Aber Du hast eine fertige Geschichte, mit der Du zufrieden bist. Du bist an ihr gewachsen, hast dazugelernt und hattest im Idealfall viel Spaß mit ihr und den Charakteren.


Was Dir im Nacken sitzt (und da reihe ich mich durchaus ein) ist der Gedanke, 15 Jahre verschwendet zu haben. Andere waren viel jünger, als sie ihr erstes Buch bei einem großen Verlag veröffentlicht haben.
Einige waren aber auch viel älter!!! Und soooooooo alt sind wir zwei noch nicht!  ;)

Beste Grüße,
Sven

FeeamPC

Nichts ist verschwendet, schon gar keine Zeit, die man nutzt, um seine eigenen Fähigkeiten zu verbessern, und dazu gehört nun einmal auch das Schreiben. Ich habe meine erste kleine Geschichte mit 54 veröffentlicht, (Selbstverlag zähle ich jetzt mal nicht mit, sonst wären es fünf Jahre früher),  natürlich wäre mir eher lieber gewesen, aber es hat mich nicht davon abgehalten gute 40 Jahre zu schreiben, ohne eine Chance auf Veröffentlichung zu haben.

Lomax

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 13:03:12
??? Klinge ich ernsthaft so, als wäre mir das neu?

Ich hatte geglaubt, hinreichend klargestellt zu haben, daß ich "die Verlage" nicht als einheitliches, seelenloses Etwas betrachte. Daß mein Posting hier kein Rant gegen das berüchtigte EstablishmentTM darstellt, sondern eine Bestandsaufnahme, ob nach meinen bisherigen Erfahrungen der Versuch, in jenes vielfältige, aus etlichen unterschiedlichen Individuen bestehende, letztlich aber gewissen Mechanismen unterworfene Abstraktum namens "Buchmarkt" noch zielführend ist oder andere Alternativen sich im Hinblick auf meine persönlichen Ziele eher lohnen.
Nun ja, jedenfalls klingt es halt schon so, als wäre deine Gesamteinschätzung des "üblichen" Betriebs vor allem auf deine persönlichen, nicht so guten Erfahrungen aufgebaut. Und das ist halt schon eine Verallgemeinerung, die nicht das volle Spektrum trifft. Auch wenn ich die geschilderten Erfahrungen nicht für völlig untypisch halten würde, kann es halt auch immer ganz anders laufen. Und man darf den menschlichen Faktor nie unterschätzen. Du versuchst, aus deinen persönlichen Erfahrungen eine allgemeine Einschätzung der Marktausrichtung und der entsprechenden Gesetzmäßigkeiten in Verlagen abzuleiten - aber man sollte auch nie unterschätzen, wie biegsam diese Gesetzmäßigkeiten sind, wenn man beispielsweise nur mal einen Lektor bedingungslos mit einem Werk begeistert hat und der das Buch schlichtweg bringen will. ;)
  Ich habe im Verlag schon so viele "Regeln" einfach durch individuelle Entscheidungen gebrochen gesehen, zum guten wie zum schlechten; ich habe erlebt, wie ein und dieselbe Sache ganz unterschiedlich gehandhabt wurde, je nachdem, was für Leute bei einem Projekt zufällig aufeinandertrafen, dass ich halt denke, dass du diesen individuellen Faktor bei deinem Versuch, "Mechanismen" zu erkennen, einfach zu sehr unterschätzt.
  Eine viel entscheidendere Frage sollte sein: Glaubst du, dass du mit deinen Geschichten einen Leser begeistern kannst? Auch einen Leser, der so viel auf seinen Schreibtisch bekommt wie ein Verlagslektor? Und zwar wirklich "begeistern", nicht nur eine  Reaktion entlocken wie: "Ganz nett, kann man nehmen, oder eins der zwanzig anderen Angebote, mal sehen"? Ich persönlich erinnere mich da beispielsweise an mein Wow-Gefühl, als ich Mievilles "Perdido Street", als es selbst in England noch nicht erschienen war, zur Begutachtung vorliegen hatte und wusste, das ist das beste Buch, das ich seit zehn Jahren gelesen habe. Und ich kann dir versichern, wenn du so ein Gefühl bei einem Lektor erweckst, dann wird er dein Buch als heißes Eisen durchboxen, das man bringen muss - und wird den Rest der Regeln darum herumbiegen, bis es passt. Denn Lektoren sind immer auch auf der Suche nach dem Buch. Dem Buch, bei dem sie eine solche Gravitation wahrzunehmen glauben, dass es möglicherweise den Markt verbiegen könnte. Wenn sie das nicht finden, dann begnügen sie sich mit den Büchern, die irgendwie auf den vorhandenen Markt passen. Leider findet man solche Bücher nur sehr selten, und wenn es sie gibt, muss man sie auch erst mal rechtzeitig erkennen ...
  Wenn du daran glaubst, möglicherweise so was geschrieben zu haben, musst du auch an eine Chance auf dem Buchmarkt glauben. Wenn du daran nicht mehr glaubst ... hast du im Prinzip schon etwas verloren, was auch deinen Elan, den Text selbst herauszubringen, beeinflussen sollte.

Sven

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
  Ich habe im Verlag schon so viele "Regeln" einfach durch individuelle Entscheidungen gebrochen gesehen, zum guten wie zum schlechten; ich habe erlebt, wie ein und dieselbe Sache ganz unterschiedlich gehandhabt wurde, je nachdem, was für Leute bei einem Projekt zufällig aufeinandertrafen, dass ich halt denke, dass du diesen individuellen Faktor bei deinem Versuch, "Mechanismen" zu erkennen, einfach zu sehr unterschätzt.

Das kann ich definitiv so unterschreiben. Ich habe damals ein Drehbuch an verschiedene Produktionen geschickt. Der Grund für die Ablehnung hätte gegensätzlicher nicht sein können. Für den einen habe ich den Hintergrund der Hauptperson nicht genug beleuchtet, der andere sagte das Gegenteil. Ja was denn nun? Wer weiß, über was sich die jeweils zuständige Person Gedanken gemacht hat. Am nächsten Tag hätte sie vielleicht ganz anders entschieden.
Zufälligkeiten spielen eine große Rolle.
Beste Grüße,
Sven

Farean

#22
Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
Du versuchst, aus deinen persönlichen Erfahrungen eine allgemeine Einschätzung der Marktausrichtung und der entsprechenden Gesetzmäßigkeiten in Verlagen abzuleiten
Das kann gut sein. Ich bin auch nur ein Mensch, und natürlich bilde ich mir ein Urteil zunächst anhand meiner eigenen Erfahrungen.

Aber um eben dieses Urteil auf den Prüfstand zu stellen, habe ich ja meine Frage hier gepostet. Siehe Betreff: "Passen der Buchmarkt und ich zusammen?" Allein anhand meiner eigenen Erfahrungen hätte ich diese Frage mit Nein beantwortet. Aber ich bin hier in den Tintenzirkel gekommen, um mir Rat bei Leuten zu holen, die andere Erfahrungen gesammelt haben als ich (und insbesondere mehr Erfolg hatten, was schon mal ein Indiz dafür ist, daß ihre Kompetenz bezüglich des Buchmarkts höher ist als meine).

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
Eine viel entscheidendere Frage sollte sein: Glaubst du, dass du mit deinen Geschichten einen Leser begeistern kannst? Auch einen Leser, der so viel auf seinen Schreibtisch bekommt wie ein Verlagslektor? Und zwar wirklich "begeistern", nicht nur eine  Reaktion entlocken wie: "Ganz nett, kann man nehmen, oder eins der zwanzig anderen Angebote, mal sehen"?
Ja.

Ja, ich glaube, daß ich im Moment genau ein solches Werk an den Händen habe. Ja, ich glaube fest daran, daß meine jüngste Trilogie zehntausende Leser auf dieselbe emotionale Achterbahnfahrt mitnehmen würde, die ich beim Schreiben erlebt habe. Auch einen Lektor, wenn er einmal damit anfinge, die Geschichte zu lesen.

Aber das ist genau die Hürde, an der ich nach wie vor konsequent scheitere. Bevor ein Lektor sich die Arbeit macht, einen Blick auf den Inhalt zu werfen, muß die Verpackung stimmen. Angesichts der Berge, die seinen Schreibtisch überfluten, drehe ich ihm daraus bestimmt keinen Strick. Aber meine Exposés sind bestenfalls mittelmäßig und können nicht im Ansatz die Stimmung des eigentlichen Buches vermitteln. Und bis heute erfahre ich immer wieder mal beiläufig, gegen wieviele Don'ts ich in meinem letzten Anschreiben schon wieder verstoßen habe. Erst vor kurzem habe ich zum Beispiel gelernt, daß man in 99% aller Fälle für die Leseprobe den Anfang des Buches nehmen soll und nicht eine besonders gelungene Textstelle irgendwo aus der Mitte.

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
Wenn du daran glaubst, möglicherweise so was geschrieben zu haben, musst du auch an eine Chance auf dem Buchmarkt glauben. Wenn du daran nicht mehr glaubst ... hast du im Prinzip schon etwas verloren, was auch deinen Elan, den Text selbst herauszubringen, beeinflussen sollte.
Wie gesagt: ich habe meine Frage ja gerade gepostet, um zu erfahren, ob es sich für mich noch lohnt, "an den Buchmarkt zu glauben"; nicht in einem wertenden Sinne, sondern in dem Sinn, daß dort ein Platz für mich sein könnte, daß er sich für mich, so wie ich bin, als Vermittler zu meinen Lesern eignet. Wenn mir ein Lektor begegnet, der mir eine echte Chance bietet, werde ich der letzte sein, der sie ausschlägt.

Runaway

Ach, Exposes, die fiesen kleinen Dinger... jetzt folgt gleich wieder mein unausweichlicher Hinweis auf die Skriptschmiede ;) Da kann man sich diesbezüglich viel Unterstützung holen. Denn Expos sind unbestritten doof. Ich kenne hier niemanden, der ihnen was abgewinnen kann. Aber wir können das Beste draus machen!
Ich hatte für meinen Thriller das Problem, im Expose rüberzubringen, was für ein knallharter Pageturner das Ding ist. Das ist er definitiv. Wenn er erst mal Fahrt aufnimmt, legt man ihn nicht mehr weg. Das Expo transportiert das meines Erachtens überhaupt nicht, ich wüßte auch nicht wie - aber meiner Agentin war's egal, sie hat auch so verstanden, wie mein Text funktioniert und sie wollte ihn haben.
Man hat, glaube ich, schon viel gewonnen, wenn man es auf diesen Nenner runterbrechen kann und das Expo so gut wie möglich hinkriegt.

Und diese Don'ts... stimmt, man soll den Anfang des Buches nehmen, wenn man eine Einsendung vorbereitet. Fast überall - ich hatte auf meiner Suche auch eine Agentur dabei, die tatsächlich ein "aussagekräftiges" Stück Text wollte. Geholfen hat's auch nicht ;)
Egal. Wäre es denn möglich, daß du ganz oft vielleicht auch wegen solcher Kleinigkeiten auf die Nase gefallen bist? Wenn ja, umso besser, denn das kann man alles ganz fix ändern und beheben ;) Frag einfach. Dafür sind wir ja hier!

Lomax

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 16:35:50Das kann gut sein. Ich bin auch nur ein Mensch, und natürlich bilde ich mir ein Urteil zunächst anhand meiner eigenen Erfahrungen.
Und ich möchte auch nicht, dass du meine Antwort als Angriff auffasst. Ich möchte keinesfalls deine Erfahrungen in Abrede stellen (gegen Empirie kann man nicht argumentieren ;)), ich behaupte nicht einmal, dass sie untypisch oder besonderes Pech sind - ganz im Gegenteil. Kann passieren, und es gibt genug Fälle, die belegen, dass man deine Erfahrungen bis zu einem gewissen Grad verallgemeinern kann. Ich bin nicht einmal (mehr) "Berufsoptimist". Ich halte es für sehr gut möglich, dass du noch 40 Jahre so weiter machst und auch weiterhin nur dieselben schlechten Erfahrungen sammelst, die du bisher hattest. Ich kenne genug Verlagsgeschichten ohne Happy End.
  Alternativen zu suchen und auszuprobieren, beispielsweise auch im Eigenverlag oder gerade im möglicherweise "Emerging Market" Ebook, würde ich also durchaus in Erwägung ziehen.

Nur war deine Frage ja auch, ob du es von vornherein bleiben lassen solltest, bei den Verlagen anzuklopfen, weil das eh nichts bringt. Und da ist meine Antwort halt eindeutig nein. Weil Verlage nämlich genau das beste sind, um das zu erreichen, was du willst. Wenn es klappt, bietet dir nach derzeitigem Stand kein anderer Vertriebsweg dieselben Chancen für die Zeit danach.
  Alle negativen Dinge, die du nennst, können geschehen ... müssen aber nicht. Darauf kannst du im Einzelfall reagieren und musst deswegen nicht von vornherein den Versuch abbrechen. Alles, weswegen du vielleicht nicht so gut zur Verlagswelt passt, hat einen statistischen Einfluss auf deine Chancen dort - was aber auch bedeutet, dass es trotzdem klappen kann. Das gilt beispielsweise auch für "Do's und Dont's" der Verlagsbewerbung - alles gute und richtige Tipps, um seine Chancen zu verbessern und die Chance zu minimieren, dass das eigene Manuskript schon im Vorfeld aussortiert wird. Aber umgekehrt habe ich auch eine Menge Bewerbungen gesehen, die trotz Verstoß gegen jede Menge Regeln weiterkamen - und solche, die nach einem flüchtigen Blick aussortiert wurden, obwohl "im Prinzip" alles richtig war, nur wegen Gründen, die kein Einsender hätte voraussehen oder beachten können.
  "Falsche Leseprobe, mieses Exposee, keine Manuskriptseiten = automatisch aussortiert", so berechenbar funktioniert das in der Praxis nicht. Wenn du also bessere Verlagbewerbungen schreiben kannst, kannst du deine Chancen erhöhen - wenn nicht, wird es dadurch nicht von vornherein aussichtslos. Wenn dein Manuskript also prinzipiell zur Veröffentlichung taugt und sich ein Publikum finden ließe, bleibt also immer die Möglichkeit, dass du dafür einen passenden Verlag findest, und damit lohnt es sich für dein Buch also auch, dass du diesen Weg zumindest vorher mal auslotest ... entsprechendes Nervenkostüm und Frusttoleranz vorausgesetzt. ;)
  Aber die Vorteile fürs Buch und fürs Publikum machen es halt auch bei insgesamt geringer Erfolgswahrscheinlichkeit noch zu einer "passenden" Option.

Kerimaya

Zitat von: Farean am 10. April 2011, 19:16:59
In einem anderen Schreibforum mußte ich mitansehen, wie eine Autorin ihr Werk bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet hat, um den Vorgaben eben dieses Lektors gerecht zu werden. Und alles, was recht ist: nachdem ich nun schon seit 24 Jahren schreibe und auch schon einer Autorin, die später selbst recht erfolgreich veröffentlicht wurde, einen Teil ihres Handwerks beigebracht habe, bin ich in Bezug auf meine eigene schreiberische Kompetenz doch zugegebenermaßen etwas eigen.

Ich muss zugeben, das klingt für mich zu drastisch. Du hast schlechte Erfahrungen gemacht und diese auch bei anderen Leuten gesehen. Das heisst allerdings nicht, dass es auch anders sein kann. Ich habe bisher nur eine wirklich schlechte Lektorin getroffen, ansonsten war die Arbeit mit dem Lektorat, egal ob im Klein- oder Publikumsverlag, für mich immer eine Bereicherung, von der meine Geschichte und ich profitiert haben.

Es ist auch sehr einfach, sich nicht bewerben zu wollen, weil die Gefahr einer Absage droht. Für mich klingt es bisher so, dass du durchaus am Buchmakrt interessiert bist, aber keine Kompromisse eingehen willt. Wenn du wirklich der Meinung bist, der Buchmakrt sei nichts für dich - dann sei konsequent und kehr ihm den Rücken. Wenn du dennoch der Meinung bist, dass deine Trilogie möglichst vielen Leuten zugänglich gemacht werden soll (und das in Buchform), dann mach es dir nicht einfach und sag "Ich kann kein Exposé schreiben, dass einen Lektor von meinem Buch überzeugt ist". Arbeite an dir. Es gibt Kurse und Bücher zum Thema Exposé. Es gibt Threads im Forum. Es gibt die Skriptschmiede. Exposés sind die Hölle, aber man kann sie erlernen.

Maja

Ich hatte letztes Jahr über meine Agentur Kontakt zu einem Lektor, der nach meinem Geschmack zu viele Änderungen haben wollte, die ich nicht mittragen mochte. Ich hatte von Anfang an kein gutes Gefühl bei der Sache, und letztenendes ist auch nichts draus geworden - ich bin mit meinen Agenten seine Kritikpunkte durchgegangen und habe überlegt, wo ich zu einem Kompromiss bereit gewesen wäre und wo nicht, und diese Liste ist dann an den Agenten gegangen. Das war ihm wohl zu autark, und so sind wir dann auch nicht handelseinig geworden.

Aber niemand hat mich zu etwas gezwungen, was ich nicht hätte mittragen wollen, und sowohl meine Agenten als auch die anderen Autoren hier im Forum haben mir bestätigt, daß ich als Autor da nicht zuviel verlange. Natürlich muß man an der einen oder anderen Stelle auch mal einen Kompromiss eingehen, aber es geht nicht darum, daß für den Buchmarkt partout alles verstümmelt werden muß.

Ich habe lange gedacht, ich hätte ein gespaltenes Verhältnis zum Buchmarkt, aber wenn da wirklich nur kommerzieller Müll produziert würde, wie hätte ich meine ganze Jugend mit drei Büchern pro Tag überstehen können? Ich wäre doch nie so eine Leseratte geworden, wenn die einzigen Bücher, die mir lesenswert erscheinen, meine eigenen gewesen wären. Das hat mich jetzt trotz vielen Absagen wieder mit dem Buchmarkt versöhnt.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Lavendel

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 16:35:50

Aber das ist genau die Hürde, an der ich nach wie vor konsequent scheitere. Bevor ein Lektor sich die Arbeit macht, einen Blick auf den Inhalt zu werfen, muß die Verpackung stimmen. Angesichts der Berge, die seinen Schreibtisch überfluten, drehe ich ihm daraus bestimmt keinen Strick. Aber meine Exposés sind bestenfalls mittelmäßig und können nicht im Ansatz die Stimmung des eigentlichen Buches vermitteln. Und bis heute erfahre ich immer wieder mal beiläufig, gegen wieviele Don'ts ich in meinem letzten Anschreiben schon wieder verstoßen habe. Erst vor kurzem habe ich zum Beispiel gelernt, daß man in 99% aller Fälle für die Leseprobe den Anfang des Buches nehmen soll und nicht eine besonders gelungene Textstelle irgendwo aus der Mitte.
Du könntest zum Beispiel damit anfangen, dich in der Skriptschmiede anzumelden. Exposés schreiben kann man lernen. Man kann sich auch Testleser suchen, die einem eine ehrliche Meinung geben und man kann sich ausgucken, zu welchen Verlagen das Buch wirklich passt. Dann hast du noch die Möglichkeit, es mit einer Agentur zu versuchen, die sich bestens mit den Verlagen auskennt, Kontakte zu Lektoren pflegt und genau weiß wann und wo man was anbringen kann.

Ich würde die Anfangsfrage sowieso erstmal anders stellen. Nicht: Passen der Buchmarkt und ich zusammen? Sondern: In welches Segment des Buchmarkts passt mein Roman? Wenn du das beantwortet hast, wird die Sache sicher gleich viel klarer und du kannst viel differenzierter entscheiden, an welchen Stellen du deinen Text anbietest.

TheaEvanda

Farean, ich lese deine Geschichte mit dem "Rollenspiel"-Verlag und schaue in meine Kristallkugel und wahrsage, dass du es damals auch mit einem Midgard-Roman versucht hast? In diese "wir stellen die Serie jetzt ein" - Falle sind mehrere getappt, die seither mit dem einschlägigen Verlag nichts mehr zu tun haben wollen.

Einige davon kenne ich, und die schreiben jetzt sehr erfolgreich für andere Sachen - Rollenspielromane für DSA und andere Systeme, Heftchenromane und Eigenes. Das Beispiel dieses Verlages würde ich ad Acta schmeißen und mir andere, grünere Wiesen suchen. Nicht jeder Verlag macht so ein Mist ;)

Nur so zur Ehrenrettung ...

--Thea
Herzogenaurach, Germany

Farean

#29
Erst mal vielen Dank für die vielen Hinweise auf die Skriptschmiede, aber... ich habe schon längst ein Exposé dort eingestellt und warte seitdem auf Resonanz. (Was ich bislang an Resonanz bekommen habe, bestärkt mich allerdings in meinem Eindruck, daß ich im Exposéschreiben absolut saumäßig bin und das, was ich dort eingestellt habe, mit meinem Buch nicht viel zu tun hat.)

Zitat von: Dani am 11. April 2011, 17:05:30
Egal. Wäre es denn möglich, daß du ganz oft vielleicht auch wegen solcher Kleinigkeiten auf die Nase gefallen bist? Wenn ja, umso besser, denn das kann man alles ganz fix ändern und beheben ;) Frag einfach. Dafür sind wir ja hier!
Trifft sich gut, ich auch. ;)

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 17:15:47
Wenn dein Manuskript also prinzipiell zur Veröffentlichung taugt und sich ein Publikum finden ließe, bleibt also immer die Möglichkeit, dass du dafür einen passenden Verlag findest, und damit lohnt es sich für dein Buch also auch, dass du diesen Weg zumindest vorher mal auslotest ... entsprechendes Nervenkostüm und Frusttoleranz vorausgesetzt. ;)
Die Frusttoleranz wird vielleicht nach meinem nächsten Urlaub wieder besser. ;) Und im übrigen seid ihr mir in diesem Thread bereits eine große Hilfe. Es ist eine Sache, als einsamer Streiter durch das Schlachtgetümmel zu tappen, ohne eine Ahnung zu haben, wie der Kampf steht und wogegen ich eigentlich kämpfe, und eine ganz andere, mich mit anderen Streitern auszutauschen und einen Überblick zu gewinnen. Wie gesagt: darum bin ich ja hier, und darum habe ich hier meine Grundsatzfrage gepostet, anstatt mit dem Schlachtruf "Der Buchmarkt kann mich mal!" ebenso blind wie vorher ins nächste Sumpfloch zu rennen. ;)

Zitat von: Kerimaya am 11. April 2011, 19:07:16
Für mich klingt es bisher so, dass du durchaus am Buchmakrt interessiert bist, aber keine Kompromisse eingehen willt.
Um genau diese Entscheidung zu fällen, wollte ich zuallererst wissen: was ist das überhaupt, der Buchmarkt? Bis jetzt kenne ich von diesem Drachen nur das linke Hinterbein, das immer wieder gegen mich auskeilt. Um von euch zu erfahren, wie der Rest aussieht und ob man vielleicht mit dem zweiten Kopf von rechts vernünftig reden kann, habe ich doch hier meine Frage gepostet.

Zitat von: Kerimaya am 11. April 2011, 19:07:16
Wenn du wirklich der Meinung bist, der Buchmakrt sei nichts für dich - dann sei konsequent und kehr ihm den Rücken.
Falls ich zu diesem Schluß komme, werde ich es tun.

Zitat von: Kerimaya am 11. April 2011, 19:07:16
Arbeite an dir. Es gibt Kurse und Bücher zum Thema Exposé. Es gibt Threads im Forum. Es gibt die Skriptschmiede. Exposés sind die Hölle, aber man kann sie erlernen.
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: dafür bin ich doch hier. Wenn ich den Buchmarkt nur sinnlos anschmollen wollte, hätte ich diesen Thread dann überhaupt gestartet? Oder kam das hier als reiner Jammer-und-Schimpf-Thread rüber?

Was ich ganz einfach wissen wollte, bevor ich weiter an mir arbeite: lohnt sich diese Richtung? Oder kann ich in einer anderen Richtung schneller und mit größeren Erfolgsaussichten erreichen, was ich im Kern will, nämlich Leser erreichen? Sprich: ist der Buchmarkt das beste und auch ein erfolgversprechendes Ziel, oder beackere ich, wenn ich in dieser Richtung weitermache, ein Steinfeld?

Zitat von: Maja am 11. April 2011, 19:27:07
aber es geht nicht darum, daß für den Buchmarkt partout alles verstümmelt werden muß.

Ich habe lange gedacht, ich hätte ein gespaltenes Verhältnis zum Buchmarkt, aber wenn da wirklich nur kommerzieller Müll produziert würde, wie hätte ich meine ganze Jugend mit drei Büchern pro Tag überstehen können? Ich wäre doch nie so eine Leseratte geworden, wenn die einzigen Bücher, die mir lesenswert erscheinen, meine eigenen gewesen wären. Das hat mich jetzt trotz vielen Absagen wieder mit dem Buchmarkt versöhnt.
Ich habe ein déja vu - mir geht es exakt genauso. Nur, daß meine Zweifel am Buchmarkt und mein Eindruck, zur Zeit käme dort nur noch gleichgeschalteter Einheitsbrei heraus, allmählich überhand genommen haben. Ich habe mich schon gefragt, ob es ein Generationenproblem ist: ob seit den 80ern und 90ern, als noch Vielfalt und Experimente die Fantasy-Szene beherrschten, auf Serienfertigung von immer demselben Plot mit anderen Charakternamen umgestellt wurde. Manchmal beschleicht mich dieser Eindruck. Die neuen Bücher, die mich in den letzten zehn Jahren noch wirklich berühren konnten, kann ich an einer Hand abzählen.

Und ich möchte noch einmal betonen: ich war mir bewußt, daß es sich dabei um meinen subjektiven Eindruck handelte. Und ehe ich das zum allgemeingültigen Werturteil erhob, wollte ich hier im Tintenzirkel nun mal fragen.

Zitat von: Lavendel am 11. April 2011, 19:56:21
Ich würde die Anfangsfrage sowieso erstmal anders stellen. Nicht: Passen der Buchmarkt und ich zusammen? Sondern: In welches Segment des Buchmarkts passt mein Roman?
Diese Frage habe ich mir am Anfang gestellt, bevor ich hoffnungsvoll meine ersten Exposés eingesandt habe.

Nach fünfzehn Jahren ohne ein einziges, EIN EINZIGES ermutigendes Erlebnis war ich bei der Frage angelangt: Passen der Buchmarkt und ich überhaupt zusammen? Oder strample ich mich hier ab wie ein Hamster im Laufrad, der sich einredet, auf diese Weise gelangt er nach Paris?

Und ich habe die Frage ergebnisoffen gestellt, nicht Bestätigung heischend. Eure Antworten hier motivieren mich bislang ganz gut, mich noch mal in meine Exposés reinzuknien.

Zitat von: TheaEvanda am 11. April 2011, 21:56:22
Farean, ich lese deine Geschichte mit dem "Rollenspiel"-Verlag und schaue in meine Kristallkugel und wahrsage, dass du es damals auch mit einem Midgard-Roman versucht hast?
Deine Kristallkugel spricht wahr, große Seherin. 8)

Zitat von: TheaEvanda am 11. April 2011, 21:56:22
Das Beispiel dieses Verlages würde ich ad Acta schmeißen und mir andere, grünere Wiesen suchen. Nicht jeder Verlag macht so ein Mist ;)
:D Mal gucken, an welchen Wiesen ich noch vorbeikomme. Vorläufig habe ich noch [hüstel] wenig Motivation, mich wieder auf Auftragsschreibe für Romanserien einzulassen. Vielleicht kommt es ja irgendwann wieder. ;)