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Wie schreib ich nur *dicht dran*?

Begonnen von Sanne, 15. März 2011, 21:10:00

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Sanne

Hallo liebe Tintenzirkler, 

(nein - ich möchte keine  :pfanne: - ich habe lange überlegt, wo ich diese Frage stelle, wenns doch verkehrt ist ... tut es mir jetzt schon leid, aber ich fand es hier am besten aufgehoben ...) :bittebittebitte:


Ich habe ein Problem (zumindest seh ich das grad bei mir) - und ich habe irgendwie "ein Brett vor dem Kopf".

Folgendes Problem:

Ich schreibe in jeder Szene aus der Perspektive eines Charas, der auch seine Gefühle und seine Empfindungen bereitwillig äußert - mit Gesten, Mimik und körperlichen Reaktionen bzw. Gedanken. Erinnerungen kommen hoch - Szenen werden hochgeholt - trotzdem ist es irgendwie nicht so, wie ich es mir vorstelle.

Ich möchte immer dicht am Perspektivträger sein, damit der Leser alles hautnah erlebt - aber ich habe den Eindruck, dass mir das nicht so gut gelingt.

Ohne jetzt irgendwelche Textproben hier zu posten - ich scheine alles vergessen zu haben, was ich mal gelernt habe - WIE kann ich das todsicher immer hinbekommen??

Gedanken, Gefühle, wenn man etwas sieht und die Reaktionen darauf habe ich drin, aber scheinbar reicht das immer noch nicht. Was vergesse ich gerade? Kann mir dabei einer mal eben helfen? Vielleicht reicht schon ein Stichpunkt und ich bin wieder auf der richtigen Schiene. Im Moment fühle ich mich gerade völlig festgefahren - und das in einer Sackgasse.  ???

*sfz* Ich weiß nicht mehr weiter ...

Grübelnde Sanne :ithurtsandstings!:

sirwen

Hmm, ohne Textprobe ist es natürlich schwierig, aber ich versuch Mal ein paar Dinge aufzulisten, auf die ich manchmal achte.
Z.B. sind oft Sätze wie "dachte er/sie", "überlegte er/sie", "fragte sich ob" überflüssig. Da kann man die Frage oder den Gedanken auch direkt aufschreiben. Manchmal schreibe ich dann auch staccatohaft, um eine Gedankenkette rüberzubringen. Statt "es roch nach Himbeere" also dann nur "Himbeere". Ok, vielleicht nicht das beste Beispiel, aber im Prinzip geht es darum, nicht alles zu Tode zu erklären.

Sanne

Hmm - das kann ich schon nachvollziehen.

Aber: ich stehe immer vor dem Problem, dass Viele dieses "dachte er" und "mutmaßte sie" nicht mögen, andere wieder die kursiv geschriebenen Gedanken nicht mögen - und ich immer irgendwie nicht hinbekomme, wie ich das OHNE das alles hinbekommen soll?

Ohne Buchstabensalat meine ich ...  :(

Leo

Zitat von: Sanne am 15. März 2011, 21:10:00Gedanken, Gefühle, wenn man etwas sieht und die Reaktionen darauf habe ich drin, aber scheinbar reicht das immer noch nicht. Was vergesse ich gerade?
Das sind alles einzelne Punkte, die dazugehören; ich würde sagen, das wichtige ist allgemein, dass der Erzähler kein Beobachter ist sondern alle Informationen von der subjektiven Sichtweise des Perspektivträgers gefärbt sind.
Um richtig "nah ranzugehen" reicht nicht aus zu beschreiben wie er denkt, was er fühlt oder wie er reagiert, vielmehr muss dies direkt aus seinem Bewusstsein auf den Text übertragen werden (da fällt mir gerade der schöne Begriff des "Bewusstseinsstroms" ein, ich glaube das ist, was ich meine).

Hilft dir das weiter?
LG, Leo

Rakso

'n Abend Sanne  :winke:

ich kenne das Problem. Man möchte den Leser an den Gedanken teilhaben lassen und in gewisser Weise in den Kopf des Charas hineinschauen lassen.

Ich behaupte mal, dass "dachte er" und "mutmaßte sie"  je nach Kontext wichtig oder überflüssig sind. Wenn man einen längeren Gedankenstrang beschreibt kann man das ruhig vernachlässigen, aber wenn man von einem Gespräch zu der Gedankenwelt wechselt kann, muss nicht, man das ruhig machen.

Je nach Situation hilft des vielleicht auch, wie sirwen schon sagte, staccatohaft zu schreiben, aber etwas durcheinander, da man Gedanken ja auch nicht in geordneter Reihenfolge denkt. Aber das wäre dann wohl der Buchstabensalat.

Oder Du versuchst, eindrücklich, ohne allzu verworrene Sätze zu formulieren, was dein Chara gerade fühlt. So weit ich weiß ist es eindrücklicher, wenn man die Symptome beschreibt und nicht direkt das Kind beim Namen nennt.

Vielleicht hilft es dir Sanne, das Du das mal kurz ruhen lässt und dann, nachdem dein Kopf wieder frei ist, daran weitertüffteltst.

Gruß

Sanne

Also ich wage mal eine Textprobe, die mir einfach "komisch" vorkommt:

ZitatAls die erste Träne aus seinen überfüllten Augen die Wange hinunterlief, hob er die Hand und wischte sie unwillig fort, blinzelte Richtung Boden, während sich Wut durch seine Gedärme fraß. Endlich wandte er sich ab und lief hinaus aus der Küche, die prachtvolle Treppe hinauf, rannte den Flur oben entlang bis in sein Zimmer. Die Tür fiel krachend ins Schloss. Er warf sich auf sein Bett, trommelte mit den Fäusten auf das Kissen ein bis ihm die Luft wegblieb. Erschöpft blieb er liegen, drehte sich nach einiger Zeit um und starrte die Decke an, auf der die Sonne lustige Muster zeichnete. Das heftige Pochen seines Herzens beruhigte sich nur langsam. Der unruhige Schlaf, in den er nun fiel, hielt an, bis seine Mutter ihn zum Mittagessen herunter rief.

Ich kann mich noch nicht anfreunden - oder lieg ich daneben und es ist okay so? *schwimmt immer noch*

Ich verrate jetzt nicht, wie lange ich dieses Projekt schon liegen gelassen habe - ich dreh durch, wenn ich das nicht langsam mal in trockene Tücher bringe ...   :psssst:

Mika

Ich denke ohne "dachte er" oder "mutmaßte sie" oder Gedanken in kursiv ist es ziemlich schwierig den Figuren näher zu kommen. Vor allem aber: was fühlt sich für dich richtig an? Denk nicht jetzt schon daran was ankommt oder nicht, wenn du wirklich Nähe vermitteln willst musst insbesondere du dich auch den Figuren nahe fühlen, nur so bringst du es richtig rüber.

Was vielleicht auch noch helfen könnte wäre wenn du durch deine Figuren die Umgebung und die anderen Charaktere reflektierst, wiedergibst was sie sehen und wie sie es sehen, was sie dabei empfinden.

Habe selbst vor kurzem die Erfahrung machen müssen dass man den Figuren noch etwas näher kommt wenn man sich auch selbst immer verbietet allwissende Informationen mit reinzubringen, sprich Dinge von denen die Figuren keine Ahnung haben, der Leser also nur weiß was die Figur weiß. Wenn man komplett in sie eintauchen und die irgendmöglichste Nähe haben will, wäre es vielleicht noch ein Tipp auf so etwas aufzupassen.

Zur Textprobe:
Also es mag jetzt vielleicht subjektiv sein, aber ich muss dir zustimmen, das ist noch nicht so nah wie es ginge. Man bemerkt zwar wie es ihm geht, aber trotzdem wirkt es immer noch so als wäre es eher aus einer Allwissenden Perspektive verfasst die nur eine teilweise Innensicht der Figuren hat, die allerdings gänzlich bei Gedanken usw. aufhört. Klar man kann mitfühlen wie es ihm geht, aber man sieht doch eigentlich fast nur was auch ein außenstehender Beobachter sehen würde. Denke dass Gedanken bei einer Stelle wie dieser durchaus noch mehr Nähe bringen würden. Versuch vielleicht wirklich mehr in die Figur einzutauchen wenn du die ultimative Nähe möchtest, die Textstelle ist zu wenig personal.
Kann natürlich aber auch sein dass nur ich es so sehe... Hoffe trotzdem ich konnte dir helfen.

Sanne

#7
Mir hilft - glaube ich - im Momemt jede Meinung weiter, weil ich selbst irgendwie fest stecke.

Ich wollte nicht so viel reinsetzen, daher nur ein Ausschnitt. Gedanken hat er vorher, habe ich also auch drin. (=Frust)

Die ganze Szene soll erklären, wie er als Kind unter seinem Vater litt, obwohl er ihn insgeheim trotzdem bewundert und ihm später "zu sehr" nacheifert. Das Ganze ist ein Rückblick auf seine Kindheit - und soll erklären, wie er selbst zu seinen üblen Handlungen gekommen ist ... Kurz danach beobeachtet er seinen Vater, der seine Mutter demütigt und er schwankt zwischen Mitleid mt ihr und Bewunderung für ihn. Er vergleicht sie in Gedanken mit einer Bestrafung seines Vaters - die völlig ungerecht war, so versteht er ihre Gefühle - und möchte dennoch so sein wie sein Vater, weil er es toll findet, wie der alle beherrscht ... Ziemlich schwierig, aber wichtig.

gbwolf

#8
Wegen der Textprobe überlasse ich es jetzt mal Maja, ob sie die Pfanne rausholen möchte oder nicht.

Allgemein fällt mir daran auf: Ist das die Sprache, die diese Figur selbst verwenden würde, um die Szene zu beschreiben? Damit kannst du gerade bei Szenenwechseln Nähe erzeugen. Du schreibst teilweise distanziert, dann wieder wertest du ("Endlich", "lustige"). Wertest du als Figur oder als Autor? Wie bewertet die Figur ihre Handlung und Umgebung? Würde sie "Gedärme" sagen?
Dann bist du zu passiv. "Die Tür fiel ins Schloss" beispielsweise. Aha. Er geht durch und sie fällt vor Schreck zu? Da passt die Sprache nicht zu seiner Impulsivität.
Dann hast du Bilder drin, die keine Bilder beim Leser erzeugen. Was sind "übervolle" Augen? Was ist an der Treppe "prachtvoll"? Deine Figur lebt in dieser Umgebung und man merkt, dass die Treppe prachtvoll ist, weil es ihn auf dem teuren Marmor in der Hektik auf die Fresse legt.

Aber das ist jetzt eigentlich das, was wir hier nicht machen wollen: Textkritik. Sorry. Hat auch nicht alles mit der Nähe zur Figur zu tun, kann aber helfen.

Entweder bist du auktorial und beobachtest scharf und kalt, wertest als Autor, sezierst die Figur oder du benutzt Wörter fpür Dinge, die die Figur auch gebrauchen würde. Das muss nicht 100% sein. Wenn ich Chaundras Vokabular in der Novelle verwendet hätte, wäre sie voller knapper Sätze in Fäkalsprache, aber wenn sie durch Tunnel robbt und das Gefühl hat, durch einen Darm zu kriechen, dann verwende ich als Autor auch die Bezeichnung "Darm", statt "Schrägstollen" oder allgemeine Begriffe, die Chaundra aus ihrer Erfahrung kennt (Korrekte Höhlenforscherbegriffe sicherlich nicht).

Edit: Wenn es der Rückblick einer Figur auf sich selbst ist, dann solltest du erst recht sein Vokabular verwenden oder ganz klar aus der Perspektive des Erwachsenen über die Handlung nachdenken.

Sanne

Auch wenn es eventuell verkehrt war - aber mit den Beispielen, versteh ich langsam den Fehler, den ich mache.

Passiv - und eigene Sprache der Figur - langsam dämmert es wieder sanft am Horizont ...

Textkritik wollte ich nicht (hier), aber manchmal kann man es an einem Beispiel besser darstellen - was falsch oder richtig ist.

Das genau fehlte mir - danke schön, damit kann ich das richtig stellen. Das ist einfach eine wichtige Stelle. Wenn sie von Anfang an falsch läuft, komm ich nicht da hin, wo ich hin will.

Lieben Dank für die Antworten - ich bin ein großes Stück weiter durch Eure Hilfe!


Runaway

Ich hoffe, das hilft dir irgendwie weiter - ich weiß noch nicht, ob das in eine Richtung geht, die dir was bringen würde. Aber vielleicht doch, deshalb versuche ich es mal.
Meine - rein subjektive - Meinung zur Textprobe: too much. Adjektivitis würde ich das nennen. Warum ist das wichtig? Weil ich persönlich vor lauter Beschreibung auf den ersten Blick gar nicht das Wesentliche erfassen konnte und du auch alles um den Prota herum so detailliert beschreibst, daß es den Blick vom wesentlichen ablenkt.
Ich streiche mal alles, was entweder keinen interessiert (wen stört es denn in der Situation, daß die Treppe prachtvoll ist? wo ist das wichtig? der ist wütend!) oder einfach total vom Prota selbst ablenkt. Das ist eine ganze Menge...
Vielleicht ist das ja der Punkt, an dem es hängt. Du bist nicht bei ihm, du bist einfach bei allem. Konzentrier dich mehr auf ihn. Das wär jetzt mein Tip...

ZitatAls die erste Träne aus seinen überfüllten Augen die Wange hinunterlief, hob er die Hand und wischte sie unwillig fort, blinzelte Richtung Boden, während sich Wut durch seine Gedärme fraß. Endlich wandte er sich ab und lief hinaus aus der Küche, die prachtvolle Treppe hinauf, rannte den Flur oben entlang bis in sein Zimmer. Die Tür fiel krachend ins Schloss. Er warf sich auf sein Bett, trommelte mit den Fäusten auf das Kissen ein bis ihm die Luft wegblieb. Erschöpft blieb er liegen, drehte sich nach einiger Zeit um und starrte die Decke an, auf der die Sonne lustige Muster zeichnete. Das heftige Pochen seines Herzens beruhigte sich nur langsam. Der unruhige Schlaf, in den er nun fiel, hielt an, bis seine Mutter ihn zum Mittagessen herunter rief.

Wenn man echt alles wegläßt, was nicht den Prota selbst betrifft, bist du näher an ihm dran.

Leo

#11
Das habe ich mal etwas zerpflückt:

ZitatAls die erste Träne aus seinen überfüllten Augen die Wange hinunterlief, hob er die Hand und wischte sie unwillig fort, blinzelte Richtung Boden, während sich Wut durch seine Gedärme fraß.
Ich finde, das ist ein bisschen viel für einen Satz: gleichzeitig Träne wegwischen, blinzeln und sich Wut in seine Gedärme fressen lassen. Da könntest du mehrere kurze Sätze draus machen, passt ja dazu, dass er augenscheinlich sehr durcheinander ist.

ZitatEndlich wandte er sich ab und lief hinaus aus der Küche, die prachtvolle Treppe hinauf, rannte den Flur oben entlang bis in sein Zimmer. Die Tür fiel krachend ins Schloss. Er warf sich auf sein Bett, trommelte mit den Fäusten auf das Kissen ein bis ihm die Luft wegblieb.
Das ist nur eine objektive Beschreibung von dem, was er tut. Ich glaube zum Beispiel kaum, dass er die Treppe in diesem Moment prachtvoll findet; in seinem Zustand glaube ich überhaupt nicht, dass er wirklich wahrnimmt, wo er entlangläuft. Das wirklich Relevante ist ja, dass er in seinem Zimmer landet (er steht also plötzlich dort), daneben können auf dem Weg Details hängenbleiben (die prächtige Treppe?), die Erinnerungen in ihm wecken.

ZitatErschöpft blieb er liegen, drehte sich nach einiger Zeit um und starrte die Decke an, auf der die Sonne lustige Muster zeichnete.
Die Muster wird er auch nicht lustig finden - wenn sie lustig sind und ihn dadurch beruhigen, wird er das erstmal nicht bewusst anerkennen. Außerdem ist meiner Meinung nach wieder zu viel in einen Satz gepackt - es vergeht Zeit, das soll man merken.

ZitatDas heftige Pochen seines Herzens beruhigte sich nur langsam. Der unruhige Schlaf, in den er nun fiel, hielt an, bis seine Mutter ihn zum Mittagessen herunter rief.
Dasselbe wie oben: es geht langsam, aber man liest schnell drüber weg.

Insgesamt ist mir aufgefallen, dass seine Gefühle in dieser Szene an den entscheidenen Stellen eben nicht beschrieben oder gezeigt werden; ihm müsste doch eine Menge durch den Kopf gehen; und zwar alles auf einmal. Das er vorher Gedanken hat ist schön für ihn, an dieser Stelle fehlen sie trotzdem.
Es ist zu nüchtern Beschrieben. Wie sieht der Prota die Dinge, wie bewertet er sie?

Ich hoffe, das hilft dir und entmutigt dich nicht etwa. Mit denselben Sachen habe ich auch zu kämpfen  ::)
LG, Leo

Edit: Mir fällt auf, das ist jetzt ziemlich textkritisch geworden *ängstlichduck*. Es ging mir eigentlich ums Prinzip, das ich an Beispielen festmachen wollte... :schuldig:

Smaragd

Ich füge nur schnell noch einen Punkt dazu: Beim Durchlesen habe ich mich spontan an den "lustigen Mustern" gestört. Dein Prota scheint gerade nicht in der Lage zu sein, irgendetwas lustig zu finden. Die (wertenden) Beschreibungen zeigen ja, wie er etwas wahrnimmt und die Wahrnehmung ist nun mal stark von der Stimmung abhängig.

Edit: Hat sich mit Leo überschnitten :)

Sanne

Ihr habt alle einen bestimmten Fehler von mir auch direkt erkannt - danke auch dafür.

Natürlich ist es egal, WIE die Treppe ist - ICh wollte den Reichtum der Familie "nebenbei" unterbringen, aber dort passte das offenischtlicht nicht rein.

Genauso die "lustigen Muster" der Sonne. Was ich sagen wollte war, dass er sie überhaupt nicht lustig fand - ihr könnt wirklich den Finger genau darauf setzen, was daneben ist. Ihr habt mir wirkich alle die Augen geöffnet - vielen Dank!!

Valaé

Huhu ;-).

Also ich möchte jetzt nicht direkt an den Textabschnitt gehen, weil ich gerade zu müde dazu bin und wir ja hier eigentlich auch keine Textkritik machen wollen, aber so ganz kann ich bei dem Thema natürlich meine Finger nicht still halten, besonders du weißt wahrscheinlich, warum  ;).

Es ist natürlich immer schwerer, nah an einer Figur zu schreiben, wenn man in der Er-Form schreibt, als in der Ich-Form beispielsweise. Für mich lautet das Zauberwort für die dritte Person allerdings immer noch "erlebte Rede". Soll heißen rein mit den Gefühlen, und impulsiven Gedanken, weg mit allem, was irgendwie *dachte sie*, *meinte er* heißt.
Wenn man erlebte Rede schreibt müssen Gedanken auch nicht kursiv gekennzeichnet werden. Das ist ja das Schöne an ihr. Sie verbindet Gedanken und Erzählen.
Ich habe den Textausschnitt natürlich gelesen und möchte ganz allgemein dazu sagen: Ich stimme absolut zu, dass es näher geht. Ich komme mir mehr wie ein Beobachter vor, nicht wirklich mitgerissen wenn ich ehrlich bin.
Was ich jetzt abgesehen vom Streichen vieler Adjektive machen würde, wäre viel mehr Gedanken hinein bringen! Ich sehe keinen einzigen? Nur ihre Auswirkungen sehe ich - also sozusagen nur eine "Außensicht". Ich sehe, was die Gefühle bewirken, was er aufgrund von ihnen tut, aber ich bekomme die Gefühle selbst nur sehr schwach mit. Er muss sehr aufgewühlt sein - ein paar Gedankenblitze? Ein paar kurze Beschreibungen dessen, was er gerade fühlt? Bilder, die er gerade vor Augen hat?  All das fehlt mir, damit es nah an der Figur wäre.
Beispielsweise ist die "Wut" das einzige Gefühl, was du wirklich nennst. Ansonsten sehe ich nur Äußeres: Tränen, das er rennt, die Tür zuknallt, mit den Fäusten auf das Bett schlägt, das Herz pocht schnell - all das kann man beobachten, ohne IN IHN sehen zu können. Genau dieses Innere fehlt. Zeig, wie aufgewühlt er ist, was er denkt. Er ist wütend? Ich sehe nicht einen Ausruf, keinen Fluch, keinen derben, harschen Gedanken. Wenn du das Wort "Wut" nicht geschrieben hättest, hätte ich ganz ehrlich auch nicht erkannt, dass er wütend ist. Das ganze kann auch Verzweiflung, Trauer oder Ähnliches bedeuten.

Du sagtest ja, du möchtest es sozusagen ohne "dachte er" etc, aber auch ohne kursiv machen. Das heißt nicht, dass du auf Gedanken verzichten musst. Wie angemerkt, versuch es mit erlebter Rede.

Hoffe, ich konnte dir auch noch ein wenig helfen  ;).