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Herzschlag

Begonnen von Lastalda, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Lastalda

Vor mittlerweile einem halben Jahr habe ich eine kurze Geschichte geschrieben, auf die ich sehr stolz bin. Das einzige Problem: meine Schlüsselszene funktioniert nicht.
Sie müsste eigentlich unter die Haut gehen (meine Protagonistin bekommt vor Augen geführt, das alles, was ihr je etwas bedeutet hat, tot ist - und zwar durch ihre Schuld (jedenfalls glaubt sie das). Das, woran ich scheitere, ist, das Gefühl herberzubringen, das sie in dieser Szene hat - Verlust, völlige Verzweiflung, unglaube, all das. Ich kann es nicht so beschreiben, dass man es als Leser wirklich fühlt, und solange ich das in dieser Szene nicht hinkriege, ist die ganze Geschichte reichlich sinnlos.

An dieser Szene knoble und verzweifle ich jetzt seit einem halben Jahr.

Nun kam mir neulich eine Idee, wie ich das ganze auf anderem Weg lösen kann: indem ich eine Ebene tiefer gehe als "logisch nachvollziehbare" Gefühle.
Was ich machen möchte, ist, ihren Herzschlag einzubauen.
Die Szene ist relativ lang, weil sie eben nach und nach in einer Art Film den Tod ihrer besten Freunde vorgeführt bekommt. Wenn ich dabie irghendwelche Gefühle ihrerseits beschreibe, klingt das alles sehr logisch, distanziert. Was ich statt dessen (bzw. als Ergänzung) gern hätte, ist ihr Herzschlag zum jeweiligen Zeitpunkt.

Aber nicht das klasische "Ihr Herz hämmerte wie wild/ stockte/ stolperte / blieb für einen Augenblick stehen...", sondern ich hätte gern lautmalerische Worte dafür.

Beispiel:

Bodomm. Bodomm. Bodomm.
Das wäre ein gleichmäßiger Herzschlag.

So weit so gut. Mein Problem: mir fallen keine solche lautmalerischen Worte ein, Worte an deren Klang man hört wie ein Herz klingt, wenn es hämmert/stolpert/aussetzt usw. und die auch das Tempo des Herzschlags verkörpern.

Kann mir irgendjemand helfen?

Lastalda

Manja_Bindig


Lastalda

aber das könnte jedes tempo sein. Das ist ja emin Problem...

Linda

#3
Wenn du Tempo herausnehmen oder hinzufügen willst, fallen mir ein paar Möglichkeiten ein, Pausen oder eben fehlende Pausen mittels Satzzeichen darzustellen..

Bum. Bum. Bum.

Bumbumbumbumbum

Bum ... Bum... Bum....

Bum!

Überprüfe mal, wie das jeweilige auf dich wirkt und wie du es einsetzen möchtest.

In der Story setzt du einmal einen Fixpunkt:

"Sie versuchte, ruhig zu bleiben bla bla, stellte sich vor, wie ihr Blut  dahinströmte, wie ein träger Fluss.
Dann setzt du die ersten Herzschläge  Bumm. Bumm. Bumm.
und der Leser weiß, dass ist der Idealzustand, so klingt ihr Herzschlag normal.
Wenn dann die Beschleunugungen kommen kannst du alleine durch Differenzierungen, fehlende Pausen etc arbeiten.
(bumm! bumm!  - oder wie immer du dir deine Steigerung vorstellst.)

Ansonsten empfehle ich dir die Lektüre von E. A. Poes "The Telltale Heart"

Gruß,
Linda

Moni

Das Problem mit Lautmalerei ist für mich immer: es klingt unfreiwillig komisch...
Gerade die Szene, die du umrissen hast, könnte durch solche Lautmalerei sehr verlieren.
Lautmalerei passt gut in Comics, aber in "normalen" Texten...  ???
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Linda

#5
So, nun zur Fortsetzung allgemeiner Art:

ich weiß, ich stehe mit dieser Ansicht alleine als Rufer in der Wüste, aber für mich besteht die Kunst, den Leser hineinzuziehen, nicht darin, alles genau zu erklären und auszuformulieren. Sowas schreckt mich ab und stößt mich von der Figur fort.
Der Leser soll teilnehmen und er kann m. E. nur dadurch Anteil nehmen, dass Lücken in den Empfindungen und Erlebnissen der Figur übrig bleiben, die er mit seiner eigenen Lebenserfahrung füllen kann.

Wenn also eine Situation eintritt, die jeder schon mal erlebt hat, reichen meist allgemeine Schlüsselworte und man kann den Rest der Phantasie überlassen.

Dass das Herz Purzelbäume schlägt, wenn man die Jugendliebe unverhofft wiedersieht, dass es aber schmerzhaft in der Brust drückt, wenn man eine schlimme Nachricht erwartet oder vernimmt, hat, glaube ich, jeder schon mal erlebt.

Wenn deiner Figur also der Tod ihrer Liebsten vorgeführt wird, kann sich jeder Leser denken, dass der Herzschlag beschleunigt abläuft. Zu viele Beschreibungen und Vorgaben erdrücken die Phantasie.

Linda

Feuertraum

Zitatich weiß, ich stehe mit dieser Ansicht alleine als Rufer in der Wüste, aber für mich besteht die Kunst, den Leser hineinzuziehen, nicht darin, alles genau zu erklären und auszuformulieren. Sowas schreckt mich ab und stößt mich von der Figur fort.
Der Leser soll teilnehmen und er kann m. E. nur dadurch Anteil nehmen, dass Lücken in den Empfindungen und Erlebnissen der Figur übrig bleiben, die er mit seiner eigenen Lebenserfahrung füllen kann.

Wenn also eine Situation eintritt, die jeder schon mal erlebt hat, reichen meist allgemeine Schlüsselworte und man kann den Rest der Phantasie überlassen.

Dass das Herz Purzelbäume schlägt, wenn man die Jugendliebe unverhofft wiedersieht, dass es aber schmerzhaft in der Brust drückt, wenn man eine schlimme Nachricht erwartet oder vernimmt, hat, glaube ich, jeder schon mal erlebt.
Wenn deiner Figur also der Tod ihrer Liebsten vorgeführt wird, kann sich jeder Leser denken, dass der Herzschlag beschleunigt abläuft. Zu viele Beschreibungen und Vorgaben erdrücken die Phantasie.

Linda

Also, zumindest ich werde diesem Rufen nicht folgen (auch wenn wir beide damit diesmal NICHT einer Meinung sind, was jedoch eher selten der Fall ist):
Denn wenn ich Ihren Worten Folge leisten würde, dann bräuchte ich auch keinerlei Beschreibungen mehr machen. Es würde reichen, wenn ich schreibe: "Jan geht über die Straße."
Jeder weiß, Jan ist ein Männername, und jeder weiß, wie ein Mann aussieht.
Dieser Streit - Beschreibungen schränken die Fantasie ein versus Beschreibungen lassen im Kopf des Lesers erst ein lebendiges Bild entstehen - läuft  schon einige Jahre und ist wie der Kampf um das Thema Adjektive eine Frage des eigenen Stils/Geschmacks.

Dennoch sehe ich es in einem Punkt ähnlich wie Linda: Die Fantasie eines Menschen fußt auf seine Erinnerung von dem, was er gesehen, gelesen, gehört und gelebt hat.
Er kann sich vorstellen, was er kennt, und er kann es in seinen Gedanken verformen, modellieren, neu gestalten.
Aber es muß etwas sein, was er auf welche Weise auch immer kennt.

Gruß

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Lastalda

@Linda:

erstmal danke, das mit den Satzzeichen klingt nach einem guten Ansatz. :)


Was das detailierte Beschreibung vs. Leserfreiraum angeht: darüber habe ich mir im letzten halben Jahr SEHR viele gedanken gemacht.

Eigentlich folge ich gern der Prämisse, lieber eine Beschreibung wegzulassen als eine schlechte/langweilige Beschreibung zu liefern.
Da mir relativ klar war, dass ich mit dieser Beschreibung extreme Probleme kriegen würde, weil es für das, wie sich so etwas anfühlt, einfach keine Worte gibt, wollte ich es zunächst elegant umgehen - und schrieb die Szene aus Sicht des Antagonisten, der ihr diesen "Film" vorführt um sie zu brechen. Damit ahtte ich nur die äußeren Reaktionen meiner Protagonistin zu beschreiben und wollte den Rest der Phantasie des geneigten Lesers überlassen.

Aber irgendwie funktionierte es nciht, und das wurde mir von sämtlichen Betalesern bestätigt - aus dieser Sicht geht das ganze einfach nciht unter die Haut, kein bisschen.

Also versuchte ich es seufzend doch aus Sicht der Protagonistin. Das wurde besser, ging aber immer noch nicht unter die Haut.

Selbst bis jetzt nimmt es nicht mal mich als Leser wirklich mit in den Abgrund, den das ganze reißen sollte (was es für den Charakter auch tut, aber eben nciht für den Leser).

Deswegen kam ich auf diese Idee. Ein Herzschlag als Geräusch ist keine wirkliche Beschreibung - es ist nicht logisch, nicht vernünftig, und es ist der einzige Weg den ich gefunden habe, um das ganze auf dieser tiefen emotionalen Ebene rüberzubringen.

Für den Moment ist das ganze auch nciht mehr als ein Versuch. Aber den ist es mir allemal wert.

Falls jemand noch eine andere Idee hat, bin ich für die allerdings auch dankbar...

Termoniaelfe

Hallo Lastalda,

ich persönlich finde eine Beschreibung der Gefühle besser, auch wenn ich weiß wie furchtbar schwierig es ist. Wie wäre es denn , beide Sichtweisen zu beschreiben. Die des
Antagonisten, sowie die der Protagonistin. Das ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluß, aber den Herzschlag lautmalerisch zu beschreiben, halte ich wie Shadowdaughter auch, für keine gute Idee.

LG
Renate

Aneirin

Hallo Lastalda,

ich würde mir gut überlögen, ob lautmalerische Herztöne wirklich dazu führen, dass die Schlüsselszene unter die Haut geht. Mein Eindruk bei solch einem Text wäre, dass ich mich eher in die Kleinkindabteilung versetzt fühlen würde beim Lesen und mir würde gar nichts mehr unter die Haut gehen. Es besteht im Gegenteil absolute Gefahr, dass ich die Geschichte weglege, wenn ich wiederholt bumm bumm bumm oder badomm badomm badomm lesen muss.

Texte die mir unter die Haut gehen, haben jedenfalls niemals solche Lautmalereien zum Inhalt. Besser wäre es du bist beim Schreiben selbst deine Protagonistin und schreibst hin wie du als sie keuchst, heulst, rotzt, die Hände ringst, die Augen verdrehst und beinahe in Ohnmacht fällst und zwar so lange bis du selbst keine Luft mehr bekommt und streichst dann die Hälfte bis 2/3 wieder raus, weil zu lang. Dann sollte die Szene emotionsgeladen sein.

Grüße
Aneirin

Callabluete

Hi,

da ich gerne und viel lese, denke ich persönlich eine beschreibung ist am besten. Ich finde auch das ein Bum.Bum. eher was für ein comic ist. Ich lebe mit den Figuren immer mit und wenn ich lese wie sie sich verhalten kann ich besser mitfühlen.
Ist meine meinung. ;D

LG Janet

Lastalda

Es ist ja nicht so, als ob ich das mit der Beschreibung nicht genau so schon zig mal probiert habe... ::)

Wenn das mit dem Herzschlag dämlich wirkt, werd ich es lassen. Aber ich bin mittlerweile verzweifelt genug, es umindest zu versuchen...

Maja

Bei dem lautmalerisch ausgeschriebenen BUMM muß auch ich an Comics denken, und an den früheren Eurovisionsgewinner "Boom-Bang-a-Bang" (My heart goes Bomm-bang-a-bang, boom-bang-a-band when you are near ...)
Aber: Lindas Idee mit den Satzzeichen brachte mich auf Christian Morgensterns Gedicht "Fisches Nachtgesang"
http://www.christian-morgenstern.de/humor/galgen/gl11.html
Satzzeichen selbst sind ja schon lautmalerisch.

Regelmäßiger Herzschlag: ·  ·  ·
Hektisches Klopfen: - - -
Panik: =======
kammerflimmern: =|=|=|..;-,,=__________________
Und so weiter.
 
Wenn schon experimentell, warum nicht gleich ganz? Man kann alles mal ausprobieren.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Astrid

Setz doch den Text mal ins Federfeuerforum, damit wir ihn uns angucken können. Ich würde die Lautmalerei auf jeden Fall weglassen. Das funktionierte bei Tolkien mit den Trommeln in der Tiefe, aber für einen Herzschlag finde ich es einfach nicht geeignet. Dann mußt du die Szene eben so lange umschreiben, bis es klappt. Aber ob es klappt, können wir dir nur sagen, wenn wir es gelesen haben.

Lastalda

ist n Gedanke... nur die Szene, ja? Oder meinst Du, dass Du ihr ganze Geschichte braucht?