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Welches Genre? Muss ich mich entscheiden?

Begonnen von Cherubim, 04. Juli 2010, 11:11:10

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Cherubim

Als mir die ersten Ideen für ein neues Buch kamen, war ich überzeugt es wird eine klassische Liebesgeschichte werden. Doch relativ schnell wurde mir klar, dass es wohl eher auf ein Drama hinauslaufen würde. ;)
Mittlerweile hat es sich mehr in einen Krimi verwandelt.

Ich würde sagen, der Krimi und die Liebesgeschichte sind in etwa gleichwertig in der Handlung vertreten.

Meine Frage ist, ob eine Gattung klar dominieren muss / soll.
Ich selbst habe erst vor kurzen verärgert ein Buch zur Seite gelegt, da der erwartete (und auch als solcher verkaufte) Krimi, sich als eine mittelmäßige Liebesgeschichte entpuppt hatte.

Wie seht ihr das? Ist es störend, wenn in einem Buch mehrere Genre gleichwertig verdrehten sind. Unter welchen Voraussetzungen wäre das für euch in Ordnung? Oder sollte ich eine Handlung zurückschrauben.

Telas

Ich denke es kommt ganz auf die Handlung und viel weniger auf das Genre an. Solange die Geschichte in sich stimmig ist, sollte es eigentlich nicht störend sein, wenn durchaus Aspekte aus verschiedenen "Stilrichtungen" einfließen.
Ein Krimi, bei der sich der/ die Prota in den Mörder oder das Opfer verliebt kann doch durchaus interessant sein. Allerdings kann man darunter dann auch schnell ein Drama verstehen, wegen einer Liebe, die nicht funktionieren kann, weil einer der beiden der Mörder ist, oder so ähnlich.
Aber zwei völlig unterschiedliche Genres wie Horror und Komödie können wohl nie gleichwertig vertreten sein. Die Komödie würde immer dominieren. Die Liebe allerdings, die kann man doch überall einfließen lassen, da sehe ich kein Problem.

Maran

Meiner Meinung nach schließt ein Genre das andere nicht aus, solange die Handlung in sich stimmig ist und den Leser fesselt. Wenn ich allerdings einen Krimi kaufe, dann sollte die entsprechende Handlung auch im Vordergrund stehen. Alles andere darf als schmückendes Beiwerk der Geschichte eine gewisse Tiefe geben.

Ich verweise diesbezüglich gerne auf Dorothy L. Sayers, die sich u.a. als Krimiautorin einen Namen gemacht hat. Eine buchübergreifende Liebesgeschichte begleitet die Romane, teils als Hintergrundstory (der treue Leser kennt und erkennt diese), teils als Thema in Kombination mit der jeweiligen Krimihandlung. Die Autorin schaffte es, alle Element stimmig in die Handlungen einzuweben, so daß sie ergänzend wirken und der Geschichte Tiefgang geben.

Runaway

Die Frage kenn ich... hab ich mir nämlich letztens auch gestellt. Ich wollte mal in einer Endzeitstory so richtig schön die Zivilisation vor die Hunde gehen lassen und eine Liebesgeschichte sollte da auch rein, aber irgendwie hab ich dann mittendrin festgestellt, daß die Lovestory (mir) zu dominant wurde. Außer mir sagt das kein Mensch und die Geschichte ist auch total schön, aber ich könnte sie jetzt guten Gewissens nicht mehr als Endzeitstory verkaufen - eben aus dem Grund, den du selbst nennst: Wenn einem was fälschlich verkauft wird, ist man sauer.

Ich glaube auch, daß es ganz auf den Einzelfall ankommt. In manchen Geschichten paßt es sicher super.
Ohne es zu kennen, bringe ich jetzt mal "Twilight" an, das ja oft als "Vampir-Liebesgeschichte" verkauft wird. Wobei ich glaube, daß die Vampirstory eher hintergründiges Beiwerk ist?! Man möge mich da gern korrigieren ;)

Eine richtig gute Lösung habe ich da für mich auch noch nicht gefunden. Im Moment liegt meine Geschichte in der Ecke, weil ich nicht so recht weiß, was ich damit anstellen soll. Aber ich denke, wenn man seinen Leser nicht täuscht wie in dem einen von dir genannten Buch und von vornherein irgendwie klarstellt, daß es ein Genre-Mix ist, kann man das durchaus machen.
Es muß ja nicht immer alles klar in eine Schublade passen.

Tokanda

Zitat von: Maran am 04. Juli 2010, 12:54:33
Meiner Meinung nach schließt ein Genre das andere nicht aus, solange die Handlung in sich stimmig ist und den Leser fesselt. Wenn ich allerdings einen Krimi kaufe, dann sollte die entsprechende Handlung auch im Vordergrund stehen. Alles andere darf als schmückendes Beiwerk der Geschichte eine gewisse Tiefe geben.
Sehe ich genauso, Kongruenz ist der Schlüssel zur Glaubwürdigkeit.
Wenn sich bei dir Krimi- und Lovestory-Anteil die Waage halten, so dass sich dein Roman nicht eindeutig einem speziellen Genre zuordnen lässt, muss das nicht unbedingt schlecht sein - solange, wie Maran schon sagte, die Handlung stimmig ist. Dann freut sich der Leser vielleicht sogar über eine gelungene neue Variation des Krimi- oder Liebesgeschichte-Themas und du begründest vielleicht sogar ein neues Genre, wer weiß.  ;)

Linda

#5
Nein, ich denke, das musst du nicht. Der Verlag (bzw die Marketing-Abteilung) pappt sowieso das Schildchen drauf, das momentan am besten verkäuflich ist.

Eine Lovestory ist selten ein Verkaufshemmer, im Gegenteil.
Ich schreibe bei sowas ins Exposé: Genre blabla mit Romance-Anteilen. Da eine Lovestory ja meist ohnehin zum Inventar gehört, erwähnt man sie halt. Ein Roman ist ja auch nicht wegen einer Autoverfolgungsjagd gleich ein Rennfahrer-Thriller :-)

Außnahme ist vielleicht "Chick Lit" - FrauenSchuheEinkaufs-PopKultur-Vamps-FrecheFrösche-Bücher*, oder Liebesromane wie Nackenbeißer, Historicals und Co. Wenn es also wirklich ein Liebesroman ist, schreib das drüber und sortiere dahinter die anderen Anteile nach Gewichtung :-)

Nachtrag:

Um mal von der reinen Liebesgeschichte wegzukommen: Wenn du zwei starke Genres mischst, nennst du das ein X/Y-Crossover. Ich hatte zum Beispiel bei der Zusammenstellung des obigen Wortungetüms* die Idee zu einem verrückten Chick-Lit-Märchen-Crossover  :o

Gruß,
Linda

Lucien

Ich habe nichts dagegen, wenn sich in einem Buch verschiedene Genres mischen, solange keines davon explizit auf dem Cover beschrieben ist.
Wenn auf dem Buch steht, es sei Krimi, Horror oder was auch immer und ich kaufe es deshalb, würde ich mich ärgern, wenn ich dann hinterher feststelle, dass noch so viel anderes beigemischt wurde, dass das eigentliche Genre fast untergeht.
Aber wie gesagt, solang es nicht als EIN bestimmtes Genre ausgeschrieben ist, ist es mir wurscht, solang die Geschichte gut ist.

Liebe Grüße

Jenny

Lila

Zitat von: Runaway am 04. Juli 2010, 13:03:59Ohne es zu kennen, bringe ich jetzt mal "Twilight" an, das ja oft als "Vampir-Liebesgeschichte" verkauft wird. Wobei ich glaube, daß die Vampirstory eher hintergründiges Beiwerk ist?! Man möge mich da gern korrigieren ;)

Nun ja, ganz so krass würde ich es vielleicht nicht sagen. Aber im Prinzip ist es schon so. Es geht bei der Bis(s)-Reihe hauptsächlich um die Liebe zwischen Edward und Bella. Was mich, gelinde gesagt, irgendwann einfach nur noch genervt hat. ::) Die Vampirklamotte ist sicherlich wichtig, insofern sie die ganze Liebesgeschichte nochmal erheblich verkompliziert. Aber im Großen und Ganzen geht es tatsächlich eigentlich nur darum, dass sich zwei (oder vielmehr eigentlich drei) nicht gesucht und trotzdem gefunden haben.
Livid Oppressed King: Ignite!
Tyranny Has Overcome Rules."
(oder: was man nicht alles aus LOKI & THOR machen kann!) - TasTä (aka Lila)

Cherubim

@Tastentänzerin: Nette Umschreibung ;D die merke ich mir.

Meine Angst oder eher mein Problem war, dass ich mir nicht sicher war ob sich ein Buch, das nicht eindeutig zuordbar ist überhaupt von Interesse (für wem auch immer) ist.
Das eine Liebesgeschichte am Rande fast schon dazu gehört ist klar. (Traurigerweise. Obwohl ich gerne Liebesgeschichten lese, nervte es bei manchen Handlungen doch.) Aber wie gesagt, bei meinem Buch ist sie eben nicht nur am Rande, sondern ziemlich gleichwertig.

Vielleicht bin ich auch nur vorsichtig, weil ich mir so über das oben erwähnte Buch geankert habe und mir das in letzter Zeit schon öfter passiert ist.

Rika

Mich persönlich würde bei einer Genrezuordnung dann nur nerven, falls das genannte Genre nicht ausreichen drin auftaucht. Wo Krimi draufsteht sollte auch besser Krimi drin sein. Und wenn für diesen speziellen Krimi und siene Charas eine Liebesgeschichte eben auch wichtig ist... ok, fein. Solange die gut paßt und gut geschrieben ist, stört mich das gar nicht.
Im Gegenteil, ich finde Sachen, die sich allzu ausschließlich nur eingleisig mit einer Sache beschäftigen oft eher etwas "dünn".

Du könntest es ja auch immernoch "Kriminalromanze" oder sowas nennen. ;)


Runaway

Zitat von: Cherubim am 05. Juli 2010, 11:37:00
Meine Angst oder eher mein Problem war, dass ich mir nicht sicher war ob sich ein Buch, das nicht eindeutig zuordbar ist überhaupt von Interesse (für wem auch immer) ist.

Ein ganz kruder Genremix ist z.B. Gargoyle von Andrew Davidson. Das ist Lovestory, historischer Roman und Drama, aber es ist total toll, fesselnd, gut geschrieben, mitreißend... vielleicht sogar gerade durch den Genremix.
Ich war anfangs auch skeptisch, das muß ich zugeben. Aber beim Reinlesen habe ich festgestellt, daß ich den Stil mag und ich habe das Experiment gewagt. Nett ist ja, daß man mit einem Genremix gleich mehrere Zielgruppen anspricht - idealerweise.

Tokanda

Zitat von: Runaway am 05. Juli 2010, 12:06:52
Ein ganz kruder Genremix ist z.B. Gargoyle von Andrew Davidson. Das ist Lovestory, historischer Roman und Drama, aber es ist total toll, fesselnd, gut geschrieben, mitreißend... vielleicht sogar gerade durch den Genremix.
Klasse Beispiel, das habe ich auch gelesen und war wirklich fasziniert. Der Autor hatte es darin sehr gut verstanden, die verschiedenen Genres zu mixen und trotzdem eine absolut glaubwürdige Geschichte zu erzählen.

Maja

#12
Ich hasse es, genreschreiben zu müssen, weil mir dieses Schubladendenken nicht behagt. Selbst Fantasy ist für mich weniger Genre als mehr Kulisse - vor der sich Krimis, Liebesgeschichten oder groteske Satiren abspielen können. Was die Entscheidung angeht - ich schaue immer hinterher, wenn's fertig ist, was am besten paßt. Nur um dann am Ende wieder "Fantasyroman" draufzuschreiben und mich zu ärgern.
Mit der "Gauklerinsel" stehe ich ja vor dem gleichen Problem, aber da sag ich mir, da ich keine Genres brauche, ist das ein Problem Anderer Leute.

Noch ein Beispiel für ein Buch, das völlig am Genre vorbei funktioniert, Matt Ruffs "Fool on the Hill".
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Rika

Zitat von: Maja am 05. Juli 2010, 14:21:02
Ich hasse es, genreschreiben zu müssen, weil mir dieses Schubladendenken nicht behagt. Selbst Fantasy ist für mich weniger Genre als mehr Kulisse ...
Das ist eine gute Art, es auszudrücken, denn sowohl "Fantasy" als auch "SF" oder "steampunk" sagen ja als Genre mehr über das Setting, die Athmospähre, der Geschichte aus, als darüber, was in der Geschichte passiert. Ok, "Krimi" ist ein Gegenbeispiel, das sagt nur aus, daß in der Geschichte ein Verbrechen passiert und ermittelt wird.

Nichtsdestotrotz kann es auch in Fantasyromanen darum gehen, ein Verbrechen aufzuklären (z.B.Randall Garrett's "Lord Darcy" serie), es kann um eine Familie oder Dynastie gehen, es kann um einen Völkerkrieg gehen, um eine Schatzsuche, um eine Liebesgeschichte, und und und...

Kurz, mensch sollte sich nicht vom Genre total fesseln lassen. Und "paßt total ins Genre" war für mich noch nie Indikator eines guten Buches. Noch hat es mich je gestört, wenn ein gutes Buch nicht ganz in ein Genre passen wollte, oder in mehrere passt. Genre ist für mich allenfalls ein (Regal-)Label, daß ich mir zunutze machen kann/muß, um in der Buchhandlung Bücher zu finden, die ich kaufen möchte. Hält mich aber nicht davon ab auch einfach Dinge so mal aufzuheben und anzugucken. ;)

Thriller/Spannung - Ich glaube, dazu hat Linda schon alles gesagt. ;)

LinaFranken

 :hmmm:  Ich habe nach so einem Thema gesucht, weil ich es sehr spannend finde, also versuche ich es mal  zu entstauben  :hmmm:

Ich muss sagen, dass ich die Romane, die ich jemals fertiggelesen habe, an höchstens zwei Händen abzählen könnte. Die Fach-und Sachbücher hingegegen, könnte ich nicht mehr aufzählen. (ca 3 pro Monat)
Letztendlich habe ich überhaupt deshalb angefangen zu schreiben, weil ich einseitige Genres schrecklich finde. Die Weiberromane sind kitschig, der Geschichtskrempel immer unorginel, science-fiction zu emotionslos, der Fantasykram zu sehr für Teenager-Publikum und wo bleibt der Humor?  :wums: Ja, ich würde dem Einwand, das ich alles pauschalisiere durchaus stattgeben. Aber das ist eben der springende Punkt: Ich glaube, das viele gute, orginele Geschichten zwischen tonnen von einfalslosem Kram untergehen, gerade weil irgendein einfallsloser Marketig-Typ "auf Nummer sicher" gehen wollte, statt sich mal wirklich mit der Frage auseinanderzusetzten: Was könnten wir dem Publikum neues bieten? Was ist orginel? Stattdessen wird alles in die selbe Form gepresst, nach dem Motto: "Das Publikum wird es schon fressen. Besser wird verdienen nur paar Euro, statt neue Wege zu gehen" Man beobachte nur, wie seit dem erscheinen von dem Shades of Grey-DIngs plötzlich an jeder Ecke Erotik-Romane aus dem Boden spriessen. Immer schön auf die Kuh aufsprigen, die sich gerade am besten melken lässt...
Ok, da hab ich mich etwas ausgekotzt  ;D Was ich aber sagen will: Es sollten mehr Autoren Mut haben mal die Genres wild durcheinander zu mischen. Es macht Spaß zu lesen, wenn man sich nicht schon nach drei Zeilen denken kann, wie das ganze Endet. DIe Buchläden sollten ihre Regale noch mehr vielfältiger aufteilen, statt nur in die ca 5-10 Standart-Kategorien und auf jedem Buch sollten mehrere Genres direkt im Klappentext angegeben sein. Wäre das eine schöne Welt  :bittebittebitte: