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Prozente von welchem Netto?

Begonnen von gbwolf, 21. Februar 2010, 09:35:38

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gbwolf

Auf Montségur läuft gerade ein Thema, das für Autoren sehr wichtig ist, die ihren Verlagsvertrag abschließen:
Immer mehr Verlage geben den Autoren die Prozente vom Nettoverlagsabgabepreis, statt vom Nettoladenverkaufspreis. Klar sind hier die Prozente auch höher und es gibt durchaus Autoren, die davon profitieren, die Mehrheit guckt angesichts der Rabatte, die große Buchhandelsketten eingeräumt bekommen, aber wohl ein wenig enttäuscht auf die Abrechnung.

Zur Diskussion auf Montségur (mit Diskussion, inwieweit der VS bei den Normverträgen nachverhandeln sollte): http://autorenforum.montsegur.de/cgi-bin/yabb/YaBB.pl?num=1265998709/8#8

Kerimaya

Bei so einer Nachricht könnte ich ja k.... da wird mir schlecht!  :happs: Da zeigt sich, wie sehr sich der Druck dieser Ketten namens Thalia etc. auch auf den Autor auswirkt, der ohnehin am wneigsten bei der ganzen Sache verdient.

Vor allem, wenn man sich die Verlage anschaut, die im Montsegurthread aufgezählt werden...*brrr*. Autoren bleibt in Zukunft wirklich nichts anderes übrig, als die Verträge NOCH genauer zu durchforsten (als wäre das Kauderwelsch im Normvertrag nicht schon kompliziert genug) oder einen besonders guten Agenten zu haben, dem sie vertrauen können und der die richtigen Konditionen aushandelt. Man man man.

Luna

Da fragt man sich langsam, ob die gesetzliche Buchpreisbindung überhaupt noch einen Sinn ergibt.

Wenn die Bücher bei diesen extremen Rabatten wenigstens auch im Handel günstiger wären, würde es vielleicht noch zu einem höheren Absatz kommen (von dem der Autor dann profitiert), aber so rum bereichern sich doch nur die großen Handelsketten - und den kleinen Buchhandlungen, denen diese tolle Buchpreisbindung eigentlich helfen sollte sehen trotz allem in die Röhre.

Wenn sich alle Verlage zusammentun und gemeinsam diese großen Ketten boykottieren würden ... "Thalia pleite" wäre schon eine recht interessante Schlagzeile.
Aber irgendwer muss in seiner grenzenlosen Gier ja wohl was falsch gemacht haben (wie bei den Banken) und der kleine (Autor) am Ende der "Nahrungskette" schaut mal wieder in die Röhre.

Kaeptn

Würde mich ja interessieren, was die Agenturen dazu sagen - betrifft ja auch deren Verdienst.

Maja

#4
@AngelFilia
Ohne die Buchpreisbindung können Thalia & Co. erst alle kleineren Buchhandlungen vom Markt kegeln, weil sie unschlagbare Kampfpreise bieten (auch auf Kosten von Verlagen und Autoren) und dann mit immer überzogeneren Rabattforderungen auch die kleineren Verlage eliminieren, indem sie sich schlichtweg weigern zu verkaufen, was keine 50% oder mehr Rabatt bringt - damit bleibt den Kleinen dann nur noch der Direktvertrieb übers Internet, mit einer Preisschere, die weit vom Rabattgeprägten Buchhandel auseinanderklafft, und der Monokulturmarkt verstärkt sich noch mehr.
Ist vor einigen Jahren in den USA mit Barnes&Nobel so gegangen, die wirklich viele Verlage und Buchhandlungen auf dem Gewissen haben, ist also keine reine Horrorvision, sondern wirklich so passiert.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Solatar

Also... ich habe mich auch auf den Nettoverlagsabgabepreis bei entsprechend deutlich höherem Prozentsatz und einigen Zusatzbedingungen eingelassen. Das hat je nach Ausgestaltung Vor- und Nachteile. Ich würde es daher nicht von vornherein ablehnen, obwohl die Zahlen für den Autoren schwer kontrollierbar sind. Allerdings (und das geht auch) nur bei einem unteren Limit des Abgabepreises. So schlimm ist es also nicht. Ein Vertrag ist immer auch Vertrauenssache und es kommt darauf an, wie er gelebt wird. Letztlich kommt es doch auf das Gesamtvertragspaket an und da ist die Vergütungsregelung zwar eine wichtige Komponente, aber eben nicht die Einzige. Verwertung der Nebenrechte, Marketing (hier kann man z.B. eine Verpflichtung des Verlages zu einem bestimmten Prozentsatz rein verhandeln), Belegexemplare, Pressearbeit etc. sind ebenfalls nicht unbedeutend.

gbwolf

Was Solatar schreibt, enthält eine wichtige Komponente, denke ich: Entscheidend ist, wie gut jemand verhandeln kann. Das ist bei Verlagsverträgen auch nicht anders als beim Gehalt.
Wenn ich von mir ausgehe, frage ich mich aber, wie sicher und selbstbewusst im Verhandeln ein Nachwuchsautor ist, der seine erste Chance auf einen Verlagsvertrag sieht. Traut er sich, um Prozente zu pokern, um Nebenrechte und um Mindestpreise als Berechnungsgrundlage? Oder hat er Angst, wenn er kein ganz besonderes Produkt hat, das drei Verlage wollen, dass der Vertrag nicht zustande kommt, weil der Verlag sich einen anderen sucht, der ihm das selbe liefern kann?

Für Anfänger ohne Agentur halte ich Prozente vom Nettoverlagsabgabepreis für schwierig. Vor allem bei Kinder- und Jugendbüchern, bei denen sowohl die verkauften Mengen, als auch die Preise nicht sehr hoch sind.

Solatar

Zitat von: Die Wölfin am 22. Februar 2010, 10:25:04
Oder hat er Angst, wenn er kein ganz besonderes Produkt hat, das drei Verlage wollen, dass der Vertrag nicht zustande kommt, weil der Verlag sich einen anderen sucht, der ihm das selbe liefern kann?

Für Anfänger ohne Agentur halte ich Prozente vom Nettoverlagsabgabepreis für schwierig.

Genau das dürfte der Kern des Problems sein. Der Konkurrenzdruck ist hoch und der Wettbewerb schläft nicht. Andererseits schadet es einem Autor auch nicht, mit einem gewissen, gesunden (!) Selbstbewusstsein an die Sache ranzugehen. Immerhin hat er Interesse wecken können, sonst hätte es kein Angebot gegeben. Also muss an Idee und Manuskript was dran sein, das sich auch verkaufen lässt.

Klar, die meisten jungen Autoren sind froh und glücklich, wenn sich ein größerer Verlag für sie und ihr Werk interessiert. Da verhandelt man wahrscheinlich nicht nach. Man nimmt erst einmal was man bekommt. Ich glaube, dass viele Verlage tatsächlich auch so denken und diesen Vorteil für sich ausnutzen. Der Aufbau eines neuen, unbekannten Autors kostet Zeit und Geld und birgt Risiken. Soll er doch froh sein, dass er überhaupt einen Vertrag und eine halbwegs "vernünftige" (Ansichtssache) Vergütung dafür bekommt, lautet der Tenor.
Wie auch immer... die anfänglichen Abhängigkeiten sind sicherlich nicht schön. Aber das muss ja auch kein Dauerzustand sein. Stellt sich der Erfolg irgendwann tatsächlich ein, sehen die Verträge wohl auch wieder anders aus. Vielleicht hilft eine Agentur da tatsächlich. Andererseits zieht sie ja auch Prozente ab. Ein "Trade Off"... ich weiß nicht, was besser ist.

Kerimaya

Zitat von: Solatar am 22. Februar 2010, 18:39:51Ich glaube, dass viele Verlage tatsächlich auch so denken und diesen Vorteil für sich ausnutzen. Der Aufbau eines neuen, unbekannten Autors kostet Zeit und Geld und birgt Risiken. Soll er doch froh sein, dass er überhaupt einen Vertrag und eine halbwegs "vernünftige" (Ansichtssache) Vergütung dafür bekommt, lautet der Tenor.
Wie auch immer... die anfänglichen Abhängigkeiten sind sicherlich nicht schön. Aber das muss ja auch kein Dauerzustand sein. Stellt sich der Erfolg irgendwann tatsächlich ein, sehen die Verträge wohl auch wieder anders aus. Vielleicht hilft eine Agentur da tatsächlich. Andererseits zieht sie ja auch Prozente ab. Ein "Trade Off"... ich weiß nicht, was besser ist.

Ich ziehe nach wie vor die Agentur Variante vor. Es kann nicht richtig sein, dass - Risiko hin oder her - der Verlag sich von vorn herein eine bessere Startposition als der Autor sichert. Natürlich ist so ein Vertrag immer Auslegungssache, aber gerade ich als Neuling würde darauf nicht spekulieren wollen. Denn ganz große Erfolg ist nicht automatisch jedem Autor beschieden, auch wenn er bei einem großen Verlag genommen wird.

Nehmen wir an, ich kriege ein Buch unter und unterschreibe den Vertrag mit den Konditionen zun Nettoabgabepreis und mein Buch floppt - dann stehe ich dumm da. Sollte es doch ein Erfolg werden, habe ich zwar in den Verhandlungen für das nächste Buch ein wenig Spielraum, aber auch nicht viel, denn das Argument des Verlags, das dann höchstwahrscheinlich kommen wird, ist: "Im letzten Vertrag haben Sie die Konditionen doch auch akzeptiert." Und solche Schreiberlinge wie mich gibt es an jeder Ecke - es gibt noch verdammt viele, sehr gute und bisher unendeckte Autoren da draussen, die mich jederzeit ersetzen können.

Bei einer Agentur habe ich den Vorteil, dass ich a) meine Abgabe vorher genau weiss (zumindest den Prozentsatz) und b) weiss, dass die bestmögliche Bezahlung für mich ausgehandelt wird, denn die Agentur handelt in ihrem eigenen, finanziellen Interesse. Ausserdem kann sie sich den (Verzeih mein Ruhrpottisch) Arsch in der Hose leisten, mehr zu fordern, da sie Erfahrung auf dem Gebiet hat.

Aber wie gesagt, wie die Verträge im Endeffekt ausgeführt werden, ist natürlich immer noch eine Sache. Du hast da einen Vorteil, Solatar, der uns unveröffentlichten Autoren leider fehlt ;)

Kaeptn

Ich würde eine Agentur schon deshalb vorziehen, weil ich gar keine Lust hätte, zu überprüfen ob die Tantiemen rechtzeitig und im richtigen Umfang bezahlt wurden usw... Mit reicht meine jährliche Steuererklärung für den normalen Job schon, noch mehr Zahlengedöhns - nee danke.

Außerdem kann ich mich noch gut erinnern, wie ich vor mittlerweile 15 Jahren (seuftz, ist das lange her) dem Herrn Weitbrecht von Thienemann gegenüber saß und so vom Glück benebelt war, überhaupt dort zu sitzen, dass ich zu allem Ja und Amen sagte (Das Wort Vertrag kam mir damals gar nicht in den Sinn. Ok, ich war 20 und naiv - und es gab noch keinen Tintenzirkel, seuftz). Jedenfalls hätte ich in der Situation nicht abwägen können, welche Forderungen ich stellen kann, ohne einen "Rauswurf" zu riskieren.

Ich denke gerade dafür sind Agenturen da, und am Ende haben die meisten Neu-Autoren sicher genausoviel oder sogar mehr Einnahmen, trotz der Agentur-Prozente, als wenn sie selber verhandelt hätten.

Kerimaya

@Kaeptn Wie ist das Gespräch denn ausgegangen? (Mein Name ist Neugier..)

Nycra

Wenn ich das so lese, bin ich froh, meinen Chef (Anwalt) frühzeitig in meine schriftstellerischen Ambitionen eingebunden zu haben. Der würde für mich eine Vertrag (sofern nicht über einen Lit-Agenten geschlossen) erstmal auf Herz und Nieren prüfen - kostenlos. Bye the way, das rückt ohnehin erstmal in weite Ferne, die Wächter sind leider durchgefallen...  jetzt muss Lili ran....

Trotzdem, es ist wie überall, die Ketten machen mit Preisdumping die Kleinen kaputt (ich sag nur Discounter), genau aus diesen Gründen kaufe ich meine Bücher nicht bei Thalia und Co. und wenn ich hunderte von Euros sparen würde, egal, mein Geld kriegen die nicht. Da geh ich lieber in ein Fachgeschäft, werde mit Namen begrüßt und kann mich in Ruhe beraten lassen (sofern ich das möchte).

LG

Nycra

Kaeptn

#12
Zitat von: Kerimaya am 23. Februar 2010, 12:23:51
@Kaeptn Wie ist das Gespräch denn ausgegangen? (Mein Name ist Neugier..)

Sorry, offTopic:

Korrektur erstmal, Ende 1996 war das. Sie "nahmen" das Buch, ich arbeitete fast 1 Jahr mit einer Lektorin zusammen - alles ohne Vertrag. Ich hatte ja keine Ahnung wie das läuft, Internet noch in den Kinderschuhen, keine Ahnung wo ich mich hätte informieren können. Es ging hier und da um ziemlich weitreichende Änderungen, darin hab ich mich verzettelt und die Lektorin hat mir nicht wirklich geholfen - Projekt hatte bei ihr wohl niedrige Priorität. Dann kam Anfang 1997 der Abschluss meines Studiums dazwischen, danach Jobsuche usw. Sprich, ich kam nicht voran und irgendwann kam dann die Mitteilung ich sei aus dem Programm geflogen. Ohne Vertrag ja kein Problem.

Letztlich waren beide Seiten "schuld" - und ich beiß mir heute noch in den Hintern, dass ich die Chance damals (noch vor dem Harry Potter und Herr der Ringe-Boom) verpasst habe. Hab danach lange Jahre aus Frust gar nix geschrieben, das Werk liegt im halb überarbeiteten Zustand immer noch rum.


@Topic:
Hat einer derer, die bei einer Agentur sind, mal nachgefragt was die zu dem Thema meinen?

Kerimaya

@Kaeptn Autsch :( Das tut mir wirklich leid.  :knuddel:

Emeraldknight

Hallo

Bei mir ist das Thema gerade ganz aktuell, da ich gerade gestern meinen Vertrag gekriegt habe (für meinen historischen Roman, der im Herbst 2010 erscheint).
Da steht im Vertrag drin: "...xProzent des mit dem Verkauf seiner Bücher erzielten Nettoumsatzes (=Umsatz abzüglich Buchhandels-/Zwischenbuchhandels-Rabatt und MwSt) ..."
Kann mir jemand, der das versteht sagen, ob es sich hier um den Nettoverlagsabgabepreis oder Nettoladenverkaufspreis handelt?

Vielen Dank schonmal

Beste Grüsse
Emeraldknight