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Dialoge - echt und lebensnah

Begonnen von Maja, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Trippelschritt

Schön gesagt. In jedem Dialog passierte eine kleine Geschichte. Im Subtext, nicht an der Oberfläche. Aber das hinzubekommen, ist alles andere als einfach.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Kelpie

ZitatAls ich mir seine Dialoge mal genauer angesehen habe, ist mir aufgefallen, dass er kaum mehr vor die direkte Rede setzt als "Hemme schüttelte den Kopf.", "Bast nickte." oder "Denna senkte den Blick." - ganz einfache, alltägliche Gesten, die tatsächlich am häufigsten vorkommen, augenblicklich die richtige Stimmung vermitteln und den Lesefluss nicht stören oder vom Inhalt ablenken.
Aber sind nicht gerade das die Ausdrücke, welche man überliest und die insofern eigentlich unnötig sind? Ich empfinde sie ähnlich wie "sagte", "fragte" oder "antwortete". Sie sind dafür da, den Sprecher anzuzeigen, werden aber überlesen. Im Gegensatz zu diesen Inquitformel steht aber bei "schüttelte den Kopf", "nickte" oder "senkte den Blick" noch eine Information, die überlesen wird. Ich weiß nicht, ob ich das gut finde ...

Ansonsten stimme ich dir zu, Patrick Rothfuss hat einen sehr dichten Schreibstil. Es gibt zwar einen Dialog, der sich mir als das Negativbeispiel schlechthin eingeprägt hat, aber ansonsten ist er einer der besten Schriftsteller unserer Zeit, finde ich.

Shedzyala

#77
Zitat von: Kelpie am 13. Juli 2016, 19:50:45
ZitatAls ich mir seine Dialoge mal genauer angesehen habe, ist mir aufgefallen, dass er kaum mehr vor die direkte Rede setzt als "Hemme schüttelte den Kopf.", "Bast nickte." oder "Denna senkte den Blick." - ganz einfache, alltägliche Gesten, die tatsächlich am häufigsten vorkommen, augenblicklich die richtige Stimmung vermitteln und den Lesefluss nicht stören oder vom Inhalt ablenken.
Aber sind nicht gerade das die Ausdrücke, welche man überliest und die insofern eigentlich unnötig sind? Ich empfinde sie ähnlich wie "sagte", "fragte" oder "antwortete". Sie sind dafür da, den Sprecher anzuzeigen, werden aber überlesen. Im Gegensatz zu diesen Inquitformel steht aber bei "schüttelte den Kopf", "nickte" oder "senkte den Blick" noch eine Information, die überlesen wird. Ich weiß nicht, ob ich das gut finde ...

Da würde ich jetzt leicht widersprechen, denn diese Einschübe überliest man nur, wenn sie erwartbar sind, im Sinne von "'Ja', sagte sie und nickte." Würde sie das Ja mit einem Kopf schütteln verbinden, um zB Unsicherheit auszudrücken, würde das ganz sicher nicht überlesen werden.

Ich selbst mache solche kleinen "überflüssigen" Einschübe aber auch ganz gern, um eine Sprechpause anzuzeigen: "'Ja, so machen wir das.' Er nickte. 'Obwohl ich mir gerade nicht sicher bin, wo wir das Huhn herbekommen.'" Ob die Sprechpause in dem Beispiel jetzt unbedingt nötig ist, darüber lässt sich streiten, aber sie lockert einen Dialog schön auf und hat deshalb auch über die Sprechzuweisung hinaus ihre Berechtigung.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Lothen

Da stimme ich Shedzyala zu. Abgesehen davon braucht man bei längeren Dialogen ja auch immer wieder Inquits, um die Sprechanteile deutlich zu machen, da finde ich es schön, wenn man ein wenig variieren kann in der Art und Weise.

Ich versuche auch immer, äußere Handlungen in Dialoge einfließen zu lassen, also was tun die Personen, während sie sich unterhalten. Man sitzt ja in den seltensten Fällen einfach nur rum und macht nichts, außer reden. ;)

Zitat von: CailynIch finde, manchmal beginnen Dialoge zu früh. Oft kann man den Anfang von geschriebenen Dialogen einfach abschneiden und es kommt was viel Besseres dabei raus.
Richtig - oder dauern zu lange. ;) Das ist auch etwas, das ich gerade übe: Dialoge pointieren, Unnötiges weglassen, zusammenfassen oder indirekt wiedergeben. Das macht die eigentlichen Unterhaltungen gleich um ein Vielfaches knackiger.

Big Kahuna

ZitatDialoge pointieren, Unnötiges weglassen, zusammenfassen oder indirekt wiedergeben. Das macht die eigentlichen Unterhaltungen gleich um ein Vielfaches knackiger.

Also ich sehe das irgendwie anders: Wenn man die Dialoge nur auf das Wesentliche beschränkt, wirken sie auf mich oftmals ... kalt. Ich finde, gerade durch Dialoge kann man Figuren auch gut charakterisieren. Da finde ich drei oder vier gesprochene Sätze oft aussagekräftiger als eine lange Beschreibung.

Aber ich bin auch ein Fan von Tarantino-Filme und liebe daher unterhaltsame, wenn auch stellenweise unnötige Dialoge  :vibes:

Lothen

Da würde ich dir gar nicht widersprechen wollen, Big Kahuna, denn ein Dialog, der mir die Figuren oder ihre Eigenheiten näher bringt, ist für mich nicht unnötig. Ebenso wenig einer, der die Stimmung auflockert oder ein bisschen Humor in die Geschichte bringt.

Vielleicht wird's an einem Beispiel deutlich: Die Charaktere sitzen in einem Wirtshaus und bestellen Abendbrot.

Wenn ich daraus eine Charakterstudie machen möchte, um deutlich zu machen, wie unterschiedlich die Essgewohnheiten der Charaktere sind oder wie gerne sie einander anzicken, dann würde ich den Dialog mit Sicherheit ausformulieren.

Etwas in der Art wie:
"Wir nehmen dreimal das Tagesgericht", beschloss A und zwinkerte der Bedienung zu, während B empört schnaubte.
"Seit wann entscheidest du denn, was ich esse? So nen Fraß stopf ich sicher nicht in mich rein."
"Genau", bestätigte C, "ich esse sowieso nur vegetarisch. Typisch, dass du das schon wieder vergessen hast."
Und so weiter. ;)

Wenn es aber einfach nur darum geht, dass sie in einem Gasthaus sitzen, bestellen und daraus entwickelt sich ein Aufhänger für den Plot, würde ich eher versuchen, diese Alltagsgespräche einzudämmen, wenn sie keinen Mehrwert für den Leser haben. Gesetzt dem Fall, die Gruppe wäre nicht so streitlustig wie im obigen Fall, würde ein simples: "Sie bestellten je ein Abendessen und A lief bereits das Wasser im Mund zusammen" vermutlich ausreichen.

Mondfräulein

Inquitformeln sind für mich ein zweischneidiges Schwert. Wenn seitenlang nur zwei Personen abwechselnd etwas sagen und außer der wörtlichen Rede nichts erzählt wird, ist das irgendwie kalt. Das hat David Foster Wallace mal sehr genial gemacht, John Green hat das auch mal gut umgesetzt, aber wenn man es nicht bewusst als Stilmittel einsetzt, sollte man das vielleicht lassen. Allerdings findet ich manche dieser Umschreibungen, die um jeden Preis "sagte" verhindern wollen, richtig, richtig schlimm. Mich stört das ehrlich gesagt immer, wenn ein Wort, das nichts mit Sprechen zu tun hat (also nicht sowas wie sagte, schrie, schimpfte, zeterte, flüsterte, raunte) benutzt wird. Wenn Leute ihre Sätze auf einmal lächeln, nicken, sich umdrehen..., dann habe ich auf einmal ganz falsche Bilder im Kopf, eben weil diese Wörter nichts mit Sprechen zu tun haben.

"Der Plan klingt großartig, wir werden die sowas von fertig machen", lächelte Michael. klingt für mich grauenvoll, weil man Sätze eben nicht lächelt und das sieht in meinem Kopf ganz falsch aus. "Der Plan klingt großartig, wir werden die sowas von fertig machen." Michael lächelte. sagt mir aber ebenfalls, wer das gerade gesagt hat, löst aber keine solchen schrägen Assoziationen aus.

Deshalb würde ich solche Sätze auch vielleich nicht Inquit-Formeln nennen. Ich benutze solche Einschübe sehr gerne, um nicht immer sagte zu schreiben, wenn es sich umgehen lässt, obwohl es stimmt, dass man sagte irgendwann überliest und nur mitnimmt, wer gerade was gesagt hat, weshalb man es etwas öfter verwenden kann, als man oft glaubt.

Vor allem finde ich sowas manchmal wichtig, um Informationen zu vermitteln, die nur durch den Dialog vielleicht nicht rüberkommen. "Dann werde wir uns wohl leider scheiden lassen müssen." sagt mir nicht so viel wie "Dann werden wir uns wohl leider scheiden lassen müssen." Michael lächelte., weil ich hier noch Informationen bekomme, die mir das Gesagte nicht gibt: Michael lächelt. Das tun nicht alle, die so etwas sagen und gibt dem ganzen so einen ganz anderen Dreh.

Ich finde so etwas auch immer wichtig, um den Dialog im Geschehen zu verankern.
"Dann werden wir uns wohl leider scheiden lassen müssen."
"Tu nicht so, als wärst du froh drüber."
"Du hast keine Ahnung, wie froh ich darüber bin."
"Ich wünschte, ich hätte dich nie geheiratet."
"Das wünschte ich auch!"

Das wirkt für mich weiter weg von den Figuren und dem Geschehen als wenn ich es so mache:
"Dann werden wir uns wohl leider scheiden lassen müssen." Michael lächelte.
"Tu nicht so, als wärst du froh drüber." Manuela knallte ihr Glas so heftig auf den Tisch, dass Rotwein auf das weiße Tischtuch tropfte. Ihre Mutter würde wieder lagelang darüber schimpfen. Im Moment war ihr das fast egal.
"Du hast keine Ahnung, wie froh ich darüber bin." Sein Lächeln war breit und so verkrampft, dass es fast aussah, als hätte er Schmerzen. Sie wünschte, er hätte welche.
"Ich wünschte, ich hätte dich nie geheiratet", murmelte sie und starrte auf die Weinflecken, die sich immer weiter durch das Tischtuch fraßen.
"Das wünschte ich auch!", schrie Michael und aus seinem Mund drang ein unterdrücktes Schluchzen. Manuela sah auf.

Das ist nicht der beste aller Dialoge und nur ein Beispiel, aber die Informationen, die ich um das Gesprochene herum vermittle, können manchmal unheimlich wichtig sein und binden den Dialog mehr ins Geschehen ein. Ich lese und schreibe das so lieber.

Zitat von: Lothen am 13. Juli 2016, 20:08:10
Richtig - oder dauern zu lange. ;) Das ist auch etwas, das ich gerade übe: Dialoge pointieren, Unnötiges weglassen, zusammenfassen oder indirekt wiedergeben. Das macht die eigentlichen Unterhaltungen gleich um ein Vielfaches knackiger.

Das sehe ich genauso. Ich glaube, es geht dabei nicht darum, jeden Dialog auf jeden Fall so viel wie möglich zu kürzen, sondern sich vielleicht eher zu fragen, was das Wesentliche ist. Will ich nur eine bestimmte Information rüberbringen? Will ich etwas über die Beziehung der Figuren zeigen? Was will ich von ihrer Beziehung zeigen? Und den Dialog dann enden zu lassen, wenn ich mein Ziel erreicht habe. Ich mache das ja auch. Ich lasse Dialoge manchmal noch zwei Seiten weiterlaufen, weils halt gerade so schön ist, obwohl ich vor zwei Seiten schon gesagt habe, was ich sagen wollte. Ich merke das beim Schreiben aber und weiß, dass ich beim Überarbeiten da gnadenlos werde kürzen müssen, damit das, was ich eigentlich sagen und zeigen will, besser rüberkommt. Dialoge und Szenen sind nicht für sich selbst da, sondern sie haben irgendwie einen Zweck. Das muss kein Zweck für den Plot sein, es muss nicht einmal Charakterisierung sein, es kann auch einfach eine Stimmung sein, die ich rüberbringen will, oder ich will von etwas ablenken, was auch immer. Auch Tarantino wird seine Dialoge aus einem bestimmten Grund so machen, wie er sie macht, denn wenn sie euch gefallen, dann hat er damit ja einen bestimmten Zweck erfüllt. Mir fällt es auch schwer, bei Dialogen das richtige Ende zu finden, aber das ist hier wirklich, wirklich wichtig.

Was ich sagen will: nicht(!) Dialoge so kurz wie möglich, sondern so kurz und lang wie nötig. Und wofür nötig - darüber muss man sich eben Gedanken machen.

Zit

#82
Hm, ich denke, dass man da eine feine Grenze ziehen muss: Es geht nicht darum, welches Ziel der Dialog hat sondern welches Ziel die Szene hat. Ein Dialog ist ja nur eine Möglichkeit, ein Problem zu lösen.
Generell haben meine Charaktere immer ein bestimmtes Ziel in jeder Szene, der eine hat ein kaputtes Auto, der andere hat eine Autowerkstatt. Da ist es ganz praktisch, dass beide miteinander reden bzw. ist es die gewöhnlichste Lösung. Wäre Person A eher verbrecherisch angelegt, würde er wohl eher das Werkzeug stehlen oder irgendwo anders ein Auto klauen. Aber auch dann trifft er wieder auf einen Polizisten, der Informationen will, etc. pp. Gerade bei Krimiserien oder Serien, in denen um ein Mysterium herum ermittelt wird, finden sich die meisten zielgerichteten Dialoge. Da gibt's keinen Fluff, einfach weil keine Zeit dafür ist. Das mag ich sehr gern. Schenkenszenen finde ich meist langweilig, wenn die Figuren nur herum sitzen und ulkige Dinge essen. Aber das liegt an der Szene an sich, nicht unbedingt am Dialog. (Oder daran, dass ich generell Smalltalk doof finde.) Der kann handwerklich gut sein, aber mich trotzdem anöden. Öfter ist es mir sogar lieber, wenn Charaktere schweigen und der Dialog auf "Nebenschauplätzen" abläuft wie Mondfräulein das im letzten Beitrag so schön gezeigt hat.*

Wie lang ein Dialog sein muss, hängt meiner Meinung nach davon ab, wann die Charaktere denken, dass sie ihr Ziel erreicht haben -- oder es eben nicht mehr erreichbar ist und sie den Dialog abbrechen. Manchmal bin ich aber auch so fies und werf ihnen Steine in den Weg (Wetter, andere Dinge oder Personen, die reinplatzen und unbedingt jetzt Aufmerksamkeit wollen, ...), um sie von ihrem Ziel abzubringen. ;D

*Das erinnert mich auch an eine Diskussion in der Schreibwerkstatt anno dazumal, bei der auch viele der Meinung waren, dass nur sagte das einzig Wahre ist. Konnte ich nie nachvollziehen, weil ich reine sagte-Dialoge ebenso als kalt empfinde.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Trippelschritt

Ich habe jetzt voller Begeisterung nachgelesen und konnte feststellen, dass dieser Thread sich gerade mit einer Menge wichtiger handwerklicher Aspekte beschäftigt. Das Einzige, woran ich hängen geblieben bin, ist, dass verschiedene Teilnehmer jetzt von kalten Dialogen sprechen, damit etwas meinen, was man verhindern sollte, und ich nicht die leiseste Ahnung habe, was damit gemeint ist. Wenn es kalte Dialoge gibt, dann sollte es auch heiße oder warme Dialoge geben. Mir hilft diese Metapher nicht. Wenn ich an Truman Capote und Kaltblütig denke, dann sind da sogar ein paar eiskalte Dialoge. Aber man kann sie kaum besser schreiben. Das kann also nicht gemeint sein. Aber was dann.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Evanesca Feuerblut

Ich lese hier interessiert mit, weil meine Charaktere - zumindest einige davon - dazu neigen, unfassbar viel zu quasseln.
Und so bestehen manche Kapitel in den Rohfassungen zu 80% aus einem Dialog mit gerade mal so viel Beiwerk, dass man (manchmal mit Mühe) weiß, wer da spricht.
Bei der Überarbeitung baue ich das dann aus, lasse den Perspektivträger vielleicht auch mal etwas fühlen, etwas denken (aber nicht sagen). Und vor allem achte ich dann darauf, dass zum Dialog noch irgendeine Art von Handlung hinzukommt. Aber immer erst in der Überarbeitung, in der Rohfassung lasse ich sie labern und gebe mich der Dynamik zwischen den Figuren hin. Ist immer ganz spannend :)

@Trippelschritt Ich glaube, gemeint ist eher, dass dem Dialog metaphorisch gesprochen kalt wird, wenn er so nackig und ganz ohne Beschreibungen der Handlung, der Personen, der Umstände etc. in der Gegend steht (so wie meine Dialoge in meinen Rohfassungen...). Also sollte man einem guten Dialog noch zusätzlich etwas anziehen :).

(Ich werde nie mehr einen Dialog von mir ansehen können, ohne an Nacktheit zu denken. Danke, TiZi :D )

Cailyn

Zitat von: Big Kahuna am 13. Juli 2016, 23:28:48
ZitatDialoge pointieren, Unnötiges weglassen, zusammenfassen oder indirekt wiedergeben. Das macht die eigentlichen Unterhaltungen gleich um ein Vielfaches knackiger.

Also ich sehe das irgendwie anders: Wenn man die Dialoge nur auf das Wesentliche beschränkt, wirken sie auf mich oftmals ... kalt. Ich finde, gerade durch Dialoge kann man Figuren auch gut charakterisieren. Da finde ich drei oder vier gesprochene Sätze oft aussagekräftiger als eine lange Beschreibung.

Aber ich bin auch ein Fan von Tarantino-Filme und liebe daher unterhaltsame, wenn auch stellenweise unnötige Dialoge  :vibes:

Es ist aber ein extremer Unterschied, ob ich humoristisch erzähle oder ernsthaft. Pulp Fiction soll in den Dialog-Szenen definitiv humoristisch sein, und beim Humoristischen gelten total andere Regeln als bei ernsthaften Gesprächen. Daher würde ich das generell nicht als Dialog-Beispiel nehmen.

Dass Dialoge, wie sie Lothen vorschlägt, bei dir kalt ankommen, kann ich gar nicht verstehen. Vielleicht liegt da auch ein Missverständnis vor? Wenn zum Beispiel ein hitziger Schlagabtausch stattfindet, bei welchem du aber das Anfangsgeplänkel weglässt und gleich ans Eingemachte kommst, wirkt das doch nciht kalt, sondern eher explosiv und umso emotionaler, nicht?
Schlussendlich geht es ja darum, innerhalb eines Dialogs Konflikte sichtbar werden zu lassen. Wenn ellenlang was gelabert wird, ohne dass ein Konflikt sichtbar wird, hat der Dialog irgendwie keinen Sinn und ist oft langweilig. Daher lieber streichen. Man darf auch nicht vergessen, dass unsere Hirne sich durch viele Dialoge aus Büchern und Filmen auch daran angepasst haben, nicht Ausgesprochenes auszufüllen. Darum kommt es einem selten komisch vor, wenn Dialoge in Bücher und Filme nicht komplett wiedergegeben werden, sondern nur Ausschnitte davon. Es wirkt, finde ich, sogar flüssiger, wenn Dialoge reduziert werden.

Mondfräulein

Zitat von: Cailyn am 15. Juli 2016, 17:21:38
Dass Dialoge, wie sie Lothen vorschlägt, bei dir kalt ankommen, kann ich gar nicht verstehen. Vielleicht liegt da auch ein Missverständnis vor? Wenn zum Beispiel ein hitziger Schlagabtausch stattfindet, bei welchem du aber das Anfangsgeplänkel weglässt und gleich ans Eingemachte kommst, wirkt das doch nciht kalt, sondern eher explosiv und umso emotionaler, nicht?

Kommt drauf an. Wenn der Dialog gleich mit dem Streit losgeht, ohne dass ich mitbekommen habe, wie der Streit begonnen hat und woher er kommt, dann werde ich als Leser vielleicht zu sehr ins kochende Wasser geworfen und verstehe gar nicht, was gerade los ist, kann es nicht mehr nachempfinden.

Ich glaube, es kommt eben viel darauf an. Indirekt widergegebene Rede in Büchern hat auf mich oft den Effekt, dass es mich von der Geschichte entfernt, weil das doch eher narrativ und nicht szenisch ist. Manchmal ist das aber einfach nötig. Manchmal brauche ich nur die wörtliche Rede ohne viel drum herum, manchmal brauche ich Beschreibungen, um nicht-verbales Verhalten der Figuren sichtbar zu machen, denn non- und paraverbales Verhalten kommt nur durch die gesprochenen Worte eben nicht rüber. Manchmal muss ein Dialog länger sein, manchmal nicht. Manchmal beinhaltet ein Dialog einen Konflikt, manchmal auch nicht. Ein guter Dialog ist denke ich nicht immer so oder so, ein guter Dialog hat einen Zweck und erfüllt diesen. Und wenn ich zwei Frauen über einem Haufen Leichen über Urlaubsziele reden lasse, weil ich etwas absurd wirken lassen will.

Zit

#87
Mit kalt ist gemeint, in meinen Augen, dass der Dialog keinerlei Interesse beim Leser weckt und auch kein Kopfkino in Gang setzt. Nur gesprochene Teile und null Nonverbales drumherum ist wie ein Drehbuch. Für Schauspieler mag das gehen, weil sie den Figuren ihre eigene Note geben können, im Roman finde ich das aber zu kahl, zu roh. Eben zu nackig und kalt. Als gäbe es im Theater kein Bühnenbild, nur den Schauspieler im schwarzen Ganzkörperanzug und der steht da in der Mitte auf der Bühne, völlig steif und leiert einach nur den Text runter.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Cailyn

Mondfräulein
Das sehe ich auch so. Der Dialog soll sich schon natürlich einfügen und nicht wie ein Holzhammer.

Zitaklasa
Ach so, du sprichst vom Text zwischen der direkten Rede. Das ist natürlich was anderes. Ich meinte jetzt mehr, dass man vieles kürzen kann, was offensichtlich ist. Gerade wenn sich zwei begegnen und dann 5 Sätze Begrüssungsfloskeln ausgetauscht werden - sowas meine ich mit überflüssig. Dass man zwischen den Sätzen auch die Atmosphäre mitkriegt, finde ich aber auch sehr wichtig.

Trippelschritt

Zitat von: Zitkalasa am 15. Juli 2016, 23:40:58
Mit kalt ist gemeint, in meinen Augen, dass der Dialog keinerlei Interesse beim Leser weckt und auch kein Kopfkino in Gang setzt. Nur gesprochene Teile und null Nonverbales drumherum ist wie ein Drehbuch. Für Schauspieler mag das gehen, weil sie den Figuren ihre eigene Note geben können, im Roman finde ich das aber zu kahl, zu roh. Eben zu nackig und kalt. Als gäbe es im Theater kein Bühnenbild, nur den Schauspieler im schwarzen Ganzkörperanzug und der steht da in der Mitte auf der Bühne, völlig steif und leiert einach nur den Text runter.

O.k., wenn das gemeint ist, würde mir einiges klarer. Dann bin ich nur von der Argumentation nicht überzeugt, denn ich habe drei dicke Drehbücher von Downton Abbey gelesen und fand sie umwerfend. Ich muss aber auch zugeben, dass der Autor seine Stimmen recht genau auf seine Figuren und z.T. auch auf seine Schauspieler hingeschrieben hat. Und das ist wirklich eine Leistung, zu der nicht viele Schreiber fähig sind. Also wieder einmal: Wer es kann, darf sich viel erlauben.

Liebe Grüße
Trippelschritt