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Dialoge - echt und lebensnah

Begonnen von Maja, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Mondfräulein

Vielleicht kommt es da auch darauf an, ob man Drehbücher oder Theaterstücke gerne liest. Ich zum Beispiel lese viel und lese gerne und ich gehe sehr gerne ins Theater und sehe gerne Filme und Serien, aber ich kann wenig damit anfangen, ein Drehbuch oder ein Theaterstück zu lesen, weil mir das Drumherum wirklich fehlt.

Zit

Als ich Emilia Galotti alleine und unbedarft gelesen habe, las ich es anfangs eher recht ironisch und übetrieben, insgesamt heiter (die Prinz wie er sich anfangs aufregt, eigentlich die perfekte Steilvorlage). Erst gegen Ende kamen mir Zweifel und als sich Emilia auf einmal umbringen wollte, habe ich an meinen eigenen Lesefähigkeiten gezweifelt. In der Schule ist mir das auch immer wieder passiert, dass ich ganze oder Teile von Theaterskripte/n anders aufgefasst habe als sie eigentlich gemeint waren. Aber so derartig daneben gegriffen wie bei Emilia hatte ich nie. Gerade im Roman finde ich es daher toll, dass man mit zusätzlichen Beschreibungen viel mehr (eindeutige) Atmosphäre heraus holen kann als im reinen Theaterskript.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Trippelschritt

Das stimmt alles und auch wieder nicht. Vieles hängt davon ab, ob die Handlung vorwiegend durch Dialoge nach vorn gebracht wird oder durch Handlung. Und Theater ist etwas anders als Film. Theater ist überdeutlich, Film kennt Naheinstellungen. Und Emilia Galotti ist aus heutiger Sicht ohnehin nicht so einfach zu verstehen. Minna von Barnhelm auch nicht, weil es diese Ehrpusseligkeit nicht mehr gibt. Downton Abbey jedenfalls kann ich nur jedem zum Studium empfehlen, der lernen möchte, wie man Dialoge schreibt, zumal der Autor auch immer wieder Erläuterungen gibt. Band 1 reicht dazu aber völlig. Ich habe 2 und 3 auch noch gelesen, weil ich diese Serie schlichtweg für genial fand, als ich sie im Fernsehen sah.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Culham

Ich gehöre auch zu denen, die lieber Dialoge schreiben, als Szenen zu beschreiben.
Mir fällt es oft leichter die Geschichte durch einen Dialog weiter zu treiben, ebenso fällt es mir oft leichter Personen durch Gespräche zu charakterisieren, als durch Beschreibungen.
Aber wichtig ist dabei, es nicht zu übertreiben. Ellenlange Begrüßungen und Verabschiedungen, insbesondere wenn mehrere Personen beteiligt sind, müssen nicht sein. Man sollte sich aufs wesentliche beschränken, wobei wesentlich halt nicht nur die Story, sondern auch die Charakterisierung und die Atmosphäre sind. Ein Dialog kann meiner Meinung nach in der Mitte anfangen oder in der Mitte enden.
Die wichtigsten Punkte sind schon genannt: das Ziel des Dialogs darf nie den Dialog bestimmen. Wenn also eine Information vermittelt werden soll, sollte dies dem Leser nicht aufgedrängt werden. Das Gespräch sollte stets natürlich wirken, unrealistisch zielgerichtete Fragen, Erklärungen von Dingen, die alle außer dem Leser bereits wissen, sind, wie gesagt, eine Katastrophe. Da ist es meiner Meinung nach besser, dem Leser etwas vorzuenthalten und es vlt erst in den folgenden Seiten häppchenweise zu enthüllen, auch wenn es jetzt schon schön wäre, wenn der Leser alles wüsste.
Ich bin übrigens auch ein Freund von "sagte"... Manchmal auch "entgegnete", "erwiderte", "antwortete" oder "fragte". Danach wird es schwierig: "stöhnte", "raunte" oder so was sollte besser wegbleiben. Solange man die Sprecher erkennen kann, kann man auch ganz auf solche Formulierungen verzichten und sie nur vereinzelt zur Charakterisierung oder Atmosphäre einstreuen. Man kann den Sprecher finde ich oft besser durch Einschübe kennzeichnen: Ewald nickte, Ewald zuckte mit den Achseln, Ewald schaute ihn an, usw.
Aber nirgendwo sonst versuche ich so rigoros auf Adjektive verzichten. Wenn ich lese "Der Zauberer lächelte süffisant" will ich das Buch zuklappen.
Aber Einschübe wie oben sind auch sehr wichtig zur Temporegulation, bspw um das Gefühl von Sprechpausen zu erzeugen. Gespräche brauchen einen Rhythmus, und der ist durch das Beiwerk zu steuern. Hier und da eine kurze Handlung, Beschreibung oder ein paar Gedanken, sind sinnvoll, aber auch hier würde ich Übertreibungen vermeiden...