• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Wenn der Zweifel an die Tür klopft

Begonnen von Alaun, 06. August 2009, 09:47:55

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Moni

Das tolle am Schreiben ist, dass man damit Grenzen überschreiten kann. Zum einen die von der Gesellschaft auferlegten, zum anderen die selbst gezogenen.
Und es ist normal, dass man dann an einen Punkt kommt, an dem man innehalten und darüber nachdenken muß. Dieser Punkt liegt bei jedem an einer anderen Stelle, aber es ist immer ein wichtiger Moment, nicht nur aus schriftstellerischer Sicht, sondern auch ganz persönlich.
Bei dir klingt es so, als hättest du gerade diesen Punkt erreicht. Das kann einem Angst machen, oder Zweifel wecken, aber eines sollte es nicht: dich aufhalten.   :knuddel:
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Merlinda

Danke Moni. :knuddel:
Okay ... ich hab mir jetzt selbst einen Tritt gegeben ... Ich starte einen Doppel - NaNo ...  :versteck: Auch wenn es zeittechnisch wahrscheinlich gar nicht hinhauen wird...

Maria

Ich muss gestehen, mir fällt gar kein Thema ein, das totgeschwiegen wird. Von Kindesmissbrauch bis Hetze gegen Andersdenkende, von Genozid bis Kanibalismus, von Inzest bis Vernachlässigung - über alles gibt es Texte, Bücher, Filme ect... Also ran an die Tasten. Welches Thema dir auch auf der Seele brennt, du bist bestimmt in Gesellschaft.

HauntingWitch

Merlinda, ich weiss nur zu gut, was du meinst. Ich frage mich bei jeder Horror-Story, die sich mir aufdrängt, ob ich noch normal bin, so etwas wirklich zu Papier zu bringen. Antwort: Ich weiss es nicht. Aber erstens schadet mir das nicht, im Gegenteil, es ist befreiend. Und zweitens ist doch gerade das der Sinn und Zweck der Literatur. Themen anzusprechen und auf den Tisch zu bringen, die in der Gesellschaft verrufen sind. Ansichten und Seiten aufzuzeigen, die sonst keiner preiszugeben vermag. Also, was immer es ist, schreib es. Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass es vielleicht niemand lesen möchte. Aber das darf in diesem frühen Stadium einer Geschichte noch kein Kriterium sein.  :knuddel: Und betrachte die Furcht "vor dir selbst" sozusagen bitte nicht als Grund, es nicht zu schreiben. Du lernst dadurch höchstens neue Aspekte von dir kennen und das ist nichts Schlechtes.  ;)

Rosentinte

Nun hat der Zweifel es auch zum ersten Mal an meine Tür geschafft. Schreibtechnisch war dieses Jahr ein Graus. Ich habe "gerade mal" 100k geschafft, was eigentlich weit unter meinem Niveau liegt (ich bin Schnelltipperin und schaffe locker 1k/30min). Das schiebe ich aber u.a. dem Abi zu, dass mich in vielerlei Hinsicht blockiert hat.
Trotz Unistress verspüre ich in den letzten Wochen aber wieder Lust zu schreiben. Ich habe mehrere Plots, die ich gern schreiben würde, für die ich aber viel Recherche brauche, was momentan zeitlich einfach nicht drin ist (weswegen ich leider auch den NaNo ausfallen lassen musste). Also habe ich mich für mein "erstes" Projekt entschieden und dem Plot eine gründliche Politur verpasst. Er gefällt mir jetzt besser, die Protas sind viel lebendiger... aber es ist nicht mein Plot. Ich fühle beim Schreiben nicht den Stolz, dass ich meine Idee aufschreibe, stattdessen scheint mir der Plot völlig fremd (genauso wie die Charaktere, obwohl es zum großen Teil immer noch dieselben sind). Noch schlimmer ist aber, dass ich das Gefühl habe, ich würde den Roman nicht ordentlich hinbekommen. Ich habe ihn schon einmal verhauen (nun gut, damals war ich 13), aber jetzt will ich es "richtig machen". Vielleicht kommt auch noch dazu, dass ich ja jetzt Deutsch studiere und das Gefühl habe, ich müsste doch die Theorie irgendwie mit einfließen lassen und etwas "Besseres" produzieren als vorher. Blödsinn nach vier Wochen Uni, aber mir kommt es so vor.
Ich weiß, dass ich Geschichten runtertippen kann. Schnell. Vielleicht mit einigen Highlights, aber sehr viel Potenzial zum Überarbeiten. Aber wenn ich es wirklich "gut" machen will, dann stehe ich plötzlich vor einer riesigen Blockade. Und ich will doch nichts als zu schreiben  :-\
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Grey

Ach je, der böse Theorieteufel. Das ist ein ganz bekanntes Phänomen, glaube ich, dass man durch so ein Studium oder die Lektüre von Ratgebern seltsame Ansprüche an sich entwickelt, die man dann nicht umsetzen kann, weil sie denkbar unkonkret sind. Einer der Gründe, warum ich eine Naturwissenschaft studiert habe und keine Ratgeber lese. ;)

Ich würde dir raten: Verabschiede dich davon, "gut" schreiben zu wollen. Schreib, wie du schreibst. Mit einem Plot, der dich mitreißt, den du liebst. Sonst zerdenkst du dir nur alles. Du bist schon gut, davon hast du mich hier im Forum an mehreren Stellen überzeugt, und ich denke, es ist wichtig, dass du das selbst auch wirklich weißt. Du bist gut. Das heißt nicht, dass du dich nicht selbst kritisch betrachten darfst, ganz und gar nicht! Aber immer von der Warte aus, dass das, was du beim schnellen Runterschreiben fabrizierst, keineswegs schlecht ist, sondern höchstens noch verbessert werden kann (das kann es immer). Ganz sicher bist du sowieso schon von ganz allein besser geworden durch die Erfahrungen, die du im vergangenen Jahr gesammelt hast. Wichtig ist jetzt, dass du schreibst, und dass du deine eigene Stimme über lauter Bessermacherei nicht aus dem Kopf verlierst. Sonst kann dir dein Text nur fremd werden, und das tut ihm und dir nicht gut.

Du machst das schon. Bestimmt. :knuddel:

Rosentinte

Danke, Grey  :knuddel:

Im Laufe des Tages wurde mir bewusst, dass es vermutlich auch daran liegt, dass mein Manuskript für die Andersen-Ausschreibung abgelehnt wurde - völlig zurecht, aber das nagt natürlich an meinem Selbstbewusstsein. Wahrscheinlich suche ich deswegen nach "Ratgebern", wie ich es besser machen kann.
Na ja, ich werde es mal weiter versuchen... Wenn man einmal eine Grundsubstanz hat, kann man ja alles verbessern, da hast du wohl recht.
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Pandorah

Ich lese im Moment viele Schreibblogs aus dem US-amerikanischen Raum, die sind irgendwie immer so motivierend. Und was mir persönlich sehr geholfen hat, ist der Begriff "shitty first draft". Ganz viele Autoren scheinen damit zu kämpfen, und es hilft sehr, dass ich mir die Erlaubnis gebe, einen ersten "beschissenen" Rohentwurf zu schreiben.

Immer, wenn der Zweifel donnernd an die Tür klopft und dann überheblich hereinschlendert, ohne dass ich ihn hinein gebeten habe, um mit dem Altbekannten loszulegen - "Na, ist das wirklich irgendwas, das jemand lesen will? So ein Müll, den du da tippst. Noch blassere Charaktere und sie verschwinden. Oder du bekommst einen Preis für einen Machwerk ohne Charaktere - goldene Himbeere für Schreiber. Freust du dich schon?" - sage ich mir, dass es okay ist, wenn hier hinten und vorne nichts stimmen sollte. Erst mal geht es darum, die Grundzüge der Geschichte auf Papier zu bringen. Es darf Müll sein. Nach der Schreibphase kommt die Korrekturphase. In der lade ich meinen Kritiker dann herzlich ein, dass er da wieder vorbeikommen und mir helfen darf. Aber bis dahin soll er bitte Urlaub an der Adria machen, sich gut erholen und eine schöne Tasse Milchkaffee für mich mittrinken.

Ich finde das wirklich hilfreich. Zugeben, dass es Müll sein kann (aber eben nicht muss), einmal durchatmen, mich auf die Editierphase vertrösten und weitermachen. Und wenn ich dann am Korrigieren bin, kann ich feststellen, dass ich wirklich an vielen Stellen polieren muss, aber andere Stellen wirklich gelungen sind.

Christopher

Ich weiss nicht mehr wer es war, aber vor kurzem hab ich (hier im TiZi) den Link zu einem Artikel gefunden. Die Verfasserin erwähnte darin ihr Treffen mit einem nicht namentlich genannten, sogenannten "Beststellerautor". So ein Typ, dessen Bücher in 30 Sprachen übersetzt sind usw.

Und weisst du was sein Problem war? Er war auf dem Weg zu einer Lesung und fühlte sich hundeelend, weil er sein Buch scheisse fand. Einfach scheisse. Obwohl tausende Leser anderer Meinung waren.

Die Verfasserin stellte danach die These auf, dass vielleicht eben diese Unzufriedenheit der Schlüssel dazu ist, gut zu sein und gut zu bleiben. Nur hätte es eben den Nachteil, dass man permanent unzufrieden ist ;)

Was sagt das für dich?
Auch wenn du das Gefühl hast schlecht zu sein, muss das nicht richtig sein. Als Autor/Künstler sieht man die "Fehler" so deutlich wie kein anderer Mensch. Man weiss, wo man seine Makel hat und findet diese mit einem Augenaufschlag. Andere Leute die dein Werk betrachten, sehen nur das große ganze - und das sieht gut aus. Kleine Fehler werden nicht mal bemerkt, wenn man nicht gezielt danach sucht. Aber das tut niemand bei etwas, was rundum betrachtet gut ist.
Jetzt kann man natürlich seine Zeit damit verbringen, zu versuchen, all diese Fehler die man ja so gut sehen kann auszubügeln... oder, man aktzeptiert eines Tages, dass Perfektion unerreichbar ist. Und ist zufrieden mit dem was man erreicht hat.
Be brave, dont tryhard.

Alastair Kaya

Gab es da nicht auch einen Roman, worin es darum ging, dass ein ganz bestimmter Autor nur brillant sein konnte, wenn es ihm so richtig dreckig ging? Und irgendjemand -- waren es seine Agenten? -- sorgten dann dafür, dass ihm auch nur schlimme Sachen widerfuhren. Ich weiß es auch nicht mehr genau, aber ich meine, mich daran erinnern zu können, dass mir meine Chefin davon mal was erzählt hatte.

Ich denke, man selbst ist sein schlimmster Kritiker. Im Gegenteil! Erst wenn man denkt, man sei perfekt und man brauche alles nur aus dem Ärmel zu schütteln, damit es ein Geniestreich würde, sollte man sich zu sorgen anfangen.
Ein ideales Beispiel:
Meine Buchhandlung hat mit dem Café gegenüber diese Woche eine Lesung mit Frühstück organisiert. Zwei Autorinnen haben gelesen.
  Eine davon ist sagenhaft sympathisch und schreibt so erfischend spannend! Sie hat auch schon einiges veröffentlicht und es waren stets tolle Werke. Vor der Lesung jedoch ist ihr ordentlich die Pumpe gegangen, sie hat gezittert -- ein seelisches Wrack eben. Sie könne das nie schaffen, hat sie gesagt, und dass sie froh wäre, wenn es ganz schnell vorüberginge. Hinterher ist sie der Höhepunkt der Veranstaltung gewesen. Die lokale Presse hat sich vor Lob und Preis geradezu überschlagen.
  Die Zweite dagegen war kein bisschen nervös. Sie hat bis jetzt drei Romane veröffentlicht, allesamt in einem dieser Verlage erschienen, die mit Annoncen sogar offensiv nach Autoren suchen, die ihr ins Netz gehen. Auf allen dreien ihrer Roman steht im Autorenportrait auf dem Klappentext, ich darf zitieren: "Sie selbst sieht das Schreiben als Gottesgabe, die sie gerne und dankend annimmt." So tritt sie auch auf: selbstsicher, überzeugt von ihrem Talent, als ob wir nur die Dilettanten wären, die ihr Originalgenie nicht erkennen könnten.
  Ich habe die Bücher quergelesen. Es ist auch rein gar nichts Geniales dabei -- soviel zur Gottesgabe. Ich darf mich gewiss selbst noch nicht als den geborenen Literaturkritiker schimpfen, aber ihr Schreibstil und ihre Erzähltechnik sind übel. Immerzu Hauptsätze aneinandergereiht, berichten von banalen Belanglosigkeiten, die dem Verlauf des Romans nicht im geringsten dienen. Langweilige Dialoge einfallslose Überleitungen. Die Frauen schimpfen beim Spaziergang über ihre unbequemen Schuhe, während sich die Männer nach dem regionalen Bier verzehren -- nicht dass das auf irgendeine Weise relevant für den Plot sein könnte. Es gibt Momente des Alltags, die es sich aufzuschreiben nicht lohnt.
  Alles in allem -- wenn man diese beiden Damen gegenüberstellt -- die Eine, von Selbstzweifeln geplagt, dafür aber auch stets selbstkritisch und auf das Gelingen ihres Werks bedacht, und die Andere, völlig naiv, komplett von ihrer Gabe überzeugt, genauso wie von dem eigentlich nicht vorhandenem Genius ihres Schaffens. Das Ergebnis ließ sich auch sehen, während die Zweiflerin mit verdientem Lob überschüttet wurde, hieß es über Frau "Ich-kann-alles-und-das-auch-besser!" sinngemäß:

"Es ist tragisch, dass in Zeiten des Internets und der dubiosen Kleinverlage jeder meint, er müsse ein Buch herausbringen, wenn doch ihr Werk allerhöchstens etwas für die Tonne wäre. Man sah es ihren Gesichtern an, dass sich die Zuhörer nur schwer vom Schlafen abhalten konnten."

Ich persönlich bin auch ein Selbstzweifler und sehe den gerade eben genannten Wortblock, als Antrieb, immer besser und besser zu werden. Wenn ich jetzt meine Texte von vor sechs Jahren lese, möchte ich mich fragen, was mich denn da geritten hatte. Es könnte also auch sein, dass in weiteren sechs Jahren meine heutigen Texte mir nur noch peinlich sind. Also trimme ich mich selbst Tag für Tag zum Besserwerden und sehe den Selbstzweifel als notwendigen Kollegen. Dabei darf ich mich nur nicht selbst sperren, sondern muss eben den Mut aufbringen, auch mal scheiße sein zu dürfen -- man entschuldige mir an dieser Stelle den Kraftausdruck.
  Ich bin mit meinen 23 auch noch nicht so weise, wie vielleicht mit 73, deswegen höre ich doch jetzt auch nicht auf, mir Meinungen und Wissen anzueignen und auch dazu zu stehen, oder? Wenn also wieder mal der Zweifel an meiner Tür klopft, bitte ich ihn rein, hör mir seine Argumente an, akzeptiere meine Imperfektion und bitte den Zweifel, jetzt dann aber auch mich zu Wort kommen zu lassen, damit ich weiter fürs Leben lernen kann.

Danke für eure Geduld, ist mal wieder ein kleiner Aufsatz geworden. :buch:

Leann

Hier sind ja wieder neue, spannende Beiträge dazugekommen. Ich finde es sehr motivierend, was ihr schreibt. Zweifel müssen nicht von vorneherein schlecht sein, sie dürfen nur nicht blockieren. Die "Zweifelnde" von der Lesung hat gezweifelt, aber sie hat trotzdem gelesen und Erfolg damit gehabt. Das ist gut. Ich zweifele oft so stark an meiner Schreibfähigkeit, dass es mich total blockiert. Das war jahrelang so schlimm, dass ich gar nicht mehr geschrieben habe. Erst letztes Jahr habe ich es geschafft, das einigermaßen zu überwinden, aber es gibt immer Rückfälle. Für mich persönlich habe ich herausgefunden: Es gibt diese Zweifel, sie sind immer da, mal stärker, mal schwächer, aber ich lasse mich nicht mehr von ihnen lähmen. Es ist ein täglicher Kampf, ab und zu fällt es mir leichter zu gewinnen, und manchmal, selten noch, verliere ich auch. Aber aufgeben gilt nicht.

Alastair Kaya

Sollte der Zweifel mal wieder Stalker spielen, sagt einfach Bescheid. Ich geb euch dann eine Infusion mit Vitamin S (Selbstvertrauen). Ich denke, ein gesundes Ego balanciert stets zwischen "Ich bin ein Nichts!" und "Ich bin der König der Welt!" ;)

Thaliope

Zitat von: Leann am 17. November 2013, 12:39:57
Hier sind ja wieder neue, spannende Beiträge dazugekommen. Ich finde es sehr motivierend, was ihr schreibt. Zweifel müssen nicht von vorneherein schlecht sein, sie dürfen nur nicht blockieren. Die "Zweifelnde" von der Lesung hat gezweifelt, aber sie hat trotzdem gelesen und Erfolg damit gehabt. Das ist gut. Ich zweifele oft so stark an meiner Schreibfähigkeit, dass es mich total blockiert. Das war jahrelang so schlimm, dass ich gar nicht mehr geschrieben habe. Erst letztes Jahr habe ich es geschafft, das einigermaßen zu überwinden, aber es gibt immer Rückfälle. Für mich persönlich habe ich herausgefunden: Es gibt diese Zweifel, sie sind immer da, mal stärker, mal schwächer, aber ich lasse mich nicht mehr von ihnen lähmen. Es ist ein täglicher Kampf, ab und zu fällt es mir leichter zu gewinnen, und manchmal, selten noch, verliere ich auch. Aber aufgeben gilt nicht.

Ich glaube, ich kann das ziemlich gut nachvollziehen.:knuddel: Ich habe im Moment das Gefühl, so weit wie nie zuvor davon entfernt zu sein, etwas Veröffentlichungswürdiges zu Papier zu bringen.
Es ist mir ein Rätsel, wie man es trotz all dieser Zweifel schaffen soll, seine Geschichten zu Ende zu bringen, auch noch zu überarbeiten und dann auch noch anzubieten. Wie man verhindert, dass man den Glauben an die eigene Geschichte verliert, bevor sie fertig ist. Wie hat jemand, der mit solchen Zweifeln in jede Lesung geht, es je bis zu diesem Punkt geschafft?

LG
Thali

Eleanor

Dann will ich auch mal ein bisschen meinen Senf dazugeben  ;)

Das Problem beim Schreiben war bei mir tatsächlich nie, dass mich Zweifel komplett blockiert hätten, immer wenn der Gedanke aufkam, das ist doch richtig unlogischer Mist, den du da fabrizierst, dann hat es meistens gereicht mir zu sagen: Ja! Dann schreibe ich jetzt einfach mal kompletten Nonsens, schließlich ist Schreiben ja auch irgendwo mein Hobby und Hobbys dürfen generell auch mal Spaß machen. Es wird jetzt vielleicht nicht von meinerseits das Rad neu erfunden werden, aber ich konnte mich fantasiemäßig mal austoben.
Allerdings wenn in der Familie geschrieben wird, (in dem Fall meine Schwester) komme ich schon öfter mal ins Grübeln und fange unbewusst mit Vergleichen an. Hat sie nicht einen viel besseren Stil? Warum hört sich bei ihr alles so schön schlüssig an nur bei mir nicht? Sollte ich überhaupt bei mir weiter schreiben? Der Zweifel der dann entsteht ist wahrscheinlich auch eine gewisse Form von Neid, den kann man leider nie ganz abstellen. Der beste Weg über diese Art des Zweifelns heraus zu kommen war bisher immer für mich darüber zu reden. Wir unterstützen uns gegenseitig sehr viel, auch wenn aus meiner Sicht alles was sie schreibt ziemlich gut ist muss ich feststellen, dass sie genauso oft Bedenken an dem was sie verfasst hat, wie ich.
Auch wenn man denkt, jemand wäre ein so toller Autor, er/sie hatte bestimmt noch nie irgendwelche Kratzer am Schreiber-Ego, so muss man feststellen: Selbst die erfolgreichsten Schriftsteller schütteln nicht einfach alles aus den Ärmeln. So gut wie in jeder Danksagung hinten steht "Danke an
denjenigen der mich unterstützt hat, weiter zu schreiben, ohne den und den hätte es dieses Buch wahrscheinlich nie gegeben."
Das ständige Gezweifel ist eben meistens da, denn wenn es einem aller Unbescheidenheit komplett fehlt, wie Alastair vorhin beschrieben hat, heißt es nicht das automatisch, dass dank mordsmäßigem Selbstbewusstsein gleich ein viel besseres Werk herauskommt. Wichtig ist meiner Meinung nach einfach die Balance zwischen Selbstbewustsein und Selbstkritik. (So und jetzt habe ich wieder Zweifel ob mein Kommentar nicht ein ziemlicher Müll ist ;) )

Anaya

Das ist für mich gerade ein ganz aktuelles Thema ... :-\

Vor einem Jahr habe ich eine etwas längere phantastische Kurzgeschichte geschrieben, die in eine Heimat bezogene Anthologie integriert werden sollte. Leider wurde die Anthologie abgeblasen, weil der Verlag zur Zeit wohl kleinere Brötchen backen muss.

Nun saß ich also da mit meiner Geschichte und dachte mir: Hey, die bietest du jetzt einfach einer ortsansässigen Zeitung an! Guter Plan! Aber vorher nochmal drüber lesen ... ob nicht doch was besser zu machen wäre ... oder umzuändern ... oder neu zu formulieren.
Also habe ich versucht, meine Story 'objektiv' zu lesen - so wie sie ein Redakteur lesen würde.
Und jetzt bin ich so verunsichert, dass ich mich einfach nicht überwinden kann, bei der Zeitung vorstellig zu werden, um das Teil anzupreisen. Inzwischen sind Wochen vergangen und meine Geschichte modert auf dem Pc vor sich hin. :(

Das Witzige daran ist, als ich sie damals geschrieben hatte und beim Verlag einreichte, fand ich sie noch ganz passabel.