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Medizinische Forschung ohne Mikroskop

Begonnen von Coppelia, 10. Februar 2009, 10:26:23

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Coppelia

Grad spukt mir diese ungebetene Kurzgeschichtensammlung im Kopf rum ...

Sie spielt in spätmittelalterlichem Setting.
Einer der Charaktere ist ein genialer Heilkundiger. Er ist seiner Zeit voraus und hat schon medizinische Methoden ausgeknobelt, mit denen er Krankheiten behandeln kann, wo die Medizin seiner Zeit sonst versagt. Ansonsten ist er ziemlich durchgeknallt und führt eine Art Privatkrieg gegen den Totengott. Nur wenige trauen sich, von ihm behandelt zu werden.
Ach ja, ein Magier ist er auch noch, hat also den Magierbonus bei seinen Forschungen. ;)

Nun frage ich mich, wie weit seine Forschungen gehen könnten. Z. B. frage ich mich, ob er in der Lage wäre herauszufinden, dass einige Krankheiten von Erregern im Blut verursacht werden. Er hat ja kein Mikroskop, um das Blut anzusehen, und ich frage mich, ob man sonst darauf kommen würde.
Aber ich denke noch weiter:
Es gibt hier, habe ich mir überlegt, eine Krankheit in tödlicher Variante und in ungefährlicher Variante. Wenn man die ungefährliche Variante hatte, ist man immun gegen die tödliche, von wegen Antikörpern und so. Dem Heiler würde sicher auffallen, dass alle, die die harmlose Version der Krankheit hatten, die gefährliche nicht mehr bekommen. Aber wäre er ohne Mikroskop auch in der Lage, den Grund dafür herauszufinden und am Ende sogar eine Art Impfstoff herzustellen? Ja wohl eher nicht, oder? Und selbst wenn - den Leuten, die an der tödlichen Version erkrankt sind, könnte er dann vermutlich auch nicht mehr helfen?

Ich vermute auch, dass sich ihm bei allen Versuchen, einem Patienten verlorenes Blut zu ersetzen, das Geheimnis der Blutgruppen nicht erschließen wird ...

Hm, was meint ihr, wie weit kann man in der Medizin kommen so ganz ohne Mikroskop?
(Vielleicht lasse ich ihn eins erfinden ;P)

Aithoriell

Also, er ist ein Magier... gut, haben wir denn in deinem Setting Glas? Also, wenn es spätmittelalterlich ist, dann muss ich spontan an die Glasmanufakturen von Murano in Italien denken. Es könnte also durchaus schon Glas vorhanden sein. Zum Erhellen einer Umgebung wurde im Mittelalter bereits folgende Apparatur verwandt. Ein Glaskolben, mit Wasser gefüllt, hinter dem eine Kerze stand. Das Wasser in dem Kolben sammelt und bündelt das Licht der Kerze, wodurch die Umgebung viel heller wird. Dein Prota könnte eine Linse verwenden mit der er das Blut untersucht. Wenn die Vergrößerung der Linse nicht ausreichend sein sollte, könnte er sie mit Magie verstärken. Könnte er eine Indikatorflüssigkeit verwenden? Gesundes Blut verfärbt sich bei Kontakt nicht. Virales Blut verfärbt oder verändert sich auf eine Weise? Ich habe auch Recherchen unternommen, inwieweit solche Untersuchungen bereits stattgefunden haben. Aber alle Ergebnisse führten stets ins späte 19. Jahrhundert. Infektionen und andere Erkrankungen wurden meist über Fieber etc. diagnostiziert. Das einzige, was mir immer wieder über den Weg läuft ist der (im Prinzip nutzlose) Aderlass.

Churke

Er müsste ja nicht in Kategorien von "Viren" und "Bakterien" denken. Er könnte ja auch der Meinung sein, dass das Blut einen krankmachenden "Saft" enthält oder mit einem "Fluch" behaftet ist oder sonst was. Man braucht nicht immer ein Mikroskop, wenn man Köpfchen hat.

ZitatDem Heiler würde sicher auffallen, dass alle, die die harmlose Version der Krankheit hatten, die gefährliche nicht mehr bekommen. Aber wäre er ohne Mikroskop auch in der Lage, den Grund dafür herauszufinden und am Ende sogar eine Art Impfstoff herzustellen?
Er muss den Grund nicht kennen, es genügt die Beobachtung. Wenn er feststellt, dass die harmlose Krankheit vor der gefährlichen schützt, dann könnte er die Leute absichtlich mit der harmosen infizieren. Vorausgesetzt, diese ist ansteckend, versteht sich. So, wie man ein Kind vernünftigerweise mit Masern oder so anstecken sollte.
Ob man dann auch einen Impfstoff herstellen kann? Er könnte die Idee haben, dass der Immunisierte einen geheimnisvollen Abwehrstoff im Blut besitzt. Aber wie er den da heraus und beim Kranken hinein bekommt... keine Ahnung.

Aidan

Hallo Coppelia!

Die Pockenimpfung wurde entdeckt, weil ein englischer Arzt herausgefunden hatte, dass Leute, die sich mit Kuhpocken infiziert hatten, danach die anderen Pocken nicht mehr oder sehr abgeschwächt bekamen.

Ich habe jetzt nur kurz gesucht, aber vielleicht hilft dir dieser Link weiter:
http://www.onmeda.de/krankheiten/pocken.html?p=3

Es reicht ja vielleicht, dass er beobachtet, dass es von einer Krankheit verschiedene Varianten gibt, von denen einige tödlich, andere nur milde ablaufen. Dazu die Erkenntnis, dass diejenigen, die die milde Form bekommen haben, die tödliche nicht mehr bekommen.

Bei den Blutgruppen - Blutgruppen untereinander verklumpen ja. Nun weiß ich nicht, ob es reicht, Blut miteinander zu vermischen, oder ob nur das Serum mit Blutstropfen vermischt werden bei den Blutgruppenverträglichkeitstesten. Aber vielleicht findet er heraus, dass es halt manchmal geht, manchmal nicht und testet dann aus. Er wird nicht die verschiedenen Gruppen nach A B AB und 0 unterscheiden, aber vielleicht findet er ein eigenes System?

Ich hoffe, es hilft dir weiter.

Nun ruft mich meine Kurzgeschichte...
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."

Coppelia

#4
Danke schon mal für eure Antworten. :)

Hm, klingt ja nicht ganz hoffnungslos für meinen Superheiler ...

@ Aithoriell
Glas ist vorhanden, ja. Allerdings verstehe ich grad den Zusammenhang zwischen dem Erhellen des Raumes und dem einfachen Mikroskop nicht (aber ich weiß schon, was ich heut abend, wenns dunkel wird, mal ausprobiere ;)).
Was wäre denn eine Indikatorflüssigkeit? Er müsste dann erstmal auf die Idee kommen, sowas anzuwenden ... also  als allererstes müsste er auf die Idee kommen, die Krankheit im Blut zu suchen, aber das würde er schon irgendwie schaffen.

@ Winterkind
Genau, die Pocken - das war es, woran ich auch dachte bei meiner Idee. Bei mir geht es um eine etwas andere Krankheit, aber wozu ist es Fantasy. ;) Danke für den Link. Ah, hm, der Arzt hat die Flüssigkeit aus den Pockenblasen zum Impfen verwendet, das ist gut ... da muss man nichts auf mikroskopischer Basis mischen ... das könnte gehen.
Ja, das mit den Blutgruppen ist noch schwierig. Dass es manchmal geht und manchmal nicht, weiß er schon, aber nicht, woran es liegt. ;) Das Ausprobieren ist natürlich frustig, weil der Patient sterben kann.
@ Churke (sorry)
Ja, er würde vermutlich denken, dass eine Art Fluch (genauer eine dämonische Präsenz) im Blut zu finden ist. Das würde er aber wohl zunächst nur bei der schweren Form denken. Wenn er dann aber herausfindet, dass es bei der leichten auch so ist ... :hmmm:
Es würde aber wohl, um Leute mit der harmlosen Krankheit zu infizieren, keine gute Idee sein, ihnen einfach das Blut einer kranken Person zu "spritzen", oder? (hat sich geklärt, siehe oben)


Aidan

Er könnte ja zum Ausprobieren auch Blut abzapfen, nicht den ganzen Patienten nehmen.

Kennst du die Blutverträglichkeitstest? Gibt ein kleines Papier. Tropft man Blut drauf und anhand dessen, welche der Tropfen gerinnen, kann man schließen, welche Blutgruppe vorhanden ist. Im AB0-System. Dazu gibt es dann noch extra Rhesus positiv und negativ. Ich habe so einen Teststreifen schon ewig nicht mehr gesehen, weiß also nicht mehr im Detail, wie der aussieht.

Ist halt die Frage, ob Blutstropfen ausreichen, um eine Gerinnung zu erkennen, aber das weiß ich nicht, dann müsste sich dein Heiler keinen Teststreifen basteln...
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

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Coppelia

Das ist ja echt interessant mit den Blutgruppen.
Es scheint eine zu geben (AB+), die allen Leuten gespendet werden kann(oder hab ich da was falsch verstanden?). Vielleicht hat er Glück und findet einen entsprechenden Spender, so eine Art lebende Blutbank, denn Blut aufbewahren kann er bei dem Klima nicht.
Hm, du meinst, es würde genügen, Blutstropfen auf Papier zu tropfen und sie scharf anzusehen? Ok, hier hören meine medizinischen Laienkenntnisse dann auf ...
Jedenfalls wäre ihm sicher klar, dass seine Versuche, Blut zu übertragen, in irgend einer Form an der Kompatibilität des Blutes scheitern *sieht ihn in Gedanken vor Frust sein Labor demolieren*.

Churke

Spielt die Blutgruppe überhaupt eine Rolle? Es geht schließlich nicht um Transfusion, sondern um Infektion und Immunisierung.  ???

Aidan

Ne, 0 kann jeder vertragen. Null, nicht o, hat keine Antikörper gegen A und B. A und B benennen sozusagen die Antigene, die sie tragen. A verträgt kein B und umgekehrt. AB kann alle Blutgruppen gespendet bekommen.

Der Test ist nicht mit normalen Papier, da ist der Antikörper drauf. Oder das Antigen? Ich weiß halt nicht, ob man beim Vermischen des Blutes außerhalb des Körpers Ausflockungserscheinungen sehen kann. Oder Blut mit Serum. Serum bekommt man aber, wenn ich jetzt nicht völlig auf dem Schlauch steh, wenn man Blut etwas stehen lässt, weil sich dann die schweren Teile absenken - das Serum bleibt. (Das Phänomen der Blutsenkung, was unter anderem ein wichtiges Diagnosemittel darstellt bei den Blutuntersuchungen. Aber tiefere Details wolle mir jetzt auch gerade nicht in den Kopf...)
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Coppelia

@ Churke
Ne, ist nur ne generelle Überlegung für verschiedene Kurzgeschichten.

@ Winterkind
Ah, so ist das, danke :)
Hm, Blutserum ... ich glaub, da muss ich mich vielleicht mal schlau machen. Aber eventuell eignet sich eine Geschichte auch ganz gut, in der mein Heiler seine Grenzen erkennen muss, auch wenn es ihn frustriert.

Aithoriell

Also, der Zusammenhang erklärt sich eigentlich von selbst. Hast du schon mal ein elektronisches Mikroskop angeschalten? Das ist meist in Verbindung mit einer Glühlampe  :pfanne:. Wegen Helligkeit! Na, geht dir eine Glühbirne auf.
Wenn du das mit der Flasche ausprobieren willst, es muss unbedingt eine kugelförmige Flasche sein. Also, jedenfalls habe ich das mit einer anderen noch nicht gesehen. Aber ich kenne diese Vorrichtung von diversen Burgbesichtigungen und das sind inzwischen doch sehr viele (bin nämlich Burgensammler  ;D).

Grey

@Aithoriell
Da muss ich dich jetzt leider ausbremsen. Mit einem normalen Lichtmikroskop wirst du keine Antikörper oder Erreger sehen können. Dafür bräuchtest du mindestens ein Elektronenmikroskop, und da hilft dir keine Glühbirne weiter.

Ich habe das gerade mal mit meinem Kollegen diskutiert, und er schlug folgende Varianten vor:

- Färbungen: Ähnlich wie beim Schwangerschaftstest verbinden sich Antikörper/Antigene mit anderen Substanzen zu farbigen Komplexen. Sowas kann man auch mal ganz schnell durch Zufall rausfinden.

- Trennung der Blutbestandteile mit Gel: Das zu untersuchende Blut (oder Urin, muss ja nicht unbedingt Blut sein) wird oben in eine schmale Glassäule geträufelt, in der sich dickflüssiges Gel befindet. Je nach Größe und Schwere der im Blut enthaltenen Teilchen trennen sich die Blutbestandteile dann auf, und es entsteht nach einiger Zeit ein charakteristisches Blutbild in der Säule. Wenn also in dem Blut der Kranken bestimmte Teilchen vorhanden sind, wird sich dieses Bild deutlich von dem eines gesunden Menschen unterscheiden. Und man braucht gar keine große Technik dafür ...

Tante Wiki hat auch noch ein paar Anregungen, sogar für Selbstversuche zu Hause ;)

Soweit die Vorschläge vom Immunhistologiedoktor. ;D


Lavendel

In dem Zusammenhang finde ich auch den Denkansatz mit den 'Säften' gut, denn das ist ja die mittelalterliche Medizintheorie, wenn ich mich recht erinnere. Vielleicht kannst du das verbinden?

Coppelia

#13
Herzlichen Dank! :)

Hm, der Versuch mit der Kerze scheiterte leider am Nichtvorhandensein einer runden Flasche ...

@ Grey
Ja, das wäre ne Möglichkeit, müsste man mal sehen, wie man das umsetzt, danke! :) Die Geltechnik klingt ganz interessant. Das Problem ist halt immer, wie man drauf kommt. Schleim wird mein Heiler sicher genug finden, wo er haust. ;D Jedenfalls ist der Heiler schon ganz scharf darauf, das ausprobieren zu können. Meinetwegen soll er mal, wenn ich mich dann grad nicht um ihn kümmern muss. :)

Blut/Urin gehören ja auch zu den "Säften", daher wird er hoffentlich irgendwann dahin kommen bei seiner Forschung. Zum Glück schläft er ja nicht. ;D Dann wird auf die Art keine Zeit verschwendet. Wobei das mal wieder einen anderen Thread wert wäre ...

Vali

#14
Trennen von Blutbestandteilen geht auch einfacher, nämlich durch zentrifugieren.

Bluttest wurde ich heute geprüft. Funktioniert so: Du hast ne Karte mit 3 Feldern. Auf Feld1 ist nichts (Kontrollfeld), auf Feld2 Anti-A-Antikörper, auf Feld3 Anti-B-Antikörper. Auf jedes Feld kommt ein kleiner Blutstropfen, der mit einem Kochsalztröpfchen verdünnt wird. Mit einem Stäbchen rührt man dann die Tropfen durch, dass sie sich auf ihre Felder verteilen (für Feld3 die andere Stäbchenseite benutzen wegen Kontamination) und dann ein bißchen hin und her schwenken.
Bildet sich in Feld2 Blutgerinnsel und auf Feld3 nichts, haben wir Blutgruppe A,
bildet sich auf Feld3 Blutgerinnsel und auf Feld2 nichts, dann haben wir Blutgruppe B,
bilden sich auf beiden Feldern Blutgerinnsel, haben wir Blutgruppe AB
bildet sich auf keinem keinem Feld Blutgerinnsel, haben wir Blutgruppe 0
und bildet sich auf Feld1 Blutgerinnsel, kannst du den Test nicht auswerten.

Blutgruppe 0, Rh- ist Universalspender und Blutgruppe AB, Rh+ ist Universalempfänger.


Dass es Infektionen über den Blutweg gibt, muss nicht durch Transfusionen und Mikroskope gefunden werden. Viren z.B. kann man unterm Lichtmikroskop eh nicht sehen. Mir fällt momentan keine Krankheit mit Bakterien im Blut ein, die über Blutkontakt übertragen wird. Überhaupt, wenn jemand Unmengen an Bakterien im Blut hat, hat er eine schöne, fette Blutvergiftung (Sepsis). Und wenn er Glück hat nur eine harmlose Bakteriämie, die aber Fieber und Endokarditis machen kann.
Im Krankenhaus infiziert sich das Personal überwiegend durch Nadelstichverletzungen mit Hepatitis B (Hepatitis C und HIV Infektion ist seltener). Sehr gefährlich sind Lanzetten. Wenn dein Magier also so fies ist, kann er Versuchspersonen (z.B. irgendwelche zu Tode Verurteilte) mit der blutigen Lanzette von Kranken tief stechen. Wenn diese Krankheit hochinfektiös ist, werden viele der Versuchspersonen nach ner gewissen Inkubationszeit erkranken.
Manche Mediziner haben damals auch verrückte Selbstversuche gemacht. So wollte Max von Pettenkofer dem Robert Koch beweisen, dass das Cholera verseuchte Wasser eben doch keine Cholera macht und hat die Brühe getrunken. Er hat unverschämtes Glück gehabt, dass er tatsächlich nicht erkrankt ist.