• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Grammatikfrage Imperfekt vs. Perfekt

Begonnen von Feuertraum, 06. Oktober 2008, 10:01:25

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Feuertraum

Guten Morgen!

Nachdem ich gestern einige Zeit damit verbracht habe, um die Tempi der deutschen Grammatik auf den Schirm zu kriegen, dürfte ich es jetzt wohl haben.
So habe ich erfahren, dass Perfekt und Imperfekt semantisch dasselbe sind, allerdings man das Perfekt (Ich habe.../Ich bin...) im Mündlichen, das Imperfekt (Ich las) im Schriftlichen Verwendung findet.
Allerdings sollte man sich auf eine der beiden Formen festlegen und nicht mischen.

Jetzt bin ich aber trotzdem irritiert, wie das dann ausschaut, wenn ich meine Protas eine Handlung ausführen lasse mit Imperfekt, ob ich dann die wörtliche Rede auch im Imperfekt schreiben muss oder dann doch im Perfekt.

Wäre lieb, wenn mir da jemand helfen kann, dass ich die Tempi irgendwann mal richtig schnuckele.

LG und danke im Voraus

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Lomax

Nun ja, so ganz austauschbar sind die beiden Zeiten auch nicht. Wenn du beispielsweise im Fließtext Präteritum (Imperfekt) verwendest, dann handelt es sich im Allgemeinen um das "erzählerische Präteritum", das keine echte Aussage über die Zeit des erzählten Geschehens beinhaltet, sondern diese irgendwie "in der Schwebe" lässt. Das hat auch einige praktische Konsequenzen, wenn es beispielsweise einen flexibleren Umgang mit dem Plusquamperfekt zulässt ... aber das ist für die hier aufgeworfene Fragestellung erst mal von untergeordneter Bedeutung.
  Wichtig ist in erster Linie, dass sich das erzählerische Präteritum nicht durch das Perfekt ersetzen lässt und diese Wahl daher gar nicht zur Verfügung steht. Umgekehrt ist es in der Regel auch unproblematisch, dann in der Figurenrede auf das Perfekt zu wechseln. Im Gegenteil wirkt das Präteritum in der wörtlichen Rede meist unnatürlich und gestelzt.
  Im Einzellfall kann es allerdings durchaus unterschiedlich aussehen; die letzte Entscheidung sollte man also nicht von der allgemeinen Regel abhängig machen, sondern immer vom konkreten Textbeispiel.

Tenryu

Ist es nicht so, daß das Perfekt eine abgeschlossene oder einmalige Handlung beschreibt, wohingegen das Imperfekt für eine fortdauernde oder wiederholte Aktion steht?
Beispiel:
A: Ich trank meinen Tee, als es an der Tür schellte...=> Das Teetrinken dauert an und wird unterbrochen
B: Ich habe/hatte meinen Tee getrunken, als es an der Tür schellte...=>Das Teetrinken war abgeschlossen, als die neue Aktion eintritt

Lomax

Zitat von: Tenryu am 06. Oktober 2008, 11:45:31Ist es nicht so, daß das Perfekt eine abgeschlossene oder einmalige Handlung beschreibt, wohingegen das Imperfekt für eine fortdauernde oder wiederholte Aktion steht?
Im Lateinischen, wo es ein echtes Perfekt und Imperfekt gibt, ist das wohl so ;D
Obwohl ich mich da dann gerne von den Lateinern hier im Forum korrigieren lasse. ;)

Coppelia

#4
Ja, so ungefähr ist das in Latein. Perfekt ist da das normale Erzähltempus, so wie bei Imperfekt bei uns. Aber das ist auf jeden Fall anders als im Deutschen.

Was ich über das deutsche Perfekt zu wissen glaube: ;D Es kennzeichnet Vorzeitigkeit zum Präsens "Ich bin beim Friseur gewesen, daher habe ich jetzt eine schöne neue Frisur" und drückt somit auch oft aus, dass das, was im Perfekt steht, für die Gegenwart irgendwie relevant ist. Daher wird es auch in der Alltagssprache meist verwendet, weil man sich ja normalerweise über das unterhält, was gerade wichtig ist.
Auch die Sätze von Tenryu lassen sich so erklären:

A: Ich trank meinen Tee, als es an der Tür schellte...=> Gleichzeitigkeit: Das Teetrinken und das Klingeln passieren gleichzeitig.
B: Ich habe/hatte meinen Tee getrunken, als es an der Tür schellte...=>Vorzeitigkeit: Das Teetrinken hat vor dem Klingeln stattgefunden. Aber da kein Präsens im Hauptsatz steht, ist es kein so gutes Beispiel.

Lomax

Zitat von: Coppelia am 06. Oktober 2008, 12:09:16B: Ich habe/hatte meinen Tee getrunken, als es an der Tür schellte...=>Vorzeitigkeit: Das Teetrinken hat vor dem Klingeln stattgefunden. Aber da kein Präsens im Hauptsatz steht, ist es kein so gutes Beispiel.
... und jetzt auch kein Perfekt mehr, sondern das Plusquamperfekt. Alles in allem habe ich daher das Gefühl, dass Tenryus Beispiele eher zur Verwirrung beitragen. Genau wie die Aussage an sich, denn wenn überhaupt, dann drückt im Deutschen das Imperfekt Abgeschlossenheit aus, das Perfekt etwas Fortdauerndes.
  Also, am besten schnell jeden Versuch aus dem Kopf klopfen, das lateinische Perfekt/Imperfekt in den deutschen Verhältnissen zu spiegeln :pfanne: ... und sich wieder auf die anfängliche Fragestellung des Threads konzentrieren.

Falckensteyn

#6
Zitat von: Feuertraum am 06. Oktober 2008, 10:01:25
das Imperfekt (Ich las) im Schriftlichen Verwendung findet.

Vermutlich verstehe ich Sie falsch, Herr Feuertraum? Aber ich meinte, "ich las" ist Präteritum?

Edit: Noch was. Im Schweizer Dialekt existiert die "mündliche" Form des Imperfekt/Präteritum gar nicht. In Deutschland ebenfalls nicht? Das erstaunt mich sehr!

Feuertraum

Heiho!

Ersteinmal danke für die Antworten, auch wenn ich gestehen muss, dass diese mich eher verwirren. Und ich hatte gehofft, ich hatte die Tempi endlich verstanden :(
Aber ich merke immer wieder, dass ich schlichtweg zu doof bin, um dass in meinen Schädel zu bekommen.
Fatalerweise habe ich einige Webseiten gefunden, die sich widersprechen, und das stürzt mich noch mehr in Verwirrung.

@ Falckensteyn: Jetzt verstehe ich Sie vermutlich falsch, aber in meinem Eingangspost hatte ich doch Schriftlich/Mündlich extra geschrieben.

LG

Feuertraum
(Tempusdoofie)
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Luisa

Hallo Feuertraum!

Ehrlich gesagt sehe ich die ganzen Posts auch nicht mehr durch, aber wir haben die Tempi gerade im Deutschunterricht, also sollte das, was unser Lehrer uns gibt, stimmen. Nur mit den Fachbegriffen kenne ich mich nicht so gut aus, wie die Lateiner...

1. Präsens (Gegenwart)
    Ich esse.
2. Perfekt (Vorgegenwart, Vergangenheit mit Bezug zur Gegenwart)
    Ich habe gegessen.
3. Präteritum (Vergangenheit)
    Ich .
4. Plusquamperfekt (Vorvergangenheit)
    Ich hatte gegessen.
5. Futur 1
6. Futur 2

Also ist euer Imperfekt das gleiche, wie mein Präteritum.  :hmmm:
Präteritum wird beim Sprechen kaum gebraucht, wir erzählen das meiste im Perfekt.
Beim Schreiben würde ich mein Protas also auch im Perfekt sprechen lassen, solange es sich nicht völlig bescheuert anhört oder der Prota besonders gebildet klingen soll.
Die Handlungen sollten aber im Präteritum bzw. falls notwendig im Plusquamperfekt geschrieben sein.
Ich glaube, man kann sich da auch größtenteils auf sein Sprachgefühl verlassen, wir merken dann ja, ob es wirklich komisch klingt.  :)


Drachenfeder

Ach du meine Güte! Ich glaube ich muss noch mal die Schulbank drücken   :o ... ich hab von Grammatik wohl keine Ahnung mehr (finde das alles total verwirrend). Obwohl ich beim Schreiben eigentlich das Gefühl habe, das ich es richtig mache. Wer weiß was ich da für einen Unsinn vielleicht hervorbringe.



Falckensteyn

Zitat von: Kiira am 06. Oktober 2008, 15:06:26
Präteritum wird beim Sprechen kaum gebraucht, wir erzählen das meiste im Perfekt.

@Feuertraum: Das meinte ich. Ich dachte als Schweizer immer, Deutsche schreiben nicht nur sondern reden auch "Präteritum". Wir Schweizer tun das nicht. Das war für mich heute DIE Erkenntnis und das Erstaunen, dass das auch die Deutschen nicht tun. Ich dachte immer, das sei eine rein alemannische Angewohntheit, nicht im Präteritum zu reden.  ;)

Feuertraum

Nur für mich zum Verständnis. Falls ich es wieder falsch habe, bitte sagen

Präterium ist etwas, was in der Vergangenheit passiert und abgeschlossen ist (Gestern war ich beim Sport)

Plusquamperfekt ist auch eine Sache aus der Vergangenheit. Dieses wird angewendet, wenn ich etwas erwähnen will, was noch vor dem Präterium passiert. (Gestern las ich ein Buch, dass ich mir aus der Bücherei ausgeliehen hatte)

Und das Perfekt ist dann auch etwas, was in der Vergangenheit passiert ist, deren "Folgen" aber noch in die Gegenwart reichen. (Ich habe vor 3 Wochen damit begonnen, unser Traumhaus zu bauen)

Ist das soweit richtig? Oder alles wieder falsch ?

(Ich weiß, ich bin nervig. Sorry  :-[ :schuldig:)

LG

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Falckensteyn

#12
Zitat von: Feuertraum am 06. Oktober 2008, 15:34:54
Plusquamperfekt ist auch eine Sache aus der Vergangenheit. Dieses wird angewendet, wenn ich etwas erwähnen will, was noch vor dem Präterium passiert. (Gestern las ich ein Buch, dass ich mir aus der Bücherei ausgeliehen hatte)

Das Plusquamperfekt ist in Bezug auf das Präteritum noch eine Stufe weiter in der Vergangenheit. Also quasi Präteritum x 2. So habe ich mir das immer als "Eselsleiter" im Gedächtnis behalten. Der Formulierung kann ich beipflichten.

Aidan

So habe ich es auch bisher verstanden.

Ich muss allerdings zugeben, dass ich mir nicht bewusst war, dass nicht im Präteritum gesprochen wird. Puh, da muss ich mal drauf achten. Könnt schon sein...  :hmmm: Spontan fällt mir auf jeden Fall kein Beispiel ein, wo es benutzt wird, nur Perfekt!
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."

Chuck

Ich sehe eigentlich, dass es genauso ist, wie ich es vor Jahren gelernt habe. So würde ich das machen. Vergangenheit + Vorvergangenheit.

"Ich ging zum Arzt, der mir die Woche davor Medizin verschrieben hatte."

Das wird eigentlich nie im Präteritum sprechen, darauf wurde ich am Anfang im Studium mal hingewiesen. Es ging dabei um Rekonstruktion von Sprache. Es zeigt deutlich, dass wir zwar viele Sprachen mit Grammatik und Co. rekonstruieren können, es aber nichts über die tatsächliche Anwendung aussagt. Bzw. sehr wenig.