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Die Fähigkeiten unserer Helden

Begonnen von Coppelia, 20. August 2008, 21:32:50

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Churke

Zitat von: Stefan am 24. August 2008, 14:34:52
Als hat überragendes Können in dem Fall nichts mit Erfolg zu tun.

Die Niederlage beruht auf einem Trainingsfehler und war letztlich unvermeidlich, also konnte der junge Prinz nicht wirklich was.

Aber einer hatte mal Stress vor der Disse. Hat dann nen Highkick ins Gesicht kassiert. Perfekt gemacht, blitzschnell, völlig überraschend. Nur leider (oder zum Glück) absolut ohne jede Trefferwirkung, weil der Tritt völlig kraftlos kam. Hatte der Bursche irgendwie nie trainiert.  :rofl:

Oder: Einer hat sich mit nem scharfen Schwert verletzt. Hat beim Ausholen nicht daran gedacht, dass europäische Schwerter zwei Schneiden haben. :hmhm?:

Ja, dort draußen gibt's echte Experten, da muss man nicht mehr viel erfinden...  8)





Hr. Kürbis

Zitat von: Churke am 24. August 2008, 15:27:14
Die Niederlage beruht auf einem Trainingsfehler und war letztlich unvermeidlich, also konnte der junge Prinz nicht wirklich was.

Hm, doch, er konnte schon, aber es nicht so anwenden, wie er es gelernt hatte. Er musste eben erkennen, dass auf Figur A eben nicht unbedingt Figur B folgt, auch wenn man es als "beste Lösung" so gelehrt bekommt. Das war auch die faszinierendste Stelle, da der Prinz es wirklich während des Kampfes erkennt, eigentlich selbst zu dem Schluss kommt, dass es ja so nicht richtig sein kann und eigenständig versucht, auf seinen Gegner zu reagieren. Trotzdem reicht es natürlich nicht zum Sieg, aber die Figur hat sich weiterentwickelt.

Melchior

Da widerspricht dieser Prinz ja ziemlich dem typischem Schema des Helden, der im Grunde genommen nichts kann und trotzdem gewinnt (siehe Harry Potter). In dem Falle ist es mir lieber, wenn Protagonisten die Fähigkeiten haben, die sie für den Roman brauchen, und alle Prüfungen nicht durch einen recht unwahrscheinlichen Zufall bestehen.

Bei meinen »Helden« spielen Kampfkünste eigentlich keine Rolle, da ich aktive Aggression auch in Fantasy-Romanen im Grunde ablehne - wenn, dann sollte Gewalt kritisch reflektiert werden. Ein gewisser Wanderer ohne Name aus meinem neuesten Projekt hat lediglich die Gabe, als Neuling in dem Land Dogmen und Traditionen zu hinterfragen und so letztendlich eine althergebrachte Weltordnung zu stürzen - besondere physische Fähigkeiten oder Magie war dafür nicht vonnöten.

Tenryu

Zitat von: Churke am 24. August 2008, 15:27:14Oder: Einer hat sich mit nem scharfen Schwert verletzt. Hat beim Ausholen nicht daran gedacht, dass europäische Schwerter zwei Schneiden haben. :hmhm?:

Naja, sich die stumpfe Seite vor die Birne zu knallen ist aber auch nicht gesund.  :d'oh: Manche Leute sollten besser gar nicht mit Schwertern rumfuchteln.  :no:

Romy

Zitat von: Blake am 23. August 2008, 17:32:11
Nehmen wie Berhard Hennens "Elfen". Der perfekte Ritter Ollowain, der sich im letzten Band wirklich stark verändert.
Oder im ersten Band Farodin, der Elfen"killer" der nur für die Rache lebt und darin perfekt ist. In Wirklichkeit ist er jedoch ein armer Wurm.

Aber Ollowain verändert sich doch schon in Band 2 (Elfenwinter) sehr stark und nicht erst in Band 3 (Elfenlicht)!!!
Nachdem er in Band 1 ja noch Nebenfigur ist und als der perfekte Ritter dargestellt wird und außerdem eher unsympathisch, beginnt Band 2 damit, dass dem Leser erzählt wird, dass er gar nicht so perfekt ist. Alle Elfen, selbst wenn sie in erster Linie etwas anderes als Magier sind, besitzen die Fähigkeit, ihren Körper so weit zu regulieren, dass sie nie schwitzen oder frieren. Aber Ollowain besitzt diese Fähigkeit nicht. Wenn es zu warm ist, schwitzt er, was seine Mitelfen natürlich sehen können und hinter seinem Rücken spotten einige über ihn (offen würde sich natürlich niemand mit ihm anlegen!)
Indem Bernhard Hennen ihn gleich zu Anfang von Band 2 damit vorstellt, erreicht er damit nicht nur, dass das Bild vom perfekten Elfen zerstört wird, sondern auch Sympathie erzeugt wird, die man als Leser nach Band 1 nicht unbedingt hatte!
Zum Beispiel hab ich einen Freund, der von Band 1 total begeistert war und 2 auch lesen wollte. Dann hab ich ihm erzählt, dass Ollowain dort Hauptfigur ist. Er war total entsetzt und wollte 2+3 eigentlich nicht mehr lesen. - Aber dann hat er es doch getan und war begeistert und hat Ollowain ebenfalls ins Herz geschlossen  :hmhm?:

Und Farodin würd ich nicht unbedingt als armen Wurm bezeichnen, aber eine angeknackste Psyche hat er eindeutig, da gebe ich Dir recht, Blake  :hmhm?:

Issun

Helden, die keine Fehler haben, werden einfach zu schnell langweilig. Niemand wird sich mit ihnen identifizieren können. Manchmal wird das Superhelden-Klischee extrem übertrieben, wie in dem chinesischen Fantasy-Film "Hero" geschehen. Da bestehen nämlich zwei Attentäter gegen ein ganzes Heer- was dann aber schon wieder amüsant ist.  ::)

Zwar haben meine Charas immer die Fähigkeiten, die sie für ihren Job brauchen, aber es mangelt ihnen trotzdem nie an der einen oder anderen Schwäche.
Mein Protagonist ist ein brillianter Stratege, Schwertkämpfer und Reiter, hat dafür aber mit dem Bogenschießen nichts am Hut. Er ist trunksüchtig, beim Tanzen völlig unfähig und zeitweise selbstmordgefährdet. Ihn plagen cholerische Anfälle und Höhenangst, obendrein scheint er mir in letzter Zeit ein wenig naiv zu sein.
Ich glaube, dass Figuren oft stärker werden durch ihre Schwächen, obwohl man es natürlich auch da nicht übertreiben sollte.

Einer meiner Nebencharaktere kennt sich bestens mit Waffen und deren Pflege aus, wäre aber nicht imstande, eine zu führen, weil er weder die körperlichen Fähigkeiten noch die nötige moralische Haltung besitzt. (Selbstverteidigung ausgenommen.)
Seine eigenen Fehler versucht er durch Zynismus zu überdecken.

Zwar nerven strahlende Siegertypen, aber ich würde auch nicht gerne über den totalen Versager lesen, der vor dem Drachen davonläuft und ständig gerettet werden muss, weil er nichts zustande bringt. Ausgewogenheit ist immer der beste Weg.  ;)


Blake

@Issun
"Hero" ist ein moderner Fantasy-Film und der Namenlose (Jet Li) keinesfalls ein Superheld. Wer sich mit der chinesischen Geschichte und vor allem mit der wirklich reichlichen Mythologie auskennt, wird sich vor diesem Film verneigen. Schließlich geht es um die Einigung des gesamten Reiches, das dann China heißen wird. Der dargestellte Kaiser ist eine reale Person der Zeitgeschichte und selbst die Attentäter sind keine Erfindung. Natürlich sind ihre Eigenschaften eher im übertragenen Sinn zu verstehen. Ihre Fähigkeiten beschreiben die Widrigkeiten, mit der Qin zu kämpfen hatte. Es ist leider ebenso ein Film, der bewußt die Grausamkeit des Kaisers verschweigt. Aber der Namenlose beugt sich schließlich vor der Macht des Kaisers. In der Verbotenen Stadt, die fast 1.500 Jahre später erbaut wurde. (Sieht aber besser aus, damit können wir Europäer auch was anfangen!)

Das ist das Schöne an Fantasy! (Filme und Bücher sind echt viel schöner, wenn man sich mit Mythologie auskennt. Das gilt übrigens für alle asiatischen Filme, vor allem für Bollywood-Streifen.)

Issun

@Blake: War ja keinesfalls abwertend gemeint.  ;)
Ich habe auch nicht Jet Li gemeint, sondern die anderen, aber dass diese keine Superhelden sind, ist auch klar. Außerdem ist es ja Fantasy und daher ist so ziemlich alles möglich. Ich wollte nur den Vergleich anstellen- zwei Krieger gegen tausende.
Ich mag den Film übrigens auch.  :pfanne:

Blake

@Issun
Habe ich nicht als abwertend verstanden.

Ich finde es schon sehr interessant, wie reich gerade die asiatische Literatur an "Superhelden" ist. In Europa finden sich da eher wenige Vertreter, oder kommt mir das nur so vor? Und wenn, dann haben sie eher führerische Qualitäten, weit ab von den Qualitäten, wie sie in "Hero" bedient werden.  ;) An alle weiblichen TZler: Die ganzen Bollywood-Filme sind wesentlich vielschichtiger, als man glaubt. Nicht nur Liebe und Gesang, sondern eine tiefe Verwurzelung in Religion in Kultur. (Ich bin Filmwissenschaftler, was kein Beweis für die Richtigkeit meiner Aussagen ist, sagen zumindest meine Professoren immer...)

Churke

ZitatIch finde es schon sehr interessant, wie reich gerade die asiatische Literatur an "Superhelden" ist. In Europa finden sich da eher wenige Vertreter, oder kommt mir das nur so vor?

Europäische Helden hängen eben nicht an Drahtseilen und können daher nicht fliegen. Aber mit der Fingerspeer-Technik die Brust durchstoßen ging auch. (Demoxenes vs. Kreugas, 400 v. Chr. - die Statuen stehen im Vatikan.)






Blake

@churke
Entweder habe ich mich falsch ausgedrückt, oder du hast mich falsch verstanden.  ;D
Jet Li ist ein Mensch, der mittels Drahtseilen tolle Stunts hinlegt (meines Wissens ist er aber wirklich ein außergewöhnlich begabter Kampfsportler und passabler Schauspieler - schaut eucht mal Unleashed! im englischen Original an, echt gut!)
Aber stimmt, irgendwie hatte ich gerade die gazen griechischen Helden sträflich vernachlässigt. Unter Umständen liegt es aber wirklich daran, wie bereitwillig wir die weltlichen Erklärungen akzeptieren. Zum Beispiel der Rattenfänger von Hameln. Das war wohl nur eine Art wandernder Headhunter, der gut ausgebildete Fachkräfte in seine Heimat holen wollte. Und Kinder gab es im Überfluss, also sind sie ihm wie Ratten gefolgt.
Die Chinesen sind da nicht so schnell bereit, ihre Welt der Magie zu berauben. Sie beleben sie zur Stärkung der inneren Einheit sogar neu!

Churke

Mir ging's nicht um Jet Li speziell, sondern darum, dass in schätzungsweise zwei Dritteln der Eastern Flugkünste geboten werden. In Kino merkt man dann schon, dass das deutsche Publikum bei solchen Sachen abschaltet. Und ich denke, das erklärt auch, warum Siegfried zwar Drachen töten, nicht fliegen kann.

Da gibt's auch so nen Szene in einem Eastern aus HK. Die Portugiesen, die ja in HK immer dumm & böse waren  ;D, gucken blöd: "Wie macht der das?" - "Sein Geist stärker ist stärker als die Schwerkraft."
Das habe ich mir gemerkt, weil man mit dem Joker "sein Geist ist stärker als..." jede Superfähigkeit plausibel begründen kann.   8)

Moni

Zitat von: Roede Baer am 22. August 2008, 14:49:16
Ich liebe einfach die Art Antiheld, wie sie so gern von Harrison Ford verkörpert wurde: Indiana Jones, Han Solo in Star Wars, oder Deckart in Blade Runner. Oder auch Mel Gibson in der Lethal Weapon-Reihe. Oft großmäulig und von sich selbst überzeugt, werden sie in schöner Regelmäßigkeit immer wieder zurechtgestutzt, bekommen ordentlich auf die Mütze und schaffen es am Ende doch immer irgendwie.

Kann ich gut verstehen, sind auch eher meine "Helden". Allerdings eher in Bezug auf Filme die ich mag, oder Bücher die ich lese. Komischerweise sind meine Protas (zumidnest wenn ich Fantasy schreibe)  so gut wie nie Antihelden. Sie haben ihre Ecken und Kanten und Macken, aber je nach Charakter sind sie ziemlich gut in dem, was sie machen.

Allerdings scheinen gebrochene Helden oder Antihelden in den letzten Jahren auch in der Fantasy sehr in Mode gekommen zu sein, bin da schon über ein paar gestolpert. Eine Art Versuch, die Fantasy "realistischer" zu machen, in dem man ihr ein paar weniger strahlende Überhelden verpasst?
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Tenryu

#58
Wie alles unterliegt auch die Fantasy gewissen Modeerscheinungen. Und da die Buchproduktion in diesem Genre gewaltig ist, muß ja von Zeit zu Zeit mal etwas neues kommen, sonst wäre es ja unerträglich langweilig. Supermänner, die in albernen Kostümen durch die Lüfte schweben, will doch heute wirklich keiner mehr sehen.

Was mich heute eher nervt, ist das fast alle Figuren mit irgend einer tragischen Vergangeheit ausgestatet werden.

Was die asiatischen Helden betrifft: Ich mag diese albernen Filme nicht. Im Anime sieht es noch halbwegs gut aus, wenn Son Goku durch die Luft fliegt und Blitzkugeln verschießt. Aber bei realen Schauspielern wirkt das extrem albern. Ich bevorzuge einigermaßen realistische Kämpfe und Fähigkeiten. z.B. ein schönes Schwertgemetzel bei "Kozure Okami" oder die echte Kampfkunst eines Bruce Lee (der keine Kameratricks braucht, um schneller auszusehen, sondern im Gegenteil extra für die Kamera seine Bewegungen langsamer ausführen mußte.)

Grey

Zitat von: Tenryu am 27. August 2008, 01:06:39
Supermänner, die in albernen Kostümen durch die Lüfte schweben, will doch heute wirklich keiner mehr sehen.

Ähm ... korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber ist nicht gerade zur Zeit ein gewisser Superheld in einem schwarzen Ganzkörperkondom der totale Hit im Kino? ::)

Tragische Vergangenheiten ... na ja, wie man's nimmt. Ich finde es persönlich immer gut, wenn eine Figur eine interessante Hintergrundgeschichte hat, die ihr Handeln nachvollziehbarer und glaubwürdiger macht. Und Leid und Tod sind nun mal interessant, nicht wahr?  :darth: Darstellen kann man das gut oder schlecht - wie immer.

Und asiatische Filme: Mag sein, dass sies da manchmal mit der Herumfliegerei etwas übertreiben. Aber deswegen würde ich nicht alle in dieser Sparte als "albern" abstempeln. Das sind sie nämlich keinesfalls. Im Gegenteil (wie Blake ja auch schon erwähnte) stecken meist ziemlich viele schlaue Gedanken drin, oder auch vier bis sieben metaphorische Ebenen ... ;) Da kann Bruce Lee trotz aller Kampfkunst leider nicht mithalten, zumindest in keinem der Filme mit ihm, die ich kenne.