• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Vulgäre Sprache

Begonnen von Artemis, 22. Mai 2008, 18:30:21

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Sven

Zitat von: Alana am 20. September 2011, 14:39:26
... man kann auch Figuren aus der Gosse glaubwürdig ohne
Vulgärsprache schreiben.

Zitat von: Kati am 20. September 2011, 14:06:46
Ich finde ja, dass auch in einem Setting, in dem vulgäre Sprache normal ist, nicht übertrieben werden sollte.

Das ist nicht das, worum es mir ging.
Es geht nicht darum, einer Figur etwas aufzupfropfen. Es geht darum, ein realistisches Bild zu zeichnen. Wenn die vulgäre Sprache dazugehört, dann muss sie rein. Das heißt nicht, dass man sie auf Teufel komm raus benutzen muss. Es ist wichtig, dass die Szene beim Leser ein reales Bild erzeugt.
Gerade in der Fantasy (besonders bei Urban Fantasy) ist das essentiell. Erst, wenn der Leser glaubt, eine Welt vor sich zu haben, die sich real anfühlt, akzeptiert er das Phantastische.
Es geht nicht darum, ob man vulgäre Kraftausdrücke mag, oder nicht, oder ob man sie ästhetisch findet. Es kommt darauf an, dass der Leser mir abnimmt, dass die Gestalten in der Geschichte echt sind.
Man muss sich ja nur mal ein paar Sendungen bei RTL2 anschauen. Die Sprache dort ist unter aller Sau.

Zitat von: Kati am 20. September 2011, 14:06:46
Wir sind ja immer noch Autoren, wir sollten uns schon überlegen, dass das was wir schreiben, auch einen ästhetischen Anspruch haben sollte.

Das ganz sicher. Doch in meinen Augen kommt diese Ästhetik nicht durch das Vermeiden von Kraftausdrücken zum Vorschein, sondern wenn der Autor es schafft, die oben erwähnten RTL2 Dialoge stilistisch sauber zu übertragen. Und damit meine ich keine 1 zu 1 Kopie, sondern Dialoge, die fesselnd sind. Das ist Ästhetik, das ist Realismus, und das ist scheißen schwierig!



Beste Grüße,
Sven

Kati

ZitatAusnahmen bestätigen die Regel, aber mir ist ein derbe fluchender Gossenjunge einfach tausendmal lieber als ein normal redender, der dann mit Beschreibungen korrigiert wird, die nicht seiner Ausdrucksweise entsprechen, das wirkt für mich schnell unglaubwürdig.

Ich finde, dass sich das jetzt nicht ausschließen muss. Ein Gossenjunge würde auch bei mir mal fluchen, aber ich denke, auch, wenn ich ihn nicht fluchen lassen würde, heißt das nicht, dass der Rest, den er sagt, nicht seiner Ausdrucksweise entspricht. Ich würde halt kurze, einfache Sätze für ihn wählen. Vielleicht Abkürzungen. Er würde halt nicht "Ich würde gern etwas essen" sagen, sondern "Ich hab Hunger."  ;D Da sehe ich jetzt kein Problem drin.

Das aber der Gossenjunge mehr flucht, als eine adelige Debütantin ist klar. Die drücken sich ja auch an sich völlig unterschiedlich aus.

ZitatEs geht darum, ein realistisches Bild zu zeichnen. Wenn die vulgäre Sprache dazugehört, dann muss sie rein. Das heißt nicht, dass man sie auf Teufel komm raus benutzen muss. 

Das meinte ich doch.  ;D Mein Post war auch eher allgemein gemeint als bloß auf deinen bezogen.  :) Wie gesagt, meine Charaktere fluchen auch. Aber eben nicht so außer Rand und Band, dass auf der Seite kaum was anderes steht. Das ist mir gerade in der Urban Fantasy aufgefallen, dass da teilweise so viel geflucht wurde, dass ich es schon wieder für unrealistisch hielt. Da muss man wohl einfach die Mitte finden, damit es realistisch wirkt.

Valaé

Zitat von: Kati am 20. September 2011, 15:40:40
Ich finde, dass sich das jetzt nicht ausschließen muss. Ein Gossenjunge würde auch bei mir mal fluchen, aber ich denke, auch, wenn ich ihn nicht fluchen lassen würde, heißt das nicht, dass der Rest, den er sagt, nicht seiner Ausdrucksweise entspricht. Ich würde halt kurze, einfache Sätze für ihn wählen. Vielleicht Abkürzungen. Er würde halt nicht "Ich würde gern etwas essen" sagen, sondern "Ich hab Hunger."  ;D Da sehe ich jetzt kein Problem drin.
Ich auch nicht, aber das habe ich auch nicht behauptet^^. Ich dachte jetzt eher an folgende Konstellation: Ein Autor vermeidet strikt, seinen eindeutig aus einem Umfeld stammenden Charakter, die sich der vulgären Sprache bedienen würde, fluchen zu lassen und versucht das dann mit Beschreibungen wie *seine derben Flüche erschreckten sie* oder *er fluchte derb*, wettzumachen, ohne auch nur jemals in der ganzen Geschichte einmal den Charakter einen Fluch aussprechen zu lassen. DAS würde ich als unglaubwürdig empfinden. Dass man einen Gossenjungen beschreiben kann, ohne dass er flucht, indem man ihm einfach eine einfacherere Sprache gibt, ohne dass alles was er sagt gleich unglaubwürdig klingt, bezweifle ich gar nicht. sonst müsste man ja an jeden Satz eines Gossenjungen einen Fluch hängen, damit er glaubwürdig ist XD. Ne, so schlimm muss es dann auch nicht sein =).

Kati

Ach so meintest du das.  ;D Das stimmt allerdings, das fände ich auch nicht gut.

Alana

#34
Ich hatte jetzt immer Nebencharas vor Augen, keine Ahnung, warum.
Mein Fehler.

Also ich glaube, wir meinen doch eigentlich etwas sehr ähnliches.
Ich bin nicht gegen den Einsatz von Vulgärsprache, ich bin nur gegen die Behauptung, dass gewisse Charas nicht ohne auskommen. Oder dass gewisse Handlungen nicht ohne auskommen.
Es kommt immer darauf an, was für eine Stimmung man erzeugen will.

Wenn man einen Hauptchara hat, der eben ständig flucht, dann muss man natürlich auch Flüche in direkter Rede verwenden.
Das spricht dann aber auch eine bestimmte Zielgruppe an. Oder geht in Richtung Realismus, was die Urban-Fantasy ja durchaus darf und auch oft tut.

Wenn man es vermeidet, entsteht eine andere Stimmung und wahrscheinlich ein ganz anderes Buch, das andere Leser anspricht. Das muss aber nicht bedeuten, dass das Buch oder der Chara deswegen unglaubwürdig ist. Natürlich kann es dann kein Hauptchara sein, der ständig unflätig flucht.

Um nochmal das Beispiel S. King zu nehmen: Bei ihm reden alle ständig vulgär. Auch wenn sie keine Gossencharas sind. Es hebt sich also kein Chara dadurch von den anderen ab. Und ich finde auch nicht, dass das irgendwie zum Horror beiträgt.
Also könnte man es genauso gut auch weglassen.
Es kreirt einen Text, den ich nicht lesen mag. Geschmackssache eben.
Alhambrana

Valaé

Gut möglich dass wir uns da irgendwie missverstanden haben^^. Für mich klang es, als ob du eben bei einem wichtigen Chara die Flüche durch Beschreibungen ersetzen wollen würdest und da finde ich dann eben, dass es eher unglaubwürdig wird, wenn sich der Chara nicht so verhält, wie er beschrieben wird. Ich würde schon behaupten, dass es ein paar Charas in bestimmten Geschichten gibt, die nicht ohne Vulgärsprache auskommen, aber da schwingt auf jeden Fall auch das *in dieser Geschichte* mit, da ein Charakter ja auch immer mit von der Geschichte geprägt wird. Ich habe eben auch ein paar Charaktere die ich mir niemals ohne Flüche vorstellen könnte. Und sie haben mir immer viel Spaß bereitet.
Wenn natürlich alle Charaktere so reden kommt es meienr Meinung nach noch darauf an, welches Umfeld, welche Gesellschaft man charakterisieren will. Weiß nicht ob das bei King jetzt irgendwie dieser Charakterisierung dient, passt es schon. Wenn Vulgärsprache überhaupt keiner Charakterisierung dient, muss sie natürlich nicht sein weil dann hat sie wie jede andere Sprache allerdings auch, ihren Sinn verloren. Jede Art von Sprache charakterisiert entweder einen Charakter oder eine Gesellschaft/Umgebung.
Ich habe King ehrlich gesagt nie gelesen, weswegen ich mir keine Meinung zu dem Beispiel bilden kann^^.

Alana

#36
Ja dem kann ich dann so zustimmen.
Mein Vorschlag bezog sich auf einen Nebenchara, dessen Fluch in direkter Rede nicht ins Buch passt.
(Warum keine Ahnung, ich hatte das irgendwie so vor Augen... Aber ich hab ja auch jahrelang gedacht, Harry Potter wäre blond.
Ich tendiere dazu, mir die Sachen so hinzulesen, wie sie mir gefallen  :rofl:)
Da finde ich dann so eine Umschreibung völlig ok.
Alhambrana

Guddy

#37
Hi, inoffizielle Threadnekromantin hier ;)

Hier im Thread geht es oft darum, dass das Milieu des fluchenden Chars dargestellt werden soll - dem stimme ich grundsätzlich zu, doch gibt es ja auch hochsituierte Protagonisten, die verdammt derbe daherzwitschern können.
Mein Hauptprotagonist bspw. ist intelligent, ein Charmeur - aber eben auch ein Krieger und jemand mit einem absolut nicht reinwestigen Werdegang. Und ja, er flucht auch, kann auch eine sehr direkte, sexuelle Formulierung anbringen und das schreibe ich auch aus. Was ein etwaige Lektor dazu sagt? Das ist bei mir ohnehin noch weit entfernte Zukunftsmusik ;)
Umgekehrt habe ich auch einen Nebenprotagonist, der aus dem "Ghetto" kommt und dennoch kein Killergangster vom Dienst ist, sondern im Vergleich zu dem anderen Char eine Engelszunge besitzt.
Die Charaktere sind alle grau und ich möchte, dass die Facetten deutlich werden, um jeden einzelnen Charakter zu etwas Eigenem zu machen. Wenn dazu dann zufällig eine derbe Ausdrucksweise gehört, dann ist das so. Ich weiche dem nicht aus, forciere es allerdings auch nicht künstlich. Beides würde ich als Leserin auch als störend empfinden.
Aber ich persönlich tendiere dazu, "dreckige" Fantasy zu bevorzugen und dazu gehört auch ab und an eine entsprechende Sprache.

KaPunkt

Ich habe nichts dagegen, wenn dein Protagonist gerne mal flucht oder derbe Sprüche reißt.
Bei dem 'Gassenkind' würde ich da schon eher zu Aufmerksamkeit raten.
Es geht nicht um Fluchen oder nicht, muss er nicht, soll er nicht, wenn er nicht mag. Aber die Ausdrucksweise ist immer dadurch gefärbt, wo er aufgewachsen, wo er schon überall war, wo er jetzt ist. Sprich: Seinem Bildungsstand angemessen.
Wenn er im Leben höchstens zwei Bücher gelesen hat und ungefähr genauso viele Leute getroffen hat, die einen höheren Bildungsstandard haben, dann wird er kaum einen besonders gewählten Wortschatz haben. Kann er ja gar nicht, woher soll er es denn kennen?

Das heißt ja noch lange nicht, dass er unhöflich und unflätig ist, und er kann redegewandt wie der Größte, nur gibt es halt einfach Dinge, die er nicht wissen und daher auch nicht anwenden kann. Das kompensiert er dann eben anders.

Nur mein Rat für den Hinterkopf.  ;)

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Guddy

#39
Es geht doch auch nicht um einen gehobenen Wortschatz(dieses Mindestmaß an Intelligenz darf man mir wirklich mal zutrauen *g* ;)), sondern um den Charakter, der die Wortfärbung prägt. Man kann auch mit einfachster Sprache freundlich sein. Zum Glück sind die Milieus keine zähen Massen, Individuen gibt's überall.
Also ich glaube, dass wir uns da einig sind ;D

absinthefreund

Zitat von: KaPunkt am 16. Februar 2014, 21:41:15
Aber die Ausdrucksweise ist immer dadurch gefärbt, wo er aufgewachsen, wo er schon überall war, wo er jetzt ist. Sprich: Seinem Bildungsstand angemessen.
Wenn er im Leben höchstens zwei Bücher gelesen hat und ungefähr genauso viele Leute getroffen hat, die einen höheren Bildungsstandard haben, dann wird er kaum einen besonders gewählten Wortschatz haben.
Genau! Wir dürfen nicht vergessen, dass wir als Autoren eine andere Herangehensweise an Sprache haben als unser "durchschnittlicher Prolet", der erstens einen viel kleineren Wortschatz hat und zweitens von seinen Kumpels ausgelacht würde, wenn er sich Mühe gäbe mit seiner Ausdrucksweise. Sein Anliegen ist es eher, so derb wie möglich sprechen.

Unser Anliegen als Anbeter des Wortes hingegen ist der Versuch mit gezielt gesetzten Wörtern die bestmögliche Wirkung zu erzielen. Wir wollen unsere Leser so nah wie möglich an das heranbringen, was wir uns im Kopf vorstellen. Das heißt aber auch: Wenn wir über ein Straßenkind, eine Prostituierte oder einen betrunkenen Matrosen schreiben, dann dürfen wir nicht vor der Sprache zurückschrecken, die diese Leute benutzen. Tatsächlich müssen wir sogar noch einen drauf setzen, um der Dramaturgie willen.

Zitat von: Drachenkrieger am 17. Februar 2014, 05:27:41
Das Wort Hure kommt bei mir auch nicht vor. Es sind Liebesdiener/Liebesdienerinen. Wenn ich böse sein will, benutze ich das Wort Ratte als gemeines Schimpfwort. Wer will schon eine geile Sängerratte sein?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass für jede deiner Figuren das Wort "Liebesdiener" angemessen wäre. Schon gar nicht für die hoffnungslose "Liebesdienerin" vom Straßenstrich. Und ich kann mir Schlimmeres vorstellen als eine geile Sängerratte zu sein. Unter gewissen Umständen klingt es fast wie ein Kompliment. ;)

Leider ist unser (deutscher und moderner) Vulgärwortschatz ziemlich beschränkt. Ich finde, in dieser Hinsicht dürfte sich jeder ein bisschen bilden, bzw. kreativ sein. Wer eine Figur hat, die aus Leidenschaft flucht, sollte mal im Fundus vergangener Zeiten oder anderer Kulturen wühlen, antike Beschimpfungen können durchaus lustige Formen annehmen, die in unseren Ohren gar nicht so böse klingen und vielleicht auch die Vulgär-Ablehner überzeugen.
Wenn mir in amerikanischen Filmen alle paar Minuten ein "F**" um die Ohren gehauen wird, nervt es mich auch. Die Vielfältigkeit machts! Auch beim Fluchen.

Christian Svensson

Hmm, irgendwie verstehe ich jetzt etwas nicht.

Zum einen ist das Wort "vulgär" die Kennzeichnung eines Wortgebrauchs, der abhängig ist von der Zeit, vom politischen und sozialen Umfeld, vom Bildungsstand und noch vielen anderen Definitionen. Es ist einer Wertung, die vom Wertegerüst der das Wort hörenden/benutzenden Person abhängt.
Insofern ist es doch keine Frage für einen Autor. Vielleicht, wenn er die Ich-Perspektive benutzt und eine Autobiographie schreibt.
ZitatDa ich eine sehr poetische Schreibsprache habe, würden so manche Schimpfwörter einfach nicht passen. Das wäre wie Schockoladenpudding als Beilage zum Fisch.

Als Autor muss ich doch meinen Charakteren den Sprachschatz mitgeben, der dem Charakter angemessen ist und da existiert das Wort "vulgär" einfach nicht. Es ist schon schwer genug, in der personalen Perspektive unterschiedliche Erzählstimmen hinzubekommen. Fast unmöglich wird es, wenn alle Charaktere, in deren Köpfe ich hüpfe, auch noch den gleichen Sprachschatz haben.

Von einem Zuhälter erwartet kein Leser, das Wort "Luststab" zu hören, sondern ein anderes. Von einem Universitätsprofesser hingegen schon. Usw. ...

Coehoorn

Eine derbe und vulgäre Aussprache benutzen meine Protagonisten auch. Der eine mehr als der andere. Ich bin der Ansicht dass gewisse Gruppen sich einfach nicht gepflegt ausdrücken. Wenn ein Soldat, ein Söldner, ein Zwerg, eine Spionin und ein Möchtegernritter, der so viel ritterliche Erziehung genossen hat wie eine Selleriestange, zusammen unterwegs sind, dann spricht niemand von der holden Maid in Nöten. Und wo ein Professor der kaiserlichen Akademie sagen würde "dem Patienten wurde ein Hämatom in der Regio Glutaea diagnostiziert" spricht ein Zwerg kurz von einem "blauen Fleck am Arsch"
Das schließt aber nicht nur vulgäre Sprache ein sondern auch falsche Aussprache wenn ungebildete Charaktere versuchen Fachbegriffe zu verwenden.
ZitatEin Späher betrat das Zelt.
,,Herr! Draußen ist ein Parlamenta... Perlemente... so ein Savoyen der sich für wichtig hält."
,,Ein Parlamentär? Schick ihn rein."
Ist natürlich immer schwierig die Balance zu halten, damit es nicht zu viel wird.

Snöblumma

Zitat von: Drachenkrieger am 17. Februar 2014, 23:04:02
Ich mag bestimmte Wörter in meiner Erzählersprache nicht. Aber genau diese Wörter mag ich im realen Leben auch nicht. Warum soll ich sie dann benutzen?

Das würde ich differenzieren. In meiner Erzählersprache bin ich eher nahe an dem, was ich auch im Alltag verwenden würde, wenngleich ich auch hier durchaus Begriffe verwende, die ich so nie sagen würde. Es kommt darauf an, welche Stimmung das Buch transportiert, wie die Sprache insgesamt aufgebaut ist, welche Ausdrücke sonst so vorkommen... und wenn ein in meinen Augen vulgäres Wort genau das alles erfüllt und passt, dann verwende ich es, aus. Ich als reale Person kann da oft ganz anderer Meinung sein.

Bei meinen Figuren halte ich es mit dem, was hier schon so oft gesagt wurde: Es muss zu der Figur passen. Jede meiner Figuren hat ihre eigene Art zu reden und zu denken (was sich bei personalisierter Schreibweise dann eben auch in der Erzählstimme niederschlägt), und da sind durchaus Wörter dabei, die ich im Leben nicht sagen würde. Das F-Wort, Schimpfwörter, derbe Ausdrücke für Geschlechtsorgane - wenn es zu den Figuren passt, ja, dann verwende ich solche Ausdrücke eben. Und natürlich kommt es immer auch darauf an, was in deren jeweiliger Umgebung als Beleidigung angesehen wird. In meinem letzten NaNo-Roman hatte ich eine wohlerzogene britische Lady, für die das Wort Hure beinahe unaussprechbar war. Natürlich flucht die anders als meine Hure (sic! Selbstbezeichnung der Figur) aus Manchester, die es zur Piratenkapitänin gebracht hat. Die Lady würde niemals nie nicht etwas anderes sagen als "gefallenes Mädchen", die Hure war schon bei der Selbstbezeichnung der Meinung, wirklich gepflegte Ausdrücke zu verwenden. Da kann ich als Autor dann nicht sagen, dass ich den einen oder anderen Ausdruck nicht mag. Wenn meine Figuren ihn verwenden wollen, verwenden sie ihn, punktum. Bildungsniveau und Herkunft schlagen sich da immer durch, und was ich als Autor davon halte, das sage ich meinen Figuren vielleicht hinterher, aber ich lasse sie reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. :D

Christian Svensson

ZitatIst natürlich immer schwierig die Balance zu halten, damit es nicht zu viel wird.

Jepp, sehe das auch so. Vielleicht noch eine Ergänzung. Ich denke, es kommt nicht darauf an, die Sprache so zu verwennden, wie es richtig ist, sondern so, wie die Leser denken, dass es richtig ist.
Was meine ich damit? Wenn ich über das Mittelalter schreibe, kann ich nicht die originalen Ausdrücke verwenden - kein Mensch würde sie verstehen. Oder wenn ich einen Roman über die NVA schreibe und verwende den Ausdruck "Schutzmaske", würden die Millionen Bundesbürger mich für einen Idioten halten, der nie gedient hat, denn das Ding heisst ja wohl "Gasmaske" - und den erwarten sie auch im Buch zu lesen. Es interessiert sie dabei kaum, das der Ausdruck "Gasmaske" in der NVA nicht verwendet wurde, sogar nicht verwendet werden durfte ...