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Eine realistische Einwohnerzahl für eine dystopische Stadt?

Begonnen von Czara Niyaha, 19. September 2023, 11:18:05

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Czara Niyaha

Ich komme einfach nicht von meinem Schmetterlingsprojekt los.  ;)  Aktuell überarbeite ich das gesamte Konzept, in der Hoffnung für den Nano startklar zu sein. Deswegen gehe ich für die Hintergrundrecherche tiefer ins Detail. Ich bin mir unsicher, was für eine Gesamteinwohnerzahl realistisch ist.
Hintergrundinfo: Catenadaec ist die letzte Stadt der Menschheit, beschützt von Eden dem letzten Weltenbaum, der mit seinem riesigen Schutzschild die Menschen vor der endgültigen Vernichtung bewahrt. Unterteilt ist die Stadt in vier Viertel, die untereinander von hohen Mauern getrennt sind. Als Größenvergleich (meine Stadt hat derzeit eine Gesamtfläche von 842 qkm) habe ich mir flächenmäßig Berlin als Vergleich rausgesucht. Bei der Einwohnerzahl bin ich mir unsicher. Bislang habe ich mit ca. 800.000 Bewohnern gerechnet. In Anbetracht der Tatsache, dass ein Großteil der Fläche genutzt werden muss, um den Anbau von Getreide, Obst und Gemüse zu gewährleisten, sowie die Unterbringung der Industriefirmen, ist die Zahl vermutlich zu hoch kalkuliert. Prozentual gerechnet gehören ca. 4-5 Prozent der Bevölkerung dem Adel und den Reichen an.
Die Überlegung ist, die Gesamtbevölkerung deutlich zu reduzieren, auf max. 350.000 Bewohner. Ich bin etwas ratlos, welche Zahl realistisch und nachvollziehbar ist, ohne dass das gesamte Wirtschaftssystem überlastet ist. Vielleicht hat jemand von euch einen Tipp.  :)
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Biene

#1
Ich freu mich riesig, dass du wieder anpackst und weitermachst. :pompom:

Wenn du an Nahrungsmittelerzeugung im heutigen Sinne denkst, könnte es tatsächlich ein Platz/Einwohnerzahlproblem geben. Allerdings ist deine Welt hochtechnologisiert. Warum das nicht auf die Nahrungsmittelerzeugung übertragen? Mehrstöckige Gewächshäuser in denen Insekten und Algen und anderes Pflanzliches/Essbares/ Nahrhaftes angebaut wird - man wäre Wetterunabhängig (die könnten dann auch im Winter- und Herbstviertel stehen)und könnte auf entsprechend kleiner Grundfläche eine große Menge Nahrung erzeugen. Das würde auch passen, wenn du mal in die Richtung googelst, wirst du sehen, dass das auch für uns eine denkbare Zukunft ist. Frisches Obst, Gemüse und Fleisch könnten extrem teure Luxusgüter sein, weil dafür nur sehr wenig Fläche zur Verfügung steht.
Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche. (Franz von Assisi)

Mondfräulein

Ich würde vielleicht eher darauf schauen, welche Atmosphäre du möchtest. 800.000 auf der Fläche von Berlin klingt eher leer und luftig. Wenn du eine enge, dystopische Stadt möchtest, dann geht ruhig weiter hoch, gerne auch weit über die Einwohnerzahl von Berlin hinaus. Wenn du dann erklärst, dass es in der Stadt eng ist und mir eine mögliche Erklärung für das Nahrungsmittelproblem lieferst, frage ich da nicht mehr so genau nach. Beispielsweise unterirdische Algenfarmen, Gärten auf Hochhausdächern, begrünte Hausfassaden, ein gutes Wiederverwertungssystem für Abfälle und Fäkalien. Das kommt auf den technologischen Stand und die Atmosphäre des Buches an. Die Ernährung innerhalb der Stadt müsste sich dadurch aber natürlich auch verändern.

Czara Niyaha

Danke für eure Antworten und Inspiration.  :knuddel: 
@ Mondfräulein, ich stimme dir zu, dass 800.000 Einwohner, oder sogar noch weniger, sehr dünn besiedelt ist, auf einer so großen Fläche. Die dystopische Atmosphäre kommt besser rüber, wenn die Stadt voller, lauter und enger ist.

Die Idee mit den Algen und mehrstöckigen Gewächshäusern ist mir noch nicht gekommen. Und das, obwohl ich mich einer hochentwickelten, technischen Zukunft befinde. Manchmal hat man die Lösung direkt vor Augen, und übersieht es.  ;) Ich werde eure Tipps weiterverfolgen und ausarbeiten.

Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Maja

Zitat von: Czara Niyaha am 19. September 2023, 12:48:48@ Mondfräulein, ich stimme dir zu, dass 800.000 Einwohner, oder sogar noch weniger, sehr dünn besiedelt ist, auf einer so großen Fläche. Die dystopische Atmosphäre kommt besser rüber, wenn die Stadt voller, lauter und enger ist.
Oder du machst es umgekehrt. Eine Stadt dieser Größe, die wirklich nur noch 350.000 Einwohner hat, vermittelt ein Gefühl der Verlorenheit. Da habe ich Detroit vor Augen, das ehemals beinahe eie Zwei-Millionenstadt war, bis heute aber zwei Drittel seiner Einwohner eingebüßt hat, sodass ganze Stadtteile verlassen liegen und vor sich hin verfallen. Das ist ein anderes Extrem und mutet auch sehr dystopisch an.

Inwieweit dieses Bild für deine Stadt funktioniert, weiß ich nicht, weil du die Flächen ja zum Anbau von Lebensmitteln nutzen willst. Aber da fände ich eine Stadt mit der Einwohnerzahl Münsters, mit großen, offenen Anbauflächen, beschützt von einem mächtigen Baum, auf den ersten Blick eher utopisch.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Mindi

#5
Gibt es nur eine einzige Stadt auf dem gesamten Planeten? Und 800.000 erscheinen mir auch ... weitläufig auf einer Stadt mit einer Fläche wie Berlin. Berlin hat 3,76Millionen Einwohner. Friedrichshain-Kreuzberg hat die höchste Einwohnerdichte: Dort leben ca. 14.400 Einwohner je km2.

In Night City in Cyberpunk2077 leben ca. 5 Millionen Einwohner, auf einer Fläche von ca. 225 km2 - inklusive Badlands, die ja quasi außerhalb der Stadt liegen. Das hat aber nicht viel landwirtschaftliche Flächen und zumindest 12 Megagebäude, die als kleine Städte in der Stadt gelten könnten mit jeweils über mehrere 100.000 Einwohnern leben, glaube ich. Diese Stadt ist schon sehr  ... voll. Aber halt schon sehr dystopisch :)
In Cyberpunk gibt es aber noch immer andere Städte auf dem Planeten.

Die Nahrung wird sich sicherlich geändert haben. Vertikale Gewächshäuser gibt es heute schon, die kann man sicherlich "unendlich" hoch gestalten. Ansonsten auch Algen, sowohl als Nahrung, als auch als Energieträger. Insekten können auch deutlich leichter gezüchtet werden als Fleisch, daher kann alles Nahrungs-Getier sicher weg, bzw. ist nur für die Upper-Class. Daher wird die Fläche, die Landwirtschaftlich genutzt wird, auch für die Ernährung der Menschheit genutzt werden können. Energie ist auch eine Frage - wo kommt die her, wie viel Platz braucht die?

Ab wie die anderen schon sagen:
Schwebt dir eher ein beklemmendes Gefühl vor, mit riesigen Wolkenkratzern, Arbeitergebieten für die Unter- und Mittelschicht und eng besiedelten Slums und einer kleinen, elitären Schicht, die auf ca. 20% der Fläche lebt?
Oder soll es schon dicht besiedelt sein, aber ohne Wolkenkratzer? Sind die meisten Häuser Einfamilienhäuser? Mehrfamilien? Wohnblöcke? Oder Richtige Quartiere, die auch Wolkenkratzer sein können?

Zur weiteren Einordnung von eng und/oder unkontrolliert besiedelten Slums:
Dharavi, ein Slumgebiet in Mumbai, hat ca. eine Fläche von 2km2 - dort leben ca. eine halbe Million Menschen (450.000-700.000 steht auf Wiki)
Canada Real in Madrid, Spanien 20.000 Menschen auf einem 16km langen Landstreifen.
Kowloon Walled City: Geschätzte Einwohnerzahl vorm Abriss: ca. 33.000 auf einem Gebiet von 0,025 km2 (Bevölkerungsdichte von über 1,3 Millionen Einwohner je Quadratkilometer)
"When we are asleep in this world, we are awake in another." - Salvador Dalí

Zit

Hm, wie ist denn der Verlauf der Geschichte? Von wenigen Menschen zum Überleben der Menschheit und Rebevölkerung des Planeten (positiver Verlauf) vs. von Überbevölkerung über Massensterben in den Untergang der Menschheit (negativer Verlauf)?
(Mann kann auch von Überbevölkerung über Massensterben zu Hoffnungsfunken des Überlebens der Menschheit gehen, aber im Kern ist es trotzdem ein negativer Verlauf.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

KaPunkt

Je nachdem, wie hart du den Weltenbau haben willst, kann man das ganz gut ausrechnen.
Wieviel Quadratmeter Algenfarm braucht man, um eine Person ein Jahr zu ernähren?
Wieviel Quadratmeter Insektenzuccht?
Wie abwechslungsreich soll die Ernährung für deine Menschen sein? Je nachdem für welche Gesellschaftsschicht.
Gemüse und Obst wird auch heute schon hochverdichtet in Gewächshäusern ohne "Erde" angebaut, die Wurzeln hängen in Wasser mit genau berechneten Nährstoffzugaben. Auch hier findest du vermutlich Zahlen, wie viel Quadratmeter wieviel produzieren.
Daraus kannst du einen Mix basteln und die Flächen hochrechnen. Das ganze dann tlw. in Hochhäusern stapeln oder auf Flachdächern anlegen.

Wichtig ist auch den, psychologischen Wert von Pflanzen und Tieren mit zu bedenken. Parkanlagen, Gärten etc. sorgen dafür, dass es Menschen mental besser geht. Weniger Gewalt, mehr Lebensfreude und so. Je nachdem, wie wichtig das in deiner Dystopie für welche Gesellschaftsschichten ist, kann das mehr oder weniger zugänglich sein. (Von privaten Parkanlagen bis zum Thymiantopf auf der Fensterbank)

Wenn der Weltenbau eher weich sein soll, sind die oben genannten Punkt schon sehr, sehr gut.

Liebe Grüße
KaPunkt

P.S.: Soylent Green is ...  ;)
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Eluin

Brauchst du denn zwingend eine genaue Zahl? Mich als Leser interessiert die nicht. Ich möchte in die Atmosphäre eintauchen und die entsteht wie @Maja oder @Mondfräulein es beschrieben haben.

Ich finde es z.B. sehr erschreckend in meine Geburtsstadt Bottrop zurückzukommen und dort durch die Innenstadt zu bummeln. Mittlerweile gibt es dort kaum noch Läden, sondern vieles steht leer und entsprechend ist auch das Feeling trostlos. Hier ist aber nicht die Einwohnerzahl das Problem. Du könntest sogar beides einbauen in Hinsicht "frühere Geschäftsviertel verwaist" (vielleicht wird alles nur noch geliefert?), aber überquellende Wohnblocks.

Zits Fragen und KaPinkts Hinweise finde ich da auch sehr spannend 😊
Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.

Czara Niyaha

Es gibt nur noch die eine Stadt. Der Rest der Erde ist aufgrund des anhaltenden nuklearen Winters unbewohnbar. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass jemals die genau Anzahl der Bewohner im Buch genannt wird, aber ich setze mich trotzdem mit dem Thema auseinander, damit die Stadt ein solides Grundkonzept vom Aufbau hat. Der Leser erfährt anhand des Protagonisten und seinen Lebensumständen, wie die Atmosphäre in der Stadt ist.
Für die Menschen im Sommerviertel ist das Leben in ewigen Sommer unbeschwert. Der Adel und die Reichen genießen ihr Dasein, während die Menschen in den unteren Viertel, (Herbst und Winterviertel) gezwungenermaßen mit ihrer Arbeit dieses Luxusleben aufrechterhalten.
Eines der Probleme, was ich derzeit habe, wenn ich die Stadt zu dicht besiedle, dann reicht der Platz nicht für alle aus, und das mit der Beschäftigung (Arbeit)wird ebenfalls schwierig, weil ich dann viel mehr Arbeitskräfte zur Verfügung habe, als Arbeit anfällt. Hochhäuser sind definitiv eine Lösung, aber die kann ich aufgrund der schützenden Kuppel nicht ins unendliche bauen. Dank euren Anregungen weiß ich wonach ich gezielter recherchieren und mir Gedanken machen muss.
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Fluide

Zitat von: Czara Niyaha am 20. September 2023, 11:14:46Eines der Probleme, was ich derzeit habe, wenn ich die Stadt zu dicht besiedle, dann reicht der Platz nicht für alle aus, und das mit der Beschäftigung (Arbeit)wird ebenfalls schwierig, weil ich dann viel mehr Arbeitskräfte zur Verfügung habe, als Arbeit anfällt.

Ist es denn problematisch, wenn du mehr Arbeitskräfte als notwendig zur Verfügung hast? "Arbeitslosigkeit" und damit Sinnlosigkeit und Probleme die Zeit totzuschlagen etc. könnte doch auch ein Effekt sein? In Kombination mit beengten Lebensverhältnissen bietet es auf jeden Fall Raum für jede Menge Konflikte.

Zur usprünglichen Frage: Meine Gedanken gingen in eine ähnliche Richtung wie die von KaPunkt: Über welche Nahrungsmittel soll Ernährung sichergestellt werden? Wie viel wäre nötig, um alle ausreichend zu versorgen? Sollen denn alle ausreichend versorgt werden können oder sollen Nahrungsmittel zB eher knapp sein? Wieviel Raum braucht es für eine Person pro qm? Und dann natürlich, wieviel Raum haben die Reichen zum Wohnen? wieviel die Armen? Vielleicht mal gucken, wie viel Platz heutzutage so ein Berliner im Durchschnitt hat und dann gucken, wieviel qm davon für Wohnen, für Nahrungsmittel, für Naherholung bzw. Logistik/Wege bei dir sinnvoll sind ...
Do I contradict myself?
Very well then I contradict myself,
(I am large, I contain multitudes.)
Walt Whitman

Araluen

#11
Ebenfalls bedacht werden sollten die Wohnkomplexe, welche es bereits in Dubai z.b. gibt. Da ist alles drin: Wohnen, Fitness, KiTa, Shopping, Büros, Ärzte, Indoorgärten alles in einem Gebäude.
Es gibt auch jetzt schon Planungen für autarke Städte unter Kuppeln (man wartet quasi "nur" noch auf die Serienreife von Nanoröhren), die auf 10mio Menschen ausgelegt sind.

Edit: Bei der Ernährung kann auch auf Pilze gesetzt werden. Zudem kann ich mir gut vorstellen, dass es in einhundert Jahren leicht möglich ist eine Proteinsuppe zu züchten, auf deren Basis dann Fleisch- und Fischersatz hergestellt wird. Erste Pilotprojekte gibt es dazu jetzt schon.