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Stern - Durchschnittlicher Schriftsteller-Verdienst

Begonnen von Kaeptn, 04. April 2008, 10:00:42

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Kaeptn

Hallo,

im Wartezimmer hatte ich gestern den Ster Nr.12 (13.3.) in der Hand und da geht es um die Verdienste von Selbstständigen. Schriftsteller wurden da mit durchschnittlich 955 Euro brutto angegeben (gemeint ist der Jahresgewinn vor steuern / 12), das ist ja entsetzlich... aber realistisch? Davon kann man ja kaum die Miete zahlen, wenn man in der Stadt wohnt... Geschwiege denn eine Familie ernähren.

EDIT: Das Einkommen eines Buchhändlers (Eigentümer) wurde übriegens mit 1700 angegeben. Auch nicht die Welt.


Linda

Hallo Kaeptn,

tja, nicht umsonst heißt es "brotlose Kunst" und nicht umsonst siedeln viele Autoren in Länder um, wo die Lebenshaltungskosten geringer sind. Natürlich fahren sie "offiziell" wegen der Sonne dahin, oder wegen dem Regen oder der Lebensart. Aber Fakt ist, dass Autoren in Irland z.B. als "Kulturgut" gelten und sich steuerlich um einiges besser stellen können als Nicht-Künstler. Zurecht, sag ich natürlich, zurecht ;-)

Gruß,

Linda

Moni

Zitat von: Kaeptn am 04. April 2008, 10:00:42
EDIT: Das Einkommen eines Buchhändlers (Eigentümer) wurde übriegens mit 1700 angegeben. Auch nicht die Welt.

Nö, denn obwohl wir eigentlich Fachverkäufer mit einer speziellen Ausbildung sind, werden wir meistens eben nur wie stinknormale Einzelhändler bezahlt. BTW: das ist das ca. Gehalt eines angestellten Buchhändlers, der Eigentümer dürfte im Schnitt etwas höher liegen (etwa bei 2.000, was aber auch nicht so super ist.)
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Stefan Quoos, WDR2-Moderator

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Silvia

Na das schließt sich doch nahtlos an die Veränderung des Berufsbildes an ... seit unser Haus zu Thalia gehört, sollen wir auch keine Buchhändler mehr sein, sondern Verkäufer, Verkäufer, Verkäufer. Aber ich bin immer noch der Ansicht, Bücher sind ne andere "Ware" als Socken oder Dosenmilch.  :buch:

Kaeptn

@Buchhändler: Nein, es ging laut Stern wie gesagt um SELBSTSTÄNDIGE also sehr wohl um den Besitzer. Wobei der ja auch immer in seine Ware investieren muss, so gesehen ist der Gewinn den er sich selbst entnehmen kann ja immer um den wert der Ware, die er auf lager hat reduziert...

@Verkäufer: Da stimme ich dir zu. Wenn ich nur die Bestseller aufgeschwatzt kriege, kann ich gleich bei Amazon kaufen


JulyRose

Stimmt schon, Schriftsteller verdienen im Durchschnitt nicht so toll. Ich bin aber immer skeptisch bei diesen Statistiken, weil ich nicht weiß, inwieweit da die Schriftsteller, die nebenberuflich schreiben (und das sind sehr, sehr viele) oder noch ein zweites Standbein haben (so wie ich) da mit eingerechnet sind. Darum würde ich diese Zahlen mit Vorsicht genießen.

Zu den Buchhändlerchefs: sind denn die 1.700 auch brutto? Würde mich ehrlich gesagt wundern. Eine kleine, inhabergeführte Buchhandlung in Kleinstadtlage, die mit drei, vier guten Buchhändlern arbeitet, kann immer noch sehr gut wirtschaften. Sah mal etwas anders aus, aber ich hab in so einer Buchhandlung jahrelang gearbeitet (und gerne gearbeitet).

Liebe Grüße
Juliane

Shay

#6
[Modedit: Fremdsmiley entfernt[/Modedit]

Wenn das so ist, dann verzichte ich lieber auf die Karriere als Autor und bleibe Ingenier. 955 brutto? Da hab ich ja als Doktorand schon das doppelte verdient. Ich hoffe nur, sie haben bei dem Durchschnitt die paar Topautoren nicht miteingerechnet, sonst verdient der Normalo-Autor ja noch weniger.

Koriko

Das ist der Grund weswegen, ich Schreiben (und auch Zeichnen) nur als Hobby betrachte und das nebenbei mache.. wennw as draus wird, toll, dann freue ich mich wirklich darüber), aber davon leben kann man wohl im seltensten Fall. Oder man schreibt wie Hohlbein jeden Monat 1 Buch, dann klappt's auch mit dem Geld.
"Das schönste aller Geheimnisse: ein Genie zu sein und es als einziger zu wissen." - Mark Twain

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Franziska

Ich würde auch gere mal wissen, ob das der Verdienst von Schriftstelern sein soll, die davon leben, oder von allen. Es sollte einem schon klar sein, dass die wenigsten davon leben können. Entweder, man hat ein wenig Erfolg und das Glück neben der normalen Arbeit noch Romane schreiben zu können, oder man ist so erfolgreich, dass man eben über diesem Schnitt liegt und davon leben kann. Aber das können eben nur ganz wenige, da sollte man sich keine Illusionen machen. Selbst wenn man mal einen Preis von 10 000 Euro gewinnt, da muss man trotzdem noch was dazuverdienen. In dem Zusammenhang, was Schriftsteller verdienen, finde ich auch interessant, was man so für ein Buch bekommt. Da gibt es auch Zahlen, wenn man etwas sucht ( bei Montsegu zum beispiel).
Aber man müsste erstmal überhaupt diese 900 Euro erreichen. Das finde ich schon ganz schön viel!

Lomax

Zitat von: JulyRose am 06. April 2008, 09:08:54Ich bin aber immer skeptisch bei diesen Statistiken, weil ich nicht weiß, inwieweit da die Schriftsteller, die nebenberuflich schreiben (und das sind sehr, sehr viele) oder noch ein zweites Standbein haben (so wie ich) da mit eingerechnet sind. Darum würde ich diese Zahlen mit Vorsicht genießen.
Hm, ich weiß nicht, warum dieser Gedanke mit Skepsis erfüllt. Bei den meisten Schriftsteller, die nebenher noch anders ihr Geld verdienen, ist es ja nicht so, dass sie mehr verdienen würden, wenn sie plötzlich auf Vollzeit umsteigen. Die Verkaufsmöglichkeiten werden davon kaum beeinflusst, vielmehr wird man halt irgendwann zum "hauptberuflichen" Schriftsteller, wenn man es sich erlauben kann.
  Die Schriftsteller, die vom Schreiben allein nicht leben können, sind also nur der statistisch notwendige Ausgleich für die wenigen Bestseller-Autoren, die gleich erheblich mehr Geld nach Hause bringen und sicher genausowenig einen realistischen Maßstab darstellen.

JulyRose

Zitat von: Lomax am 08. April 2008, 17:06:21
Hm, ich weiß nicht, warum dieser Gedanke mit Skepsis erfüllt. Bei den meisten Schriftsteller, die nebenher noch anders ihr Geld verdienen, ist es ja nicht so, dass sie mehr verdienen würden, wenn sie plötzlich auf Vollzeit umsteigen.

Ist halt immer eine Frage des Standpunkts. Ich für meinen Teil habe den Schritt gewagt und arbeite jetzt nur noch als Schriftstellerin/Übersetzerin. Wenn man sich nicht zu schade ist für Auftragsarbeiten, dann macht es sich durchaus bezahlt, mehr zu arbeiten. Aber das muss man eben wollen, und wenn man nur alle ein bis zwei Jahre ein Buch schreiben und veröffentlichen will, ist das natürlich auch eine Möglichkeit und durchaus legitim.

Liebe Grüße
Juliane

Lomax

Zitat von: JulyRose am 08. April 2008, 17:12:22Ich für meinen Teil habe den Schritt gewagt und arbeite jetzt nur noch als Schriftstellerin/Übersetzerin.
Na ja, tu ich ja auch. Aber die Frage, wie viel man tun "will", ist schon eher ein Luxusproblem. Schon als Übersetzer muss man ja erst mal die Kontakte haben, um Aufträge nach Belieben zu bekommen. Und fürs Autorendasein sind die wohlfeilen Auftragsarbeiten noch rarer. Da sind die Autoren, die alles verkauft bekommen, was sie schreiben, doch deutlich in der Minderheit - und gerade bei den Nebenerwerblern kann man so einen Status selten voraussetzen.
  Ich denke also nicht, dass dieser Faktor in irgendeiner Form für die Umfrage statistisch relevant ist.

Tenryu

#12
Diese Statistiken taugen schlecht zur Diskussion, weil wir nicht wissen, wie sie berechnet wurden.
Tatsache ist, daß ein Schriftsteller einerseits unter normalen Umständen nicht allzuviel Geld mit einem Buch verdient.
Andererseits gibt es wiederum keinen Beruf, wo einer mit weniger Risiko und Aufwand mehr Geld verdienen kann. Wenn man bedenkt, wie viele hunderte von Millionen (in DM schon über eine Milliarde) Frau Rowling verdient hat und dann schaut, in welchen anderen Berufen man ähnlich viel verdient, dann muß man schon Formel-1-Rennfahrer oder Gründer einer Investmentabzocker-Firma oder Manager eines internationalen Großkonzerns sein.

Auch sollte man bedenken, daß der durchschnittliche Schriftsteller keine acht Stunden am Tag und 225 Tage im Jahr arbeitet. Täte er dies, könnte er jährlich 12-18 Bücher ausstoßen (was manche Schriftsteller auch tun) und dann wäre sein Verdienst auch entsprechend größer. Umgekehrt könnte ein Arbeiter oder ein Angestellter, der täglich nur 2-3 Stunden arbeitete, auch nicht davon leben.

Man könnte auch folgende Rechnung anwenden. Für eine Buchseite benötigt man vielleicht eine halbe Stunde. Das macht bei einem 300-Seiten-Roman 150 Stunden. Bei einem Honorar von 3000 € (entspricht 1500 Exemplaren à 20€ Verkaufspreis), macht das einen Stundenlohn von 20€. Was nicht allzu schlecht ist.
Hinzu kommt, daß man viele Aufwendungen wie Arbeitszimmer, PC, Büromaterial usw. von der Steuer absetzen kann, obwohl man kaum mehr Ausgaben hat, wie ein Normalbürger, der den selben PC nur für die Freizeit besitzt.

Die Schriftstellerei ist übrigens eine der wenigen Tätigkeiten, bei denen Aufwand und Ertrag von einender entkoppelt sind. Das heißt, daß man mit einer einmaligen Arbeitsleistung theoretisch unendlich lange unendlich viel Geld verdienen kann.

Judith

#13
Zitat von: Tenryu am 11. September 2008, 14:11:48
Man könnte auch folgende Rechnung anwenden. Für eine Buchseite benötigt man vielleicht eine halbe Stunde. Das macht bei einem 300-Seiten-Roman 150 Stunden. Bei einem Honorar von 3000 € (entspricht 1500 Exemplaren à 20€ Verkaufspreis), macht das einen Stundenlohn von 20€. Was nicht allzu schlecht ist.
Diese Berechnung hinkt für mich, da Plotten, Recherche und Überarbeitungen nicht miteinberechnet werden. Das sind aber auch zeitintensive Tätigkeiten, die man als Schriftsteller machen muss. Bei mir etwa macht das Schreiben der ersten Fassung zeitmäßig gerade mal ein Drittel aus - ein weiteres Drittel entfällt auf Plotten, Planung, Recherche (alles, was man halt im Vorfeld so erledigt) und das letzte Drittel auf mehrere Überarbeitungsrunden.

Churke

Ich weiß, was die Mandanten so verdienen, und da muss ich sagen, dass es Berufe gibt, in denen man vollzeit auch nicht mehr oder nicht viel mehr verdient aber dafür erheblich schneller Kreuzschmerzen bekommt.  ::)

Außerdem möchte hinzu fügen, dass es auch durchaus vernünftig sein kann, von Stütze leben und nebenher zu schreiben.