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Isidoro Farnese, der charmante Bösewicht

Begonnen von Agrafena, 21. Mai 2023, 07:04:32

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Agrafena

Buongiorno Signore e Signori,

diese unerträgliche Signora Agrafena hat mich ins Rampenlicht geschubst und will mich eurem Verhör aussetzen. Na und, ich bin ein ganz schön abgebrühter Typ! Ich heiße Isidoro Farnese, bin ein Sproß eines alten italienischen Adelsgeschlechts aus Viterbo, lebe aber in Wien im Jahr 1830. Ich bin Komponist und stehe in der Gunst eines bekannten Mäzens, des Fürsten von Razumofsky. Ich bin bisexuell, und würde gern die Gunst des Grafen auf allen Ebenen genießen, zumal er auf italienische Liebschaften zu stehen scheint. Deswegen ist mir seine italienische Muse, Operndiva Florentina Mazzaro, ein Dorn im Auge. Aber sie nervt mich nicht so sehr, wie dieser unerträgliche Vollidiot Clemens von Weissenbach, ein anderer junger Komponist, auch ein Günstling unseres verehrten Mäzens. Ich selbst bin ausnehmend hübsch und modisch gekleidet, und dieser Clemens mit seiner Brille und altmodischen Kleidern hat imho die Ausstrahlung eines toten Fisches! Ich mache ihn beim Grafen schlecht wo ich nur kann, und habe es schon geschafft, dass der Graf die erste Hörprobe von Clemens sehr kritisch aufgenommen hat, auch wenn Florentina versucht hat, die Wogen zu glätten. Bis vor kurzem war ich überzeugt, dass Clemens als Komponist nichts taugt, deswegen war ich unangenehm überrascht, als mir zufällig ein Musikstück in die Hände gefallen ist, das von ihm stammte. Das Stück war wirklich brillant, verdammt! Hat Clemens sich etwa eine Inspiration organisiert, in Gestalt der schönen Witwe von Posch? Dem muss ich noch nachgehen, ich habe meine Ohren in jedem guten Wiener Salon! Gut, um meinem Opponenten eins auszuwischen, habe ich mit viel Lug und Trug das Publikum und den Grafen glauben lassen, dass das Stück von mir ist, und die lahmen Versuche von Clemens, das Gegenteil zu behaupten, ins Lächerliche gekehrt. Doch jetzt steht mir ein noch grösseres Problem ins Haus: Das Klavierkonzert, an dem Clemens im Auftrag des Grafen arbeitet. Was mache ich nun, wenn dieses Konzert auch genial ausfällt? Dann werde ich womöglich alles verlieren, vor allem die Gunst des Grafen! Hilft mir jemand?
Ciao meine Verehrten!
Isidoro

Alounaria

Guten Tag Isidoro Farnese, da hätte ich direkt schon ein paar Fragen an dich!

Du betonst ja sehr stolz, dass du Sproß eines italienischen Adelsgeschlechts bist, wie kommt es also, dass du in Wien lebst?

Und auch zu deinem Fürsten von Razumofsky hätte ich Fragen. Wieso willst du so unbedingt seine Gunst in allen Hinsichten, wenn er doch offensichtlich Interesse an einer Anderen hat? Du kommst mir vor, wie ein stolzer Mann, ist es da nicht beschämend, jemandem hinterherzujagen, der sich nicht auf die Art für dich interessiert, sogar jemand anderen im Blick hat?

Und wieso nervt Clemens dich so? Bist du so oberflächlich, dass du jemanden nicht leiden kannst, nur weil er nicht so modisch gekleidet ist, wie du? Das spricht für mich für einen schwachen Charakter, aber du würdest von dir nicht sagen, dass du einen schwachen Charakter hast, oder? Da muss doch noch mehr sein, wieso du ihn nicht leiden kannst, abgesehen von unmodischer Kleidung, oder?
🌼🌼🌼

Agrafena

Liebe @Alounaria vielen Dank für die schnellen Denkanstöße! Okay, dann fragen wir mal unseren Isidoro.
Sehr angenehm, verehrte Signora, ich bin Ihr ergebenster Diener und küsse Ihre Händchen! Na, natürlich ist das liebe Geld die Antwort auf alle Ihre Fragen! Es ist verdammt schwer, sich in Italien, das 1830 einen regelrechten Belcanto-Boom erlebt mit solchen Namen wie Bellini, Rossini, Donizetti als ein Symphoniker, Klaviervirtuose und Komponist sich nicht nur einen Namen machen, o nein! Es geht um bloßes Überleben, auch das ist zu schwer. Dafür ist Wien ein viel freundlicheres Pflaster: in jedem Salon steht ein Pianoforte und jedes Mädchen aus einem besseren Hause muss es spielen lernen! Es gibt regelmäßig private und öffentliche Konzerte und reiche Menschen, die Künstler wie mich mit viel Geld unterstützen. So wie mein verehrter Fürst, den die Fortuna mit einem geradezu märchenhaftem Reichtum beschenkt hat! Natürlich möchte ich daran teilhaben: seine tollen Pferde reiten, in seinem Palais ein und ausgehen und natürlich sein herrliches Musikzimmer nutzen! Dafür ist mir jedes Mittel recht. Dass der Fürst die eine oder andere Geliebte hat, stört mich dabei nur wenig - seine Vorlieben ändern sich oft, aber ich möchte unersetzlich für ihn werden, ihn bei allen seinen Unternehmungen begleiten und natürlich Musikaufträge von ihm bekommen, bei seinen Konzerten spielen... Sie verstehen, hoffe ich. Dafür wäre natürlich eine diskrete Liebschaft ideal, finde ich. Ich bin verdammt gut aussehend und immer perfekt gekleidet, um immer eine gute Figur zu machen. Ich kleide mich sozusagen für die Position, die ich haben möchte.
Jetzt kommen wir zum lästigen Teil, zu diesem Clemens. Er nervt mich als Mensch, ich kann so langweilige steife Zeitgenossen ohne Witz und Scharfsinn, bieder und korrekt, auf den Tod nicht ausstehen! Aber das wäre mir völlig egal, wenn er nicht auch noch ein ziemlich begabter Pianist und Komponist wäre und mit mir um die Gunst des Fürsten buhlen würde! Ich ärgere mich gerade sehr, weil ich Clemens lange ziemlich unterschätzt habe: Ich dachte, seine Musik wäre genauso lahm und bieder wie er selbst und es würde ausreichen, ihn beim Fürsten lächerlich zu machen, um ihm für immer das Wasser abzugraben. Doch dieses Werk, das in meine Hände gefallen ist, hat mich eines Besseren belehrt! Ich habe dort Tiefe der Emotionen und Vielfalt des Ausdrucks entdeckt, das ich ihm anfangs gar nicht zugetraut habe. Jetzt sehe ich meine eigene Stellung beim Fürsten bedroht, denn diese Brillanz wird er sicher nicht unbeachtet lassen.

Nachtrag von Agrafena:
Wow, das ist ja wirklich mega effektiv, diese Art Interview mit dem Vampir, ich habe auf einmal zig Ideen bekommen, wie ich die Figur noch einbringen kann, tausend Dank dafür!

Alounaria

@Agrafena Na dann machen wir doch direkt einmal weiter.

Das mit dem Geld erschließt sich mir, aber jetzt hast du so viel davon geredet. Du bist doch ein Künstler und natürlich, das passende Geld hilft einem da sehr weiter, aber ich würde gerne Wissen, was deine Kunst für dich bedeutet? Bis jetzt höre ich da relativ wenig Leidenschaft für raus - abgesehen von dem leidenschaftlichen Hass zu Clemens. Vielleicht solltest du mal versuchen, etwas über ihn zu kompnieren, da würde bestimmt zumindest etwas ziemlich emotionales bei rum kommen. ;D

Und noch einmal zu Clemens, auch wenn er dich ja offensichtlich sehr nervt. Die Tiefen Emotionen, die du in seinem Werk entdeckt hast, kann es sein, dass sie doch etwas mit dir gemacht haben? Wirkt für mich zumindest beinahe so, wenn du verstehst.

Wie alt bist du eigentlich? Das habe ich bis jetzt noch überhaupt nicht gefragt!
🌼🌼🌼

Agrafena

#4
Ich bin Mitte zwanzig, 1830 ist es das Alter, wo man als Mann quasi mitten im Leben steht, erreichten die meisten doch kaum das Alter von 60. So alt ist Clemens auch.
Ja, ich bin in der Tat zwar ziemlich raffiniert und intelligent, man kann sogar sagen gerissen, aber leidenschftlicher Musiker bin ich eigentlich nicht, das hast du absolut richtig erkannt! Ich glaube, diese Emotionen, die das Werk von Clemens in mir ausgelöst hat, waren eher Neid und Groll. Ich habe erkannt, dass Clemens mir künstlerisch weit überlegen ist und ich nie solche Werke erschaffen kann wie er. Das hat mir wiederum klargemacht, dass wenn ich meine Pläne bezüglich des Fürsten verwirklichen will, muss ich dafür sorgen, dass sich Clemens mir nie wieder in den Weg stellt, sprich, dass ich nur Erfolg haben kann, wenn ich ihn für mich unschädlich mache.  :pfanne: