Agrafena: Philodendrons können warten

[Arcor]

Liebes Forum, unser neuestes Mitglied frönt nicht nur dem Schreiben, sondern tobt sich auch in den visuellen Künsten aus und liebt die Oper. Herzlich Willkommen Agrafena!


Wer bist du?
Wer bin ich und wie viele? Na, das ist ja mal eine feine Frage, ein bisschen existenziell angehaucht, ganz nach meinem Geschmack. Besteht das Werk eines Schreiberlings nicht darin, Unbestimmtes zu benennen und Undefinierbares in Schubladen zu stecken? Aber wir wollen es mit Philosophie nicht übertreiben. Wie jeder habe auch ich einige Personas in der Hand, die ich abwechselnd dem Publikum zeige. Zuallererst die der Künstlerin, versteht sich in diesen heiligen Hallen von selbst. Dabei gibt es zwei kleine Besonderheiten. Die erste ist, dass ich sowohl mit Buchstaben, als auch mit Punkten, Strichen, Farbflächen, Kontrasten und ähnlichem arbeite, sprich, mit visuellen Mitteln. Möglicherweise schlägt sich das in meinen Texten nieder, aber es ist nicht sicher. Meine Schreibpartnerin versucht mich deswegen sogar für Drehbücher zu begeistern, wenn ich ihr zu sehr auf den Keks gehe. Die zweite kleine Besonderheit ist, dass meine Sprache einer künstlichen Quelle entspringt. Also anders als bei jedem "normalen" Schreiber nicht mit der Muttermilch aufgesogen, sondern in sehr vielen schlaflosen Nächten auswendig erlernt, teilweise anhand von Storm und Fontane, aber lassen wir es. Die Frage, inwiefern etwas Erlerntes überhaupt präsentiert werden darf und sollte, ist sicherlich interessant und kann gern diskutiert werden. Relevant ist vorerst, dass mein Wortschatz laut einem Sprachtest für Nichtmuttersprachler das Level "Goethe" erreicht und ich mir selbst das Schreiben zutraue. Natürlich mache ich manchmal unlustige Fehler, aber halt andere als meine muttersprachlichen Schüler. Und natürlich werden meine Texte von Muttersprachlern gegengelesen, bevor ich sie aus der Hand gebe.
Meine weiteren Personas sind recht unspektakulär: Eine weibliche Person, die ihre zwei Dino-Eier zu kleinen fröhlichen Sauriern großzieht, eine recht miserable Haushälterin, dafür eine recht passable Philodendron-Züchterin, eine begeisterte Operngängerin und eine recht fragwürdige Bauchtänzerin. Brötchengeld verdiene ich in der Erwachsenenbildung.


Was schreibst du?
Wie und wann ich ans Schreiben gekommen bin? Ich schätze, die ersten Versuche, auf Vaters Schreibmaschine zu tippen, ohne das Alphabet zu können, zählen nicht, oder? Dann sagen wir mal in der Schule, Klasse 8, in einem längst verflossenen zeitlichen und räumlichen Kontinuum. Natürlich war es Fantasy, was sonst? Eine Erzählung, mit meiner besten Schulfreundin als Kreativ-Duo verfasst und sogar öffentlich vorgetragen. Ich war für Metapher zuständig, sie plottete. Das waren noch Zeiten! Oft sehne ich mich danach zurück, wenn einzelne Szenen im Scrivener wieder mal keinen Zusammenhang ergeben wollen. Womit wir in der Gegenwart gelandet wären, bei der Frage nach aktuellen Projekten. Die erste Dino-Ei-Zeit hat mir das erste beschert, die zweite das zweite, beides Romane, immer schön klotzen! Der erste ist gegen die Wand gefahren und ruht. Es ist ein SF-Schinken mit düsterem urbanen Setting, inspiriert von der rheinischen Großstadt, wo ich wohne. Vielleicht bekomme ich ja hier ein paar kreative Schubser, um das Ganze doch noch vernünftig zu Ende zu bringen, wobei man laut Schreibratgebern wenig Hoffnung haben sollte. Das zweite Buch wird fleißig und diszipliniert weiter geschrieben, braucht aber noch einiges, um beendet zu werden. Es ist ein Historical, Drehort Wien 1830. Zwischendrin habe ich mich einmal mit einem Märchen (Fantasy!) bei einer Verlagsausschreibung beworben und eine persönlich und nett formulierte Absage bekommen, was einerseits die Befürchtung bekräftigt, ein verkanntes Genie zu sein, andererseits die Hoffnung macht, dass das Schreiben vielleicht grundsätzlich doch mehr praktischen Sinn ergibt als reines Philodendron-Züchten.


Warum wir? Warum du?
Warum ich mich überhaupt bei euch und nicht etwa bei einem "reinen" Historical-Forum bewerbe, ist eine sehr gute Frage. D'Artagnan würde hier sagen: "Weil ich das Herz eines Musketiers habe!" Harry Potter würde sich stolz die Haare aus der Stirn kämmen. Derartiges habe ich nicht vorzuweisen. Aus tiefenpsychologischer Sicht möchte uns diese Bewerbung bestimmt andeuten, dass ich mich grundsätzlich doch eher als eine Fantasy-Fee als eine Mittelalter-Fräulein sehe und in Zukunft über kurz oder lang mein Raumschiff auf dem Planeten Fantasy landen werde, auch wenn es heute vielleicht anders aussieht. Und das Forum hier ist bei meinen Recherchen nach Gleichgesinnten doch öfter aufgeploppt als man das nur durch Launen von Google erklären könnte. Die Vorstellungen der Stammesmütter haben mir wirklich gut gefallen, und die Idee, als Neuling erstmal Rede und Antwort stehen und womöglich sogar das eine oder andere reflektieren zu müssen, hat bei mir Sympathie erweckt. Ich finde die Vorstellung, dass man nicht jedem Troll Unterschlupf gewähren möchte, durchaus in Ordnung, trotz (oder dank?) der Tatsache, dass Kante zeigen nicht bei jedem auf Gegenliebe stößt und dem Ganzen zwangsläufig eine eigene Richtung gibt, was in diesem Meer von Beliebigkeit, das uns alle umgibt, recht angenehm sein kann. Also nochmal: Warum ihr mich auf eurem Boot aufnehmen sollt? Ich rudere gern, motze nie über die Strömung und reiche jedem, der um Hilfe ruft, die Hand. Solche Menschen kann man an Bord meist gut gebrauchen.

Kurze Kostprobe
Abends, als alle im Haus Boguchars bereits schliefen, schlich sich Verislavka aus dem Haus. Barfuß, um leiser aufzutreten, schlüpfte sie an den Schlafenden vorbei.
Im Dorf war es totenstill, alle Häuser waren dunkel. Irgendwo am Waldrand bellten Hunde. Vielleicht waren wieder Wölfe unterwegs. Die schmale Sichel des Neumondes gab nur wenig Licht als sie ihrem Ziel näher kam: einer kleinen, halb verfallenen Hütte, die einsam im Schatten der alten Bäume stand. Im einzigen Fenster brannte Licht.
Sie öffnete die Pforte in den Garten, huschte an zugewucherten Rübenbeeten vorbei, und kaum, dass sie die Hand ausstreckte, um anzuklopfen, sprang die Tür auf und der Vedun stand vor ihr.
In jedem Dorf an den Ufern des mächtigen Stromes Vltava lebte ein Vedun, "ein Wissender", der die Menschen mit seinen Zauberkünsten heilte, in die Zukunft sah und deshalb von jedem gefürchtet und möglichst gemieden wurde. Der Vedun ihres Dorfes war noch nicht alt und doch fand Verislavka ihn furchterregend, wie er dastand und sie mit seinen durchdringenden weißen Augen anblickte. Sein Bart reichte ihm bis zum Bauchnabel, sein wirres Haar war verfilzt und auf seiner Schulter saß eine Krähe.
"Ich habe dich erwartet, Verislavka", sagte der Vedun. "Komm rein".

[Rotkehlchen]

Oh wow! Was für ein Vorstellungsschreiben. Und noch eine Künstlerin in dieser Runde. Ich mache die Beobachtung, dass Schreiben und Malerei Talente sind, die recht häufig Hand in Hand gehen. 😊
Ich freue mich, dich kennenzulernen.
Herzlich willkommen!

[Agrafena]

@Rotkehlchen Vielen lieben Dank für die Philodendrons!  Bin schon gespannt auf die Runde!

[Michael W]

Hallo @Agrafena,

ein herzliches Willkommen auch von mir! Deine ausführliche Bewerbung zeigt mir, dass du gerne schreibst. Was malst du so, was sind deine Motive?

[Agrafena]

Hallo zurück lieber @Michael W

Vielen Dank fürs Vorbeischauen! Meinst du, ich war zu geschwätzig?  Was ich male? Im Grunde alles Mögliche, fast keine Gattung der Malerei ist von mir verschont geblieben  Landschaft, Stillleben, Portrait (obwohl es nicht direkt meine Stärke ist), figurativ, abstrakt, ganz nach Gusto. Ich nutze am liebsten Aquarell, Buntstifte, Liner, hab aber auch Sachen in Acryl oder Pastell. Ein beliebtes Medium von mir ist Wolle, ich filze Bilder daraus. Wenn du meine Sachen sehen möchtest, bist du auf meinem Insta willkommen, ich kann dir gern meinen Nick da verraten. Vielen Dank für dein Interesse! Ich schaue gleich bei deiner Vorstellung vorbei.
Liebe Grüße!