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Fremdsprachler darstellen - ja oder nein?

Begonnen von Coppelia, 15. März 2008, 07:54:18

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Coppelia

Ich hab mal eine Frage - schon gesucht, aber nichts dazu gefunden:
Genau genommen geht es um mein Computerspiel, nicht um einen Roman. Aber die betreffende Figur kommt auch in einem Roman vor. ;)

Es ist Luminata Scorpia, die zelistianische Unter-Kommandantin aus der ehrenwerten uralten Familie der Luminati, die schon immer als Feldherrn und treue Berater des zelistianischen Herrschers bekannt waren. Luminata ist mit ihrem Vater ins Königreich Sanguin gekommen, um Krieg gegen einen alten Feind zu führen.
Und dann trifft sie den Helden, einen Sanguiner.
... und verliebt sich. Nein, das nicht. ;)
Sie unterhält sich einfach nur mit dem Helden. Nun spricht Luminata natürlich die altehrwürdige zelistianische Sprache (und sie hat, wie es sich gehört, eine Ausbildung zur Rednerin erhalten und ihr Bruder ist sogar Dichter, wir haben es also mit einer sprachgewandten Familie zu tun), der Held spricht das "barbarische" Sanguinisch. Damit sie sich überhaupt verständigen können, hat Luminata die "Barbarensprache" ein wenig gelernt, denn dass der Held Zelistianisch spricht, ist sehr unwahrscheinlich.

Allerdings wird Luminata die "Barbarensprache" wohl nicht fließend sprechen. Wenn man eine Fremdsprache lernt und sie nicht perfekt kann - was man nie kann - unterlaufen einem ja immer wieder Fehler, die für Muttersprachler ziemlich ulkig klingen. Z. B. "erwischt" man nicht immer die richtige Satzstruktur, selbst dann nicht, wenn man die Sprache eigentlich gut kann.

In meiner ersten Fassung des Spiels habe ich Luminata daher fehlerhafte Grammatik sprechen lassen bzw. so, wie es in ihrer Muttersprache korrekt wäre "Wenn Götter gütige sind, es vergessen." Aber wo ich mir das noch mal angesehen habe, bin ich nicht sicher, ob das so schlau ist. Immerhin ist Luminata eigentlich eine beeindruckende Person, auch für den Helden des Spiels. Zelistianer sind etwas Besonderes, und die meisten Leute haben Respekt vor ihnen. Andererseits ist Luminata überheblich und hält alle Sanguiner für unkultivierte Trampel, so machen ihre unvollkommen Sprachkenntnisse sie vielleicht menschlicher?

Nun frage ich mich, ob ich sie lieber in völlig richtiger Grammatik und besonders gewählt sprechen lassen sollte - also so, wie sie es in ihrer Muttersprache täte, obwohl sie nicht in ihrer Muttersprache spricht.

Na, was meint ihr dazu?

Grey

Also ... ich würde die "Fremdsprachlerin" schon darstellen - bloß eben nicht übertreiben. Ich meine, wenn ich so z.B. an Yoda denke, der spricht auch nicht grammatikalisch korrekt und ist in meinen Augen trotzdem eine beeindruckende Person. Es darf eben nur nicht zu ausgeprägt sein - dann hast du am Ende vielleicht sogar sowas wie Wiedererkennungswert ;)

Moni

Hm, der Unterschied zwischen Yoda und dem Charakter von Coppi ist aber, daß Yoda tatsächlich mit Bedacht so "verdreht" spricht, um die seiner Meinung nach wichtigen Dinge hervorzuheben (funktioniert allerdings nur 100% im englischen Original), während Luminata einfach mit einer Sprache hantieren muß, die sie nicht vollständig beherrscht.

Ich würde es davon abhängig machen, aus welcher Perspektive die Szene geschrieben ist. Wenn sie aus Sicht des Sanguiners ist, wäre es sinnvoll, die Fehler hervorzuheben. Während es aus Sicht Luminatas nicht passen würde, da sie ihre Fehler vielleicht gar nicht bemerkt, selbst wenn welche da sind.
Die Frage ist ja auch: wie soll Luminata in dem Moment auf ihren Gesprächspartner wirken? Und wie genau nimmt es dieser Sanguiner mit ihren Sprachfähigkeiten?
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
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Volker

Als Fremdsprachler fällt man nicht nur durch falsche Grammatik auf. Bei einer hochgebildeten Rednerin würde ich vermuten, dass sie die Grammatik schnell richtig  auf die Reihe bekommt. Ich denke, Ihr könnte viel mehr gerade ihre Rednerausbildung immer wieder zwischen die Füße fallen.

Hochgebildete Redner verwenden gerne und viel Redensarten, Anspielungen auf Redensarten, Ironie und Verdrehungen, Mehrfachbedeutungen - alles, was so richtig schön into the trousers going kann. Da könnte sie schnell heavy on the wood-way kommen. Wenn sie meint, bald das Handtuch werfen zu müssen, zieht vielleicht Barbaren-Sonderkommando aus, so ein magisches, aus Händen gewobenes Tuch aufzufinden.

Ich denke, in diese Richtung wäre es für eine Hochgebildete passender, als ein ewiges Pigin.

Lomax

Ich erinnere mich da an die Seminare zu "Deutsch als Fremdsprache", die ich während meines Studiums besucht habe. Da kam auch einiges zu dem Thema vor, welche Fehler von Nicht-Muttersprachlern auf welchem Sprachstand typisch sind, inwiefern gewisse Muttersprachen diese Fehlerentwicklung beeinflussen und was man überhaupt nur sehr schlecht rauskriegt. Das waren meistens Grammatikfehler, und oft waren sie sehr diffizil und hatten gar nichts mit "Pigdin" zu tun. Häufig waren es auch Dinge, die selbst Muttersprachlern Probleme bereiten, die aber bei Nicht-Muttersprachlern dann mit einer gewissen Systematik vorkamen. Auch Fragen der "Lautbildung" sind beliebte Fehlerquellen.
  Man kann also einen Fremdsprachler mit entsprechender Recherche sehr passgenau darstellen, und auch abseits von üblichen "Klischeesprachfehlern". Leider hatte ich zuletzt 1998 den Stand, in der Materie firm genug zu sein, um genaue Generierungsregeln für solche "Sprachfehler" angeben zu können. Linda schrieb damals gerade ihren "Geisterwolf", als ich an der Seminararbeit zu dem Thema arbeitete, und dementsprechend konnte ich ihr dazu handliche "Formeln" für die Figurenrede ihrer Fremdsprachler unterschiedlichen Kenntnisstandes liefern. ;)
  Heute weiß ich nur noch, dass es auf dem Gebiet einiges an Material gibt, und dass du am besten entsprechende Fachbücher zu DaF konsultierst. Und vielleicht auch mal irgendeine Fachperson deines Vertrauens konsultierst, die dir die entsprechenden Literaturempfehlungen geben kann - ich müsste meine Uni-Unterlagen wieder ausgraben, die leider irgendwo im Keller vergraben sind. Aber ich denke, irgendwelche Sprachschulen, wo du die Dozenten ansprechen kannst, müsste es auch in deiner Gegend geben. Fachleute konsultieren ist für Autoren ja nicht ehrenrührig, sondern im Gegenteil Ausdruck sorgfältiger Arbeit ... wenn nicht zufällig noch aktive DaFler hier im Zirkel sind?

Dass das Lektorat so sorgfältig konstruierte Figurenrede dann u.U. wieder rausstreicht und auf "Schriftdeutsch" angleicht, ist wiederum ein anderes Thema. Aber das hindert einen ja nicht daran, es erst mal richtig zu machen und dann zu sehen, was später durchkommt.  :)

Coppelia

#5
Vielen Dank schon mal für eure Meinungen. :)

Da diese Frage, wie gesagt, mein Spiel betrifft, wird diese spezielle Sache wohl nie von irgend einem Lektor angesehen werden (na ja, man weiß ja nie). Im Roman habe ich das Problem gar nicht, weil mein Perspektiventräger nämlich zelistianisch spricht. Da habe ich die umgekehrte Situation.
Aber da das Problem wohl häufiger bei mir auftritt, ist es gut zu wissen, dass es dazu Literatur gibt!

ZitatHochgebildete Redner verwenden gerne und viel Redensarten, Anspielungen auf Redensarten, Ironie und Verdrehungen, Mehrfachbedeutungen - alles, was so richtig schön into the trousers going kann. Da könnte sie schnell heavy on the wood-way kommen. Wenn sie meint, bald das Handtuch werfen zu müssen, zieht vielleicht Barbaren-Sonderkommando aus, so ein magisches, aus Händen gewobenes Tuch aufzufinden.

Die Idee gefällt mir gut! :) Dann müsste ich mir natürlich ein paar zelistianische Redensarten ausdenken, aber das wird schon gehen. Dann könnte Luminata in ihrer arroganten Art auch noch meckern, wenn die "Barbaren" sie nicht gleich verstehen, so nach dem Motto: Da spreche ich schon ihre Sprache, und sie bemühen sich trotzdem nicht!
Sie könnte sich auch in der Stilebene vergreifen und manchmal hochgestochene Wörter benutzen, weil sie es so gewöhnt ist.

Das mit Yoda wusste ich noch gar nicht ...

Adiga

zelistianisch vs Luminata

Ich möchte noch folgendes anmerken. Bei meinen Geschichten die  angenommen im "Original" in einer von mir Erfunden Sprache geschrieben wurden, nehme ich mir die Freiheit, dass ich so tue, als hätte ein (unbekannter) Autor das ganze ins Deutsche übersetzt, Vielleicht ist es sogar nur eine Abschrift einer Abschrift, oder ein Konstrukt verschiedener Quellen. Wodurch der Effekt der nicht korrekten Aussprache, dort herausgefiltert wird, wo er das erzählerischen Momente stört. Gleichsam können derartige Fehler auch dort verstärkt werden, wo es möglicherweise wichtig ist. Weil jeder der einen Text überarbeitet sich Freiheiten nimmt. Das könnte zumindest eine Erklärung für kleinere Freiheiten deinerseits sein. Weil korrekt kann so ein unterfangen sowie niemals ganz sein; dann müsste deine Geschichte ja zur Gänze in zelistianisch und/oder luminatanisch geschrieben sein.