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Tipps zum Schreiben von nichtweißen Figuren (BI_PoC) mit Linksammlung

Begonnen von DunkelSylphe, 15. Februar 2021, 01:46:05

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der Rabe

Unter ,,zu allgemein" verstehe ich eben jene Begriffe, die du weiter oben beanstandet hast, weil sie Vorurteile befeuern. Ich will nicht zu den Vorurteilen zurück. Nur diese Frage hat sich in meinem Kopf gebildet ... vielleicht erkläre ich meine Gedanken etwas ausführlicher.

Ich will nicht eine random Figur in meiner Welt lieblos ,,divers" machen, weil ich damit mein Buch ,,divers" mache. Ich versuche meine Geschichten diverser zu machen, eben indem ich Geschlecht, Hautfarbe und Orientierung auswürfle – auch wenn ich sie meistens gar nicht erwähne. In meinem Kopf sind sie vorhanden und wenn sie später nochmal auftauchen, weil sie mehr als nur einen einzigen Auftritt haben, dann kommt es vielleicht irgendwie mit rein, weil es passt, weil es zusätzliches Leben in die Geschichte bringt. Das als Hintergrund. Ich schreibe gerade hauptsächlich in einer Fantasywelt, die keine Uyguren oder Tigray kennt, insofern habe ich es da etwas leichter. Denke ich ... :hmmm:

Aber – und hier setzt meine Frage an – wenn ich im realen Leben auf der Straße spazieren gehe, sehe ich Menschen. Angenommen einer spricht mich an, dann ist das erste, was mir auffällt, (meistens) sowas wie Körpergröße, vermeintliches Geschlecht, Hautfarbe und damit eine grobe Orientierung der irgendwann in der Lebensgeschichte dieses Menschen mal wichtig gewesene Herkunft. Ungefähr in dieser Reihenfolge*. Mag sein, dass das bei jemand anderem anders ist, bei mir ist das ungefähr so. Vielleicht muss ich es nochmal genauer beobachten. Gut. Heißt, wenn ich jemanden sehe, wäre das also z.B. ,,gleichgroß, weiblich, ostasiatisch" oder ,,groß, krass männlich, dunkelweiß". Ich kann mit dem kurzen Blick nicht sehen, ob die Person jetzt tatsächlich einen Hintergrund aus Japan/Okinawa, Honkong oder sogar Mikronesien bzw. Schweden, Türkei oder Portugal hat. Mir fallen Gesichtsformen, Haare und Augenfarben auf, bevor ich genauer hinsehen kann, und das ist dann das, was ich unter dem zu allgemeinen Begriff ,,asiatisch" oder auch ,,weiß" verallgemeinern würde.
Ich weiß, wie ich es meine – wie die meisten nicht böse, ich will aber lernen, darum bin ich ja hier.

Um zu meiner ursprünglichen Frage zurückzukommen, die mir bei der Frage von Felsenkatze kam: Wenn ich gestürzt bin und mir reicht jemand eine Hand zum Aufhelfen, sehe ich auf die Schnelle nur die oben genannten, zu allgemeinen Dinge. Das Genauere kommt erst, wenn ich mich näher mit einer Person beschäftige, wenn ich mit ihr ins Gespräch komme etwa. Darum wäre ich in einer Geschichte auch nicht auf die Idee gekommen zu schreiben, ,,eine südkoreanisch aussehende, grauhaarige Frau im roten Mantel". Mit deinem Hinweis, dass etwas weniger spezifisches aber schlecht ist, weil es die Vorurteile befeuert, bleibt mir erstmal nur die Alternative, es komplett wegzulassen und in Kauf zu nehmen, dass ein Großteil meiner potentiellen Leser*innen eben eine ,,weiße, grauhaarige Frau im roten Mantel" im Kopf haben – was ich wiederum blöd fände. Ich sehe da also eine Zwickmühle – zu sehr verallgemeinern oder weglassen – bei der ich gedacht hatte, dass es vielleicht hilfreich ist, wenigstens grob auf das Aussehen eingehen zu können, in der Hoffnung die Denkgewohnheiten zu beeinflussen.

Entschuldigung für die lange Erklärung. Ich hoffe, das hat es jetzt aber ein bisschen deutlicher gemacht, was ich meine und wo die Frage ihren Ursprung hat.

Jetzt habe ich mir Elonas Post nochmal durchgelesen und lasse mir auch das nochmal durch den Kopf gehen. Ich glaube aber, so langsam verstehe ich, was ihr meint. Trotzdem frage ich mich weiter, ob es nicht eine Zwischenlösung ist, in solchen Situationen die ,,zu allgemeinen" Begriffe zu benutzen.

Danke für eure Geduld. :)

PS: Ich nehme auch den Hinweis auf die Bücher an und werde mich in den nächsten Wochen ein bisschen mehr einlesen. Auch dafür Danke.



*Klamotten hab ich vergessen
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

Nikki

Ich glaube, wir tangieren hier auch die Grundsatzdiskussion "Wie genau soll ich erzählen?". Wenn ich beschreibe, ist es wichtig, dass die Leser*innen wissen, wie viele Zentimeter die Körpergröße meiner Figuren ergibt, wie viel Kilogramm sie wiegen, wie der Stoff ihrer Kleidung fällt etc.? Ich glaube, dieses Detailwissen ist per se uninteressant, kann aber in gewissen Situationen eine Erwähnung wert sein.

Die weiße Überrepräsentation in den Medien stellt uns meiner Meinung nach vor ein zweischneidiges Problem: Wenn wir nichtweiße Figuren schreiben wollen, müssen wir das auf die eine oder andere Weise erwähnen, indem wir Merkmale herausstreichen, die darauf schließen lassen, dass die Figur nicht weiß ist, sonst spielt das Unerwähntgelassensein jener "Marker" der weißen Defaulteinstellung in die Hände.

Gleichzeitig führt die Erwähnung aber auch zu einer gewissen Erwartungshaltung, wenn betont wird, dass eine Figur nichtweiß ist, denn sie provoziert die Frage: Wieso wird mir das jetzt unter die Nase gerieben, dass die Figur nicht weiß ist? Steckt darin irgendeine Anspielung/Andeutung?

Ich nehme mal ein Beispiel, das wohl die meisten hier kennen: Im Fernsehen/Radio wird über ein Verbrechen berichtet. Hat die*r Täter*in österreichische Nationalität (= default in Österreich), wird dies unter den Tisch fallen gelassen. Ist aber eine andere als die österreichische Nationalität im Spiel, wird das "natürlich" erwähnt. Wieso? Weil man uns glauben lassen will, alle, die nicht österreichische Nationalität sind, wären krimineller als jene mit.

Ich beziehe mich jetzt noch immer auf die Darstellung von Nebenfiguren, die praktisch unwichtig sind. Jetzt kann die Erwähnung von nichtweißer Merkmale so neutral wie möglich stattfinden, wenn sie aber für den Kontext völlig irrelevant sind, bin ich der Meinung, dass das voreingenommene Denken der Leser*innen anspringen lässt und mehr zwischen den Zeilen gelesen wird, als tatsächlich dasteht. Ich weiß nicht mehr, in welchem Video die Youtuberin Riley folgendes Beispiel gebracht hat (ich zitiere jetzt aus dem Gedächtnis): "Wenn ihr erzählt, ihr habt ein Video von einer trans Youtuberin über Themen über trans Erfahrungen gesehen, ist das okay. Wenn ihr aber sagt, ihr hättet ein Video einer trans Youtuberin übers Reisen gesehen, frage ich mich, wieso müsst ihr erwähnen, dass diese Person trans ist? Im ersten Fall ist die Info, dass die Youtuberin trans ist, relevant, da sie ihre Kompetenz, über derlei Themen zu sprechen, legitimiert. Im zweiten Fall tut es nichts zur Sache, ob die Youtuberin trans ist oder nicht."

Ich verstehe dein Beispiel @Rabe, worauf du achtest, wenn dir eine Person auf der Straße begegnet, aber müssen all diese Dinge tatsächlich erwähnt werden? Welcher erzählerischer Mehrwert ergibt sich daraus?

Letztens ist mir eine Person beim Joggen begegnet. Sie ist mir zuerst auf dem ersten Kilometer begegnet und dann 45 Minuten später auf dem letzten wieder. Beim zweiten Mal hat sie mich angesprochen und mir voller Stolz auf ihrem Handy gezeigt, wie sie gelaufen ist und hat mir erzählt, dass sie jeden Tag 10 km läuft. Wir haben uns davor noch nie gesehen und seitdem auch nicht wieder. Was ich wahrgenommen habe - mit meiner vorurteilbehafteten Wahrnehmung -, war: Ein Mann, 50+, mit türkischem Akzent (ich bin ganz schlecht mit Akzenten, es hätte genauso gut ein serbischer, kroatischer etc. sein können). Ich habe mich über diese zweifache Zufallsbekanntschaft und ihre offene Art so gefreut, dass ich so von ihr erzählt habe: "Eine Person, älter als ich, so um die 50, denke ich, hat mir erzählt, dass sie täglich 10km läuft." Die restlichen, von mir wahrgenommenen Merkmale habe ich nicht erwähnt, weil sie nichts zur Sache taten. Was ich für erwähnenswert bei der Beschreibung der Person hielt, war ihr Alter, weil ich diese Einschätzung im Zusammenspiel mit der Info, sie würde täglich 10 km laufen (was viel mehr ist, was ich laufe, obwohl ich ein paar Jahrzehnte jünger bin, als ich sie schätze) für interessant hielt. Der für mich fremde Akzent war ein Merkmal der Person und wahrscheinlich auch ein Teil ihrer Identität, aber muss ich sie darauf reduzieren, indem ich genau dieses Detail eines Aufeinandertreffens von wenigen Sekunden hervorhebe?

Das ist mein Zugang zu Nebenfiguren wie im anfangs gebrachten Beispiel mit der Bushaltestelle. Sie kommen nur wenige Sekunden/Zeilen vor, ihre Nationalität, ihr Phänotyp haben keinerlei Auswirkungen darauf, wie sie sich gegenüber der perspektiventragenden Figur verhalten, wieso sollte ich also gerade diese Dinge erwähnen? Wenn sich ein längeres Gespräch ergibt, könnte ein Akzent erwähnt werden, der gewisse Wörter besonders klingen lässt. Aber auch da muss man aufpassen, keinen Stereotypen zu verfallen.

Daraus ergeben sich zwei Grundsätze, mit denen ich mich bis jetzt am wohlsten fühle, und auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, führe ich sie hier (noch einmal) in aller Kürze aus:


  • Gleichbehandlung meiner Figuren - erwähne ich ein Merkmal (Hautfarbe, Haarfarbe, Statur etc.) bei einer Figur, sollte dieses Merkmal bei dem Großteil meiner Figuren ebenso erwähnt werden. (Siehe das Beispiel mit dem Akzent, wenn ich es erwähne, dann sollten Aussprache und Satzmelodie auch bei anderen Figuren thematisiert werden)
  • Beschreibung nichtweißer Figuren, wenn sie angemessen ist, Qualität geht über Quantität.

der Rabe

ZitatDas ist mein Zugang zu Nebenfiguren wie im anfangs gebrachten Beispiel mit der Bushaltestelle. Sie kommen nur wenige Sekunden/Zeilen vor, ihre Nationalität, ihr Phänotyp haben keinerlei Auswirkungen darauf, wie sie sich gegenüber der perspektiventragenden Figur verhalten, wieso sollte ich also gerade diese Dinge erwähnen?

Weil es mir eben in dem Augenblick aufgefallen ist, ob es Sinn ergibt oder nicht, eben weil Aufmerksamkeit in den seltsamsten Momenten so funktioniert.
Aber ja, ich verstehe das jetzt. Als Autor habe ich praktisch die Aufgabe, den Dingen, die ich schreibe, Bedeutung zu geben, und wenn es keine Bedeutung hat, dann eben keine reinzuschreiben. Es ist eine Sache der Aufmerksamkeit als Autor zu wissen, wo das fehllaufen kann. Am Beispiel der Frau im roten Mantel wäre es dann wichtig, wenn der Protagonist im Laufe der Geschichte darüber nachdenkt oder sie sonstwie später wieder auftaucht.
Danke für die Erkenntnis. Es geht eben doch nicht nur um Diversität, sondern auch darum, als Autor*in besser zu werden. Und das geht eben erst, wenn man Wörter für die Dinge hat, die einem selbst als völlig normal vorkommen bzw. die man selbst nie benannt hat. Also indem man über seinen eigenen Tellerrand hinauszuschauen lernt. :knuddel:
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

DunkelSylphe

Hallo in die Runde, mir ist total entgangen, dass das Thema hier detaillierter besprochen wurde. Gerade @Nikki hat viel Gutes zu bedenken gegeben, ich gebe noch etwas eigenen Input.

Was die Begrifflichkeiten angeht, ist es nicht so einfach. In der Realität wie im Text weiß nur die Person, um die es geht, über ihren kulturellen Hintergrund Bescheid. Menschen können das nicht von außen sehen, auch wenn die weiße Mehrheitsgesellschaft uns dieses Kategorisieren - fälschlicherweise - beibringt. Es ist ein Beispiel für einen White Gaze, einen weißen Blick, den ich als multikulturelles Kind nicht besitze.

Wenn ich eine braunhäutige Person sehe, dann sehe ich eine braunhäutige Person, aber ich komme nicht wie viele weiße Menschen zu dem Schluss: Oh, diese Person ist in Afrika (<-- supervage) geboren. Nur Haut und Haar, nur der erste optische Blick verrät mir nichts, und das weiß ich sehr genau. Ich weiß, dass es Braune und Schwarze Deutsche, viele Nuancen gibt. Ich merke vielleicht bei gewissen Sachen auf, die mir mehr über die Kulturalisierung einer Person verraten können, z. B. ein Akzent, wenn sie mehrere Sprachen spricht, kulturelle Symbole & Kleidung trägt ... Aber nur die Person selbst kann mir sagen, wer sie ist.

Wenn man Texte mit multikultureller Diversität schreiben möchte, losgelöst von rassistischen Strukturen, dann muss man (nicht nur) als weiße Person diesen Drang der Fremdzuschreibung entlernen. Begriffe wie "asiatisch" sind ohnehin vage, wie hier schon erklärt wurde. Was wir dagegen lernen müssen, ist, eine menschliche, natürliche Sprache zu finden, wenn wir People of Color schreiben. Statt einem beleidigend vagen, fremdzuschreibenden "afrikanisch" etwa braune Haut in Kombination mit Afro-Haar beschreiben. Und: Genauso, wie Menschen im echten Leben mal etwas zu ihrem Hintergrund fallen lassen, der prägt sie ja, können das genauso Figuren in Texten machen. Hautfarbe ist nicht unbedeutend, aber sie ist nicht alles.
Man braucht die Dunkelheit, um stärker leuchten zu können.

DunkelSylphe

#49
Passenderweise habe ich gerade beim Literaturcamp Heidelberg eine Session gehalten zum Thema: Wie kann ich Multikulturalität und nichtweiße Figuren in der Fantasy schreiben?  :vibes:

Wie im Titel enthalten, ist der Fokus Fantasy, aber ich sage auch viel Allgemeines, es gibt einiges an Literatur & praktischen Beispielen. Vielleicht hilft er einigen von euch ja weiter und beantwortet ein paar Fragen. Die Links zum Vortrag habe ich hier gesammelt: https://twitter.com/NoraBendzko/status/1381221935309283331
Man braucht die Dunkelheit, um stärker leuchten zu können.

caity

@DunkelSylphe: Das war so ein guter Vortrag, habe ihn gestern noch auf dem Twitch-Kanal nachgesehen  :pompom:

Ich bin seit dem vor allem am Überlegen, wie man am besten in der Fantasy über die Hautfarbe hinausgehen kann, ohne in die Falle der cultural appropriation zu tappen. Da ist mir die Umsetzung noch etwas schleierhaft. Bei allem anderen dachte ich aber: Wow, das sind super gute Werkzeuge und Tipps, mit denen man sich die Grundlagen für Multikulturalität in einem Fantasyroman erarbeiten kann  :jau:
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Layka

@DunkelSylphe, der Vortrag war echt toll und informativ, ich hab mich sehr gefreut, dass er auch auf Twitch zu sehen war/ist :vibes:

Auf dem Blog von Victoria Linnea, der schon im Startpost verlinkt wurde, gibt es zwei recht neue Gastbeiträge von Jade S. Kye zum Thema Afro-Frisuren:
- Afro-Frisuren: Eine kleine Einführung gibt eine Einführung in die kulturelle Seite
- Schwarze Haarstyles - Aussehen und Beschreibung gibt einen hilfreichen Überblick, wie die Haare im Text beschrieben werden können

Wichtig finde ich dabei u.a. den Punkt, dass Afro-Frisuren nicht generell mit negativ besetzten Adjektiven beschrieben werden sollten - was erstmal offensichtlich klingt, aber z.B. "kraus" habe ich schon sehr oft als Beschreibung für Afro-Haar gelesen und vorher nie hinterfragt. Jade weist auch darauf hin, dass Schwarze Menschen teilweise den Begriff "Dreadlocks" wegen seiner Konnotation und Historie ablehnen, stattdessen kann man Locs sagen.
Das sind so meine beiden Key Takeaways, es steckt aber natürlich noch viel mehr Information in den Artikeln und sie enthalten auch weiterführende Links.
lights out.

Nikki


Manouche

Vielen Dank @DunkelSylphe für diesen Vortrag!

Du hast so vieles aufgezeigt.
Tolle Hilfe und Anregung für alle die sich Gedanken machen wie eben Multikulturalität geschrieben werden kann. Und das auf eine so professionelle und angenehme Art. Danke!

Soly

@DunkelSylphe kann man den Twitch-Stream auch sehen, ohne einen eigenen Kanal zu haben? Bzw ist dein Vortrag auch auf anderen Plattformen zu sehen?
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Manouche

@Solmorn, ich habe auch keinen eigenen Kanal, das geht.
Ich musste allerdings eine Weile suchen, bis ichs geschafft habe ;D
Du kannst über den Link, den @DunkelSylphe angibt, auf ihren Twitterkanal kommen, scrollst ein kleines bisschen nach unten, dort siehst du ein Fenster: 2/13 #litcamp21... Wenn du dies anwählst, sieht es aus, als sei nichts los. Es steht aber "Gleich gehts weiter". Da bist du richtig :D

Viel Erfolg!

Mondfräulein

Ich denke in letzter Zeit immer mehr über ein bestimmtes Thema nach, das ich auch hier im Forum gerne ansprechen würde, aber ich bin nicht ganz sicher, ob und wie ich es am besten ansprechen sollte. Es geht mir darum, wie man verschiedene "Rassen" in High Fantasy Romanen umsetzen kann, ohne dass es rassistisch ist. Der Begriff Rasse ist hier in Anführungszeichen, weil der Begriff selbst schon problematisch ist und die Umsetzung dieses Konzepts häufig noch viel problematischer. Ich habe versucht, gute Artikel zum Thema zu finden und bin leider nicht so richtig fündig geworden, aber vielleicht kennt von euch ja jemand gute Quellen zum Thema. Es gibt auf jeden Fall haufenweise Probleme damit, wie "Rassen" in Tolkien-inspirierten Werken umgesetzt werden. Obwohl D&D an vielen Stellen auch wirklich problematisch ist, finde ich die Welt doch faszinierend und würde gerne etwas schreiben, das in einer ähnlichen Welt spielt und habe auch ein Projekt, das in die Richtung geht. Ich will aber auch nicht, dass es rassistisch ist, was natürlich bedeutet, dass ich am System wirklich einiges ändern müsste. Kann man Elfen und Orcs in sein Buch einbauen, ohne dass man denselben Rassismus reproduziert?

Ich habe überlegt, einen Thread dazu zu eröffnen, aber beim Threadtitel alleine habe ich mir auch schon den Kopf zerbrechen, weil das Konzept von "Rassen" selbst schon hinterfragt werden sollte. Insofern: Findet ihr, das wäre ein Thema, über das man hier im Forum gut sprechen könnte? Und wenn ja, auf welche Weise?

Nikki

ZitatFindet ihr, das wäre ein Thema, über das man hier im Forum gut sprechen könnte?

Wenn hier nicht, wo dann sonst? :)

Ich würde mit dem Thread noch warten, bis das Wording einerseits steht ("Rassen" ist im Deutschen einfach ein zu sehr belasteter Begriff) und bis die Moderation einen Raum freigegeben hat, wo Fragen dieser Art disktutiert werden können. Ich glaube, im Zuge der Erarbeitung von rassismusfreien Räume im Forum wird sich sicherlich ein Platz für genau diese Frage ergeben.

Immerhin geht es hier um eine grundlegende Frage der Fantasy, die nicht halbherzig nebenbei abgetan werden sollte und auch immer wieder explizit oder implizit in den Raum gestellt wird.

DunkelSylphe

#58
@Mondfräulein: Ich finde es völlig in Ordnung, zu diskutieren, wie man Fantasy hier besser schreiben kann, das ist auch eine Frage, mit der sich die deutschsprachige Szene nicht auseinander gesetzt hat. Dadurch, dass es Fantasy ist und es um (größtenteils) fiktive Völker geht, spricht man ja auch nicht über echte People of Color und ihre Erfahrungen hinweg. Und da die Fantasy vornehmlich von weißen Autor*innen und ihren Biases geprägt wurde, wäre es auch ihnen, zu hinterfragen, wie man jetzt mit dem Erbe dieses Genres besser umgeht.

Ich würde vielleicht auch nicht das Wort "Rasse" in den Titel aufnehmen (vielleicht stattdessen so was wie Völkerfantasy?), aber das Konzept kann man durchaus kritisch im Thread ansprechen, solange es respektvoll geschieht und nicht genutzt wird, um echte Rassismen zu reproduzieren. Bei meiner Session auf dem Litcamp hatte ich schon einige Gedanken geteilt, wie man eine multikulturelle Fantasy schreiben könnte, die rassistische Strukturen hinterfragt. Ich denke, ein großes Problem in dem Genre ist die Homogenität von Völkern, dass sie komplett getrennt voneinander leben, mit normalisierten Feindlichkeiten, und dass Kapazitäten zu Gutem und Bösen, manchmal auch Dinge wie Intelligenz biologisiert werden. Ein Ork wird automatisch blutrünstig und dumm geboren, ein Elf als edel und scharfsinnig, etc. Wenn Kinder zwischen verschiedenen Völkern z. B. Halbelfen, Halborks ... möglich sind, dann sind sie meist unsichtbar, nur eine kuriose Randnotiz oder schlimmstenfalls aus sexueller Gewalt entstanden. Gemischte Familien sieht man so gut wie nie bzw. werden sie als seltsame Ausnahmen hervorgehoben. Ich glaube, wenn man dieses biologistische Denken hinterfragt, dass man "so und so geboren" wird, dass Genetik den eigenen Charakter bestimmt, und insgesamt ein bunteres Leben zeigt, ist schon sehr viel gewonnen.

Aber ich schweife zu sehr ab, das wären vielleicht wirklich Gedanken für einen neuen Thread.
Man braucht die Dunkelheit, um stärker leuchten zu können.

Mondfräulein

Danke für eure Einschätzungen! :vibes: Ich werde das Thema auf jeden Fall eröffnen, sobald es hier im Forum einen Raum dafür gibt. Ihr habt wichtige Gründe dafür genannt, dass es wichtig ist, sich damit auseinanderzusetzen. Danke auch für den Namensvorschlag @DunkelSylphe. Dass ich das Wort im Threadtitel nicht verwenden wollte ist auch ein Grund, warum ich nicht gleich einen Thread aufgemacht habe, weil es ja auch darum geht zu diskutieren, warum das Wort in diesem Kontext problematisch ist und vor allem wie man es besser machen kann. Auf "Völkerfantasy" bin ich nicht gekommen, aber das ist ein gutes Stichwort, sowohl für den Threadtitel als auch die Recherche. Bis wir im Forum einen Raum für so eine Diskussion haben kann ich hoffentlich auch einen ordentlichen Eingangspost zusammentippen. Ich habe inzwischen auch deine Session gehört und fand sie wahnsinnig spannend. Da gibt es viele Punkte, über die man diskutieren kann, nicht nur um bestehende Werke zu analysieren, sondern vor allem um darüber zu sprechen, wie man es besser machen kann.