• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

"Muss" alles einen Eigennamen haben?

Begonnen von Czara Niyaha, 14. Februar 2021, 10:09:52

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Czara Niyaha

Beim Plotten meiner Geschichte bin ich mal wieder über einen Gedanken gestolpert, der mich schon des Öfteren zum Fallen gebracht und nachdenklich gestimmt hat. Fantasy und Science Fiction lebt davon etwas Neues zu erfinden und sich in seiner Kreativität zu entfalten. Wieviel Eigennamen verträgt eine fiktive Welt? Unter Eigennamen verstehe ich vom Autor/in erfundene Bezeichnungen für Völker, Städte, Kreaturen usw. Heutzutage sind so viele Geschichten geschrieben und erzählt, dass es mitunter wirklich schwer ist schön klingende und passende Namen zu kreieren, ohne das zu große Ähnlichkeiten mit anderen Werken bestehen. Daher habe ich mich gefragt, ob wirklich alles einen Eigennamen haben muss, oder ob man nicht Worte und Sprachen weltweit mischen bzw. verwenden kann?! Beispiel: Bei meinem aktuellen Projekt gibt es einen Orden von Wissenssammlern (vergleichbar mit Journalisten unserer Welt ;) ). Bisher ist mir kein passender Begriff für die eingefallen. Jetzt kam mir die Idee, die Mitglieder des Ordens "Shiori" zu nennen. Shiori kommt aus dem japanischen und heißt, soweit ich bewandert bin, übersetzt: Gedicht.
Wie handhabt ihr das in euren Geschichten? Wieviel "Eigennamen" verträgt eine fiktive Welt, ohne zu gekünstelt zu wirken, oder schlimmstenfalls den Leser zu verwirren?
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Aylis

Tatsächlich habe ich vor, einen Urban Fantasy Roman mit Naturgeistern (u.a.) zu schreiben und das Problem da auch. :D Soll ich nun wieder die Feen, Geister und Gnomen Klatur nehmen, die überall bekannt sind oder eigene Namen?
Ich glaube allerdings, solange es eine Art System hat und auch in die Welt passt, ist es im Roman relativ frei, wie viele man verwendet. Und solange nicht alle Begriffe auf eine Seite geklatscht werden.
Wenn ich jetzt deinen Ordensnamen als Beispiel nehme...Also da würde mir das Fehlen einer eigenen Bezeichnung eher übel aufstoßen glaube ich. Wenn ich mich über dein Werk unterhalte, nachdem ich es gelesen habe, möchte ich ja auch nicht immer von dem Orden von Wissenssammlern sprechen, wenn es auch Shiori sein könnten. :D
Ich würde mich allerdings wundern, woher der Name kommt, wenn die Geschichte keine anderen Begriffe in dieser Richtung verwendet. Wenn jetzt alle anderen Orden z.B. einen Namen verwenden würde, der eindeutig aus dem Deutschen kommt und die Shiori sind die Einzigen, die so japanisch anmuten, dann fänd ich das schon komisch.  :hmmm:
Auch da gibt es vermutlich wieder gute Gegenbeispiele. Aber das waren bisher so meine Gedanken.
Wo genau sollen wir einbrechen? - In die namenlose Festung.

Barra

#2
Ich hab letztes Jahr einen Prompt geschrieben, in dem ich sehr viele sehr alte Bezeichnungen benutzt habe, hat keiner gekannt, haben alle gedacht, ich hätte mir das ausgedacht.
In Kürze also: Ich habe überhaupt nichts gegen neue Namen. Ob die Wissensammler jetzt "Sucher" oder "Gelehrte" oder "Shiori" heissen, ist völlig egal. Es sind deine, also benenn sie. Dafür kann man ja in anderen Berufen: Koch, Töpfer, Stallmeister bei den gängigen Begriffen bleiben. Wenn diese Wissenssammler wichtig sind und einen Großteil des Plots oder der Charakterentwicklung des Prota oder Antas tragen dürfen und sollten sie Alleinstellungsmerkmale haben und damit auch einen eigenen Namen. Ob der nun komplett ausgedacht, angelehnt oder entlehnt ist, finde ich dabei egal, das sollte einfach ins Setting passen und zu deinen Überlegungen.

Erstmal knall ich alles rein, was mir in den Sinn kommt. Wenn das dann zu viel ist, kann man ja ein paar Begriffe wieder rausnehmen oder vereinfachen. Es gibt viele Leser, von denen ich schon gehört habe, der Punkt warum sie Fantasy nicht mögen sind die ganzen "Fremdbezeichnungen". Kommt jetzt eben drauf an, wie man es selbst mag und wen man als Leser gewinnen möchte.
Natürlich kann ich mein Kaffee-ähnliches Getränk Kaffee nennen. Oder ich nenne es Klah und schreibe die Wirkung, Zubereitung und den Geschmack dazu (McCaffrey Drachenreiter von Pern). Nah genug und eigen genug.

Für mich persönlich darf es ruhig ein bisschen mehr sein. Ich will das alles sehen, was da anders ist. Ich will die Fauna, Flora und Begriffe und sogar Redewendungen, Flüche und Schimpfworte und ganz besonders (vor allem in der SF): Gottesanrufungen. Man liest einen SF und auf einmal ruft jemand: "Oh Gott!", da frag ich mich immer: Warum tun die das noch? Glauben die das (echt) noch? Und wenn sie es glauben, warum wird das nirgendwo erwähnt.

Czara Niyaha

#3
Vielen Dank @ Aylis, ich bin über jede Kritik und Denkanstoß dankbar. Ehrlich gesagt bin noch etwas unschlüssig mit der Bezeichnung "Shiori". Den Orden der Wissenssammler würde ich natürlich namentlich anpassen, sobald ich einen passenden (Eigen)namen gefunden habe. Es tröstet mich, dass ich nicht die einzige bin, die solche Probleme hat. Aber zu deinem eigenen Projekt. Wenn du vor hast einen Urban Fantasy Roman mit Naturgeistern zu schreiben, warum dann nicht die vertrauten Begriffe verwenden? Feen, Geister, Gnome usw. gehören zu diesem Mythos. Es sei denn, du willst sie abändern, dass nur einige Facetten der eigentlichen Naturgeister aufweisen. Wenn ich mir vorstelle in deinem Werk geht es um Feen, aber du nennst sie beispielsweise "Emari" (War das erstbeste, was mir spontan eingefallen ist). Die Emari sind bis auf den Namen, den Feen sehr ähnlich, wenn nicht sogar identisch, dann stellt sich mir als Leser die Frage, warum nennst du sie dann nicht gleich Feen?!  ??? Anders wiederum sieht es aus, wenn die Emari sich von den Feen abheben und etwas eigenes vorweisen, dann sind sie feenählichen Wesen. Ehrlich gesagt, verwirrt mich das selbst gerade. Vielleicht kann ich anhand dieses Beispiels verdeutlichen was ich meine: Ich habe Apfel und Birnen. Angenommen ist sage jetzt, dass in meiner Welt Äpfel von nun an Birnen heißen, so ist der Apfel doch immer noch ein Apfel... *Haare rauf* Ich bin Meisterin darin, einfache Sachen zu verkomplizieren.  ;)
So, am Ende zurück zum Anfang. *zwinker*  Ich verstehe deine Anmerkung, wenn ich beispielsweise meine Wissenssammler Shiori nenne, aber der Name wegen dem japanischen Hintergrund aus der Rolle fällt. Also brauche ich doch einen Eigennamen...
Nachtrag: Da ich mich bisher bei einigen Namen am lateinischen und keltischen orientiert habe, bleibe ich (wahrscheinlich) dabei und hoffe auf eine Eingebung.
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Mari

Also ich bin bei Kunstnamen auch eher ein Fan von weniger ist mehr. Zu viel stört für mich irgendwann den Lesefluss. Da würde ich es ein bisschen davon abhängig machen, wie groß die Rolle ist, die dein Orden spielt. Und ich würde mich @Aylis anschließen, dass der Name zum Rest der Namen/Sprache passen sollte. Statt ein Äquivalent für "Wissenssammler" zu suchen, hätte ich auch noch eine andere Idee. Ich denke an reale Orden, z.B. den Benediktiner-Orden. Wie wäre es mit "Der Magnusorden, nach dem großen Magnus, der zuerst in ein Kriegsgebiet zog, um die Wahrheit aufzuschreiben". Oder so.  :D Und schon ist er nicht einfach so, sondern hat eine Historie und die steckt im Namen.

Hihi. Der große Magnus, mein Lateinlehrer würde die Augen verdrehen.

Herbstblatt

Ich schließe mich Mari an. Zu viele Eigennamen würde ich vermeiden und nur den Dingen welche verpassen, die auch relevant und wiederkehrend sind.

Wortzusammensetzungen halte ich für einen guten Weg, vor allem bei Tieren und Städte. Ich habe letztens über ein Silberkehlchen geschrieben, mich lässt das an ein Rotkehlchen denken, nur mit silberfarbener Kehle. Ein Land in meiner Geschichte heißt zum Beispiel Quellstein. Als weitere Beispiele fallen mir noch die Benennungen der Tiere der Sumpfloch-Saga von Halo Summer ein, die folgen auch nach diesem Schema und man kann sich ohne weitere Erklärungen und nur anhand des Namens vorstellen, was das ist und wie es aussieht.

Ohne deine Geschichte jetzt näher zu kennen, gefällt mir der Vorschlag von Mari mit dem Magnus sehr gut, vor allem, wenn du etwas Lateinisches willst.

Im Übrigen google ich meine Begriffe immer... auch bei Personennamen. Bei vier Städtenamen und einem Flussnamen hat es mir bereits vier Dörfer und einen Fluss in Österreich ausgespuckt, haha  :D

Zu den Feen: Die werden doch überall anders interpretiert, nicht? Manchmal sind es kleine Irrlichter, sowas wie Tinkerbell oder wunderschöne menschenartige Wesen.
In Dungeons and Dragons sind die Feen (Fae) sogar eine Kategorie von Wesen, eine Art, wenn ich mich nicht irre. Da fallen Pixies hinein (sowas wie Tinkerbell), Elfen (zählen als Halbfae), Faedragons, Kobolde und ich glaube auch Satyrn. 

Mondfräulein

Zitat von: Czara am 14. Februar 2021, 10:09:52
Beispiel: Bei meinem aktuellen Projekt gibt es einen Orden von Wissenssammlern (vergleichbar mit Journalisten unserer Welt ;) ). Bisher ist mir kein passender Begriff für die eingefallen. Jetzt kam mir die Idee, die Mitglieder des Ordens "Shiori" zu nennen. Shiori kommt aus dem japanischen und heißt, soweit ich bewandert bin, übersetzt: Gedicht.

Shiori ist meines Wissens nach ein japanischer Vorname. Wie das mit japanischen Namen oft so ist, kann er mehrere Bedeutungen haben, je nachdem wie man ihn schreibt. Dafür kann man durchaus das Kanji für Gedicht (shi) verwenden, es gibt aber auch andere Schreibweisen. Ich würde den Namen nur dann verwenden, wenn es im Setting Sinn macht, warum du hier einen japanisch angehauchten Namen benutzt. In meinem Roman ist alles eher skandinavisch angehaucht, deshalb würde ich dort auch auf skandinavisch inspirierte Eigennamen zurückgreifen. Wenn man die erfindet, macht es aber oft Sinn, nochmal einen Muttersprachler drüberschauen zu lassen. Einmal habe ich gesehen, wie eine amerikanische Künstlerin auf deutsche Namen zurückgegriffen hat, sie hat dann aus "Vogelnest" den Namen für ein Dorf abgeleitet und es "Volgenest" genannt, das klingt für einen Deutschen aber schnell wie "vollgenässt". Etwas unglücklich würde ich sagen.

Letztendlich würde ich dort Eigennamen verwenden, wenn ich hier auch in unserer Welt einen Eigennamen erwarten würde, wenn es einfach cool klingen soll oder wenn das normale Wort zu weltlich und nicht genug nach Fantasy klingt.

Aylis

@Czara Ich muss mein Worldbuilding tatsächlich noch etwas verfeinern. In meinem Projekt mische ich voraussichtlich bekannte mit eigenen Wesen, z.B. würde ich gerne eine von den Hauselfen inspirierte Art einführen, die allerdings ganz im Gegenteil zu Rowlings Darstellung steht. Da brauche ich natürlich einen guten eigenen Namen, der trotzdem klassifikatorisch zu den bekannten Gnomen, Elfen und Riesen o.ä. passt. Also ja, da muss ich auch noch nacharbeiten, werde aber vermutlich bei deutsch anmutenden Bezeichnungen bleiben, da es auch im heimischen Buxtehude spielen soll. :D

Eigennamen dienen ja nicht unbedingt dem Ersatz der eigentlichen Bezeichnung. In deinem Beispiel wäre "Wissenssammler" bzw. "Forscher" der Oberbegriff. "Shiori" (oder welchen Eigennamen sie auch immer haben mögen) die Unterkategorie, da sie die Art der Forscher für deine Welt eingängig spezifizieren. Es hat den Sinn, deine Forschergruppe zu etwas nur für deinen Roman besonderen zu machen, aber auch einfach und verständlich für den Leser:die Leserin zu sein.
Das Beispiel mit den Äpfeln oder auch mein zu kurz formuliertes Beispiel mit den Feen etc. hätte allerdings keinen Zweck, die Individualität würde nur die Praktikabilität verschleiern.
Deshalb glaube ich, dass dein Nachtrag sich sinnvoll anhört. Über einen genauen Namen könnte man ja auch in der Gruppe brainstormen, falls du das Bedürfnis hast (ich glaube das wäre aber ein anderes Board).
Wo genau sollen wir einbrechen? - In die namenlose Festung.

Phlox

#8
Darüber denke ich auch oft nach, und vermutlich heißt die Antwort mal wieder: Kommt darauf an :)!

@Czara: Vielleicht findest du hier noch ein paar Anregungen, das waren ähnliche Diskussionen, die ich für meine Fragen dazu auch interessant fand:
Synonyme für irdische Begriffe:
https://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=17790.0

Worte zu modern:
https://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=24123.0

Real existierende Fremdsprachen in Fantasy-Universen:
https://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=21658.0
 

Czara Niyaha

Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Felix Fabulus

Eine spannende Frage!

Mein unveröffentlichter Erstling (YA) spielt in einer erfundenen Welt. Das Setting ist Low Fantasy, eine Stadt mit Bücherverbot. Fahrenheit 451 auf Viktorianisch, könnte man sagen. Ich habe versucht, die Eigennamen und Flurnamen möglichst Deutsch klingen zu lassen, habe reale Namen leicht verändert oder solche gewählt, die ohne Probleme in unserer Welt vorkommen könnten.

Beispiele Vornamen: Begonie, Robelie, Blago, Hilpold
Nachnamen: Bienenstich, Suppenbarth, Pfeffermünz
Flüsse und Bäche: Gilbe, Silfe, Ahl, Schimmerling, Morgel
Orte: Gespinsterwald, Gießgilben, Gleißen, Grütte
Gebirgspässe: Unwind, Nimmerpass
Wortwebereien aus der Geschichtenmühle, gespeist vom Ideensee, der Fantasie und dem Bächlein Irrsinn.